Einleitung
Einleitung
Wie bei anderen seltenen Erkrankungen auch, lohnt es sich, eine Abhandlung über die
pulmonale Langerhans-Zell-Histiocytosis (LCH) mit einem kurzen Rückblick auf die Historie
zu beginnen, da sich in den letzten 60 Jahren nicht viele Autoren mit dem Krankheitsbild
beschäftigt haben und dementsprechend nur langsam Fortschritte in klinischer als auch
in pathophysiologischer Hinsicht gemacht wurden. 1940 beschrieben Lichtenstein und
Jaffe erstmals eine destruierende Knochenläsion als „eosinophiles Granulom” [19]. Ein Jahr später postulierte erstmals Farber, dass die drei klinischen Entitäten
Morbus Hand-Schüller-Christian, die Abt-Letterer-Siwe-Erkrankung und das eosinophile
Knochengranulom auf einen gemeinsamen Krankheitsprozess zurückzuführen sein könnten,
der in Ausmaß, Stadium und Lokalisation variiere [9]. 1953 fasste Lichtenstein die Erkrankungen unter dem Begriff Histiocytosis X zusammen.
Gemeinsames Kennzeichen waren pathologisch-anatomische Muster, neben überschneidenden
klinischen Symptomen und Befunden [18]. In den letzten Jahren hat sich zunehmend die Bezeichnung Langerhans-Zell-Histiocytosis
durchgesetzt, nachdem die zentrale Rolle der Langerhans-Zelle in der Pathogenese erkannt
worden war [31].
Die rasch progressive, disseminierte Form (Abt-Letterer-Siwe-Erkrankung) tritt hauptsächlich
bei kleinen Kindern auf, kann allerdings selten auch ältere betreffen. Der M. Hand-Schüller-Christian
als eine chronische disseminierte Form der LCH tritt überwiegend im Jugendalter auf,
während die primäre pulmonale Histiocytosis X oder auch das eosinophile Granulom der
Lunge dann eine Erkrankung des Erwachsenenalters darstellt.
Schon bei dieser ersten Schilderung der Zusammenhänge stellt sich angesichts der Vielgestaltigkeit
des Syndromkomplexes Unbehagen ein, allein schon deswegen, weil ganz offensichtlich
bei der Erkrankung im Erwachsenenalter ein inzwischen erkannter exogener Faktor (Rauchen)
notwendige Voraussetzung zu sein scheint, während für die disseminierten Erkrankungen
im Kindesalter oder auch die Knochengranulome des Jugendlichen bislang kein solcher
Faktor zu finden war.
Vom begrifflichen Umfang her sollte eine Lungenerkrankung nur dann als pulmonale LCH
beschrieben werden, wenn es sich um eine disseminierte Lungenerkrankung handelt. Das
wesentlich seltener auftretende isolierte pulmonale eosinophile Granulom sollte besser
auch als solches beschrieben werden, da es nicht notwendigerweise mit einer Disseminierung
einhergeht, wie später noch auszuführen sein wird. Die klinische Beschreibung des
Krankheitsbildes der pulmonalen LCH wurde in der Vergangenheit im Wesentlichen in
drei großen Serien beschrieben. 1978 legte eine Arbeitsgruppe um Francoise Basset
einen Bericht über 87 Patienten vor [2], 1981 Paul J. Friedmann eine Serie von 100 Patienten [12] und im deutschsprachigen Raum Karl Ludwig Radenbach und Kollegen mit 37 sehr detailreich
dokumentierten Fällen aus der Lungenklinik Heckeshorn in Berlin [24], eine später noch einmal englischsprachig und erweitert publizierte Sammlung [25]. Im Jahr 2002 publizierten Vassallo u. Mitarb. eine retrospektiv sehr gut aufbereitete
Serie von 102 Fällen der Mayo Clinic [32]. Von der 1994 gestarteten Studie der wissenschaftlichen Arbeitsgemeinschaft für
die Therapie von Lungenkrankheiten (WATL) gibt es noch keine publizierten Berichte,
jedoch werden in diese Abhandlung immer wieder bereits gewonnene Erkenntnisse aus
den derzeit gut 60 Fällen einfließen, da der Autor dieses Kapitels die Studie koordinierend
betreut. Sehr empfehlenswerte Übersichten sind v. a. die von Marcy und Reynolds von
1985 [21] und Vasallo u. Mitarb. aus dem Jahr 2000 [31].
Epidemiologie
Epidemiologie
Die wahre Inzidenz und Prävalenz der Erkrankung ist unbekannt. Hierbei ist zu berücksichtigen,
dass ein hohes Risiko besteht, die Diagnose zu verfehlen, wenn man die seltene Erkrankung
nicht kennt und weiterhin nicht über ausreichende radiologische und bioptische Methoden
sowie einen erfahrenen Radiologen und Pathologen verfügt. Radenbach zählte im Zeitraum
von 1969 bis 1975 15 pulmonale LCH-Patienten auf 274 Sarkoidosen mit histologischer
Bestätigung epitheloidzelliger Granulome [24]. Somit kam er auf eine Inzidenz von 1 : 18 im Verhältnis zur Sarkoidose für das
Einzugsgebiet der Lungenklinik Heckeshorn. Ähnliche Angaben wurden von Djuric für
die ehemalige DDR bzw. Jugoslawien gemacht [7]. Für Japan schätzten Watanabe u. Mitarb. auf der Grundlage einer Fragebogenaktion
im Jahr 1996 die Prävalenz auf 0,27/100 000 Einwohner für Männer und 0,07/100 000
für Frauen [33]. Angaben über die Histiozytose-Erkrankungen bei Kindern sind für die pulmonale Verlaufsform
nicht aussagekräftig. Angesichts der Tatsache, dass die pulmonale LCH auch ohne Symptome
oder nur mit gering ausgeprägter Klinik verlaufen kann, ist die Fallfindung selbstverständlich
auch von der Durchführung von Röntgenreihenuntersuchungen bzw. gruppenbezogenem Screening
abhängig. Der aus den angegebenen Daten errechnete Wert einer Inzidenz von also etwa
0,5 pro 100 000 Einwohner hierzulande bleibt spekulativ.
Ätiologie
Ätiologie
Während in den beschriebenen großen klinischen Serien jeweils nur über einen hohen
Raucheranteil berichtet wurde, konnte die prospektive Studie der WATL zeigen, dass
jeder eingeschlossene Patient eine Vorgeschichte von Tabakrauchen aufwies. Mit dieser
bisher vielleicht spektakulärsten Aussage der WATL-Studie kann mit an Sicherheit grenzender
Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden, dass für die primär pulmonale LCH des
Erwachsenen das Rauchen eine notwendige Voraussetzung darstellt. Andere Umwelteinflüsse
oder Dispositionen sind bislang nicht beschrieben worden, ebenso keine regionalen
Häufungen. Eine ausführliche Befragung der LCH-Patienten in der WATL-Studie zu ihren
Lebensgewohnheiten und -umständen konnte bislang noch nicht ausgewertet werden. Der
Eindruck einer Häufung besteht aber zunächst nicht. Es sei hier nochmals darauf hingewiesen,
dass bei den anderen Erkrankungsformen, die mit LCH einhergehen, keine äußeren Ursachen
identifiziert werden konnten. Zur genetischen Prädisposition ist wohl allein aus der
Serie von Friedman zu schlussfolgern, dass die Erkrankungen praktisch nur bei Patienten
mit weißer Hautfarbe auftreten [12]. Ein einziger Bericht beschreibt das Auftreten der Erkrankung bei Vater und Sohn
[15], insofern ist grundsätzlich von einem sporadischen Auftreten auszugehen.
Pathophysiologie und pathologisch-anatomische Befunde
Pathophysiologie und pathologisch-anatomische Befunde
Die folgenden pathophysiologischen Betrachtungen sind, soweit nicht anders zitiert,
bei Vassallo u. Mitarb. mit ausführlicher Bibliographie zusammengefasst worden [31].
Im Zentrum des Geschehens steht die so genannte Langerhans-Zelle, eine differenzierte
Zelle aus der Monozyten-Makrophagen-Reihe, sie wurde früher als Histiocytosis-X-Zelle
bezeichnet. In der HE-Färbung zeigt sich eine relativ blasse Anfärbung des Zytoplasmas,
ein großer und eingebuchteter Kern mit deutlichen, teils gedoppelten Nukleoli. Ultrastrukturell
zeigen sich die klassischen interlaminären zytoplasmatischen Einschlüsse oder Birbeck-Granula
(X-Bodies). Langerhans-Zellen finden sich normalerweise in der Dermis, im retikuloendothelialen
System, der Lunge und der Pleura. Sie leiten sich vermutlich von den dendritischen
Zellen ab, die man ebenso in der menschlichen Lunge findet. Lichtmikroskopisch sind
sich dendritische Zellen und Langerhans-Zellen sehr ähnlich, die elektronenoptisch
erkennbaren Birbeck-Granula finden sich allerdings nur in Langerhans-Zellen. Unklar
ist, ob unter normalen Umständen alle Zellen der dendritischen Zelllinie im Atemwegsepithel
Langerhans-Zellen sind; Birbeck-Granula sind wohl in der Mehrheit dieser Zellen vorhanden,
jedoch nur in geringer Zahl. Dendritische Zellen rekrutieren sich mutmaßlich aus dem
Knochenmark und gelangen über den Blutstrom in andere Gewebe. Ihre natürliche Funktion
liegt in der Antigenpräsentation bzw. Lymphozytenstimulation. Sowohl dendritische
als auch Langerhans-Zellen exprimieren stark Oberflächenantigene des MHC Klasse 1
und 2. Sie lassen sich charakterisieren durch CD1-Moleküle, wobei dendritische Zellen
im Parenchym CD1c-Moleküle, intraepitheliale Langerhans-Zellen jedoch CD1a-Moleküle
exprimieren. Bei einer LCH tragen die Langerhans-Zellen wahrscheinlich beide Oberflächenmoleküle.
Pathophysiologisch mag das erste Ereignis in der Entwicklung einer pulmonalen LCH
eine durch Zigarettenrauch induzierte Rekrutierung und Aktivierung von Langerhans-Zellen
in der Lunge sein, wofür eine Reihe von Mechanismen infrage kommen. Zigarettenrauch
lässt neuroendokrine Zellen des Atemtraktes Bombesin-ähnliche Peptide freisetzen,
die Alveolarmakrophagen aktivieren können. Andere Antigene wie z. B. das Tabak-Glykoprotein
können Alveolarmakrophagen zur Produktion von Zytokinen wie TNF-α oder GM-CSF anregen,
die wiederum die Rekrutierung und Aktvierung von Langerhans-Zellen bewirken können.
Zigarettenrauch kann auch direkt die Langerhans-Zellen zur Sekretion von Zytokinen
anregen, die dann wiederum die lokale Ansammlung von Entzündungszellen mit Ausbildung
von Granulomen stimulieren. Die Aufnahme von Antigenen aus dem Zigarettenrauch durch
Alveolarmakrophagen oder Langerhans-Zellen kann ebenso die lokale Ansammlung von T-Lymphozyten
mit den nachfolgenden Stufen der Entzündung verursachen. Das Tabakglykoprotein kann
zu einer reduzierten Interleukin-2-Sekretion durch Lymphozyten führen, was wiederum
zur lokalen Proliferation von Langerhans-Zellen führen könnte. Aktivierte T-Lymphozyten
können wiederum B-Lymphozyten stimulieren, mit folglicher Sekretion von Antikörpern
und Bildung von Immunkomplexen als ein weiterer Faktor im Entzündungsgeschehen. Die
Aktivierung von Fibroblasten bzw. Induktion einer Fibrose kann durch die lokale Synthese
von TGF-β und TNF-α durch Alveolarmakrophagen hervorgerufen sein.
Bei einigen Formen der LCH wurde eine klonale Proliferation nachgewiesen, dies gilt
aber nicht für die klassische auf die Lunge begrenzte Form der Erkrankung, bei der
eine ursächlich polyklonale Proliferation der Langerhans-Zellen erwiesen scheint [4]
[34]. Es passt auch nicht zur Klinik der oft selbst limitierenden pulmonalen Verlaufsform,
während Verläufe im Kindesalter bzw. das lokale Geschehen eines eosinophilen Granuloms
in extrapulmonalen Organen durchaus vom biologischen Verhalten her an ein malignes
Geschehen erinnern können.
Beschreibt man das histologische Bild der Histiocytosis X, so ist zunächst einmal
grundlegend festzustellen, dass es sich nicht um eine interstitielle Erkrankung handelt,
da der zum Teil destruierend verlaufende Entzündungsprozess alle Strukturen des Lungengewebes
betrifft. Korrekterweise ist die pulmonale Histiocytosis X damit nur den diffusen
Lungenkrankheiten zuzuordnen. Fibrosierungsprozesse, wie sie in einem Bild enden können,
das dann nicht mehr unterscheidbar ist von einer idiopathischen pulmonalen Fibrose,
sind ein Sekundärphänomen und charakterisieren nicht das eigentliche pathophysiologische
Geschehen der Erkrankung.
Morphologisch lassen sich drei verschiedene Phasen (Entwicklungsstadien) der LCH unterscheiden
[14]
[23]. Die erste Phase (Proliferationsstadium) besteht aus einem lockeren interstitiellen
und intraalveolären Infiltrat proliferierender Langerhans-Zellen, das in Verbindung
mit eosinophilen Granulozyten zur einer Dissoziation der präexistenten Faserstruktur
führt. Von dieser Initialphase gibt es einen fließenden Übergang zu einer zweiten
Phase (granulomatöses Stadium), bei der dichte herdförmige Histiozytenkomplexe dominieren.
Diese zerstören teilweise zapfenförmig die Wand kleinerer Bronchien und Lungengefäße.
Die Herde werden meistens von einem wallartigen Infiltrat eosinophiler Granulozyten
sowie von einem aktivierten Bindegewebe umgeben. In der dritten Phase (Narbenstadium)
hat sich kollagenreiches Narbengewebe mit Fibrozyten, eingeschlossenen pigmentierten
Makrophagen, Lipophagen und Mastzellen gebildet. Gelegentlich zeigt sich, meist im
Randgebiet solcher Areale, ein lymphofollikuläres Aggregat. Eine diffuse infiltrative
Beteiligung neutrophiler Granulozyten, von Lymphozyten oder Plasmazellen fehlt in
allen Stadien.
Die Langerhans-Zellen lassen sich immunhistochemisch nicht nur mit Antikörpern gegen
das CD1a-Molekül anfärben, sondern auch gegen das S-100-Protein [10]
[26]. Die Expression des S-100-Proteins ist aber nicht spezifisch für Langerhans-Zellen.
Die Zuordnung des variablen und sehr gemischten Zellbilds in einem Granulom oder einer
granulomähnlichen Formation setzt - das muss noch einmal betont werden - Erfahrung
in der Diagnose dieser Erkrankung voraus.
Es finden sich auch andere histologische Begleitphänomene, die zum Teil mit dem regelhaften
Nikotinkonsum der Patienten zusammenhängen dürften, wie z. B. eine respiratorische
Bronchiolitis, das Vorhandensein pigmentierter Makrophagen in den Alveolen - nicht
zu verwechseln mit einer desquamativen interstitiellen Pneumonie - oder emphysematöse
Veränderungen [29] (Abb. [1]).
Abb. 1 Selektive immunhistochemische Anfärbung von Langerhans-Zellen mit CD1a. (Der Autor
dankt Frau Prof. Dr. A. Fisseler-Eckhoff, Wiesbaden, für die freundliche Überlassung
des Bildes.)
Klinisches Erscheinungsbild
Klinisches Erscheinungsbild
Die pulmonale Form der Erkrankung kann in jedem Lebensalter auftreten, hat jedoch
den eindeutigen Höhepunkt ihrer Inzidenz in der 4. Lebensdekade. Die wenigen publizierten
Serien [2]
[12]
[25]
[32] wiesen entweder ein leichtes Überwiegen des männlichen oder weiblichen Geschlechts
auf. Im Krankengut unserer Klinik war das Geschlechterverhältnis ausgeglichen. Die
Patienten gelangen auf verschiedenen Wegen zur Diagnose: Der größte Teil wird über
klinische Symptome (respiratorisch und allgemein) auffällig, weitere über Zufallsentdeckungen
im Rahmen von Röntgenthoraxuntersuchungen, wenige darüber hinaus im Rahmen eines Spontanpneumothorax.
Im Falle vorhandener Beschwerden stehen an erster Stelle bronchopulmonale Symptome
wie unproduktiver Husten (bis zu 70 %) und Dyspnoe (bis zu 90 %), seltener tritt Thoraxschmerz
auf, der aber nicht immer mit einem Pneumothorax assoziiert sein muss (10 - 20 %).
Müdigkeit und Gewichtsverlust sind bei etwa einem Drittel der Patienten vorhanden,
erhöhte Temperaturen bzw. Fieber treten bei bis zu 15 % der Patienten auf. In der
Regel ist die Dauer der Beschwerden nicht länger als ein Jahr, ausgenommen Erkrankungen,
bei denen eine LCH im Spätstadium anzunehmen ist.
Besondere Umstände sind das Auftreten eines Spontanpneumothorax, das in bis zu 25
% der Patienten berichtet wurde, jedoch lässt sich diese hohe Zahl am Berliner Krankengut
als auch an den Patienten, die in die WATL-Studie eingeschlossen wurden, nicht nachvollziehen.
In der Heckeshorner Serie traten nur bei 2 von 42 Patienten Pneumothoraces im Verlauf
auf. Auch in einer der bislang größten Serien lag die Pneumothoraxhäufigkeit nur bei
12 % [32]. Eine weitere typische Komplikation sind Hämoptysen, die in bis zu 13 % der Patienten
verzeichnet wurden. Als Ursache kommt hierbei neben der pulmonalen LCH selbst auch
eine Aspergillusbesiedelung von Hohlräumen, die im Rahmen der LCH entstanden sind,
infrage, weiterhin natürlich auch ein Bronchialkarzinom, insofern ja alle Patienten
Raucher sind.
Auch bei führender pulmonaler Erkrankung kommen in bis zu 20 % der Fälle zystische
Knochenläsionen vor (eosinophile Granulome), die zu lokalisierten Schmerzen im Skelett
bzw. pathologischen Frakturen führen können [13]. Die Skelettbeteiligung kann übrigens einer disseminierten pulmonalen Erkrankung
vorausgehen, die Läsionen sind meistens in flachen Knochen lokalisiert wie z. B. der
Schädelkalotte wie in drei von vier Fällen der Berliner Serie. Es kommen aber auch
Läsionen in Wirbelkörpern, Rippen, Femur und Becken vor, während die distalen Knochen
nur sehr selten befallen sind. Weitere Symptome in diesem Zusammenhang sind ein Exophthalmus
bei Befall der Orbita, ein Diabetes insipidus bei Infiltration der Schädelbasis oder
ein Befall des Mastoids, der sich wie eine Otitis media äußert. Zahnlockerungen können
auf eine Infiltration von Mandibula oder Maxilla hinweisen. Auch akute Querschnittsyndrome
wurden beschrieben, jedoch - wie auch die vorgenannten Lokalisationen - im Rahmen
eines führenden Knochenbefalls der Erkrankung (lokalisiertes eosinophiles Granulom
des Knochens oder als multifokale Verlaufsform im Sinne des Hand-Schüller-Christian-Syndroms).
Aus der eigenen Erfahrung sei noch angemerkt, dass ein Knochenszintigramm kein gutes
Verfahren ist, um einen unter Umständen multilokulären Knochenbefall aufzudecken,
da die Läsionen nicht regelhaft eine Anreicherung zeigen und eine Aussparung durch
die Zystenbildung in verschiedenen Abschnitten des Skeletts in der Szintigraphie nicht
erkannt werden kann. Gezielte Röntgenaufnahmen aufgrund klinischer Verdachtsmomente
sind die Methode der Wahl, um Knochenlokalisationen aufzudecken, wobei differenzialdiagnostisch
Metastasen, Zysten anderer Art, Sarkome und eine Osteomyelitis abzugrenzen sind.
Eine immer wieder geäußerte Assoziation zwischen der pulmonalen Histiocytosis X und
dem Auftreten maligner Tumoren dürfte zumindest teilweise auf das regelhaft vorhandene
Tabakrauchen zurückzuführen sein [28]. Es handelt sich wohlgemerkt nicht nur um Bronchialkarzinome (geschätzt 5 % der
Patienten), beschrieben wurden auch Lymphome, Karzinoide, ein mediastinales Ganglioneurom
und im eigenen Krankengut ein Osteosarkom. Diese Assoziation bedarf nicht unbedingt
einer regelhaften Tumorsuche, jedoch sollte - ebenso wie bei den anderen weniger häufigen
Begleitphänomenen wie Knochenläsionen oder Diabetes insipidus - eine entsprechende
klinische Aufmerksamkeit bestehen.
Selbstverständlich kann es im Spätstadium der Erkrankung mit schwerwiegenden fibrotischen
Veränderungen der Lunge zu Sekundärfolgen wie dauerhafter respiratorischer Insuffizienz,
pulmonaler Hypertonie oder Cor pulmonale mit oder ohne Dekompensation kommen.
Röntgenbefund
Röntgenbefund
Genauso wie das pathologisch-anatomische Bild ist auch der Röntgenbefund der Erkrankung
ganz entscheidend vom Stadium abhängig [17]
[24]. Im Spätstadium der Erkrankung ist die Differenzialdiagnose vor allem zur idiopathischen
Lungenfibrose, gelegentlich auch zum Emphysem, sowohl im konventionellen Röntgenbild
als auch im CT schwierig. Wie in den großen retrospektiven Serien als auch in der
WATL-Serie dominiert bei der ersten Präsentation das frühe Stadium der Erkrankung,
wenn auch in unterschiedlichem Ausmaß des Befalls der Lungen.
Beide Lungen sind in der Regel symmetrisch befallen, mit einem Schwerpunkt der Beherdung
auf den Mittelfeldern, fast ebenso stark erscheinen die Oberfelder befallen, etwas
geringer hingegen die Unterfelder mit der typischen Aussparung der kostophrenischen
Winkel (Abb. [2a]). Gelegentlich scheinen auch die supraklavikulären Lungenabschnitte schwächer betroffen
zu sein, was von Radenbach mit einer bevorzugten Beteiligung der posterioren und anterioren
Oberlappensegmente sowie der Unterlappenspitze mit Granulomen in Verbindung brachte.
Die Herde können sowohl in lockerer als auch großer Dichte auftreten und umfassen
in Typ, Größe und Form alle Kategorien der ILO-Klassifikation, die Radenbach zur Beschreibung
der Röntgenthoraxbefunde heranzog. Die kleinste Kategorie beschreibt hier Herde bis
nur 1,5 mm Durchmesser, die größten bis zu 10 mm Durchmesser. In der Größe darüber
hinausgehende Herde sind sehr selten. Große Konglomeratherde eines eosinophilen Granuloms
der Lunge treten offenbar nicht zusammen mit der disseminierten Verlaufsform auf,
jedoch haben wir in unserem Krankengut einen Patienten gesehen, der zunächst mit einem
solchen Konglomeratherd unter Tumorverdacht thorakotomiert wurde mit entsprechender
Herdentfernung, dann aber ein halbes Jahr später das typische Bild einer disseminierten
pulmonalen Erkrankung entwickelte. Vom Erscheinungsbild her sind die Herde im frischen
Stadium eher rundlich und unscharf begrenzt, je weiter die Erkrankung fortschreitet,
kommen retikuläre Veränderungen hinzu und Einschmelzungen, die sich röntgenologisch
dann als die von Radenbach so bezeichneten Ringfiguren darstellen (Abb. [2b]). Diese Ringschatten sind relativ deutlich bewandete und allseitig scharf begrenzte
zystische Strukturen, die diffus und zufällig in der Lunge verteilt auftreten („Schrotschussmuster”).
Entsprechend den beschriebenen Läsionen kann ihr Durchmesser bis zu 2 cm betragen,
ihre Wanddicke bis etwa 2,5 mm. In der Thoraxübersicht sind sie gelegentlich zu erahnen,
im CT (siehe unten) bilden sie das Substrat für ein pathognomonisches Muster.
Neben den genannten Herdläsionen trifft man durchaus häufig auch Bezirke mit einer
milchglasartigen Eintrübung an, die auf eine begleitende Alveolitis zurückzuführen
sind. Das Phänomen ist aber so unspezifisch und unregelmäßig, dass es differenzialdiagnostisch
keinerlei Bedeutung hat. Lymphknotenvergrößerungen sind sehr selten anzutreffen, was
die differenzialdiagnostische Abgrenzung von einer Sarkoidose oder auch Silikose vornehmen
lässt. Das typische Bild der Fibrose mit strangartigen fibrotischen Veränderungen,
kettenförmig angeordneten und dann vorwiegend subpleural lokalisierten Zysten mit
dünner Bewandung bzw. dem Bild der Honigwabenlunge sind die unspezifischen Merkmale
des Spätstadiums.
In den 90er Jahren hat sich die Dünnschicht-Computertomographie (high resolution CT,
HRCT) in der Diagnostik der pulmonalen LCH ganz in den Vordergrund geschoben [3]
[22]. Man erkennt auch hier die diffus und irregulär verteilten granulomatösen Läsionen,
die durchweg rundlich erscheinen und die beschriebenen Einschmelzungen aufweisen können.
Die Einschmelzungen können konfluieren und damit noch größere, unregelmäßig begrenzte
Höhlen bilden, in Abhängigkeit vom Stadium der Erkrankung (Abb. [2c]). Aus rein radiologischer Sicht ist eine differenzialdiagnostische Abgrenzung gegen
Lymphangioleiomyomatose (LAM), Bronchiektasen oder andere Lungenerkrankungen mit zystischen
Strukturen (Metastasen, Mykosen, ungewöhnliche Verlaufsformen einer Pneumocystis-carinii-Pneumonie
u. a.) erforderlich. Bei der LAM sind die Zysten dünnwandiger, runder und gleichmäßiger
verteilt, während sie bei der LCH oft unregelmäßig, ovalär oder gelappt erscheinen.
Immerhin erscheint es möglich, dass der Kliniker auf dem Boden hinreichender Erfahrung
die pulmonale LCH auf dem Boden eines typischen CTs sicher diagnostizieren kann, wenn
das Mischbild aus granulomatösen Herden mit und ohne Einschmelzung nebeneinander vorliegt.
Im Zusammenhang mit dem klinischen Bild mag es hierbei sogar gerechtfertigt sein,
auf eine bioptische Sicherung zu verzichten.
Abb. 2 a - c Röntgenologische Befunde bei pulmonaler LCH. Während die Thoraxübersicht lediglich
ober- und mittelfeldbetonte diffuse Veränderungen aufweist (a), zeigen sowohl konventionelle Schichtaufnahmen (b) als auch die Computertomographie (c) sehr häufig die charakteristischen Zysten („Schrotschussmuster”).
Funktionsdiagnostik
Funktionsdiagnostik
Im Gegensatz zu anderen diffusen Lungenkrankheiten findet man bei nahezu allen Patienten
mit pulmonaler LCH, das heißt in allen Stadien, pathologisch veränderte Lungenfunktionsbefunde,
auch wenn die Klinik dies nicht immer erwarten lassen würde [5]
[20]. Am häufigsten gestört sind die Parameter des Gastransfers, wobei unter den zur
Verfügung stehenden Methoden die Bestimmung des CO-Gastransfers mit rund 80 % Sensitivität
offenbar die größte Empfindlichkeit besitzt. In zwei Drittel der Patienten ist auch
der Gastransfer unter Belastung pathologisch, das heißt es findet sich ein pathologischer
Abfall des PaO2 unter Belastung bzw. ein Anstieg der alveolokapillären Sauerstoffdifferenz. Eine
Restriktion hingegen zeigen die wenigsten Patienten. Wirklich charakteristisch aber
- auch in Abgrenzung gegenüber anderen diffusen Lungenkrankheiten - ist für die pulmonale
LCH, dass mindestens zwei Drittel der Patienten eine Atemwegsobstruktion aufweisen,
bemerkbar entweder an einer manifesten Obstruktion mit erhöhtem Residualvolumen oder
im frühen Stadium eine Herabsetzung der Flusswerte im Sinne einer „small airways'
disease”. Im Spätstadium kann die Atemwegsobstruktion mit Überblähung dann ganz im
Vordergrund für die Morbidität des Patienten stehen, unabhängig von einer sich dann
auch entwickelnden Restriktion. Man sollte den diagnostischen Hinweis, den ein bestimmtes
Lungenfunktionsmuster auf eine pulmonale LCH geben kann, nicht überbewerten. Es erscheint
mir jedoch aus der Erfahrung wichtig darauf hinzuweisen, dass bei einer diffusen Lungenkrankheit,
deren Zuordnung nach dem röntgenologischen Befund nicht ohne weiteres möglich ist,
in jedem Fall an eine pulmonale LCH gedacht werden muss, wenn eine Obstruktion auch
nur der kleinen Atemwege bemerkt wird. Dieser Hinweis ist insofern bedeutsam, als
neben der konventionellen Röntgendiagnostik die Funktionsdiagnostik ja an früher Stelle
eines Algorithmus zur Klärung einer diffusen Lungenkrankheit steht und sich die diagnostischen
Wege - insbesondere die bioptischen - durchaus früh in Abhängigkeit von einer Verdachtsdiagnose
verzweigen.
Funktionelle Verlaufsuntersuchungen scheinen zu belegen, dass trotz der ganz häufig
erkennbaren spontanen Rückbildung der Erkrankung im Röntgenbild Funktionsdefekte,
insbesondere Störungen des Gastransfers und vor allem des CO-Gastransfers, zurückbleiben
[20]. Dies wurde bereits in früheren Serien gezeigt, in denen die Patienten noch weithin
einer systemischen Steroidtherapie schon bei Diagnosestellung zugeleitet wurden. Der
gleiche Eindruck lässt sich aus den noch nicht veröffentlichen Daten der WATL-Studie
ableiten. Klinisch können solche Funktionsdefekte durchaus unbemerkt bleiben. Allerdings
weisen ungefähr die Hälfte der Patienten eine unspezifische bronchiale Hyperreaktivität
auf, so dass bei Exposition gegen Atemwegsreize der verschiedensten Art situativ Beschwerden
auftreten können [11].
Entwickelt sich ein Spätstadium der Erkrankung, so ist mit allen Folgeerscheinungen
einer chronischen Lungenerkrankung, die mit erheblichen Funktionsstörungen einhergeht,
zu rechnen, das heißt der Entwicklung einer sekundären pulmonalen Hypertonie und eines
Cor pulmonale mit den entsprechenden Folgen für die Prognose des Patienten [6]
[32].
Bioptische Diagnostik
Bioptische Diagnostik
Bedauerlicherweise ist der Wert konventioneller bioptischer Verfahren in der Hand
des Pneumologen bei der pulmonalen LCH sehr begrenzt [25]. Aufgrund der Seltenheit der Erkrankung liegen über die immunzytologische Diagnostik
aus der bronchoalveolären Lavage nur wenige publizierte Patientendaten vor [1]
[27]. Sie legen nahe, dass eine LCH vermutet werden kann, wenn sich mehr als 4 % CD1+-positive
Zellen in der BAL befinden. Die optimistische Schlussfolgerung von Auerswald u. Mitarb.
[1] aus ihren Daten, dass mit diesem cut-off eine Sensitivität und Spezifität von jeweils
100 % erreicht werden kann, ist durch andere Autoren relativiert worden [27]. Wahrscheinlich beträgt die Sensitivität nicht mehr als 50 %, was möglicherweise
auch abhängig vom gewählten Verfahren ist, das zur immunzytologischen Charakterisierung
der BAL-Zellen gewählt wird. Letztendlich muss auch der Gesamteindruck der BAL in
die Bewertung eines solchen Befundes einbezogen werden, das heißt das Vorhandensein
von neutrophilen oder eosinophilen Granulozyten bzw. einer nicht wesentlich erhöhten
Lymphozytenfraktion. Es sollte ganz klar herausgestellt werden, dass für den Fall
der Berücksichtigung von BAL-Ergebnissen überhaupt nur dann eine verlässliche Aussage
zu erwarten ist, wenn die Untersuchung in einem Labor mit entsprechender Erfahrung
bei der Seltenheit des Krankheitsbildes geschieht und wenn der Versand der Materialien
dorthin mit hinreichend konservierenden Medien geschieht, die dann auch eine valide
Aussage zulassen.
Die bronchoskopische Gewinnung von Material zur Histologie ist bei der pulmonalen
LCH unergiebig [25]. Wahrscheinlich liegt es an der diskontinuierlichen und herdförmig verteilten Erkrankung
(s. o., „Schrotschussmuster”), dass man allenfalls zufällig ein charakteristisches
Granulom bioptiert. Eine Alveolitis, eine Fibrosierung von Alveolarsepten oder auch
eine gewisse Eosinophilie sind keine pathognomonischen Veränderungen für die Histiocytosis,
auch wenn man solche Veränderungen in den kleinen, das heißt 2 - 3 mm großen Proben
einer peripheren transbronchialen Lungenbiopsie häufig berichtet bekommt. Ob mit einer
erhöhten Pneumothoraxrate bei der Durchführung einer peripheren Biopsie gerechnet
werden muss, ist unklar. Bei unklarer Differenzialdiagnose einer diffusen Lungenkrankheit
wird man bei den entsprechenden funktionellen Voraussetzungen nichtsdestoweniger auf
eine solche Art der Probenentnahme aus grundsätzlichen Erwägungen nicht verzichten.
Die diagnostische Methode der Wahl ist heutzutage die videothorakoskopische, das heißt
chirurgisch-thorakoskopische Entnahme einer oder mehrerer Lungenkeile, bevorzugt aus
den oben erwähnten Segmenten mit dem häufigsten Befall (Segmente 2,3 und 6 [24]). Die in den 90er Jahren verbreitete Methode verwendet ein Instrumentarium, das
das Risiko einer Parenchymfistel nach Biopsie minimiert. Nur der Form halber sei darauf
hingewiesen, dass dagegen die internistische Thorakoskopie in Lokalanästhesie nach
Untersuchungen aus den 80er Jahren wie die Bronchoskopie zu insgesamt unbefriedigenden
Ergebnissen geführt hat, mit einer Ausbeute von nur etwa einem Drittel der Fälle [25]. Die Methode wird ohnehin zur Diagnostik diffuser Lungenkrankheiten heutzutage nur
noch herangezogen, wenn die weiterentwickelten chirurgischen Verfahren nicht zur Verfügung
stehen.
Therapie und Prognose
Therapie und Prognose
Für die Erkrankung liegen keine prospektiv randomisierten Daten zur Therapie vor.
In den eingangs beschriebenen großen Serien wurden zwar auch Therapiedaten mitgeteilt.
Diese müssen jedoch im Lichte der Erkenntnisse aus der WATL-Studie infrage gestellt
werden, weil es in dieser bislang einzigen prospektiven Prüfung bei mindestens zwei
Drittel der Patienten zu einem spontanen Regress der Erkrankung nach Diagnosestellung
durch offene Lungenbiopsie gekommen ist. Radenbach unternahm den bisher exaktesten
Versuch, den therapeutischen Einfluss von Steroiden zu untersuchen, indem er Verlaufsdaten
vor Diagnosestellung heranzog und mittels intraindividuellem Vergleich die Wirkung
von systemisch verabreichten Prednison/Prednisolon prüfte [24]. In der letzten Zusammenstellung der retrospektiven Heckeshorner Fällen zeigten
12/14 Patienten, bei denen vor Diagnosestellung ein Progress der Erkrankung dokumentiert
war, unter Steroiden eine Rückbildung. Trotz des genannten Vorbehalts offenbar häufiger
spontaner Remission muss man aus der persönlichen Erfahrung mit einer Steroidtherapie
hinzufügen, dass die Besserung innerhalb von Tagen einsetzt und daher an einer Wirkung
der Steroidtherapie kaum zu zweifeln ist. Über die Dauer der Steroidtherapie und den
Langzeiteffekt gibt es keine verbindlichen Meinungen. Für das WATL-Protokoll wurde
in Anlehnung an die Sarkoidose-Therapiestudie der 80er Jahre ein sechsmonatiges Schema
vorgeschlagen, beginnend mit 40 mg Prednisolon pro Tag, dann jeweils monatsweise um
10 mg reduzierend mit einer Gesamtdauer von sechs Monaten (40 - 30 - 20 - 15 - 10-10
mg). Es könnte sich bei der LCH ähnlich wie bei der Sarkoidose verhalten, dass die
Langzeitprognose trotz anfänglicher Förderung einer Rückbildung durch Steroide letztendlich
doch nicht beeinflusst wird, aber dies ist Spekulation.
Die Übertragung von Ergebnissen einer zytostatischen Behandlung bei Kindern mit disseminierter
Erkrankung und, wie oben beschrieben, wesentlich aggressiverem Verlauf erscheint vollkommen
unzulässig. Es gibt nur wenige aus der Literatur mitgeteilten Daten, die die Effizienz
von Zytostatika beim Erwachsenen mit pulmonaler Verlaufsform der LCH im Falle eines
Progress unter Steroidtherapie beschreiben. Verwendet wurden Etoposid, Cyclophosphamid,
Vinblastin und andere [16]
[30]. Empfohlen werden kann ihr Einsatz aufgrund der sporadischen Datenlage nicht.
Die Aufforderung zum dauerhaften Nikotinverzicht versteht sich von selbst, schon allein
um die pathophysiologisch eindeutige Kette des Zigarettenrauchens als Stimulus zu
unterbrechen. Dass eine solche Intervention allerdings der Schlüssel zur Rückbildung
der Erkrankung ist, kann insofern leider nicht konstatiert werden, als sich im Krankengut
der WATL-Studie bzw. in der vom Autor selbst betreuten Patientengruppe einzelne Personen
befinden, die definitiv einen Regress trotz fortgesetzten Nikotinkonsums zeigten.
Weiterhin sei auf die Möglichkeit der Lungentransplantation hingewiesen, die sich
für Patienten mit fortschreitender Erkrankung bzw. der Ausprägung des Vollbilds der
Lungenfibrose anbietet, insofern der Altersgipfel der Erkrankung hier bereits in der
vierten Lebensdekade liegt. Über einen solchen Therapieschritt kann selbstverständlich
nur individuell entschieden werden. Der in der Literatur berichtete Umstand, dass
es nach der Transplantation zu einem Befall des Implantats kam [8], soll hiervon nicht abhalten, da im Zweifelsfall die Möglichkeit einer hochdosierten
immunsuppressiven Intervention zur Verfügung steht und man eine solche Konstellation
ohnehin als äußersten Ausnahmefall auffassen muss. Nur der Form halber sei auf Supportivmaßnahmen
hingewiesen wie Pneumothoraxbehandlung oder medikamentöse Therapie eines Diabetes
insipidus, bei denen aber kein Unterschied zur Behandlung von Krankheitsentscheidungen
auf anderer Grundlage besteht.
Die Prognose der Erkrankung muss insgesamt als gut eingeschätzt werden, allerdings
haben Vassallo u. Mitarb. anhand der erwähnten Serie von 102 Patienten der Mayo Clinic,
die dort zwischen 1976 und 1998 behandelt wurden, eine gegenüber der Allgemeinbevölkerung
herabgesetzte Lebenserwartung errechnet [32]. Die Autoren haben allerdings selbst darauf aufmerksam gemacht, dass 15 Fälle mit
einer wahrscheinlichen, aber aus Gründen zu geringer Morbidität nicht lungenbioptisch
gesicherten LCH unberücksichtigt blieben und dass gerade diese Patienten mit einer
minimalen Ausprägung der Erkrankung eine mutmaßlich bessere Prognose haben dürften.
Es überrascht nicht, dass eine schlechtere Lungenfunktion - gleich welcher Parameter
herangezogen wird - mit einem kürzeren Überleben assoziiert war, was auch von Delobbe
u. Mitarb. [6] zuvor mitgeteilt worden war. Die Häufigkeit von Malignomen bei den nachbeobachteten
Patienten war jedoch bemerkenswert, wobei es sich nicht nur um Bronchialkarzinome
(n = 5), sondern auffälligerweise auch hämatologische Neoplasmen (n = 6) sowie andere
(n = 5) handelte, was dem Kliniker zur Aufmerksamkeit in dieser Richtung Anlass geben
sollte.