Bei Wohnungs- und Gebäudebränden werden häufig viele für Menschen gefährliche Substanzen
freigesetzt, die beim Einatmen auf verschiedene Weise und unterschiedlich schnell
eine Reihe von Gesundheitsschäden bis hin zum toxischen Lungenödem hervorrufen können.
Brandrauch kann durch seine Temperatur physikalisch das Lungengewebe schädigen, darin
enthaltene Giftstoffe wie Kohlenmonoxid (CO) können die Sauerstoffaufnahme in der
Lunge blockieren und zu innerem Ersticken führen. Kohlendioxid (CO2) verdrängt den Sauerstoff, Reizgase lassen die empfindlichen Schleimhäute oder gar
die gasaustauschenden Membranen der Alveolen anschwellen und behindern so die Atmung.
Bei Explosionen kann die Druckwelle Lungenbarotraumen verursachen. Anhand der Symptomatik
lässt sich die Art der Schädigung nicht immer zweifelsfrei ermitteln, oft liegen auch
Mischformen vor. Deshalb kann eine Erstbehandlung nur relativ unspezifisch und symptomorientiert
erfolgen [1]
[2]. Erfahrungsgemäß wirkt sich die Behandlung mit inhalativen Steroiden positiv auf
das Befinden von Brandrauch-exponierter Patienten aus. Dieser Substanzgruppe wird
unter anderem eine „abdichtende”, schützende Wirkung auf die empfindlichen Schleimhäute
zugeschrieben [3], sodass das Auftreten eines Lungenödems verhindert werden kann [4]. Außerdem scheinen inhalative Steroide zu einer schnellen Verbesserung der Ventilation
beizutragen. Sie werden in fast jedem Notarzt- oder Rettungswagen mitgeführt, ihre
Anwendung wird bei Rauchgasintoxikationen von den meisten Experten empfohlen.
Studien zu Reizgasintoxi-kationen fast unmöglich
Studien zu Reizgasintoxi-kationen fast unmöglich
Die Wirksamkeit einer solchen Maßnahme ist letzten Endes schwer nachzuweisen, da Brände
mit Personenschaden nicht sehr häufig vorkommen und niemals vorherzusagen ist, wann
und wo sie auftreten werden. Demnach ist es praktisch unmöglich, den Nutzen von inhalativen
Kortikoiden unter Studienbedingungen zu prüfen [5]. Die Schwierigkeit von Studien an Patienten mit Reizgasintoxikationen ist vermutlich
die Ursache dafür, dass ein älteres FCKW-haltiges Dosieraerosol bis Ende 2002 für
diese Indikation zugelassen war, während moderne Pulverinhalatoren und HFA-Dosieraerosole
nicht eingesetzt werden durften. Seit dem Verbot FCKW-haltiger inhalativer Steroide
ab 2003 ist HFA-BDP (Junik®)[1] das einzige für Reizgasintoxikation zugelassene Präparat. Aufgrund der sehr kleinen
Partikel kommt es zu einer gleichmäßigen Verteilung des Wirkstoffs bis in die kleinsten
Atemwege [6]. Darüber hinaus ist die Inhalation mit dem Autohaler®1 auch für Patienten, die bisher
noch nie inhaliert haben, einfach und schnell zu erlernen [7].
Anamnese
Anamnese
Eine 52-jährige Hausfrau erlitt am 10.6.2002 eine Rauchgasvergiftung bei einem Garagenbrand
mit hoher Schadstoffkonzentration. Freigesetzte Gase waren unter anderem CO (Kohlenmonoxid)
und HCN (Cyanwasserstoff). Die Patientin war unruhig und hatte eine erhöhte Herzfrequenz
(134/min). Sie klagte über Brechreiz, Stridor und Globusgefühl.
Befund und Diagnose
Befund und Diagnose
Diagnose: Rauchgasintoxikation und Präschock.
Therapie
Therapie
Die Patientin inhalierte mehrfach einige Hübe HFA-BDP-Lösungsaerosol. Unter dieser
Behandlung und beruhigender Betreuung stabilisierte sich ihr Zustand schnell. Der
Peak-Flow stieg innerhalb einiger Minuten deutlich an. Durch die Ventilationsverbesserung
und den Beistand fühlte sie sich wieder viel sicherer, Angst und Unruhe gingen zurück.
Der genaue Therapieverlauf ist in Tabelle 1 dargestellt.
Nach kurzer Beobachtung konnte die Patientin aus der Behandlung entlassen werden.
Drei Tage später war sie vollständig wieder hergestellt.
Diskussion
Diskussion
Anhand der Symptome einer Rauchgasvergiftung lässt sich das Ausmaß der Lungenschädigung
nicht immer leicht erkennen. So ist es in der akuten Notfallsituation nicht einfach
festzustellen, ob eine Schleimhautreizung der oberen Luftwege oder Schädigungen der
kleinen Atemwege vorliegen, oder ob eine Mischform besteht. Für die schnelle Erstbehandlung
sind daher Strategien gefragt, die relativ unspezifisch zunächst eine Verbesserung
der Ventilation und die Beruhigung des Patienten bewirken, um nach einer kurzen Beobachtungsphase
zu entscheiden, ob weitere Maßnahmen, wie zum Beispiel der Transport in eine Klinik,
notwendig sind [5]
[8].
Der Zustand der in der Kasuistik vorgestellten Patientin stabilisierte sich unter
der Behandlung mit dem HFA-BDP-Lösungsaerosol. Es lässt sich aufgrund der vorgegebenen
Randbedingungen einer Notfallbehandlung nicht eindeutig nachweisen, ob sich die Atmung
der Patientin vorwiegend durch das inhalierte Steroid stabilisiert hat. Dies ist jedoch
zweitrangig, solange insgesamt ein objektiver Nutzen erkennbar beziehungsweise zu
erwarten ist [5]. Psychische Faktoren oder die Erholung an der „frischen Luft” nach der Rettung aus
dem Gefahrenbereich spielten vermutlich auch eine Rolle. Jedoch haben Glukokortikoide,
neben ihrer rezeptorvermittelten antientzündlichen Wirkung, einen direkten membranstabilisierenden
Effekt. Dadurch wird die entzündungsbedingte Sekretion sowohl im Gewebe als auch in
den Alveolen reduziert. In vielen Fällen kann so durch inhalative Steroide ein Lungenödem
verhindert werden [3].
In der Regel nehmen die mit HFA-BDP Behandelten eine Linderung ihrer Atembeschwerden
durch die inhalative Therapie wahr. Nach meiner Beobachtung wirkt sich die sofortige
Therapie mit dem HFA-BDP-Lösungsaerosol messbar positiv auf die Ventilation von rauchgasexponierten
Patienten aus. Publizierte retrospektive Analysen bestätigen einen entsprechenden
Effekt [9].
Tab. 1 Behandlung mit HFA-BDP-Lösungsaerosol nach Rauchgasintoxikation
Min.
|
Hübe
|
SpO2 ( %)
|
HF
|
PEF (l/min)
|
1 |
6 |
96 |
132 |
260 |
2 |
4 |
98 |
104 |
280 |
5 |
4 |
98 |
98 |
310 |
10 |
4 |
98 |
102 |
310 |