Steuern wir also auf eine Rationierung der Nierenersatztherapie zu? Keine allzu abwegige
Vorstellung, wie P. Ruggenenti u. Mitarb. in ihrem Review (Lancet 2001, 357: 1601-1608) schreiben. Menschen in weniger entwickelten Ländern hätten schon jetzt so gut wie
keine Chance auf eine Nierenersatztherapie. Der Ausweg aus dem Dilemma könne nicht
im Hinauszögern der Dialyse bestehen, betonen die Autoren. Erklärtes Ziel müsse sein,
die Zahl der dialysepflichtigen Patienten möglichst weit zu senken - also Remission
und Regression anstatt Progression. Die Gruppe um Ruggenenti hat dazu ein multimodales
renoprotektives Konzept entworfen. Eckpfeiler der Strategie sind:
Renin-Angiotensin-System sollte gehemmt werden
Renin-Angiotensin-System sollte gehemmt werden
Im Vordergrund der Hypertoniekontrolle steht die Hemmung des Renin-Angiotensin-Systems.
ACE (Angiotensin-Converting-Enzyme)-Inhibitoren verfügen auch bei Nichtdiabetikern
über eine ausgeprägte renoprotektive Wirkung und besitzen im Vergleich zu anderen
Substanzklassen einen weit größeren positiven Effekt auf die Eiweißausscheidung (bei
vergleichbarer Blutdrucksenkung). Dies erscheint insofern bedeutsam, als die Proteinurie
vermutlich den wichtigsten Einflussfaktor für das Progressionsrisiko darstellt. Erste
Langzeitanwendungen lassen auf eine dauerhafte Wirkung der ACE-Hemmer schließen. Möglich
erscheinen zudem synergistische Wirkungen mit Angiotensin-II-Rezeptor-Antagonisten,
die an einem anderen Punkt des Renin-Angiotensin-Systems angreifen - allerdings gibt
es dazu nur spärliche klinische Daten. Ob Kalziumkanalblocker eine renoprotektive
Wirkung besitzen, wird noch kontrovers beurteilt. Bislang fehlen kontrollierte klinische
Studien. Nicht-Dihydropyridin-Derivate hatten zumindest in experimentellen Testreihen
einen positiven Effekt auf die Nieren.
Zusammenhänge zwischen Dyslipidämien und Progression von Nephropathien scheinen sich
zu erhärten. Das gilt besonders für erhöhte LDL-Cholesterin- und Apolipoprotein-B-Spiegel.
Als Lipidsenker sollten Substanzen wie Statine eingesetzt werden, die sich positiv
auf Proteinurie und glomeruläre Filtration auswirken.
Raucher mit höherem Progressionsrisiko
Raucher mit höherem Progressionsrisiko
In puncto Nikotinkonsum hat man herausgefunden, dass Raucher mit Diabetes, aber auch
mit IgA-Nephropathien und polyzystischer Nierenerkrankung ein deutlich höheres Progressionsrisiko
besitzen. Empfehlungen zum Rauchverzicht haben bei Ärzten und Patienten bislang noch
keine breite Akzeptanz gefunden.
Strenge Blutzuckereinstellungen beugen der Mikroalbuminurieentwicklung vor. Unklar
ist, ob sie auch bei bereits bestehender Albuminurie greifen. Enttäuschend sind die
Ergebnisse bei Typ-1-Diabetikern mit großer Proteinurie, für Typ-2-Diabetiker existieren
keine diesbezüglichen Daten.
Neue Ansätze in der Testphase
Neue Ansätze in der Testphase
Neue Ansätze zur Renoprotektion befinden sich in der experimentellen Testphase. Große
Erwartungen werden in Endothelin-Rezeptor-Antagonisten, Inhibitoren der neutralen
Endopeptidasen und Vasopeptidase-Hemmern gesetzt. Sie besitzen wahrscheinlich ein
ähnliches bzw. noch größeres renoprotektives Potential als ACE-Hemmer. Glycosaminglycan
mit seiner ausgeprägten antiproteinurischen Wirkung könnte besonders für Typ-2-Diabetiker
mit großer Proteinurie, die oft auf eine Hemmung des Renin-Angiotensin-Systems nicht
ansprechen, einen entscheidenden therapeutischen Fortschritt bedeuten.
Das Konzept der italienischen Wissenschaftler erscheint einleuchtend und richtungweisend,
bedarf aber erst einmal der Überprüfung durch entsprechende klinische Studien. Tierexperimentelle
Daten geben immerhin Anlass zu vorsichtigem Optimismus.
Abb. 1