Einleitung
Einleitung
Neben dem typischen Auftreten der Psoriasis an den so genannten Prädilektionsstellen
kann die Psoriasis auch in intertriginösen und genitoanalen Bereichen auftreten. Als
intertriginöse Psoriasis wird meistens die submammäre, axilläre, periumbilikale und
inguinale Form bezeichnet. Die genitoanale Manifestation umfasst die genitoperineale
Lokalisation sowie die Psoriasis in der Rima ani. Erschwerend für die Therapieentscheidung
ist ein isoliertes Auftreten der psoriatischen Hauterscheinungen nur an diesen Lokalisationen
(Psoriasis inversa) oder bei kleinen Kindern im Windelbereich (Napkin-Psoriasis).
Inzidenz/Prävalenz
Inzidenz/Prävalenz
Die Prävalenz der Psoriasis in diesen Bereichen wird bei ca. ⅓ der Psoriasispatienten
vermutet, wobei die Angaben über die Häufigkeit sehr stark variieren. Insbesondere
bei der genitoanalen Manifestation wird über eine Häufigkeit zwischen 2 und 50 % berichtet
[1]
[2]. Im Allgemeinen ist jedoch bekannt, dass von der genitoanalen Form Kinder wesentlich
häufiger als Erwachsene betroffen sind. Adipöse Patienten scheinen häufiger und schwerer
von den intertriginösen Formen betroffen zu sein als schlanke Patienten.
Ätiologie und Pathogenese
Ätiologie und Pathogenese
Häufiges Auftreten an diesen von den typischen Prädilektionsstellen abweichender Psoriasis
wird durch den isomorphen Reizeffekt (enge Kleidung und Haut-auf-Haut-Kontakte), Feuchtigkeitsstau
und dabei entstehende bakterielle (z. B. Corynebakterien, Streptokokken, Staphylokokken)
sowie mykologische (Candida) Besiedlung vermutet [3]. Die irritativ-toxische Triggerung ist bei der genitoanalen Form insbesondere bei
Kindern anzunehmen. Als zusätzlicher Faktor prädestiniert Adipositas durch vergrößerte
Intertriginesfläche und vermehrtes Schwitzen vor allem bei Frauen zum Auftreten der
Psoriasis an diesen Lokalisationen.
Symptomatik
Der Hautbefund unterscheidet sich wesentlich von der Plaque Psoriasis. Im Bereich
der Hautfalten dominieren flächige, hochrot entzündliche Erytheme mit z. T. feuchten
Mazerationen und milder Hautinfiltration. Eine Schuppung fehlt, dagegen findet sich
oft ein weißer Belag. Die betroffenen Hautareale brechen stellenweise entlang der
Hautspaltlinien auf, was am häufigsten als charakteristische Rhaghade in der Rima
ani zu beobachten ist. Häufig berichten Patienten über Juckreiz und Schmerzen. Beim
Mann sind oft Skrotum und Penis miterkrankt, seltener dagegen ist ausschließlich der
Penis betroffen. Bei beschnittenen Männern zeigen sich trockene und u. U. schuppende
solitäre Plaques, welche sich vorwiegend im Sulcus coronarius und an der Glans finden.
Stellenweise treten feine Rhaghaden aufgrund mechanischer Belastung auf. Bei der Frau
sind insbesondere die submammären Intertrigines, der Mons pubis sowie die Labia majora
betroffen.
Differenzialdiagnosen
Differenzialdiagnosen
Klinisch ist das Bild der intertriginösen und genitoanalen Psoriasis nicht typisch
und kann beim Fehlen oder minimaler Ausprägung von anderen psoriatischen Stigmata
zur falschen Diagnose führen. In der Kindheit wird sie häufig mit Windeldermatitis
sowie mit atopischen oder seborrhoischen Ekzemen verwechselt.
Bei isoliertem Befall der Intertrigines ist vor allem an eine lokale Candida-Intertrigo
sowie an ein seborrhoisches Ekzem zu denken. Im Analbereich kommt das in seinen Ursachen
vielfältige Analekzem als DD infrage. Bei Befall des männlichen Geschlechtsorganes
muss man an viele andere mögliche Hauterkrankungen, u. a. an Lichen planus, Balanitis
circinata, fixes Arzneimittelexanthem, Erythroplasie Queyrat, Bowenoide Papulose,
sekundäre Syphilis sowie an Lichen sclerosus et atrophicans, denken [4]. Kommt bei einer Frau die Diagnose einer Psoriasis genitalis infrage, so sind auch
Diagnosen wie Lichen planus, seborrhoische Dermatitis, akute Dermatitiden unterschiedlicher
Genese sowie eine Intertrigo denkbar. Grundsätzlich gilt: Die genitale Psoriasis kann
zur sicheren Diagnose der Psoriasis beitragen und umgekehrt können psoriatische Stigmata
zur Diagnose der genitalen Psoriasis helfen.
Therapie
Therapie
Die Therapie der intertriginösen und genitoanalen Psoriasis richtet sich vorwiegend
gegen die lokalen Triggerfaktoren. Verminderung von Feuchtigkeitsstau und Reibung
z. B. durch die Wahl lockerer, atmungsaktiver Kleidung sowie anderen Hilfsmaßnahmen
(z. B. Einlegung von Leinenläppchen an den Hautfalten submammär) bei adipösen Patienten
können einen Haut-auf-Haut-Kontakt verhindern. Grundsätzlich ist es wichtig, auf die
Hygiene im Genitalbereich zu achten. Adipösen Patienten ist eine Gewichtsreduktion
anzuraten. Ohne Beachtung von begleitenden Therapiemaßnahmen ist eine symptomatische
antipsoriatische Therapie meistens wirkungslos.
Antimikrobielle Therapie
Antimikrobielle Therapie
Kinder mit genitoanaler Psoriasis sollten gezielt nach einem eventuellen bakteriellen
Fokus untersucht werden. Nicht selten findet sich eine streptogene Anitis oder Entzündung
des Perianalbereichs, welche per Abstrich gesichert wird und mit einer systemischen
Antibiose mit Penicillinen oder Makroliden oder eventueller lokaler antiseptischer/antibiotischer
Therapie gut geheilt werden kann [5]
[6]. Nachfolgend bessert sich die Symptomatik der Psoriasis. Auch bei Erwachsenen kann
eine antiseptische lokale Therapie zur klinischen Besserung der Psoriasis beitragen.
In der Vergangenheit wurden oft Farbstoffe wie Pyoktanin (0,5 %) bei Kindern und die
Castellan-Lösung (ethanolische Fuchsin-Lösung) bei Erwachsenen als antimikrobielle,
desinfizierende und adstringende Mittel eingesetzt. Die Anwendung von Pyoktanin gerade
im intertriginösen Bereich birgt die Gefahr einer Hautnekrose. Auch niedrige Konzentrationen
können in diesen Bereichen zur Nekrose führen (Abb. [1]). Wegen der langanhaltenden Verfärbung der behandelten Hautareale finden diese Mittel
heute nur noch begrenzt Anwendung.
Abb. 1 Intertriginöse Psoriasis, axilläre Lokalisation.
Obwohl bisher keine hinreichende sichere Beziehung zwischen einer Candida-Besiedlung
und Psoriasis gezeigt werden konnte [7]
[8], wird in der alltäglichen Praxis bei Verdacht auf Besiedlung mit Candida albicans
und nach Anlage einer Kultur eine lokale antimykotische Lokaltherapie, bevorzugt mit
nystatinhaltigen Pasten, verordnet. Die Auswahl eines geeigneten Vehikels (Paste,
Emulsion) spielt eine wichtige Rolle in der Bekämpfung des Feuchtigkeitsmilieus.
Antipsoriatische Therapie
Antipsoriatische Therapie
Kortikoide
Kortikoide werden seit der Einführung des Kortisons zur Psoriasistherapie angewandt.
Im intertriginösen und genitoanalen Bereich ist besondere Vorsicht geboten, da es
aufgrund des Okklusionseffekts zur verstärkten Penetration und Permeation kommen kann.
Angesichts der Tatsache, dass bei der Psoriasis meistens Kortikoide der Klasse III
(nach Niedner) verabreicht werden, sind sowohl lokale (wie z. B. Atrophie) als auch
systemische Nebenwirkungen durch die verstärkte Absorption zu befürchten. Im Vergleich
zu anderen Stellen spricht die Psoriasis in diesen Lokalisationen in der Regel schneller
auf die gleiche Therapie an. Auch die Anwendung von etwas schwächeren Kortikoiden
(Klasse II nach Niedner) kann zum Therapieerfolg führen. Bei der Anwendung potenter
Kortikoide sollte die Wahl auf die neu entwickelten Präparate wie z. B. Mometasonfuroat,
Fluticason-17-propionat, Prednicarbat etc., fallen. Neuere Steroide weisen ein günstigeres
Nutzen/Risikoprofil auf, da sie sich durch wenig Atrophie, eine schnelle Bindung an
lokale Rezeptoren und Nichtmetabolisierung in der Haut auszeichnen [9]. In einer klinischen Studie mit 0,005 % Fluticason-Salbe bei Patienten mit intertriginöser
Psoriasis zeigten sich gute Therapieerfolge nach einer 2×täglichen Anwendung über
2 Wochen hinweg und anschließend an 2 aufeinander folgenden Tagen über 8 Wochen hinweg.
Neben schnellem Rückgang der Symptomatik wurde v. a. eine gute Symptomkontrolle über
längere Zeit beobachtet [10].
Die Therapie der intertriginösen und genito-analen Psoriasis mit topischen Kortikosteroiden
ist vor allem in der Kurzzeitbehandlung indiziert.
Vitamin D und Analoga
Vitamin D und Analoga
Während die antipsoriatische Wirkung von Vitamin D3 und Analoga (Calcitriol, Calcipotriol und Tacalcitol) bei der leichten bis mittelschweren
Psoriasis vom Plaquetyp in vielen klinischen Studien untersucht wurde und sich als
wirksam erwies, mangelt es bei der intertriginösen und genitoanalen Psoriasis an kontrollierten
Studien. Wenige kleine Fallstudien berichten über das erfolgreiche Einsetzen von Vitamin-D3-Analoga (Calcipotriol) in der Therapie der intertriginösen Psoriasis [11]
[12]. Hier führte die Behandlung mit Calcipotriol-Salbe nach 3 - 6 Wochen zur Besserung
der Hautsymptome. Als Nebenwirkungen wurden beobachtet: Brennen und Hautreizung. Bei
der Cremezubereitung kann mit einer besseren Verträglichkeit gerechnet werden. Calcitriol-Salbe
führt lokal selten zu Hautreizungen und könnte in diesen empfindlichen Bereichen erfolgreich
eingesetzt werden. Es ist gut vorstellbar, dass die vor kurzem zugelassene Tacalcitol-Emulsion
eine Anwendung bei dieser Indikation finden wird. Wie bei der Plaque-Psoriasis in
anderen Lokalisationen ist die Therapie mit Vitamin-D3-Analoga vor allem in der Langzeitbehandlung der Psoriasis sinnvoll. Es ist durchhaus
denkbar, dass auch die Kombination mit Kortikoiden vor allem bei Therapiebeginn die
eventuellen Nebenwirkungen (Hautreizung, Brennen) minimieren und das Erstansprechen
beschleunigen kann.
Tazarotene
Tazarotene
Das Vitamin-A-Analogon Tazaroten ist zur Behandlung der Plaque-Psoriasis zugelassen.
Bisher liegen kaum klinische Erfahrungen im intertriginösen Bereich vor. Da bekanntlich
Tazarotene zu Hautreizungen führen, ist meist eine Kombination mit anderen Therapieoptionen
(wie z. B. Kortikoide) sinnvoll [13]. Anwendung im Genitalbereich kann zur Ulzerationen führen, so dass bei der anogenitalen
Psoriasis bei der Anwendung von Tazarotenen erhöhte Vorsicht geboten ist [14].
Calcineurininhibitoren
Calcineurininhibitoren
Die ersten Therapieversuche bei der genitoanalen Psoriasis erfolgten im Rahmen einer
kleinen Pilotstudie (5 Patienten) bereits vor ca. 10 Jahren mit einer topischen Zubereitung
(100 mg/ml) von Cyclosporin A (CyA) [15]. Es kam zu einer Besserung des Hautzustandes nach einer 4-wöchigen 3×täglichen Behandlung.
Da CyA sehr schlecht in die Haut penetriert, eignet es sich in der topischen Anwendung
zur Behandlung der genitoanalen und intertriginösen Psoriasis nicht. Viel mehr Erfolg
versprechend sieht der Einsatz von neuen Calcineurininhibitoren Tacrolimus und Pimecrolimus
aus. Beide Substanzen penetrieren in die Haut bei geringerer Permeation durch die
Haut und sind in der Behandlung der atopischen Dermatitis zugelassen. Da die Penetration
von der Hautdicke und Hautbarriere abhängig ist, kann der Einsatz gerade im intertriginösen
und genitoanalen Bereich bei bekannten Besonderheiten (u.a starke Rötung, semiokklusive
Verhältnisse, geringe Infiltration) Erfolg versprechend sein. Dies zeigt auch eine
vor kurzem veröffentlichte Beobachtung mit 0,1 %iger Tacrolimus-Salbe zur Therapie
der intertriginösen Psoriasis. Die Behandlung führte in ca. 80 % der Fälle zur deutlichen
Reduktion der klinischen Symptome. Die Therapiedauer betrug 8 Wochen bei 2×täglicher
Anwendung. Eine klinische Besserung konnte bereits nach 8 Tagen beobachtet werden
[16].
Die klinische Wirksamkeit der topischen Anwendung ist bei der Plaque-Psoriasis in
anderen Regionen allerdings unzureichend.
Andere topische Therapien
Andere topische Therapien
Die Anwendung von Dithranol-Präparaten ist aufgrund der starken Reizung nicht geeignet.
Die Anwendung von teerhaltigen Präparaten ist ebenfalls nicht unumstritten. Dazu kommt
auch mangelnde Compliance bei schlechter kosmetischer Akzeptanz.
Systemische Therapie
Systemische Therapie
Selten ist eine intertriginöse und anogenitale Psoriasis die Hauptindikation für eine
systemische Therapie. Es gibt kaum Berichte über gezielte Untersuchungen zu einer
bestimmten systemischen Therapie. Meistens spricht die Psoriasis auf die systemische
Therapie wie in anderen Bereichen an. Problematisch kann die Anwendung von systemischen
Retinoiden (Acitretin, früher Etretinat) sein, wobei über die Verschlechterung der
Psoriasis an Intertrigines und Erosionen im anogenitalen Bereich berichtet wurde [17]
[18]. Teilkörperbestrahlung (UVB) und PUVA sind schwer durchführbar und können häufig
zu unerwünschten Nebenwirkungen führen. Unter PUVA wurde insbesondere bei Patienten
im Genitalbereich ein erhöhtes Risiko von Neoplasien beobachtet [19]
[20].
Schlussfolgerung
Schlussfolgerung
Die Therapie der intertriginösen und genitoanalen Psoriasis war bisher nicht Objekt
der intensiven klinischen Forschung. Es fehlen kontrollierte Studien, welche die Erfahrungen
aus der alltäglichen Praxis untermauern könnten. Die Anwendung von Antipsoriatika
sollte stets unter Berücksichtigung der Besonderheiten dieser Lokalisationen erfolgen,
um die Therapie zu optimieren und eventuelle Nebenwirkungen zu vermeiden.