Pneumologie 2003; 57(3): 135-136
DOI: 10.1055/s-2003-37744
Editorial
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

44. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie vom 26. 3. - 29. 3. 2003 in München

44th Congress of the German Society of Pneumology 26. 3. - 29. 3. 2003 in MunichK.  Häußinger
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Prof. Dr. Karl Häußinger

Alklepios Fachkliniken, Klinik für Pneumologie

Robert-Koch-Allee 2

82131 Gauting

Publication History

Publication Date:
10 March 2003 (online)

Table of Contents

Das Programm des 44. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie ist der vorläufige Höhepunkt einer beeindruckenden Entwicklung, die Anfang 1993 durch eine Neustrukturierung der Gesellschaft und der Kongressorganisation den Anfang genommen hat. Durch die Gründung von 14 Sektionen mit demokratisch gewählten Sprechern wurde ein Wettstreit um die besten Beiträge an Fort- und Weiterbildung einerseits wie auch wissenschaftlicher Innovation andererseits erreicht. Das Ergebnis ist ein ausdifferenziertes Kongressprogramm, das sich auf die kenntnisreiche Auswahl der jeweils besten Experten der Sektionen mit den jeweils aktuellsten Themen stützt. Die Kehrseite dieses Wettstreites ist, dass die Zahl der eingereichten Beiträge von Jahr zu Jahr anschwoll und kaum noch überschaubar ist. Aufgabe des Kongresspräsidenten ist es zunehmend, die Zahl der Beiträge zu reduzieren, thematisch zu bündeln und zu fokussieren. Dies wurde in München mit Nachdruck versucht. Dennoch ist das Programm umfangreicher geworden als je zuvor. Dem skeptischen Gegner einer möglichen Überfrachtung möchte ich entgegensetzen, dass die Freude über die zunehmende Aktivität der Mitglieder der Gesellschaft überwiegt.

Die Realität zeigt aber auch: Die Programmgestaltung wird auch beeinflusst von sozioökonomischen und fachspezifischen Entwicklungen, die neben den genannten Zielen vom „Zeitgeist” bestimmt werden und von denen im Folgenden einige herausragende Beispiele genannt werden sollen, die eine subjektive Auswahl des Autors darstellen.

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Zellbiologie und klinische Pneumologie - Verstärkter Schulterschluss

Von den 365 angenommenen wissenschaftlichen Beiträgen stammen die meisten aus den Sektionen Zellbiologie und Klinische Pneumologie. Herausforderung und Chance des Kongresses ist es, zwischen diesen Fachgebieten Brücken zu schlagen und es klinisch tätigen Ärzten zu erleichtern, die wichtigsten Zusammenhänge der Zellbiologie zu verstehen und im klinischen Alltag sinnvoll umzusetzen. Der Wissenstransfer für den Spezialisten erfolgt zunächst in interaktiven Seminaren und Workshops mit den Schwerpunkten Entzündungs- und Abwehrmechanismen. Er muss aber auch in größerem Rahmen diskutiert werden. Ein Beispiel in diese Richtung gibt das Symposium über fachübergreifende Grundlagen der Endoskopie: „Blick über den Rand des Okulars: Endoskopie und Infektiologie, Molekularbiologie und Genetik”.

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Rehabilitationsmedizin - wissenschaftliche Evaluation contra politischen Druck!

Früher und intensiver als in anderen Fächern zeichnet sich in der Rehabilitationsmedizin ab: Die politische und ökonomische Situation zwingt zum Handeln. Die Beiträge signalisieren das Bemühen um wissenschaftliche Evaluation und die Bereitschaft, sich bei knapper werdenden Ressourcen dem Wettbewerb zu stellen. Die Rehabilitationsmedizin ist dabei, neue Strukturen ambulanter und stationärer Verzahnung mit bestmöglicher Kosten/Nutzenrelation zu entwickeln. Zu nennen sind hier das Gründerseminar OACM (Optimales ambulantes Case-Management) und das Symposium „Pneumologische Rehabilitation - Up-date 2003 - Was ist neu - Was ist wirklich wichtig?”

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Onkologie - Ausweg durch Früherkennung?

Im Bereich der Pharmakotherapie führten die wissenschaftlichen Bemühungen der letzten Jahre zu einer wesentlichen Verbesserung der Lebensqualität von Patienten mit Bronchialkarzinom. Multimodale Konzepte sind in Entwicklung, unsicher bleibt jedoch, ob durch sie eine signifikante Verlängerung der Überlebensraten erwartet werden kann. Der Mangel an substanziellem Fortschritt verstärkt den Druck zur Früherkennung. Dieses Thema, obschon 30 Jahre alt, erfährt eine Renaissance durch neue Techniken: Low-Dose-CT, moderne Sputumanalytik und Fluoreszenzbronchoskopie, die im Kontext mit modernen Verfahren der interventionellen Endoskopie eine besondere Effizienz versprechen.

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Pathophysiologie und Aerosolmedizin - Eine Jubiläumsfeier!

Im Rahmen des Kongresses findet die Jubiläumsveranstaltung zur 100. Arbeitstagung (1962 - 2003) der Sektion Pathophysiologie und Aerosolmedizin statt. Diese Sektion ist aus der früheren „Arbeitsgemeinschaft Pathopysiologie” hervorgegangen, deren Charakter entscheidend von Dozent Dr. med. Johannes Vogel, Forschungsinstitut für Respiratorische Diagnostik in Berlin-Buch geprägt wurde. Neue Erkenntnisse zur Rolle molekularer und zellulärer Prozesse in der Pathogenese des Lungenemphysems eröffnen in Zukunft erweiterte Möglichkeiten der Therapie und Prävention. Die Jubiläumsveranstaltung diskutiert daher vor allem die Entwicklung neuer Methoden in der Emphysemdiagnostik und zukünftige (kausale?) Therapieoptionen zur COPD.

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Infektiologie - Lunge als Opfer oder Täter?

Einen thematischen Schwerpunkt des Kongresses bildet die Rolle der Lunge bei Infektionen - sei es als primärerkranktes Organ oder im Rahmen der Interaktion mit extrapulmonalen Infektionen. Die Sektion „Infektiologie, Tuberkulose” der DGP übernimmt im Bereich Infektiologie eine wichtige Aufgabe in Lehre und Forschung, da Infektiologie in Deutschland nicht als eigenständiges Fach der Inneren Medizin existiert. In München werden sich 5 wissenschaftliche Vorträge mit der Rolle der Lunge bei extrapulmonalen Infektionen befassen, bei denen die Lunge in Bezug auf andere Organe sowohl Opfer als auch Täter sein kann. Aus den Bereichen Sepsis, Tuberkulose, Endokarditis und anderen Infektionen werden neue Aspekte vorgetragen, die die Heilungschancen solcher Infektionen verbessern können. „Erreger des Jahres” sind die Pneumokokken, die wichtigsten Erreger von Atemwegsinfektionen. Dramatisch ist hier die weltweite Entwicklung von Resistenzen gegenüber bewährten Antibiotika, so dass alte Therapiekonzepte überdacht und neue Strategien einschließlich präventiver Maßnahmen entwickelt werden müssen.

Zum Thema ambulant erworbene Pneumonien werden die Ergebnisse des 1. Nationalen Kompetenznetzwerks zur pneumologischen Infektiologie (CAP-Netz) vorgestellt. Beim CAP-Netz (Netz zur Erforschung der ambulant erworbenen Pneumonie) handelt es sich um ein vom Bundesministerium für Bildung und Forschung unterstütztes Netzwerk zur intensiven Erforschung dieser wichtigsten potenziell zum Tode führenden Infektionserkrankungen. Ziel dieses Netzwerkes ist vor allem die Reduzierung der hohen Sterblichkeitsrate bei ambulant erworbenen Lungenentzündungen.

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Schlafmedizin - ambulant oder stationär?

Die bevorstehende Einführung der DRGs könnte die Wirtschaftlichkeit der Schlafmedizin im stationären Bereich schwächen. Gleichzeitig ist zu erwarten, dass die geplante Änderung der Gebührenordnung für Ärzte dazu führt, dass sich die Schlafmedizin zunehmend in den ambulanten Bereich verlagert.

Dies hat Konsequenzen für den stationären Sektor. Bereits jetzt ist erkennbar, dass sich das diagnostische und therapeutische Spektrum in den schlafmedizinischen Abteilungen der Kliniken verändert. Die Patienten weisen zunehmend Schlaf- und Atmungsstörungen in Kombination mit teilweise schweren pneumologischen, internistischen und neurologischen Krankheitsbildern auf. Verdeutlicht wird dieser Prozess durch die große Zahl von Originalbeiträgen aus dem schlafmedizinischen Bereich, die sich mit klinischen Studien zur Interaktion von nächtlichen Atmungsregulationsstörungen und Hochdruck, Herzinsuffizienz, Apoplex und Restless-legs-Syndromen beschäftigt.

Bei 170 Veranstaltungen, bestritten von knapp 350 Referenten, geben die genannten Ausführungen zwangsläufig nur schlaglichtartige Tendenzen und Schwerpunkte. Sie sollen neugierig machen auf den Wettstreit der 14 Sektionen vor Ort. Auf einen Kongress, der die eingangs genannte Botschaft verdeutlichen wird: Die Pneumologie ist eine zentrale Disziplin im Konzert der Fächer der Inneren Medizin. Dieser Anspruch wird einmal mehr bekräftigt durch den 44. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie in München.

Hierzu lade ich Sie herzlich ein.

Prof. Dr. Karl Häußinger

Alklepios Fachkliniken, Klinik für Pneumologie

Robert-Koch-Allee 2

82131 Gauting

Prof. Dr. Karl Häußinger

Alklepios Fachkliniken, Klinik für Pneumologie

Robert-Koch-Allee 2

82131 Gauting