Asthma liegt pathophysiologisch eine Kombination aus obstruktiver Ventilationsstörung
und entzündlicher Veränderung der Bronchialschleimhaut zugrunde. Wenngleich β-Agonisten
als die stärksten antiobstruktiv wirksamen Medikamente gewisse antiinflammatorische
Eigenschaften aufweisen, so wird die antientzündliche Wirkeffektivität der Steroide
nur ansatzweise erreicht. Vice versa gilt für orale wie inhalative Steroide, dass
sie neben ihrem hochpotenten antientzündlichen Spektrum antiobstruktive Wirkung besitzen,
die nicht mit der von β-Agonisten vergleichbar ist. Naheliegend ist somit, einer kombinierten
Störung aus Obstruktion und Inflammation mit einer kombinierten Therapie aus den effektivsten
antiobstruktiv und antiinflammatorischen Medikamenten entgegen zu treten. Das sind
langwirkende β-Agonisten (LABA) und inhalative Steroide (ICS).
Für ihre fest kombinierte Anwendung gibt es eine Reihe von Vorteilen gegenüber den
frei zu kombinierenden Präparaten. So bieten LABA und ICS pharmakodynamisch eine nahezu
deckungsgleiche Wirkdauer, was ihre fest kombinierte zweimal tägliche Anwendung erlaubt.
Dies erleichtert für viele Patienten die konsequente Medikamenteneinnahme. Auch wird
die Inhalation des Steroids begünstigt, das aufgrund fehlender Sofortwirkung ohnehin
häufig als wirkungslos betrachtet wird. Neuere Untersuchungen von McCarthy u. Mitarb.
zeigen, dass hiermit die Compliance gegenüber einer ICS-Monotherapie um ca. 50 % gesteigert
werden kann [5].
In den zurückliegenden Jahren konnte in einer großen Anzahl von Studien die gute klinische
Wirksamkeit der freien Kombination von inhalierbaren Steroiden und β-Mimetika nachgewiesen
werden. Es war somit konsequent, ihre Verabreichung in einem Inhalersystem zu entwickeln. Unterstützt wurde dies durch Ergebnisse aus biochemischen
und molekularbiologischen Untersuchungen, die eine synergistische Wirkung beim kombinierten
Einsatz der Controller und Relieversubstanz aufzeigten. Durch Besetzung der Kortikoidrezeptoren
(CR) und hierdurch vermittelte Stimulation der Kortikoid responsive Elements (CRE)
im Zellkern wird vermehrt β-Adrenozeptor mRNA transkripiert. Dies resultiert in einer
Erhöhung der β-Adrenozeptorpopulation, die an der Zelloberfläche für die β-Agonistenstimulation
zur Verfügung steht. Umgekehrt kann durch β-Agonisten vermittelte Signaltransduktion
CR-Bildung stimuliert und damit die β-Adrenozeptor-Transkription perpetuiert werden.
Steroide können also Anzahl und Ansprechbarkeit von β-Adrenozeptoren erhöhen, wobei
β-Agonisten auf diesen Prozess selbst günstig Einfluss nehmen können [1].
Die bereits erwähnten ersten klinischen Studien mit der fixen Arzneimittelkombination
von ICS und LABA ( = LABACS) zeigten, dass sich sowohl lungenfunktionsanalytische
als auch klinische Parameter überadditiv verbesserten. Für dieses überraschende wie
reproduzierbare Ergebnis gibt es bisher noch keine plausible Erklärung. Trotzdem eröffnet
sich die Möglichkeit, Asthmastadien niedriger dosiert mit ICS behandeln zu können,
wenn β-Agonisten zum regulären Konzept dazu gehören. Allerdings ist die Studienlage
mit der fixen LABACS-Kombination derzeit noch nicht sehr ergiebig. Dies trifft insbesondere
für das Asthmastadium 2 ( = leichtes, persistierendes Asthma) zu, zumal primär das
Interesse auf die Stadien des moderaten und höhergradigen Asthmas fokussierte, bei
denen ICS und LABA im therapeutischen Regime verankert sind.
Das Management der langfristigen Steroidanwendung bei persistierenden Asthmastadien
umfasst im Wesentlichen zwei Wege: Einerseits können ICS möglichst niedrig als Monotherapie
eingesetzt werden, ergänzt um kurzwirksame β-Agonisten bei Bedarf und einer Höherdosierung
der ICS sowie Ergänzung mit LABA im Fall der Zunahme des Schweregrades [3]. Andererseits ist eine dauerhafte Kombinationsbehandlung mit LABACS möglich und
eine auf der Ausnützung von Synergieeffekten zielende minimale LABACS-Menge. Bei letzter
Modalität ergibt sich als zusätzlicher Vorteil ein geringerer Bedarf von β-agonistischer
Bedarfsmedikation, zumal bereits regelhaft niedrig dosiert Bronchodilatatoren verabreicht
werden.
Welchen Stellenwert kann die fixe Kombination beim schweren Asthma bzw. Asthmaanfall
haben? Hier zeigten Rodrigo und Rodrigo, dass die sofortige kombinierte Anwendung
von β-Agonisten und ICS in der Nothilfe im Verlauf der nächsten 2 Stunden eine signifikant
bessere Entwicklung der Lungenfunktion erbrachte als dies bei Patienten der Fall war,
die nur mit β-Agonisten behandelt wurden [9]. Auch mussten signifikant weniger kombiniert mit Flunisolid behandelte Patienten
im Verlauf stationär aufgenommen werden. Wenngleich diese Studie nicht mit einer fixen,
sondern freien Kombination aus Salbutamol und Flunisolid, durchgeführt wurde, so lässt
sich in Zusammenschau mit den Ergebnissen aus Asthma-Schweregrad-III-Studien ableiten,
dass sich mit der fixen Anwendung von LABACS auch bei schwer erkrankten Patienten
ein zusätzlicher Wirkvorteil erwarten lässt. Die überadditive LABACS-Wirkung ist mit
Wahrscheinlichkeit durch den permissiven Effekt von Steroiden auf die durch β-Agonisten
vermittelte Signaltransduktion vermittelt. Nachdem eine Reihe von Studien die Hinzunahme
von oralen Steroiden beim schweren Asthma klar belegen, kann die vorübergehend hochdosierte,
entlang des Obstruktionsgrad titrierte LABACS Anwendung möglicherweise eine Ergänzung
oder Änderung des bisherigen therapeutischen Vorgehens darstellen. Hier fehlen allerdings
noch weitere repräsentative Studien.
Aktuell gibt es für die Schweregrade 3 und 4 eine solide Datenlage und damit Konsens,
dass der Einsatz von LABACS den gegenwärtigen therapeutischen Standard abbildet. Die
entscheidende Evidenz wurde mit der FACET-Studie [7] geschaffen. Für Patienten mit mittelschwerem bis schwerem Asthma (Stadium 3) ließ
sich hier an über 800 Patienten eindrucksvoll belegen, dass durch die kombinierte
Daueranwendung von LABA und niedrig dosiertem ICS eine bessere Lungenfunktion, eine
relevant niedrigere Exazerbationsrate und deutlich bessere Symptomscores erzielbar
sind, im Vergleich zu den Patienten, die auf eine doppelte ICS-Dosis ohne LABA randomisiert
worden sind. Da in dieser Studie die Wirksubstanzen in 2 Inhalern appliziert wurden,
ist mit einem noch deutlicheren Wirkvorteil für die Kombination bei fixer Anwendung
zu rechnen.
Klinisch konnten Kips u. Mitarb. in einer 12-monatigen Studie die Ergebnisse von Pauwels
aus der FACET-Studie bestätigen [4]. Darüber hinaus zeigte sich auch, dass sich die inflammatorische Reaktion der Bronchialschleimhaut
beim Asthmatiker nicht verschlechtert, wenn er mit einem niedrigeren ICS-Anteil und
dafür kombiniert mit einem β-Agonisten behandelt wird. Hierfür wurden biochemische
und zelluläre Parameter (EG2+-Zellen, ECP, Anzahl der Eosinophilen etc.) der Entzündungsreaktion
geprüft. Sie nahmen zwischen den Patientengruppen keine unterschiedliche Entwicklung,
d. h. die Kontrolle der Inflammation blieb erhalten, zusätzlich verbesserte sich die
Symptomkontrolle.
Bei der fixen Anwendung der Wirksubstanzen in einem Inhaler scheint sich auch noch
der antiasthmatische Wirkeintritt zu beschleunigen. So konnten Zetterström u. Mitarb.
in der COMBAT-Studie eine schnellere Besserung der Lungenfunktion als auch der Asthma
Symptomscores in der Gruppe der Patienten verzeichnen, die ICS und LABA in einem Inhaler
bekamen, verglichen mit den Patienten, die mit der freien Kombination therapiert wurden
[14]. Dies ist bislang nur für Budesonid und Formoterol beschrieben. Ob sich das für
Salmeterol und Fluticason in gleicher Weise darstellt, muss sich zeigen.
Nicht unerwartet bringt die mit der LABACS-Anwendung verbundene dauerhafte β-Agonistenbehandlung
die Diskussion um den Verlust an Symptomkontrolle und somit Therapiesicherheit sowie
Desensibilisierung wieder in Gang. So wird eine Kaschierung der Entzündungsreaktion
ebenso wie die Gefahr der Toleranzentwicklung ins Feld geführt. Für beides gibt es
keinen Anhalt. Entsprechend konnte Anne Tattersfield in einer weiteren Analyse der
FACET-Daten zeigen, dass sich weder Vorhersagbarkeit noch die Schwere von Exazerbationen
bei den einzelnen Therapiegruppen (Bud200, Bud800, Bud200+Form24, Bud800+Form24) unterschieden,
d. h. sich LABA klinisch nicht negativ auswirkte [11]. Eine Verminderung der Symptomkontrolle bei Daueranwendung von β-Agonisten oder
Begünstigung von Exazerbationen zeigte sich in keiner Studie. β-Agonisten verhindern
in der Daueranwendung Exazerbationen und führen nicht zum Gegenteil. Sie verringern
die Menge an Bedarfsmedikation und weisen keinerlei klinisch relevante Zeichen von
Toleranzentwicklung auf. Auch verbessern LABA zusammen mit ICS die Perzeption bronchialer
Obstruktion als auch die bronchiale Hyperreagibilität und erhöhen damit die Symptomkontrolle
[2]. Mit den sich nun auf dem Markt befindlichen Kombinationen aus Formoterol und Budesonid
sowie Salmeterol und Fluticason bieten sich hervorragende Wirkkombinationen, die mit
unterschiedlichen Wirkstärken bedarfsgerecht verordnet und verabreicht werden können.
Unklarheit besteht über das Vorgehen bei Patienten im Asthma Schweregrad 2. Sollen
diese nun entgegen der bisheriger Richtlinien fix kombiniert mit LABA behandelt werden,
insbesondere wenn sie unter einer ICS-Monotherapie eine adäquate Symptomkontrolle
aufweisen, oder nicht? Hier ist die Datenlage noch dünn, aber deswegen nicht weniger
interessant.
Grundsätzlich ändert sich vom leichten zum mittelschweren und schweren Asthma die
zugrundeliegende pathophysiologische Störung nicht, allenfalls das Ausmaß der Inflammation
und ihrer Folgestörungen. Somit sind keine neuen Therapiekonzepte erforderlich, sondern
ihre bedarfsgerechte Anpassung an die Schwere der gesundheitlichen Störung. Die Daten,
die O'Byrne u. Mitarb. mit der OPTIMA-Studie geschaffen haben, unterstützen dies eindrucksvoll
[6]. Hier wurden in einer großen Multizenterstudie zwei Gruppen von leichten Asthmatikern
untersucht. Die eine Hälfte der Probanden (Gruppe A) war ohne ICS-Erhaltungstherapie,
so dass sie ein sehr leichtes Asthma aufwiesen, Schweregrad 1 und 2. Die anderen Patienten
waren mit niedrig dosierten ICS behandelt und bronchodilatatorischer Bedarfsmedikation
(Gruppe B) vorbehandelt, d. h. Patienten mit Schweregrad 2.
Durch die Kombinationstherapie konnte bei den leicht erkrankten Patienten (Gruppe
A) eine signifikante Verbesserung der Lungenfunktionsparameter erzielt werden. In
der Verringerung der Exazerbationsrate (> 30 %) und beschwerdefreien Tagen (15 %)
zeigten sich keine zusätzlichen Vorteile einer kombinierten Behandlungsweise mit niedrig
dosierten ICS, was den Einsatz einer fixen Kombination aus LABACS nicht unterstützt.
Anders bei den mit ICS vorbehandelten, „klassischen” Schweregrad-2-Patienten. Analog
zur FACET-Studie wurde auch hier mit der Kombinationstherapie mehr an klinischer Wirkung
erzielt als durch eine Verdopplung der ICS-Dosis und zwar sowohl bez. Lungenfunktion
als auch hochsignifikant für den primären Endpunkt der Exazerbationsrate.
Auch Taylor u. Mitarb. haben bereits 1998 eine Studie publiziert, in der er eine um
fast 50 % verringerte Exazerbationsrate bei stabilen Asthmatikern zeigte, denen ein
LABA zu ihrer ICS-Monotherapie zugelegt wurde [12].
In diesem Zusammenhang bedarf die Analyse der Patientendaten von OPTIMA hinsichtlich
Exazerbationsraten bei leichten im Vergleich zu moderat bis schwerer erkrankten Asthmatikern
besondere Beachtung. Hier zeigt sich, dass die bislang ICS-freien Patienten der OPTIMA-Studie
eine annähernd gleiche Exazerbationsrate aufwiesen wie die mittelschweren/schweren
Asthmatiker in der FACET-Studie [6]. Das heißt, die zahlenmäßig größte Gruppe der Patienten mit persistierendem Asthma
(Stadium 2) weist klinisch erhebliche Zeichen schlechter Symptomkontrolle auf. Das
bringen ebenso sowohl die AIR- als auch die AIRE-Studie zum Ausdruck, in denen die
befragten Asthmatiker in einem hohen Prozentsatz nicht zuverlässige Krankheitskontrolle
aufwiesen [8].
Die Relevanz des antiinflammatorischen Therapieansatzes quer durch die Schweregradklassen
wird eindrücklich durch bioptische Untersuchungen an Asthmatikern belegt [13]. Diese wurden an Gesunden, Asthmatikern in Remission und Asthmatiker, die sich in
einem aktiven Krankheitszustand befanden, durchgeführt. Als „in Remission befindlich”
wurden dabei Asthmatiker bezeichnet, die 5 Jahre klinisch beschwerdefrei waren. Bei
diesen histologischen und immunhistochemischen Untersuchungen zeigte sich, dass sowohl
Parameter, die den Entzündungsprozess wie den fortschreitenden Remodellingprozesse
an den Atemwegen anzeigen, bei beiden Krankheitsgruppen signifikant erhöht sind. Untereinander
waren sie dagegen quantitativ nicht signifikant unterschiedlich, verglichen mit dem
Kontrollkollektiv. Diese Entzündungsreaktion drückte sich auch in einer erhöhten bronchialen
Reagibilität für AMP aus ebenso wie in einer vermehrten Menge von exhaliertem NO.
Diese Daten weisen eindrucksvoll auf einen dauerhaften Entzündungsprozess in den Atemwegen
von Asthmatikern hin, verbunden mit Remodellingprozessen. Dies dürfte auch einen relevanten
Aspekt darstellen für die hohe Quote an Exazerbationen und variable Symptomkontrolle
bei Asthmatikern in niedrigen Krankheitsstadien. In die gleiche Richtung weisen Daten
von Sont u. Mitarb., die zeigen, dass die Reduktion der bronchialen Hyperreaktivität
durch angepasste ICS-Dosen relevant die Exazerbationsewahrscheinlichkeit senkt - begleitet
von einem Rückgang histologischer Entzündungszeichen [10]. Ob daraus die Empfehlung abgeleitet werden kann, auch leichte Asthmatiker mit sehr
niedrigen ICS-Dosierungen dauerhaft zu therapieren, kann noch nicht endgültig beurteilt
werden. Hier könnte aber das Synergiepotenzial von LABACS zur ICS-Dosiseinsparung
ideal genutzt werden.
Zusammenfassend gibt es wenig Gründe, Patienten Wirksubstanzen vorzuenthalten, die
sowohl eine klinische als auch biochemische Synergie aufweisen, die Adhärenz zu einer
etablierten Therapieform fördern, kostengünstiger sind als die Anwendung der Monosubstanzen,
die Asthmakontrolle verbessern und hinsichtlich potenzieller Nebenwirkungen Vorteile
haben. Somit gibt keine schlüssige Rationale, mit Erreichen eines niedrigen Asthmaschweregrades
eine Kehrtwende in therapeutischen Grundsätzen zu vollziehen.