Aktuelle Urol 2003; 34(4): 203-206
DOI: 10.1055/s-2003-45358
Fragen für den Facharzt

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Fragen für den Facharzt

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Publication Date:
25 August 2003 (online)

 
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    Frage 1 - Laparoskopie
    1. Eine laparoskopische Nephrektomie ist nur bei kleinen Nierentumoren sinnvoll, da ab einer größeren Tumormasse eine Lymphadenektomie notwendig ist und diese bei der laparoskopischen Technik nicht sicher durchgeführt werden kann.

    2. Die laparoskopische Nephrektomie erfolgt überwiegend über einen transadominellen Zugang.

    3. Die Bergung des Präparates geschieht zum einen nach intraabdomineller Morcellierung durch eine Trokaröffnung oder durch einen extra angelegten Bergeschnitt.

    4. Bei der laparoskopischen Operationstechnik scheint das Risiko von Trokarmetastasen oder das Auftreten eines Rezidivs im Vergleich zur offenen Operationstechnik erhöht zu sein.

    • 1 und 4 sind richtig

    • nur 2 ist richtig

    • 2 und 3 sind richtig

    • 3 und 4 sind richtig

    • alle Antworten sind richtig

    Frage 2 - Onkologie
    1. Bei nicht-seminomatösen Hodentumoren ist nach Chemotherapie eine Residualtumorchirurgie bei verbliebenem Restumorgewebe indiziert.

    2. Auch bei Patienten, deren Resttumorgewebe nach Chemotherapie kleiner als 1 cm ist, sollte eine Residualtumorchirurgie angestrebt werden.

    3. Patienten mit einem Spätrezidiv sprechen gut auf eine Chemotherapie an und brauchen normalerweise einer Tumorchirurgie nicht zugeführt werden.

    4. Die schwerwiegendste Komplikation bei der Residualtumorchirurgie betreffen die Lunge, wie beispielsweise die Lungenembolie, Atelektasen, Pneumonien und das ARDS (adult respiratory distress syndrome).

    • A) 1, 2 und 4 sind richtig

    • B) 1, 2 und 3 sind richtig

    • C) 1, 3 und 4 sind richtig

    • D) 2, 3 und 4 sind richtig

    • E) alle Antworten sind richtig

    Antwort 1 - Laparoskopie

    Durch Etablierung einer neuen Präparationstechnik ist es möglich, eine Lymphadenektomie durchzuführen. Daher können auch größere Befunde mittels dieser sicheren Technik operiert werden. Die meisten laparoskopischen Nephrektomien werden über einen transabdominellen Zugang durchgeführt. Dieser hat den Vorteil einer besseren Übersichtlichkeit. Nachteile ergeben sich aus der Notwendigkeit zur Freipräparation des Darmes. Alternativ steht der retroperitoneale Zugang zur Verfügung, der eine schnellere Präparation vor allem der Nierenarterie gewährleistet. Allerdings ist die Übersichtlichkeit geringer (Janetschek et al., Urologe A 2002: 41: 101-106). Die Bergung des Operationspräparates kann zum einen nach intrabdomineller Morcellierung in einem Bergesack geschehen. Allerdings ist danach keine zufriedenstellende histologische Aufarbeitung mehr möglich. Daher wird in den meisten Zentren ein Bergeschnitt angelegt (Wechselschnitt, Pfannenstielschnitt), welcher eine komplette Bergung des Präparates möglich macht. Zur Vermeidung von Tumorzellverschleppung wird auch in diesem Fall zum Einsatz eines Bergesackes geraten. Bislang gibt es keine Hinweise, dass das Risiko für das Auftreten von Lokalrezidiven oder Trokarmetastasen nach laparoskopischen Nephrektomien erhöht ist. In mehreren großen Studien mit über 380 Patienten fanden sich bei keinem der Patienten Trokarmetatsasen, die Rate von Lokalrezidiven war ebenfalls nicht erhöht (Janetschek et al., Urologe A 2002: 41: 101-106). Allerdings existiert bislang nur ein relativ kurzes Follow-up von maximal 3 Jahren und es wurden überwiegend Patienten mit einem Tumorstadium T1 bzw. seltener T2 operiert.

    Antwort C ist richtig Bezug: Kuriki et al.: Laparoscopic Radical Nephrectomie for Renal Cell Carcinoma. Seite 244

    Antwort 2 - Onkologie

    Die Resektion des residualen Tumorgewebes nach Chemotherapie eines nicht-seminomatösen Keimzelltumors ist ein wesentlicher Therapiebestandteil, da sich in 20 % überlebendes malignes Tumorrestgewebe findet. Unzweifelhaft muss auch Tumorrestgewebe unter 1 cm Durchmesser operativ entfernt werden, da in 5 % der Fälle vitales Tumorgewebe histologisch nachgewiesen werden kann. Da Patienten mit residualem Tumorgewebe bereits chemotherapeutisch vorbehandelt sind, ist der Stellenwert einer erneuten Chemotherapie zweifelhaft. Nach Donohue et al. profitiert nur etwa die Hälfte dieser Patienten von einer erneuten Chemotherapie (Donohue JP et al.: Persistent cancer in postchemotherapy retroperitoneal lymph-node dissection: outcome analysis. World J Urol 1994; 12: 190-195). Andere Autoren vermuten sogar eine Resistenzentwicklung auf verschiedene Chemotherapeutika und sprechen von einer multiple-drug resistence (MDR) (s.a. Melchior D et al.: Spätrezidive beim Hodentumor. Aktuel Urol 2002; 33: 455-462). Insgesamt ist die Prognose der Spätrezidive schlecht. Aufgrund der zumeist mehrmalig durchgeführten bleomycinhaltigen Chemotherapien betreffen die schwerwiegendsten intra- oder postoperativen Komplikationen die Lunge. In diesen Zusammenhang wird vor allem die ARDS gefürchtet, insbesondere wenn neben abdominalen Eingriffen auch eine thorakale Intervention erfolgt. Alle Patienten, die vorher Bleomycin erhalten haben, sollten als besonders gefährdet für pulmonale Komplikationen eingestuft werden.

    Antwort A ist richtig Bezug: Melchior et al.: Extensive Surgery in Metastatic Testicular Cancer. Seite 214

    Frage 3 - Nierentransplantation
    1. Die Langzeit-Transplantatfunktionsraten konnten innerhalb der letzten 10 Jahre aufgrund optimierter Immunsuppression entscheidend verbessert werden.

    2. Die immunologische Reaktion mit akuter Abstoßungsreaktion eines allogenen Nierentransplantates hängt in erster Linie von der HLA-Histokompatibilität ab.

    3. Die interstitielle Fibrosierung gehört zu den typischen Veränderungen der chronischen Transplantatabstoßung.

    4. Die immunsuppressive Therapie mit Cyclosporin A gilt neben anderen als Risikofaktor der chronischen Transplantatabstoßung.

    • A) nur 1 ist richtig

    • B) und 3 sind richtig

    • C) 1, 2 und 3 sind richtig

    • D) 3 und 4 sind richtig

    • E) alle Antworten sind richtig

    Frage 4 - Onkologie
    1. Neben Bluttransfusionen sind Rektumläsionen die häufigsten intraoperativen Komplikationen der radikalen perinealen Prostatektomie.

    2. Die häufigste postoperative Komplikation ist der Harnverhalt nach Entfernung des Dauerkatheters.

    3. Andere beschriebene Komplikationen sind urethrokutane Fisteln, Hämatome und Wundinfektionen.

    4. Transiente postoperative Missempfindungen im Bereich der unteren Extremitäten sind zumeist eine Folge der Op-Lagerung.

    • A) 1 und 2 sind richtig

    • B) 2 und 4 sind richtig

    • C) 2 und 3 sind richtig

    • D) 2, 3 und 4 sind richtig

    • E) alle Antworten sind richtig

    Antwort 3 - Nierentransplantation

    Etwa 90 % der heute transplantierten allogenen Spendernieren funktionieren auch noch nach einem Jahr. Noch Anfang der 90er-Jahre lag die 1-Jahres-Transplantatüberlebensrate bei 70 %. Dieses stellt eine dramatische Verbesserung dar, die insbesondere durch neue immunsuppressive Therapieregime erreicht werden konnte. Langzeit-Transplantatüberlebens- und Funktionsraten konnten damit nicht verbessert werden und liegen 5 Jahre nach Transplantation bei etwa 60 %. Die Immunogenität eines allogenen Transplantates ist in erster Linie von den Antigenen des ABO-Blutgruppensystems abhängig. Histokompatibilitätsantigene spielen daneben auch eine bedeutende Rolle. Diese Antigene sind Membranbestandteile aller Zellen mit Zellkern und werden als Human-leukocyte-antigen(HLA)-System bezeichnet.

    Interstitielle Fibrose, Intimaverdickung der Arterienwände, Glomerulussklerose und Tubulusatrophie gehören zu den typischen histologischen Veränderungen der chronischen Transplantatabstoßung. Obwohl die Pathogenese der chronischen Transplantatabstoßung noch wenig verstanden wird, gelten einige Risikofaktoren als anerkannt. Dazu gehören: die HLA-Inkompatibilität, die Anzahl akuter Abstoßungsreaktionen, lange Ischämiezeiten und auch die Langzeittherapie mit Cyclosporin A.

    Antwort D ist richtig Bezug: Ishimura et al.: Significance of Early Biopsy in Pediatric Kidney Transplantation. Seite 234

    Antwort 4 - Onkologie

    Bei entsprechender Indikation (PSA < 10 ng/ml, Gleason-Score < 7, Prostatavolumen < 100 cm3) stellt die radikale perineale Prostatektomie (RPP), neben der laparoskopischen Prostatektomie, eine weitere operative Alternative zum herkömmlichen suprapubischen Zugangsweg dar. Unbestreitbarer Vorteil der RPP ist die im Vergleich geringere peri- und postoperative Morbidität. In der Literatur berichtete intra- und postoperative Komplikationen sind Bluttransfusionen, Darmläsionen, Fisteln, Hämatome, Wundinfektionen und transiente zumeist lagerungsbedingte Neuropraxien. Weiterhin werden auch Stuhlschmieren (13 %), Obstipation (16 %) und imperativer Stuhldrang (3 %) angegeben (Kirschner-Hermanns et al.: Stuhlbeschwerden nach radikaler perinealer Prostatektomie - eine prospektive Studie. Urologe A 2003; 42: 677-684). Dadurch, dass bei der perinealen Prostatektomie der dorsale Venenkomplex nicht durchtrennt wird, erfolgt die Dissektion der Prostata relativ blutungsarm. Dieses ermöglicht eine gute Darstellung der Urethra sowie des Blasenhalses. Damit sind optimale Voraussetzungen für die Rekonstruktion der urethralen Anastomose gegeben. So sind der perioperative Blutverlust und die Inkontinenzraten nach perinealer Prostataentfernung gering sind. Schlussendlich lässt sich festhalten, dass die RPP für die Behandlung des organbegrenzten Prostatakarzinoms ein ausgezeichnetes und hinsichtlich der operativbedingten Komplikationen für den Patienten ein vorteilhaftes Verfahren ist (Dahmer P et al.: Trends und Indikationen der radikalen perinealen Prostatektomie. Aktuel Urol 199; 30: 345-346).

    Antwort E ist richtig Bezug: Fichtner et al.: Perineal Complications following Radical Perineal Prostatectomy. Seite 223