Einleitung
Die adäquate Diagnostik und Therapie der Legionellenpneumonie stellt unverändert eine
große Herausforderung dar. Die besondere Schwierigkeit besteht darin, dass die Legionellen-Pneumonie
relativ selten ist, andererseits jedoch häufiger als viele andere Erreger einen schweren
Verlauf nimmt [1]. Da Legionella spp. andererseits eine natürliche Resistenz gegenüber Beta-Laktamen
aufweisen, muss demnach eine gezielte und rasch verfügbare Diagnostik das Vorliegen
einer Legionellen-Pneumonie sichern oder - in Abhängigkeit vom Schweregrad der Pneumonie
- eine initiale kalkulierte antimikrobielle Therapie gewählt werden, die Legionella
spp. im antimikrobiellen Wirkspektrum hat.
In diagnostischer Hinsicht zeichnet sich in letzter Zeit ein wichtiger Fortschritt
durch die verbesserten Methoden der Antigentestung ab. In therapeutischer Hinsicht
sind herkömmliche Empfehlungen zuletzt durch die Entwicklung neuer Substanzen mit
verbesserter Wirksamkeit gegenüber Legionella spp. infrage gestellt worden.
Inzidenz und Prognose
Die Inzidenz der Legionellen-Pneumonie im Rahmen der ambulant erworbenen Pneumonien
ist je nach Region und Erfassungszeitpunkt unterschiedlich. Sie schwankt zwischen
1 - 15 % [2]. Innerhalb ein und desselben Zentrums kann die Häufigkeit der Legionellenpneumonie
deutlichen Schwankungen unterworfen sein. So konnte jüngst in einer Serie von schweren
ambulant erworbenen Pneumonien nur eine Inzidenz von 2 % gefunden werden, während
diese in einer Studie aus den 80er-Jahren in derselben Klinik noch 13 % betragen hatte
[3]. Nosokomiale Legionellen-Pneumonien kommen meist sporadisch vor. Es sind jedoch
wiederholt auch lokale Kleimraumepidemien beschrieben worden [4]. Immunsupprimierte Patienten weisen ein erhöhtes Risiko für Legionellen-Pneumonien
auf. Ihre Häufigkeit in epidemiologischen Serien hängt jedoch von der untersuchten
Patientenpopulation und den eingesetzten Nachweismethoden ab [5].
Die Prognose wird vom Immunstatus wesentlich beeinflusst. Während die Letalität bei
immunkompetenten Patienten unter der Voraussetzung einer rechtzeitigen und adäquaten
Therapie lediglich ca. 5 % beträgt, kann diese bei immunsupprimierten Patienten auf
bis zu 50 % steigen. Verzögerte bzw. inadäquate Therapien sind entscheidende Faktoren,
die die Prognose negativ beeinflussen können [6].
Diagnostik
Der Standard des diagnostischen Nachweises bleibt der kulturelle Nachweis. Dieser
kulturelle Nachweis erfordert jedoch die Anlage einer Kultur auf Holzkohle-Hefeextraktagar
(BCYE-Agar). Die bronchoalveoläre Lavageflüssigkeit (BALF) stellt das ideale Untersuchungsmedium
dar [7]. Legionella spp. können jedoch auch in einer validen Sputumprobe (insbesondere nach
Hitze- oder Säurevorbehandlung) nachgewiesen werden. Einige Autoren haben auch den
Nachweis von Legionella spp. in speziellen Blutkulturen geführt [8]. Serologisch ist ein vierfacher Titeranstieg in zwei unabhängigen Proben in der
indirekten Immunfluoreszenz beweisend für eine Legionellen-Pneumonie. Obwohl auch
in epidemiologischen Serien Einzeltiter ≥ 1 : 256 als diagnostisch gewertet werden
(zum Teil sogar ≥ 1 : 128), bleibt die Bedeutung solcher erhöhten Einzeltiter sehr
fraglich [9].
Schließlich stellt der Antigennachweis im Urin eine wichtige Nachweismethode der Pneumonie
durch Legionella pneumophila Serogruppe 1 dar. Andere Serogruppen bzw. Legionella
spp. als Legionella pneumophila Serogruppe 1 werden allerdings nicht sicher erfasst
[10]. Der Antigennachweis im Urin weist im Enzym-Immuno-Assay (EIA) eine hohe Sensivität
und Spezifität auf (80 - 90 % bzw. 99 - 100 %) [11]
[12]. Die Sensitivität wird durch Konzentration des Urins mittels Ultrafiltration deutlich
gesteigert [11]. Aufgrund der hohen Spezifität kommt einem positiven Testergebnis ein hoher positiver
Prädiktionswert zu, d. h. ein positives Ergebnis beweist das Vorliegen einer Legionellen-Pneumonie.
Ein weiterer deutlicher Vorteil des Antigennachweises besteht darin, dass er durch
eine antimikrobielle Vorbehandlung in seiner Ausbeute nicht beeinträchtigt wird. Die
Möglichkeit falsch positiver Befunde durch eine permanent positive Antigenämie ohne
floride Infektion ist demgegenüber quantitativ zu vernachlässigen [13]
[14]
[15]
[16]
[17]. Der Test kann auch in Pleuraerguss-Flüssigkeit durchgeführt werden [18].
Den wichtigsten Fortschritt in der Diagnostik der Legionellen-Pneumonie stellt nun
der Antigennachweis im Urin durch einen immunchromatographischen Test (ICT) dar. Es
handelt sich dabei um einen bettseitig durchführbaren Test, der einfach in der Handhabung
ist und binnen 15 Minuten abgelesen werden kann (siehe Abb. [1]
[2]
[3]). Die Sensitivität beträgt ca. 80 %, die Spezifität 100 %, sofern persistierend
schwach positive Banden in einer Nachuntersuchung weitere 15 Minuten später nicht
als positiv gewertet werden. Die Sensitivität für Legionella pneumophila Serogruppe
1 beträgt sogar 94 %. Die Übereinstimmung mit dem EIA der Firmen Binax bzw. Biotest
ist sehr hoch [19]
[20]. Die Sensitivität des ICT (wie auch des EIA) ist jedoch in unkonzentriertem Urin
geringer (ca. 56 % in unkonzentriertem im Vergleich zum konzentrierten Urin [20]). Auch im Rahmen einer Epidemie hat sich der Einsatz des ICT bewähren können [21].
Aufgrund der raschen Verfügbarkeit des Ergebnisses wird erstmalig die Möglichkeit
einer gezielten Therapie von Anfang an eröffnet. Da ein entsprechender Test auch für
Streptococcus pneumoniae verfügbar ist, könnte durch diese Tests - zumindest bei leichten
und mittelschweren Pneumonien - der bisher in allen Empfehlungen gültige Ansatz der
initialen kalkulierten antimikrobiellen Therapie zugunsten einer gezielten Therapie
im Falle eines positiven Nachweis für den einen oder anderen Erreger abgelöst werden.
Für den Fall eines negativen Ausgangs beider Tests wäre unverändert eine kalkulierte
antimikrobielle Therapie entsprechend dem Schweregrad der Pneumonie durchzuführen
(siehe Abb. [4]). Bevor ein solches Vorgehen jedoch auf breiter Basis empfohlen werden kann, muss
die Bedeutung von Pneumonien durch mehr als einen Erreger, die immerhin in rund 20
- 30 % der Fälle zu erwarten sind [22], in prognostischer Hinsicht geklärt werden.
Nachteil der Serologie (als z. T. auch des Antigennachweises) ist, dass jeweils nur
Legionella pneumophila der Serogruppe 1 nachgewiesen wird. Andere Serogruppen sowie
andere Legionella spp., z. B. Legionella bozemanii, dumoffii, gormanii, longbeachae,
micdadei, die in ca. 10 - 15 % der Fälle zu erwarten sind, bleiben somit dem Nachweis
entzogen. Ein negatives Ergebnis des Testes oder der Serologie schließt somit eine
Legionellen-Pneumonie nicht sicher aus.
Die Methode der direkten Fluoreszenzantigenfärbung (DFA) ist in Deutschland nicht
weit verbreitet, weist auch aufgrund der hohen Detektionsgrenze (> 104 KBE/ml) eine sehr limitierte Sensivität auf (ca. 30 %).
Die PCR ist in verschiedenen Medien untersucht worden, so in der bronchoalveolären
Lavageflüsssigkeit (BALF) [23]
[24], im Urin [25]
[26] sowie im Serum [27]. Die Spezifität war jeweils sehr hoch, die Sensitivität jedoch nur begrenzt, jedenfalls
nicht höher als die der Kultur. Aufgrund der immanenten Schwierigkeiten dieses Nachweisverfahrens
ist die PCR keine etablierte Methode in der Legionellen-Diagnostik.
Neuerdings ist die real-time PCR mittels des LightCyclers gegenüber konventionellen
Nachweismethoden in der BALF und in Lungenbiopsien validiert worden. Diese weist unter
anderem den Vorteil auf, binnen 1 - 2 h Ergebnisse und rasch eine Speziesdifferenzierung
zu liefern. Insgesamt zeigte sich unter Zugrundelegung der Kultur eine 100 %ige Sensitivität
und Spezifität für den Genus- und Speciesnachweis in der BALF. Im Lungengewebe waren
die Ergebnisse weniger eindrücklich (Sensitivität und Spezifität 69 % und 100 % hinsichtlich
Genusnachweis und 17 % und 100 % hinsichtlich Speziesnachweis) [28]. Der LightCycler verspricht somit eine außerordentlich leistungsfähige Methode auch
in der Diagnostik der Legionellose zu werden.
Abb. 1 Möglicher neuer Algorithmus der initialen antimikrobiellen Therapie leichter und mittelschwerer
Pneumonien durch Einführung der Schnelltestung auf Streptococcus pneumoniae und Legionella
pneumophila Serogruppe 1 (Antigentests im Urin).
Nach diesem Algorithmus können positive Nachweise von Streptococcus pneumoniae und
Legionella pneumophila Serogruppe 1 durch eine gezielte Therapie von Anfang an behandelt
werden. Die kalkulierte Therapie bleibt den Patienten mit negativem Ausfall beider
Testergebnisse bzw. schweren Verläufen vorenthalten.
Sp = Streptococcus pneumoniae; Lp = Legionella pneumophila Serogruppe 1; Pen G = Penicillin
G.
Abb. 2 Binax-Now-Schnelltest für Legionella pneumophila Serogruppe 1. Abgebildet sind die
Testsets (einzeln verpackt, bei Zimmertemperatur lagerbar), das Reagenz, der Watteträger,
der in den Urin eingetaucht und in das Testheft eingeführt wird und eine Ablesung
des Tests nach ca. 15 min erlaubt, sowie Positiv- und Negativkontrollen.
Abb. 3 Links: negatives Testergebnis. Rechts: positives Testergebnis.
Abb. 4 Erythromycin und Pefloxacin bei schweren ambulant erworbenen Legionellen-Pneumonien
im Vergleich.
Letalität unter Erythromycin: 35 %, unter Pefloxacin: 0 % (Daten aus: [51])
Therapie
Häufig, so auch in den Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie, ähnlich
auch in den Empfehlungen der Infectious Disease Society of America (IDSA) und der
Canadian Infectious Disease Society/Thoracic Society, wird als gezielte Standardtherapie
noch die Gabe von Erythromycin, alternativ von Doxycyclin empfohlen, in schweren Verläufen
die Kombination aus Erythromycin und Rifampicin. Als Alternative wird überwiegend
Ciprofloxacin genannt [29]
[30]
[31]. Die Basis dieser Empfehlungen bilden immer noch weitgehend die in der Erstbeschreibung
1976 niedergelegten Beobachtungen [32]. In dieser fand sich eine Letalität von 23 % unter Penicillin-Therapie, jedoch nur
von 11 % bzw. 10 % unter Erythromycin bzw. Tetracyclin. Obwohl bisher keine statistisch
überzeugende Analyse vorliegt, die die Überlegenheit dieser Substanzen belegt, hat
sich der klinische Eindruck erhärtet, dass unter diesen Substanzen die Letalität ca.
halb so groß ist wie unter anderen Regimen [33]. Dessen ungeachtet sind diese Empfehlungen nach heutigem Wissensstand modifikationsbedürftig.
Da Legionella spp. intrazelluläre Erreger sind, ist die Beurteilung der Wirksamkeit
durch eine In-vitro-Empfindlichkeitstestung analog klassischer pyogener Erreger nicht
ohne weiteres möglich. Als ergänzende Modelle der Wirksamkeitsevaluation hat sich
die Züchtung von Legionella spp. mit nachfolgender Empfindlichkeitstestung in Zellinien
bewährt. Dabei werden häufig Meerschweinchen-Alveolarmakrophagen und humane Monozyten
bzw. HL-60-Zellen eingesetzt. Darüber hinaus sind jedoch Tiermodelle (am Meerschweinchen)
erforderlich, da (wie z. B. im Falle des Gentamicins) die Aktivität in vitro und im
Makrophagen-Modell nicht umstandslos auf eine Wirksamkeit im Tiermodell schließen
lässt. Das Tiermodell jedoch reflektiert weitgehend die beobachtete klinische Effizienz.
Die Beurteilung der In-vivo-Wirksamkeit ist durch den Umstand erschwert, dass kontrollierte
Studien zur Therapie der Legionellen-Pneumonie nicht vorliegen und aufgrund der relativen
Seltenheit dieser Erkrankung auch kaum zu erwarten sind. Es bleibt daher nur der Rückgriff
auf zahlenmäßig begrenzte klinische Studienergebnisse überwiegend retrospektiver Auswertungen.
Naturgemäß beziehen diese ganz überwiegend nur Verläufe hospitalisierter Patienten
ein. In der Zusammenschau der In-vitro- und intrazellulären Empfindlichkeitstestung,
der Ergebnisse an Tiermodellen sowie der klinischen Studienergebnisse wird jedoch
erkennbar, welche antimikrobiellen Substanzen das größte Potenzial in der Therapie
der Legionellen-Pneumonie aufweisen.
Makrolide
In der extrazellulären In-vitro-Testung von Makroliden erweist sich nach Sammeldaten
aus mehreren Studien das Clarithromycin als wirksamste Substanz, gefolgt von Azithromycin,
Erythromycin und Roxithromycin. Der MHK-Bereich liegt zwischen 0,007 und maximal 4,0
mg/l, wobei die meisten MHK-90-Werte deutlich < 1 mg/l liegen [34]
[35]
[36]
[37]. Makrolide weisen somit nach dieser Testmethode eine sehr gute Wirksamkeit auf (Tab.
[1]). In der Zellkulturtestung zeigt sich demgegenüber ein verändertes Bild. Hier ist
Azithromycin die deutlich wirksamste Substanz, gefolgt von Erythromycin und Roxithromycin.
Clarithromycin weist innerhalb der Makrolide die relativ schlechteste Inhibition auf.
Dies gilt zumindest für Legionella pneumophila. Legionella micdadei bzw. Legionella
bozemanii sind demgegenüber auf alle genannten Makrolide empfindlicher [38] (Tab. [2]). Schließlich fand sich in einer Untersuchung an Meerschweinchen ein deutlicher
Vorteil von Azithromycin gegenüber Clarithromycin [39]. Auch konnte eine bakterizide oder zumindest irreversibel inhibitorische Aktivität
des Azithromycins belegt werden [40].
Andererseits zeigte Clarithromycin in einer retrospektiven Studie an 44 Patienten
eine eindrückliche Wirksamkeit in vivo (Heilungsrate 43/44, darunter einige Erythromycin-Versager)
[41]. Jüngste Ergebnisse aus klinischen Studien mit Azithromycin zeigen befriedigende
Heilungsraten zwischen 84 und 100 % (bei jeweils 4 bzw. 19 behandelten Patienten),
somit zumindest gleich gute Ergebnisse verglichen mit Erythromycin [42]
[43].
Legt man die genannten Daten zugrunde, erscheinen Azithromycin, Erythromycin und Clarithromycin
die aktivsten Substanzen zu sein. Die Vorteile des Azithromycins gegenüber anderen
Makroliden liegen in seiner bakteriziden oder zumindest irreversibel inhibitorischen
Wirkung gegenüber Legionella spp. sowie einer sehr hohen Alveolarmakrophagenkonzentration,
die bis zu einem Faktor von 500 über der extrazellulären Konzentration liegt. Darüber
hinaus wurde für leichte und mittelschwere Legionellen-Pneumonien sogar eine effektive
Behandlung mit einer Gesamtdosis von 1,5 g über drei Tage nachgewiesen [44]
[45]. Allerdings liegt noch keine ausreichende Erfahrung vor, um eine Kurzzeittherapie
von drei oder fünf Tagen empfehlen zu können. Immerhin wurde jüngst ein Fall eines
komplizierten Verlaufs unter einer Therapie über nur 5 Tage mit Azithromycin beschrieben
[46].
Hinsichtlich der unerwünschten Wirkungen weisen die neuen Makrolide gegenüber Erythromycin
Vorteile auf. Während Erythromycin in der empfohlenen hohen Dosierung (4 × 1 g) eine
relevante Rate an unerwünschten gastrointestinalen Wirkungen (Diarrhoen) sowie eine
Ototoxizität aufweist, gilt dies für die neuen Makrolide in geringerem Ausmaße.
Zusammenfassend ergibt sich somit aus der Zusammenschau von Wirksamkeitsdaten und
Toxizitätsdaten, dass zur Zeit das Azithromycin, aber auch das Clarithromycin gegenüber
dem Erythromycin Vorteile aufweist. Da in Kürze eine intravenöse Präparation des Azithromycins
zu erwarten ist, dürfte innerhalb der Makrolide das Azithromycin die bevorzugte Substanz
zur Therapie der Legionellen-Pneumonie werden.
Tab. 1 Empfindlichkeit von Legionella pneumophila gegenüber vier Makroliden in vitro (Daten
aus: [34]
[35]
[36]
[37])
|
MHK 50 |
MHK 90 (mg/L) |
MHK-Bereich |
Erythromycin
|
0,18 - 0,25 |
0,4 - 1,0 |
< 0,015 - 1,0 |
Clarithromycin
|
0,007 - 0,06 |
0,008 - 0,12 |
0,007 - 0,5 |
Roxithromycin
|
0,12 |
0,25 |
0,03 - 0,5 |
Azithromycin
|
0,06 - 1,39 |
0,5 - 2,77 |
0,03 - 4,0 |
Tab. 2 Empfindlichkeit von Legionella pneumophila (LP), Legionella micdadei (LM) und Legionella
bozemanii (LB) gegenüber vier Makroliden in der Zellkultur (Daten aus: [38])
|
MHK |
%-Inhibition (± SD) |
|
|
LP |
LM |
LB |
Erythromycin
|
1 × |
83,2 ± 10,3 |
28,2 ± 3,2 |
15 ± 14,9 |
|
8 × |
42,1 ± 7,3 |
5,9 ± 4,2 |
0,6 ± 0,3 |
Clarithromycin
|
1 × |
102,2 ± 26,9 |
8,3 ± 6,7 |
1,1 ± 1,1 |
|
8 × |
104,0 ± 32,3 |
6,2 ± 5,3 |
0,2 ± 0,2 |
Roxithromycin
|
1 × |
83,6 ± 19,5 |
9,11 ± 0,5 |
8,0 ± 2,2 |
|
8 × |
71,4 ± 10,4 |
7,8 ± 0,12 |
4,1 ± 0,4 |
Azithromycin
|
1 × |
56,6 ± 4,1 |
14,4 ± 15,2 |
1,1 ± 0,1 |
|
8 × |
42,1 ± 7,3 |
5,9 ± 4,2 |
0,6 ± 0,3 |
Inhibition = Quotient aus Gesamtzahl Legionella ssp. nach 48 h mit und ohne Medikament
× 100; MHK = Substanzkonzentration oberhalb der MHK (mittlere Hemmkonzentration) |
Fluorchinolone
Die Fluorchinolone Ciprofloxacin, Ofloxacin, Levofloxacin, Moxifloxacin sowie Grepafloxacin
und Sparfloxacin weisen (wie auch andere Fluorchinolone, z. B. Clinafloxacin und Gatifloxacin)
eine sehr gute In-vitro-Wirksamkeit gegenüber Legionella spp. auf. Der MHK-Bereich
liegt zwischen 0,08 und 2,0 mg/l, die MHK 90 bewegt sich stets < 1,0 mg/l [34]
[35]
[36]
[47]
[48]
[49]
[50] (Tab. [3]). Die In-vitro-Empfindlichkeit von Legionella spp. gegenüber Fluorchinolonen ist
konsistent höher als gegenüber Makroliden. Sie zeigen zudem eine ausgeprägte bakterizide
Wirkung. Auch in der Zellkulturtestung und im Tiermodell hat sich diese gute Empfindlichkeit
bestätigen lassen (Tab. [4]). Innerhalb der Fluorchinolone sind weder in Meerschweinchenmakrophagen, in humanen
Makrophagen noch im Meerschweinchen-Tiermodell konsistente Unterschiede in der Wirksamkeit
zwischen einzelnen Fluorchinolonen auszumachen gewesen [38]
[49]
[50].
Eine vergleichende Aussage zu Makroliden und Fluorchinolonen in vivo ist aufgrund
der geringen Datenlage nicht zuverlässig möglich. Immerhin gibt es eine Studie, die
in einem gematchten Design eine Überlegenheit des Pefloxacins gegenüber dem Erythromycin
in der Therapie der schweren Legionellen-Pneumonie belegt (Abb. [4]) [51]; diese ist jedoch durch ihr retrospektives Design und ihre geringe Patientenzahl
nicht eindeutig im Sinne einer In-vivo-Überlegenheit der Fluorchinolone zu interpretieren.
Dennoch wird man sagen können, dass die Fluorchinolone in vitro die aktivste Substanzgruppe
in der Therapie der Legionellen-Pneumonie darstellt, die zur Zeit bekannt ist. Mit
Levofloxacin und Moxifloxacin stehen zwei „respiratorische” Fluorchinolone zur Verfügung
(i. e. Fluorchinolone mit guter Wirksamkeit gegenüber Gram-positiven Erregern, vor
allem Streptococcus pneumoniae), die gleichzeitig eine hohe Aktivität gegenüber Legionella
spp. (und andere atypische Erreger wie Mycoplasma pneumoniae sowie Chlamydia pneumoniae)
aufweisen. Sie eignen sich somit sowohl zur initialen kalkulierten als auch zur gezielten
Therapie ambulant erworbener Pneumonien.
Levofloxacin zeigte in einer Studie eine Heilung in vier und eine Besserung in einem
von fünf dokumentierten Fällen [52]. Mehr Erfahrung liegt mit Ofloxacin vor. Unter dieser Substanz sind klinische Versager
nur ausnahmsweise beschrieben [33]. Auch Ciprofloxacin weist eine geringe Versagerquote auf. Hohe Dosierungen scheinen
jedoch sowohl für Ofloxacin bzw. Levofloxacin als auch für Ciprofloxacin erforderlich
[33]. Die klinischen Erfahrungen der Therapie von Legionellen-Pneumonien mit Moxifloxacin
sind noch sehr begrenzt. Neuere Fluorchinolone, die noch in der Entwicklung stehen,
scheinen ebenfalls eine exzellente Wirksamkeit gegenüber Legionella spp. aufzuweisen
[53].
Tab. 3 Empfindlichkeit von Legionella pneumophila gegenüber vier Fluorchinolonen in vitro
(Daten aus: [34]
[35]
[36]
[47]
[48]
[49])
|
MHK 50 |
MHK 90 (mg/L) |
MHK-Bereich |
Ciprofloxacin
|
0,015 - 0,03 |
0,015 - 0,06 |
0,008 - 0,06 |
Levofloxacin
|
0,015 |
0,03 - 0,125 |
0,015 - 0,125 |
Moxifloxacin
|
0,03 |
0,06 |
0,03 - 0,12 |
Sparfloxacin
|
0,5 |
0,19 - 1,0 |
0,015 - 2,0 |
Tab. 4 Effekt von Levofloxacin, Rifampicin und Erythromycin in Konzentrationen 10fach oberhalb
der MHK (minimale Hemmkonzentration) allein oder in Kombinationen gegen intrazelluläre
Legionella-pneumophila-Stämme L-1033 (pH 7,4) (Daten aus: [37])
Substanz(en) |
Intrazelluläre bakterielle Abtötung (log 10 CFU/mL), Tag |
(10 × ; µg/mL) |
1 |
2 |
3 |
4 |
Kontrolle
|
0,78 |
0,25 |
0,35 |
0,12 |
Levofloxacin (0,3)
|
- 1,14 |
- 1,57 |
- 2,04 |
- 2,42 |
Rifampicin (0,01)
|
0,48 |
0,20 |
- 0,44 |
- 0,73 |
Erythromycin (5,0)
|
0,35 |
0,34 |
- 0,02 |
0,16 |
Levofloxacin + Rifa
|
- 1,47 |
- 1,73 |
- 2,21 |
- 2,47 |
Levofloxacin + Ery
|
- 1,17 |
- 1,27 |
- 1,72 |
- 1,61 |
Erythromycin + Rifa
|
0,39 |
0,14 |
- 0,26 |
- 0,16 |
Rifampicin
Für das Rifampicin ist ebenfalls eine hohe In-vitro-Aktivität belegt. Der MHK-Bereich
bewegt sich unterhalb von 0,03 mg/l. Die MHK-90-Werte überschreiten 0,008 mg/l in
der Regel nicht [34]
[35]
[36]. Diese guten In-vitro-Daten übersetzen sich auch in eine gute Aktivität in Zellkulturen
in entsprechenden Tiermodellen [54]. Der Nachteil des Rifampicins besteht in der raschen Entwicklung resistenter Stämme.
Obwohl eine solche Resistenzentwicklung unter Therapie bei Legionella spp. noch nicht
gezeigt wurde, wird Rifampicin als Monotherapie nicht empfohlen [55].
Ketolide (Telitromycin)
Die Gruppe der Ketolide weist einen gute In-vitro-Aktivität in Zellkulturen und im
Tiermodell gegenüber Legionella spp. auf. Für das Telitromycin wurde ein MHK-Bereich
bis maximal 0,12 mg/l gemessen, die MHK 90 liegt bei ca. 0,03 mg/l [56]. In Zellkulturen und im Meerschweinchen-Tiermodell war die Aktivität äquivalent
zu den Makroliden Erythromycin und Clarithromycin, dem Levofloxacin jedoch unterlegen
[56].
Bisher gibt es nur limitierte klinische Daten zur In-vivo-Effektivität des Telitromycins
bei Legionellen-Pneumonien. Die bisherige begrenzte Erfahrung spricht jedoch dafür,
dass sich die gute Aktivität in vitro (in Zellkultur und Tiermodell) auch auf die
Situation in vivo übertragen lässt. In allen vier dokumentierten Fällen einer gesicherten
Legionellen-Pneumonie konnte eine Heilung erzielt werden [57].
Streptogramine (Quinopristin-Dalfopristin)
Mit dem Quinopristin-Dalfopristin steht eine weitere Substanz zur Verfügung, die eine
hohe In-vitro-Aktivität aufweist. Der MHK-Bereich liegt unter 1,0 mg/l, die MHK 90
unter 0,5 mg/l. Die Aktivität in der Zellkultur ist etwas geringer als die von Azithromycin
und Erythromycin [58]
[59]. Ein theoretischer Vorteil ist die hohe intrazelluläre Konzentration, die 30 - 50
mal höher als die extrazelluläre ist. Als Nachteil ist jedoch zu benennen, dass noch
keine klinischen Daten zur Effektivität des Quinopristin-Dalfopristins in vivo vorliegen.
Andere Substanzen
Unter den Tetracyclinen ist Doxycyclin im Makrophagen- und Tiermodell am wirksamsten
[33]. Die Evidenz für eine klinische Wirksamkeit der Tetracycline stammt weitgehend aus
der Erstbeschreibung der Erkrankung. Darüber hinaus liegen Kasuistiken über effektive
Therapien (z. T. salvage-Therapien) mit Imipenem, Cotrimoxazol und Clindamycin vor.
Aus diesen Kasuistiken darf jedoch nicht auf eine generelle Wirksamkeit dieser Substanzen
geschlossen werden.
Kombinationsregime
Die klinischen Daten zur Effektivität von Kombinationsregimen sind außerordentlich
begrenzt. Während in einer retrospektiven Untersuchung schwerer ambulant erworbener
Legionellen-Pneumonien von 1990 eine tendenzielle Überlegenheit der Kombination von
Erythromycin und Rifampicin beobachtet wurde, war dies in einer weiteren Arbeit ebenfalls
bei schweren, intensivtherapiepflichtigen Verläufen von 1993 umgekehrt [51]
[60] (Abb. [5]). Beide Arbeiten sind jedoch zahlenmäßig außerordentlich begrenzt, so dass sich
sichere Aussagen aus diesen Beobachtungen nicht ableiten lassen. Aber auch in Zellkulturmodellen
konnte eine eindeutige Überlegenheit von Kombinationsregimen gegenüber einer Monotherapie
nicht demonstriert werden. Während in einer Arbeit in vitro für Erythromycin und Rifampicin
bzw. Erythromycin und Ciprofloxacin eine synergistische Wirkung beobachtet wurde,
war in einer jüngeren umfangreichen Untersuchung die intrazelluläre bakterielle Abtötung
von Kombinationen von Levofloxacin und Rifampicin, Levofloxacin und Erythromycin sowie
Erythromycin und Rifampicin jeweils nicht besser als die Aktivität von Levofloxacin
alleine [37]
[55]. Auch In-vitro-Daten ergeben somit keine Evidenz dafür, dass die Kombinationstherapie
der Monotherapie überlegen ist.
Abb. 5 Ergebnisse von Kombinationstherapien bei schweren ambulant erworbenen Legionellen-Pneumonien
im Vergleich. Erste Studie (links abgebildet): Letalität Erythromycin 35 % versus
Erythromycin + Rifampicin 25 % (Daten aus: [51]). Zweite Studie (rechts abgebildet): Letalität Erythromycin 27 % versus Erythromycin
+ Rifampicin 33 % (Daten aus: [60])
Neue Empfehlungen
Zur Neuformulierung der Therapie der Legionellen-Pneumonie sind von verschiedenen
Autoren Vorschläge gemacht worden [18]
[61]
[62]. Aus unserer Sicht lassen sich die dargestellten Daten wie folgt zusammenfassen.
Mit Makroliden, Doxycyclin, Fluorchinolonen und Ketoliden, mit Einschränkung auch
mit Streptograminen, stehen Substanzen mit sicher oder sehr wahrscheinlich ausreichender
Wirksamkeit gegenüber Legionella spp. zur Verfügung. Initiale kalkulierte Kombinationsregime
der ambulant erworbenen Pneumonie, die eine dieser Substanzen in ausreichender Dosierung
enthalten, dürften somit eine ausreichend sichere Wirksamkeit für eine eventuell vorliegende
Legionellen-Peumonie aufweisen.
Für den Fall eines Erregernachweises sollte die gezielte antimikrobielle Therapie
allerdings wenn möglich aufgrund der größeren Erfahrung mit diesen Substanzen auf
Makrolide und Fluorchinolone beschränken. Bei leichten bis mittelschweren Pneumonien
sollten vorzugsweise neue Makrolide zur Anwendung kommen, innerhalb der Makrolide
ergeben sich für das Azitromycin vor allem dann deutliche Vorteile, wenn eine intravenöse
Anwendung erforderlich wird (unter der Voraussetzung, dass dieses bald als intravenöse
Substanz zur Verfügung steht). Alternativen sind Ciprofloxacin, Levofloxacin und Moxifloxacin.
Bei schweren Pneumonien, die eine Therapie auf der Intensivstation erforderlich machen,
aber auch bei nosokomialen Legionellen-Pneumonien und Pneumonien unter Immunsuppression
stellen aus unserer Sicht Flurochinolone die Therapie erster Wahl dar. Ciprofloxacin
in einer Dosierung von 3 × 400 mg, Levofloxacin in einer Dosierung von 2 × 500 mg
und - unter der Einschränkung noch geringer Erfahrungen und Unklarheiten in der Dosierung
- Moxifloxacin in einer Dosierung von 1 - 2 × 400 mg stellen die geeigneten Substanzen
dar. Alternativ kann intravenös Azithromycin zur Anwendung kommen.
Ob eine Kombinationstherapie aus Azithromycin oder Fluorchinolon und Rifampicin oder
Azithromycin und Fluorchinolon einer Monotherapie überlegen ist, muss zum jetzigen
Zeitpunkt offen bleiben.
Die Therapiedauer sollte unverändert 10 - 14 Tage, bei immunsupprimierten Patienten
bzw. schweren Pneumonien 21 Tage nicht unterschreiten.