Handchir Mikrochir Plast Chir 2003; 35(3): 137
DOI: 10.1055/s-2003-41978
Editorial

Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Themenheft Distales Radioulnar-Gelenk

Focus on Distal Radioulnar JointU. Lanz
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Publication Date:
09 September 2003 (online)

Auch die Chirurgie unterliegt zuweilen der Mode: So war es in der Vergangenheit das gängige Vorgehen, alle Probleme um den Ellenkopf mit einer Resektion anzugehen, gleich ob es sich um eine Überlänge nach in Verkürzung abgeheilter Radiusfraktur handelt, eine Instabilität des distalen Radioulnar-Gelenkes in Folge einer Läsion seines Bandapparates, eine schmerzhafte Arthrose oder eine Strecksehnenruptur als Folge einer Arthritis des Caput ulnae. In ihrer experimentellen Untersuchung zeigen Sauerbier und Mitarb. deutlich die möglichen Folgen für Stabilität und Funktion dieses Eingriffes. Nur geringfügig besser schneidet dabei im Hinblick auf Stabilität die von Bowers inaugurierte Ulnakopfhemiresektion ab.

In Europa hat die Arthrodese des distalen Radioulnargelenkes mit gleichzeitiger Segmentresektion der Ulna, mit der die Umwendbewegung ermöglicht wird, eine ähnliche Popularität erlangt wie früher die einfache Resektion des Ellenkopfes. Dass jedoch auch diese Operation nur zu Defektheilungen führt, zeigen die Arbeiten in diesem Heft, die sich mit diesem Thema beschäftigen. Dies wird deutlich, sobald Funktion in Form von Winkelmaßen und Kraft gemessen wird. Es handelt sich also ebenso um eine Rettungsoperation wie die Ulnakopfhemiresektion. Beide Verfahren sind nicht in der Lage die ursprüngliche Beweglichkeit und Kraft wiederherzustellen. Um das Gewicht nicht allzu sehr auf die Kapandji-Operation zu verlagern, haben van Schoonhoven und Mitarb. ihre Ergebnisse nach der Bowers-Operation dagegen gestellt.

Eine Situation, in der es nur noch Rettungsmaßnahmen gibt, sollte, wo immer möglich, vermieden werden. Die Wiederherstellung der ursprünglichen Form von Radius, Ulna und ihres beide koppelten Halteapparates muss deshalb vordringliches Ziel sein. In diesem Sinne sind die Berichte von Schulz und Mitarb. und von Meznik und Mitarb. besonders wertvoll, da sie aufzeigen, wie in bestimmten Fällen eine Arthrose des distalen Radioulnargelenkes durch Achsenkorrektur des Radius verhindert werden kann. Auch die von Löw und Mitarb. beschriebene standardisierte Technik zur Ellenverkürzungsosteotomie hilft, das distale Radioulnargelenk zu erhalten, wenn eine Ellenüberlänge zum symptomatischen Ulna impaction-Syndrom geführt hat.

Es muss unser vordringlichstes Bestreben sein, nach Frakturen oder Bandverletzungen die ursprüngliche Anatomie wiederherzustellen, sei es durch korrigierende Eingriffe am Radius oder am ulnokarpalen Komplex. Sie ist schließlich unabdingbare Voraussetzung für eine ungestörte Funktion. Erst wenn das distale Radioulnargelenk irreversibel geschädigt ist erscheint heute ein Rettungseingriff noch gerechtfertigt.

Prof. Dr. med. Dieter Buck-Gramcko

Am Heesen 14 A

21033 Hamburg

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