Ein Befall der Kopfhaut besteht bei mehr als der Hälfte der Psoriasispatienten. Besonders
bei Kindern gehört der Kopf häufig zu den primären Manifestationsorten einer Psoriasis.
Bei etwa 7 % der Patienten mit Psoriasis besteht ein alleiniger Befall der Kopfhaut.
Schuppenbildung und Juckreiz sowie die Sichtbarkeit der Läsionen vor allem bei Überschreiten
der Haargrenzen führen zu kosmetischen aber auch psychischen Problemen bei den betroffenen
Patienten [1].
Die Psoriasis capitis erscheint klinisch in Form scharf begrenzter erythematöser Herde
an der Kopfhaut mit festhaftenden silbrigen Schuppenauflagerungen (Abb. [1]). Die Herde können lokal begrenzt oder großflächig auftreten und überschreiten typischerweise
den Haaransatz. Die Kopfhautpsoriasis kann zu Haarausfall führen. Bei der reversiblen
psoriatischen Alopezie, die bei bis zu 66 % der Patienten beobachtet werden kann,
wachsen die Haare im Bereich der Psoriasisplaques weniger dicht und zeigen viele dystrophische
oder telogene Haarwurzeln im Trichogramm. Vernarbungen und eine damit irreversible
Alopezie können in der Folge von Verletzungen durch Kratzen bei starkem Juckreiz auftreten,
sind insgesamt bei der Psoriasis aber selten [2].
Abb. 1 Typische Psoriasis capitis mit Befall der Stirn-Haar-Grenze.
Allerdings können auch zur Psoriasistherapie verwendete Medikamente zu einem passageren
Haarverlust führen. Besonders bei der Anwendung von Methotrexat und Acitretin ist
ein Effluvium nicht selten als Nebenwirkung zu beobachten. Auf der anderen Seite kann
die Gabe von Ciclosporin mit einer Hypertrichose einhergehen, die auch zu verstärktem
Haarwachstum am Kopf führt [3].
Eine klinische Besonderheit entsteht durch Einmauerung der Haarschäfte mit Schuppenkrusten
und kann als Maximalvariante der Kopfhautpsoriasis ein „asbestartiges” Bild verursachen,
das die klinische Entität der Pityriasis amiantacea bzw. Tinea asbestosa charakterisiert
(Abb. [2]). Die Bezeichnung „Tinea” ist dabei aber irreführend, eine mykotische Infektion
besteht nicht.
Abb. 2 Tinea asbestosa als Maximalvariante einer Schuppenbildung am behaarten Kopf.
Allerdings muss in die Differenzialdiagnose einer isoliert am behaarten Kopf bestehenden
Psoriasis auch eine oberflächliche Mykose, selten auch eine tiefe Trichophytie mit
einbezogen werden.
Therapie der Kopfhautpsoriasis
Keratolyse
Ein wichtiges Ziel bei der Behandlung der Psoriasis capitis ist die Beseitigung der
störenden Schuppenbildung und die möglichst langfristige Verminderung der Schuppenneubildung.
Wesentlicher Bestandteil der Therapie sind schuppenlösende Shampoos mit verschiedenen
Wirkstoffen. Bewährt haben sich Salizylsäure, Pyrithion-Zink aber auch antimykotische
Zusätze wie Ketozonazol oder Climbazol. Auch teerhaltige Shampoos können hier wirksam
sein, jedoch wird der starke Geruch häufig als störend empfunden.
Bei sehr starker und festhaftender Schuppung kann eine Vorbehandlung durch lokale
Anwendung salizylsäurehaltiger Lösungen, Öle oder auswaschbarer Cremes, selten auch
stationär oder teilstationär, unter Folienokklusion sinnvoll sein. (Cave! Toxizität
besonders bei Kindern.)
Sehr gute schuppenlösende Eigenschaften haben einfache emulgierende Cremes wie Unguentum
emulsificans aquosum oder Onguent Roche-Posay® ohne weitere Zusätze. Diese werden
abends aufgetragen, in die schuppenden Herde eingerieben und morgens mit herkömmlichen
Shampoos ausgewaschen. Die Therapie ist auch besonders für Kinder geeignet!
Differente Lokaltherapie
Bei Juckreiz können besonders Kortikoide mit Erfolg eingesetzt werden [4]. Geeignet sind meist kortikoidhaltige Lösungen. Lösungen mit großem Alkoholanteil
können mitunter zu Reizungen oder Austrocknungserscheinungen der Kopfhaut führen.
Bewährt hat sich auch die Anwendung kortikoidhaltiger Cremes in auswaschbaren Grundlagen,
die vorzugsweise abends aufgetragen und morgens ausgewaschen werden. Zur Verstärkung
des Effektes können über Nacht Kopfverbände (z. B. TG-Schlauchverband Nr. 4) angelegt
werden.
Besonders gut hat sich in unserer Klinik bei der Therapie der Kopfhautpsoriasis die
Mischung von Diprosone®- oder Ecural®-Lösung und Propylenglycol zu gleichen Teilen
bewährt. Durch die große Benetzungsfähigkeit dieser Lösung kann die Rezeptur sehr
sparsam angewendet werden. In der Regel genügt die einmal tägliche Anwendung abends.
Am Morgen können die Haare mit handelsüblichem Shampoo gewaschen werden. Nach zwei
bis drei Therapiewochen ist meist eine weitgehende Abheilung der Herde erreicht.
Nach einer zeitlich begrenzten Behandlung mit Kortikoiden (ca. zwei bis drei Wochen)
kann erfolgreich mit Vitamin-D3-Analoga weiterbehandelt werden [5]. Hier bieten sich Calcipotriol-haltige Lösungen (Daivonex®- oder Psorcutan®-Lösung)
an, die jedoch mitunter zu Reizwirkungen und Austrocknung führen können. Die neu eingeführte
Tacalcitol-haltige Emulsion (Curatoderm®-Emulsion) wird hier offensichtlich besser
vertragen. Jedoch ist es auch mit gutem Erfolg möglich, Calcipotriol-haltige Creme
abends in die befallenen Bereiche einzureiben und morgens mit einem Shampoo auszuwaschen.
(Auf die Verschreibung der Creme achten, da sich die Salbe praktisch nicht auswaschen
läßt!) Diese Medikamente können jedoch auch ohne Kortikoid-Vorbehandlung als Monotherapie
eingesetzt werden. Neben der entzündungshemmenden Wirkung besitzen diese Vitamin-D3-Analoga eine sehr gute Wirkung auf die Schuppenneubildung. Diese Therapie kann nach
Erreichen eines für den Patienten befriedigenden Zustandes der Kopfhaut als Dauerbehandlung
ein- bis dreimal wöchentlich durchgeführt werden. Da Langzeitnebenwirkungen nicht
bekannt sind, eignet sich diese Methode zur effektiven Kontrolle einer Psoriasis capitis
über längere Zeit [6]. Allerdings enthält die Fachinformation von Daivonex®- und Psorcutan®-Creme noch
den Hinweis, sie nicht am behaarten Kopf anzuwenden, hierüber müssen die Patienten
aufgeklärt werden!
UV-Licht
Die regelmäßige Anwendung von UV-Licht in Form sog. Licht-Kämme kann bei einer ausgeprägten
Psoriasis der Kopfhaut sinnvoll sein. Zuvor muss die Schuppung als Lichtbarriere komplett
entfernt werden. Zu beachten ist ferner, dass Vitamin-D3-Analoga durch UV-Licht inaktiviert werden. Daher sollte die Anwendung derartiger
Präparate immer nach der UV-Therapie durchgeführt werden.
Die besten therapeutischen Erfolge werden meist durch die richtige Kombination der
verschiedenen Externa oder Verfahren erzielt. So stellt die Keratolyse durch emulgierende
Cremes, gefolgt von einer kurzzeitigen Kortikoid-Therapie mit Übergang in die längerfristige
Behandlung mit Vitamin-D3-Analoga sicher ein für die Mehrheit der Patienten gutes Therapiekonzept für die Psoriasis
am behaarten Kopf dar.
Systemische Therapie
Sehr ausgedehnte Formen der Psoriasis capitis und Patienten mit beispielsweise Publikumskontakt
bedürfen gelegentlich einer systemischen Therapie. Diese sollte zumindest so lange
durchgeführt werden, bis ein ausreichender Rückgang der Läsionen erzielt worden ist.
Anschließend kann eine konsequente Lokaltherapie beispielsweise mit Vitamin-D3-Analoga Rezidive vermindern. Zur systemischen Therapie eignen sich vor allem Ciclosporin
und Fumarsäureester. Weniger geeignet ist Acitretin, da es unter der Behandlung gelegentlich
zu einem passageren Haarausfall kommen kann.
Sonstige Therapieoptionen
Eine Pflegetherapie der Kopfhaut mit dem Ziel, nach einer differenten Lokalbehandlung
eine Rezidivprophylaxe zu versuchen, ist im Prinzip nicht möglich. Bei der Wahl der
Shampoos sollte bedacht werden, dass stark austrocknende Präparate durch ihre Reizwirkung
nicht geeignet sind. Bewährt haben sich milde Shampoos oder die eingangs erwähnten
Produkte mit keratolytischen Zusätzen. Von Haarwässern und Tinkturen ist wegen der
meist alkoholischen Grundlage (Reizwirkung) abzuraten.
Frauen mit Psoriasis capitis sollten vor dem Legen einer Dauerwelle oder intensivem
Haarfärben durch geeignete Therapiemaßnahmen einen guten Zustand der Kopfhaut erreichen.
Auch hier sollte auf stark reizende Prozeduren und zu häufige Anwendung verzichtet
werden.
Zusammenfassung
Für die Therapie der Kopfhautpsoriasis stehen heute eine Reihe wirksamer und verträglicher
Behandlungsoptionen zur Verfügung, mit denen im Allgemeinen gute Erfolge erzielt werden
können. Im Einzelfall kann allerdings auch die kurzzeitige teilstationäre oder stationäre
Behandlung zur Einleitung einer therapeutischen Strategie notwendig werden.