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1 Struktur der Leitlinie
571
Präambel
571
1.1 Schema der Leitlinienentwicklung
571
1.2 Klinische Evidenz der Leitlinie
572
1.3 Klinische Algorithmen
572
1.4 Teilnahme von Industrievertretern
573
1.5 Veröffentlichung, Verbreitung und Aktualisierung der Leitlinie
573
1.6 Sponsoring
573
2 Epidemiologie
573
3 Anmerkungen zur Physiologie des Hustens
573
3.1 Der Hustenreflex
573
3.2 Husten und Bronchospasmus
574
3.3 Produktiver und nicht-produktiver Husten
574
3.4 Eigenschaften des Auswurfs
574
4 Ursachen und Klassifizierung des Hustens
575
5 Akuter Husten: die wichtigsten Krankheitsbilder
576
5.1 Infektiöse Erkrankungen der oberen Atemwege
576
5.2 Allergische Erkrankungen der oberen Atemwege
576
5.3 Asthma
576
5.4 Aspiration
576
5.5 Akute inhalative Intoxikationen (Unfälle am Arbeitsplatz, Rauchgasvergiftungen)
576
5.6 Postinfektiöser Husten
576
5.7 Pneumonie
577
5.8 Pleuritis
577
5.9 Lungenembolie
577
5.10 Pneumothorax
577
5.11 Akute Linksherzinsuffizienz
577
5.12 AV Block II. und III. Grades
577
6 Chronischer Husten: die wichtigsten Krankheitsbilder
577
6.1 Asthma
577
6.2 COPD
577
6.3 Bronchialtumoren
578
6.4 Aspiration
578
6.5 Diffuse Lungenparenchymerkrankungen - Systemerkrankungen mit Lungenbeteiligung
579
6.6 Seltene isolierte Erkrankungen des Tracheobronchialsystems
579
6.6.1 Tracheo-Bronchomegalie (M. Mounier-Kuhn)
579
6.6.2 Tracheobronchiale Amyloidose
579
6.6.3 Rezidivierende Polychondritis
579
6.6.4 Tracheobronchopathia osteoplastica
580
6.6.5 Juvenile laryngotracheale Amyloidose
580
6.7 RADS (Reactive airways dysfunction syndrome)
580
6.8 VCD (Vocal cord dysfunction)
580
6.9 Tuberkulose
580
6.10 Keuchhusten
581
6.11 Linksherzinsuffizienz
581
6.12 Endokarditis
581
6.13 Husten als Nebenwirkung einer medikamentösen kardialen Therapie
581
7 Chronisch persistierender Husten (CPH)
581
7.1 Erkrankungen im Bereich von Nase und Nebenhöhlen
582
7.2 Erkrankungen im Bereich von Pharynx und Larynx
582
7.3 Husten als Asthmaäquivalent
582
7.4 Gastroösophageale Refluxkrankheit
583
7.5 Chronische, nicht obstruktive Bronchitis
584
7.6 Bronchiektasen
584
7.7 Chronischer Husten unklarer Ursache
585
7.8 Psychogener Husten
585
7.9 Husten als Nebenwirkung von Medikamenten
585
7.10 Bronchomalazie
586
7.11 Eosinophile Bronchitis
586
7.12 Zystische Fibrose
586
8 Diagnostik
586
8.1 Akuter Husten
587
8.2 Chronischer Husten
589
8.3 Ambulante und stationäre Diagnostik
590
8.4 Nebenwirkungen, Komplikationen und Kosten der Diagnostik
590
8.5 Zusammenfassung der wichtigsten Empfehlungen zur Diagnostik
590
9 Häufige Fehler bei der Stufendiagnostik des Hustens
590
10 Therapie
591
10.1.1 Physiotherapie bei produktivem Husten
591
10.1.2 Physiotherapie bei unproduktivem Husten
592
10.1.3 Atemphysiotherapie unter Zuhilfenahme von Geräten
592
10.2 Hustentherapeutika mit Wirkung am Hustenrezeptor
592
10.2.1 Expektorantien
593
10.2.2 Medikamente, die die Schleimproduktion verringern
593
10.2.3 Medikamente zur Steigerung der mukoziliären Clearance
593
10.2.4. Medikamente zur Reduktion der Reizung der Hustenrezeptoren
594
10.2.5 Schleimhautabschwellende Substanzen
594
10.2.6 Antibiotika
594
10.2.7 Entzündungshemmende Substanzen
595
10.3 Hustentherapeutika mit Wirkung am Hustenreflexbogen: Lokalanästhetika
595
10.4 Zentral wirksame Antitussiva
595
10.5 Hustentherapeutika mit Wirkung am Effektororgan
595
11 Komplikationen des Hustens
595
Anhang 1 Teilnehmerliste der Konsensustreffen
596
Anhang 2 Ableitung von Qualitätsindikatoren aus der Leitlinie Husten
596
Anhang 3 Zusammenfassung der Leitlinie
597
1 Struktur der Leitlinie
1 Struktur der Leitlinie
Präambel
Die vorliegende Leitlinie Husten (ICD 10 Klassifikation R 05) beinhaltet Empfehlungen
für Ärzte, die erwachsene Patienten mit Husten, einem sehr häufigen Symptom oder Beschwerde
behandeln. Solche Patienten werden in erster Linie ambulant beim Allgemeinarzt, Hals-Nasen-Ohrenarzt,
Internisten, Kinderarzt oder Pneumologen versorgt. Neurologen, Psychiater, Gastroenterologen
und Kardiologen werden ebenfalls oft mit dem Problem Husten konfrontiert. In seltenen
Fällen ist eine stationäre Abklärung auf einer pneumologischen Abteilung erforderlich.
Die notwendigen diagnostischen und therapeutischen Schritte werden in der Leitlinie
evaluiert und festgelegt. Ziel der Leitlinie ist es zu helfen, die Ursachen des Hustens
aufzudecken, die Beeinträchtigungen der Gesundheit so weit als möglich zu beseitigen
oder zu reduzieren.
Derzeit existiert keine umfassende deutschsprachige Leitlinie zur Diagnostik und Therapie
des Hustens. Die Deutsche Gesellschaft für pädiatrische Pneumologie [1 ] und die Deutsche Gesellschaft für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde, Kopf- und Hals-Chirurgie
[2 ] publizierten S1-Leitlinien bzw. einen klinischen Algorithmus zur Diagnostik von
Reizhusten und Räusperzwang. In vergleichbarem Umfang liegt nur ein englischsprachiger
„Consensus Panel Report” vom American College of Chest Physicians vor [3 ].
Diese Leitlinie soll ein wissenschaftlich begründetes - evidenzbasiertes - und hinsichtlich
der Wirtschaftlichkeit optimiertes Stufenschema für die diagnostische Abklärung und
Therapie des Hustens sein. Jeder Patient behält seinen Anspruch auf eine individuelle
Diagnostik und Therapie, in einem konkreten Fall kann es sinnvoll sein, von der Leitlinie
abzuweichen.
Verantwortlich für die Leitlinienerstellung ist die Deutsche Gesellschaft für Pneumologie
(Federführer: Dr. P. Kardos, Frankfurt am Main). Die Erarbeitung der Leitlinie erfolgte
in Zusammenarbeit mit verschiedenen medizinischen Fachgesellschaften und Organisationen
(vgl. Anhang, Teilnehmerliste Konsensusprozesse).
1.1 Schema der Leitlinienentwicklung (Tab. [1 ])
Tab. 1 Drei-Stufen-Konzept der Leitlinienentwicklung der AWMF (Arbeitsgemeinschaft der wissenschaftlichen
medizinischen Fachgesellschaften)
1. Stufe (S1): Expertengruppe
eine repräsentativ zusammengesetzte Expertengruppe der Wissenschaftlichen Medizinischen
Fachgesellschaften erarbeitet im informellen Konsens eine Leitlinie, die vom Vorstand
der Fachgesellschaft verabschiedet wird.
2. Stufe (S2): Formale Konsensusfindung
vorhandene Leitlinien der Stufe 1 werden in einem der bewährten formalen Konsensusverfahren
beraten und als Leitlinien der Stufe 2 verabschiedet. Formale Konsensusfindungsmethoden
sind nominaler Gruppenprozess, Delphimethode und Konsensuskonferenz. Sie enthalten
eine Diskussion der Evidenz für die verabschiedeten Statements. Für die Durchführung
ist die Mitarbeit von Methodikern hilfreich.
3. Stufe (S3): Leitlinie mit allen Elementen systematischer Erstellung
Der formale Konsensusprozess wird durch weitere systematische Elemente erweitert: - logische Analyse (klinischer Algorithmus), - evidenz-basierte Medizin, - Entscheidungsanalyse, - Outcomeanalyse.
Die Literaturrecherche wurde vom federführenden Autor in Medline und PubMed durchgeführt.
Folgende Suchbegriffe wurden primär verwendet: „chronic cough”, „cough” and „amiodarone”,
„cough” and „antitussive”, „cough” and „asthma” „cough” and „bronchitis”, „cough”
and „cold”, „cough” and „Crohn”, „cough” and „enzyme”, „cough” and „exposure”, „cough”
and „heart”, „cough” and „inflammation”, „cough” and „laryngitis”, „cough” and „Parkinson”,
„cough” and „provocation”, „cough” and „reflex”, „cough” and „reflux”, „cough” and
„rhinitis”, „cough” and „rib”, „cough” and sarcoid”, „cough” and „sinusitis”, „cough”
and „smoking”, „cough” and „syncope”, „cough” and „therapy”, „cough and treatment”,
„cough type asthma”, „cough variant asthma”, „cough” and „vocal”, „cough” and „wheeze”,
„postnasal drip”, „relapsing polychondritis”. Weitere Literatur wurde aus dem Literaturverzeichnis
der gefundenen Publikationen verwendet.
Konsens für diese Leitlinie wurde durch eine Kombination von nominalem Gruppenprozess
und Delphitechnik erreicht. Das Vorbereitungskomitee bestand aus Dr. P. Kardos und
Dr. H. Sitter. Nach erfolgter Auswahl der Teilnehmer bzw. der Organisationen durch
die Leitlinienkommission der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie wurden diese um
ihre Mitarbeit gebeten. Husten wird nicht nur durch pneumologische Erkrankungen, sondern
häufig durch Erkrankungen im Bereich der oberen Atemwege oder der Speiseröhre verursacht.
Bei der Erstellung dieser Leitlinie wirkten daher neben Pneumologen aus Forschung,
Klink und Praxis Vertreter der Fächer Hals-Nasen-Ohrenheilkunde und Gastroenterologie
mit ausgewiesener Erfahrung auf dem jeweiligen Fachgebiet betreffend die Erkrankungen,
die Husten verursachen, beratend mit.
Die Teilnehmerliste ist im Anhang aufgeführt. Außerdem wurden auch die Leitlinienkommission
der Deutschen Gesellschaft für Allgemeinmedizin, der Ärztliche Dienst der Krankenkassen,
der Leiter der Medizinischen Abteilung beim VdAK (Verband der Angestelltenkassen)
eingeladen, sie hielten eine eigene Beteiligung nicht für erforderlich).
Tab. 2 Nominaler Gruppenprozess
1 Entwurf der Leitlinie
2 Kommentar jedes Gruppenmitgliedes
3 Leiter sammelt alle Kommentare
4 Zusammenfassung ähnlicher Kommentare
5 Abstimmung über Priorisierung der Diskussionspunkte
6 Diskussion (aller Kommentare)
7 Überarbeitung des Entwurfes
8 Revision der überarbeiteten Leitlinie und Neubeginn des Prozesses bei Punkt 1 bis
zum Konsens
Es fanden zwei 1-tägige Sitzungen nach dem Verfahren „Nominaler Gruppenprozess” in
Frankfurt am Main statt (Teilnehmerliste siehe Anhang I), zusätzlich dazu mehrere
schriftliche Konsensusrunden nach der Delphitechnik, einem analogen Verfahren, das
jedoch nur auf schriftlichem Wege, ohne Treffen der Teilnehmer, abläuft. Nach der
Verabschiedung wurde die Leitlinie durch unabhängige, von der Deutschen Gesellschaft
für Pneumologie beauftragte Experten begutachtet. Als Konsequenz dieser Begutachtung
wurden die Kapitel Epidemiologie und Physiologie des Hustens gekürzt, die Abhandlung
über Tuberkulose ergänzt.
1.2 Klinische Evidenz der Leitlinie
Die Studien wurden nach Qualität kategorisiert und mit einem entsprechenden Evidenzgrad
gekennzeichnet (Tab. [3 ]).
Tab. 3 Empfehlungsgrad und Nachweisstärke der Effektivität einer Leitlinie oder Teilen davon
(nach Centre of Evidence Based Medicine, Oxford 1999)
Empfehlungsgrad
Evidenzgrad
A
1a
Evidenz durch systemisches Review randomisierter kontrollierter Studien (RCT)
1b
Evidenz durch eine geeignete geplante randomisierte kontrollierte Studie
1c
Alle-oder-Keiner-Prinzip*
B
2a
Evidenz durch systematisches Review gut geplanter Kohortenstudien
2b
Evidenz durch eine gut geplante Kohortenstudie einschließlich RCT mit mäßigem Follow-up
2c
Evidenz durch Outcome-Research-Studien
3a
Evidenz durch systematisches Review von Fall-Kontroll-Studien
3b
Evidenz durch eine Fall-Kontroll-Studie
C
4
Evidenz durch Fallserien, einschließlich schlechter Kohorten- und Fall-Kohorten-Studien
D
5
Evidenz durch Meinungen ohne explizite kritische Bewertung, physiologische Modelle,
Vergleiche oder Grundsätze
*Überwältigende Evidenz, die keine vernünftigen Zweifel an der Wirksamkeit aufkommen
lässt: z. B. die antimikrobielle Wirkung von Penicillin nach dessen Einführung, Appendektomie
bei eitriger Appendizitis. Es wäre unethisch gegen Plazebo zu testen.
Von dieser starren Zuordnung von Evidenzgrad zu Empfehlungsgrad konnte durch Expertenmeinung
im Konsensusprozess abgewichen werden.
1.3 Klinische Algorithmen
Ein klinischer Algorithmus ist ein in endlich vielen Schritten formuliertes Verfahren
zur Lösung eines klinischen Problems unter Benutzung von bedingten logischen Anweisungen
(Wenn-dann-Logik). Die Darstellung erfolgt in graphischem Format mit einer von der
Society for Medical Decision Making [4 ] empfohlenen Standardnomenklatur (Abb. [1 ]). Dabei unterscheidet man Zustands-, Aktions- und Entscheidungsknoten. Zustands-
und Aktionsknoten haben je einen Ausgang, Entscheidungsknoten haben 2 Ausgänge: ja
und nein.
Abb. 1 Standardisierte Terminologie für klinische Algorithmen
1.4 Teilnahme von Industrievertretern
Der Industrievertreter hatte genau wie jeder andere Teilnehmer des nominalen Gruppenprozesses
eine Stimme bei den Abstimmungen. Darüber hinaus hatten Industrievertreter keinen
Einfluss auf Inhalt, Form und Erstellung der Leitlinie.
1.5 Veröffentlichung, Verbreitung und Aktualisierung der Leitlinie
Angesichts wachsender medizinisch-wissenschaftlicher und ökonomischer Notwendigkeiten
ist die Implementierung von Leitlinien für häufige Krankheitsbilder erforderlich.
Es wird auch erwartet, dass ihre Akzeptanz durch die Ärzteschaft - nicht als bürokratische
Vorschrift, sondern als Entscheidungshilfe - wachsen wird.
Die Leitlinie Husten wird in Fachzeitschriften publiziert, welche alle Ärzte erreichen,
die Patienten mit Husten behandeln. Sie wird in 3 Versionen vorgelegt: eine vollständige
Version für den Spezialisten, ein Auszug und Zusammenfassung für den praktisch tätigen
Arzt (Kurzversion) und schließlich eine Patientenversion. Alle Versionen werden im
Internet auf den Seiten der AWMF (http://awmf.org/ ) einsehbar sein. Eine Verbreitung durch lokale Meinungsbildner in Form von Weiterbildungsvorträgen
und durch noch zu erstellende Computerprogramme zu den Algorithmen wird angestrebt.
Verantwortlich für die Aktualisierung der Leitlinie ist die Deutsche Gesellschaft
für Pneumologie. Eine Revision ist alle 3 Jahre geplant. Neue wesentliche Erkenntnisse
werden jedoch zeitnah eingearbeitet. Die jeweils gültige Version kann auch auf der
Internetseite der AWMF und der DGP eingesehen werden.
1.6 Sponsoring
Die erforderlichen Aufwendungen für Reisekosten, die Kosten für die 2 Sitzungen in
Frankfurt und die Kosten für die Leitung der 2 Konsensustreffen wurden von der Deutschen
Gesellschaft für Pneumologie übernommen. Darüber hinaus wurden weder Kosten noch Honorare
oder Entschädigungen gezahlt.
2 Epidemiologie des Hustens
2 Epidemiologie des Hustens
Husten ist ein wichtiger physiologischer Schutzreflex der Atemwege, aber auch das
gemeinsame Symptom beinahe aller pulmonaler und einiger extrapulmonaler Erkrankungen.
Husten kann zur Ausbreitung von Infektionskrankheiten beitragen. Husten ist eine außerordentlich
häufige Beschwerde. Da er auch im Rahmen der banalen akuten, meist viralen Bronchitis
auftritt, ist er für einen wesentlichen Teil der Arztbesuche verantwortlich. In den
USA war Husten der häufigste Grund einen Allgemeinarzt [5 ] und der dritthäufigste Grund einen niedergelassenen Internisten aufzusuchen [6 ]. In Frankreich sind 10 - 38 % der Konsultationen von Pneumologen auf das Symptom
Husten zurückzuführen [7 ]. In Deutschland ist der chronische Husten der dritthäufigste Grund für die Konsultation
eines niedergelassenen Pneumologen [8 ]. 10 - 40 % aller Überweisungen zum Pneumologen erfolgen wegen eines chronischen
Hustens [9 ]. Sowohl die Diagnostik als auch die Therapie des Hustens (unter Einschluss verschreibungspflichtiger
und frei verkäuflicher Medikamente) beanspruchen einen bedeutsamen Anteil der Gesundheitsausgaben.
Der medizinische Fortschritt und ein wachsender ökonomischer und politischer Druck
erfordern standardisierte Empfehlungen zur Diagnostik und Therapie auf dem Boden der
besten vorhandenen wissenschaftlichen Evidenz zu erstellen.
3 Anmerkungen zur Physiologie des Hustens
3 Anmerkungen zur Physiologie des Hustens
3.1 Husten als Reflex
Der Reflexbogen besteht aus 5 Abschnitten:
Hustenrezeptoren
Afferenter Schenkel des Reflexbogens
Hustenzentrum
Efferenter Schenkel des Reflexbogens
Effektororgan: (Kehlkopf-, Brust- und Bauchmuskulatur).
Die Hustenrezeptoren
Der Ablauf des Reflexes beginnt mit der Stimulation der Mechanorezeptoren (myelinisierte
schnell adaptierende, sog. „irritant” Rezeptoren). Der Hustenreflex kann überall dort
initiiert werden, wo Hustenrezeptoren vorhanden sind: in dem gesamten Bereich der
oberen und unteren Atemwege, im Lungenparenchym, aber auch in der Pleura, im Perikard,
am Zwerchfell, im Ösophagus und im Magen. Die Verteilung der Rezeptoren ist jedoch
nicht gleichmäßig: sie sind am dichtesten am Kehlkopf und in seiner Umgebung (Pharynx,
Trachea, große Bronchien) lokalisiert [10 ].
Der Reflexbogen des Hustens (afferenter Schenkel, Hustenzentrum, efferenter Schenkel)
Afferenter Schenkel ist der N. vagus, im Bereich der oberen Atemwege fraglich auch
der N. trigeminus und der N. glossopharyngeus.
Ein Hustenzentrum wird in der Medulla oblongata mit Verbindungen zum Kortex (willkürlicher
Husten und willkürliches Unterdrücken des Hustens) postuliert. Der efferente Schenkel
läuft zu den Effektororganen: dem Zwerchfell, den Bauch- und Thoraxmuskeln und der
Glottismuskulatur [10 ].
Der Hustenstoß (Tab. [4 ])
Husten als nachgeschalteter Reinigungsmechanismus und damit Abwehrmechanismus des
Bronchialsystems tritt dann in Erscheinung, wenn der primäre mukoziliäre Clearancemechanismus
geschädigt ist (z. B. durch inhalatives Rauchen) oder das Bronchialsystem mit Fremdmaterial
überflutet wird (bei Aspiration, Hypersekretion, Lungenödem, extreme Rauch- oder Staubentwicklung).
Tab. 4 Die 4 Phasen des Hustenstoßes [11 ]
Phase
Bezeichnung
Physiologie
1
schnelle Inspiration
Glottis, Stimmritze geöffnet
2
Kompression
Verschluss der Glottis, Kontraktion der Exspirationsmuskeln, Öffnung der Glottis
3
Akzeleration
Anstieg des transbronchialen Druckes, dynamische Kompression des Bronchialbaumes
4
Exspiration - Expulsion
schneller (250 m/sec) exspiratorischer Fluss
Je nach Bedarf können verschiedene Abschnitte der Atemwege durch einen effektiven
Hustenstoß gereinigt werden. Die Alveolen, Bronchiolen und kleinen Bronchien verfügen
allerdings nicht über Hustenrezeptoren, um den Hustenreflex zu initiieren. Das Sekret
wird aus den peripheren Anteilen zunächst durch die mukoziliäre Clearance und die
dynamische Kompression „ausgequetscht”>; - bis zu den mittleren und größeren Bronchien
(in etwa bis zur 5. - 6. Generation) gefördert. Hier finden sich bereits Hustenrezeptoren,
die den Husten auslösen. Das Volumen des Atemzugs unmittelbar vor dem Husten bestimmt
vorwiegend, welcher Abschnitt der Atemwege (zwischen Larynx und Bronchien der 5. -
6. Generation) gereinigt wird.
Ein effektiver Hustenreflex setzt mehr oder minder intakte anatomische Verhältnisse
(keine schwere Atemwegsobstruktion, kein Bronchialkollaps, normale Atemmuskel- und
Kehlkopffunktion, normale statische Volumina, normale Viskosität des Bronchialsekrets)
voraus [12 ]. Insbesondere bei Bronchialwandinstabilität (z. B. bei der chronischen Bronchitis)
ändern sich die Verhältnisse. Falls die Kompression zum Kollaps führt, verhindert
dieser die Sekreteliminierung, eine Kompression ohne totalen Kollaps ist für die Effektivität
förderlich, denn im Bereich des komprimierten Abschnittes (beim Gesunden: die pars
membranacea) tritt eine erhebliche Flussbeschleunigung auf. Der beschleunigte Fluss
hilft das Fremdmaterial von der Bronchialwand abzulösen und zu entfernen. Einer dynamischen,
sich von der Peripherie nach zentral hin fortpflanzenden Kompression ist es zu verdanken,
dass ein produktiver Husten selbst bei intubierten oder tracheotomierten Patienten
möglich ist [13 ]. Sie dürfte auch teilweise erklären, wie eine Reinigung bei geschädigtem oder fehlendem
Flimmerepithel in den peripheren Bronchien funktioniert: durch „Ausquetschen” mittels
der dynamischen Kompression [14 ]. Eine effektive Hustenclearance kann eine gestörte mukoziliäre Funktion (Ziliendyskinesie)
viel besser kompensieren als umgekehrt.
Die Kenntnis dieser Zusammenhänge ist wichtig für die Physiotherapie des Hustens und
der Sekretretention (Kapitel 10.1.1).
Welche Stimuli lösen Husten aus?
Husten kann durch physikalische und chemische Stimuli ausgelöst werden. Tab. [5 ] zeigt eine Auswahl von Husten auslösenden Reizen.
Tab. 5 Einige Stimuli, die Husten auslösen können
Physikalische Reize
Thermische Reize (kalte Luft)
Mechanische Reize (Fremdpartikel)
Chemische Reize
Pharmakologisch: Capsaicin Zitronensäure Destilliertes Wasser Lobelin Entzündungsmediatoren: Bradykinin Tachykinin Prostaglandin E 2
Toxische Gase
Zigarettenrauch
Bakterielle Mediatoren
3.2 Husten und Bronchospasmus
Die 40 Jahre alte „Bronchomotor-Theorie des Hustens” [15 ] ging davon aus, dass derselbe Rezeptor für die parallele Auslösung von Husten und
Bronchospasmus verantwortlich ist. Nach neueren experimentellen Ergebnissen handelt
es sich um eng verbundene, jedoch getrennte Reflexbögen. So ist die Capsaicin- oder
Metacholinsensitivität des Hustenreflexes bei Asthmapatienten nicht erhöht [16 ]. Durch destilliertes Wasser provozierbarer Husten ist mit Lokalanästhetika blockierbar,
nicht jedoch die Bronchokonstriktion; Dinatrium Cromoglykat blockiert die Bronchokonstriktion,
nicht aber den Husten [17 ]. Inhalative Kortikosteroide sind in der Regel gut wirksam beim Asthma und bei dem
asthmatischen Husten. Manche Asthma-Patienten husten jedoch unter inhalativer Kortisontherapie
weiter, unabhängig von der Besserung ihrer Lungenfunktion [18 ]
[19 ].
3.3 Produktiver und nicht-produktiver Husten
Der Husten wird klinisch in produktiven und trockenen (Reiz-)Husten unterteilt, obwohl
die Grenzen zwischen den beiden Kategorien fließend sind. Beim produktiven Husten
wird eine Sekretproduktion von 30 ml (entsprechend 2 Esslöffeln) in 24 Stunden angegeben.
Die Einschätzung der Sputummenge ist schwierig, da sie vom Patienten häufig überschätzt
wird. Die Abgrenzung des Bronchialsekrets gegenüber Speichel ist problematisch. Entgegen
früheren Annahmen ergeben sich nur geringe differenzialdiagnostische Konsequenzen
daraus, ob der Husten produktiv oder nicht produktiv ist [20 ]. Die symptomatische Therapie (s. Kapitel 10) unterscheidet sich hingegen.
3.4 Eigenschaften des Auswurfs
Mukös: entsprechend dem Sekret bei einer chronischen Bronchitis.
Serös-schaumig: bei hohem Flüssigkeitsgehalt des Sekrets, z. B. bei Lungenödem
Purulent oder putrid (gelb oder grün): bei Infektionen, aber auch bei Asthma oder
eosinophiler Bronchitis, Bronchiektasen
Blutig (Hämoptoe): bei Infektionen, Nekrosen, Tumor, Bronchiektasen, Gerinnungsstörung,
Systemerkrankung
Bronchialausguss: allergische bronchopulmonale Aspergillose, Bronchiektasen.
4 Ursachen und Klassifizierung des Hustens
4 Ursachen und Klassifizierung des Hustens
Da Husten das gemeinsame und manchmal das einzige Symptom eines breiten Spektrums
von Erkrankungen mit unterschiedlichem Therapieansatz und unterschiedlicher Prognose
ist, sollte der diagnostischen Abklärung des Hustens größte Bedeutung beigemessen
werden. Andererseits erfordert die häufigste Ursache des Hustens: eine akute virale
Erkrankung der oberen und/oder der unteren Atemwege in der Regel nur die Erhebung
der Anamnese und eine körperliche Untersuchung. Jede weitere Diagnostik bei diesen
Patienten würde die Ressourcen im Gesundheitswesen unnötig mit erdrückenden Kosten
belasten (Evidenzgrad 5 ).
Daher erscheint eine Klassifizierung des Hustens anhand eines anamnestisch leicht
zu erhebenden Merkmals: akut und chronisch - als erster Schritt der Diagnostik angezeigt, wenngleich Überschneidungen zwischen
den Gruppen nicht zu vermeiden sind (Tab. [6 ]).
Tab. 6 Ursachen des Hustens und ihre Klassifizierung
Akut (< 8 Wochen)
Chronisch (> 8 Wochen)
Erkrankungen der Atemwege:
akute Sinusitis Rhino-Laryngo-Tracheobronchitis: meist virale Infektion oder allergisch Asthma Aspiration: oft Kinder 1 - 3 Jahre inhalative Intoxikation: Unfälle, Brände postinfektiöser Husten
Erkrankungen der Lungen/Pleura:
Pneumonie Pleuritis Lungenembolie Pneumothorax
extrapulmonale Ursachen:
akute Linksherzinsuffizienz Bradykardie mit AV Block II, III
Erkrankungen der Atemwege/der Lungen:
Asthma COPD:* häufige Ursache Bronchialtumoren akute oder chronische Aspiration diffuse Lungenparenchymerkr. - Systemerkr. mit Lungenbeteiligung seltene lokalisierte Erkrankungen des Tracheobronchialsystems Reactive Airways Dysfunction Syndrome (RADS) Vocal Cord Dysfunction (VCD)
Infektionskrankheiten:
Tuberkulose Pertussis
kardiale Erkrankungen:
Chr. Linksherzinsuffizienz Endokarditis chronisch persistierender Husten (CPH)
COPD: „chronic obstructive pulmonary disease”, chronisch obstruktive Lungenkrankheit
Die exakte Diagnose sollte vor Beginn der Therapie des Hustens gestellt werden um
möglichst kausal therapieren zu können. Bei einigen Krankheitsbildern aus der Tab.
[6 ] ist eine frühzeitige Diagnose wichtig:
bei kontagiösen Erkrankungen wie der Tuberkulose
bei malignen Erkrankungen wie dem Bronchialkarzinom
bei akut lebensbedrohlichen Erkrankungen wie dem Pneumothorax, der akuten Linksherzinsuffizienz
oder der Lungenembolie.
Die Diagnose wird immer dann schwierig zu stellen sein, wenn der Röntgenbefund der
Thoraxorgane nicht weiterführt, die Lungenfunktion unauffällig ist und der Husten
als einziges Symptom auftritt. Dies ist oft der Fall bei Bronchiektasen und anderen
seltenen isolierten Erkrankungen des Tracheobronchialsystems, bei CPH und im Anfangsstadium
einiger systemischen und Lungenparenchymerkrankungen.
Akuter und chronischer Husten
Der Spontanverlauf des Hustens bei der akuten Bronchitis beträgt bis zum völligen
Abklingen durchschnittlich 4 Wochen [21 ]. Adenoviren und Mykoplasmen verursachen in der Regel 6 - 8 Wochen anhaltenden Husten,
nach Infektion mit B. pertussis husten die Patienten noch länger. Deshalb ist es sinnvoll,
8 Wochen bis zum Beginn der Stufendiagnostik des Hustens abzuwarten, falls eine für
einen akuten Infekt der Atemwege typische Anamnese und ein passender körperlicher
Untersuchungsbefund vorliegen [12 ]. Diese willkürlich gezogene Grenze von 8 Wochen zur Differenzierung des akuten vom
chronischen Husten, markiert den obligatorischen Start der Diagnostik. Wenn besondere
Umstände vorliegen (Tab. [7 ]), die mit einem akuten banalen Infekt der Atemwege nicht in Einklang stehen, ist
die Diagnostik unverzüglich einzuleiten [22 ]
[23 ]
[24 ]. In den meisten Studien bei Patienten mit abzuklärendem chronischen Husten betrug
die durchschnittliche Dauer des Hustens mehrere Monate bis Jahre [25 ]
[26 ]
[27 ]: Allerdings lag die Dauer des Hustens als Einschlusskriterium für die Aufnahme von
Patienten in diese Studien meistens unter 4 Wochen [20 ]
[28 ]
[29 ]. In einer neueren Übersicht zur Diagnostik und Therapie des Hustens [30 ] wird empfohlen, Husten als akut, subakut und chronisch zu charakterisieren. Subakut
wurde Husten mit einer Dauer von 3 - 8 Wochen bezeichnet, ein chronischer Husten liegt
ab einer Dauer von 8 Wochen vor. In ihrer neuesten Arbeit empfiehlt die gleiche Arbeitsgruppe,
den Husten erst nach 8 Wochen Dauer abzuklären [31 ].
Tab. 7 Begleitsymptome und Begleiterkrankungen, die eine sofortige Diagnostik begründen
Symptom
Hämoptoe
Thoraxschmerz
Atemnot
Hohes Fieber
Begleiterkrankung
HIV-Positivität
Malignome
Immundefizienz
Besondere Umstände Risikogruppen
Obdachlose
extrem starke Raucher
Tbc-Kontaktpersonen
In dieser Leitlinie wird der akute Husten mit einer Dauer bis zu 8 Wochen, der chronische
Husten mit einer Dauer von mehr als 8 Wochen Dauer definiert.
Nr.
Empfehlung: Differenzierung akuter und chronischer Husten
Empfehlungsgrad
Evidenzgrad
E1
Über 8 Wochen anhaltender Husten ist chronisch, die Diagnostik ist unverzüglich einzuleiten
B
3a
5 Der akute Husten: Die wichtigsten Krankheitsbilder
5 Der akute Husten: Die wichtigsten Krankheitsbilder
Die Diagnostik beim akuten Husten erfordert sowohl ein stufenweises Vorgehen als auch
in manchen Fällen die sofortige, volle Ausschöpfung aller diagnostischen Möglichkeiten.
5.1 Akute infektiöse Erkrankungen im Bereich der oberen und unteren Atemwege
Die Diagnose wird häufig vom erwachsenen Patienten oder ärztlich auf Basis der Anamnese
und der körperlichen Untersuchung (zum Ausschluss einer Pneumonie und anderer Ursachen)
gestellt. Der akute Virusinfekt des Atemtraktes ist eine alltägliche, spontan ausheilende
Erkrankung, der in der Regel weder eine radiologische noch mikrobiologische oder Labordiagnostik
erfordert [32 ]
[33 ]. Bei typischer Anamnese für einen solchen Infekt und ohne klinischen Hinweis auf
eine Pneumonie oder eine schwere (Begleit-)Erkrankung kann mit der Einleitung der
Diagnostik bis zu 8 Wochen abgewartet werden. Im typischen Fall sind keine weitergehenden
diagnostischen Maßnahmen erforderlich. Akute virale Infekte („Erkältung”) gehen meist
mit Schnupfen, Halsschmerzen, Husten, selten mit erhöhter Temperatur oder Fieber einher:
Die möglichen pathologisch-anatomischen Lokalisationen sind: Rhinitis, Sinusitis,
Pharyngitis, Laryngitis, Bronchitis. Häufigste Auslöser: Rhinoviren in 30 - 50 % der
Fälle, weitere: Corona-, Parainfluenza-, Respiratory Syncytial-, Influenza-, Adeno-,
Entero-, und die kürzlich entdeckten Metapneumoviren [34 ].
Akute Infekte der Atemwege können im Rahmen einer Grippeepidemie auftreten (Myxovirus
influenzae A oder B).
Chlamydia pneumoniae kann als bakterieller Erreger für akute Infekte der oberen und
unteren Atemwege verantwortlich sein.
Junge Männer erkranken häufig an Mycoplasma pneumoniae oder Adenovirusinfekten, besonders
in Gemeinschaftsunterkünften.
Kinderkrankheiten wie Keuchhusten, Masern, Scharlach, das Pfeiffersche Drüsenfieber
manifestieren sich oft als akute respiratorische Infekte.
Die akute bakterielle Sinusitis (am häufigsten durch S. haemolyticus, H. influenzae,
S. pneumoniae, S. aureus) ist im Vergleich zu den viralen Entzündungen seltener für
den akuten Husten verantwortlich.
Nr.
Empfehlung: Diagnostik beim akuten Husten
Empfehlungsgrad
Evidenzgrad
E2
Im typischen unkomplizierten Fall: Anamnese und körperliche Untersuchung ausreichend
A
1b
5.2 Allergische Erkrankungen im Bereich der oberen Atemwege
Die intermittierende allergische Rhinopathie (Heuschnupfen), oft vergesellschaftet
mit Sinusitis, Konjunktivitis, Pharyngitis und Laryngitis kann ebenfalls zu akutem
Husten führen. Die Differenzialdiagnose zu den viralen Infekten wird anhand der aktuellen
Allergenexposition in Zusammenschau mit den Allergietestergebnissen und der von den
viralen Infekten abweichenden Symptomatik gestellt. Juckreiz im Bereich der Konjunktiven,
Nase, des Rachens und längere Niesanfälle stehen oft im Vordergrund [35 ]. (Nichtallergische nicht-infektiöse oder persistierende allergische Rhinitiden verursachen
in der Regel chronischen Husten, s. Kapitel 7.1).
5.3 Asthma
Intermittierendes allergisches Asthma kann akuten Husten verursachen. Bei gelegentlicher
Allergenexposition (z. B. unerwarteter Tierkontakt bei entsprechender Sensibilisierung)
oder im Rahmen des Heuschnupfens kann akuter trockener Husten mit und ohne Atemnot
bzw. pfeifendem Atemgeräusch auftreten.
Diagnostik und Therapie: Es wird auf die aktuellen Asthma-Leitlinien hingewiesen [36 ] bzw. http://www.nih.gov/ . Auch der Husten spricht in der Regel auf die antiasthmatische Therapie an.
5.4 Aspiration
Husten schützt vor den Konsequenzen der Aspiration. Die Aspiration von Fremdkörpern
kann (besonders häufig bei 1 - 3 Jahre alten Kindern) zum akuten Husten führen. Fremdkörper
geringer Strahlendichte entgehen der direkten Darstellung. Indirekte Röntgenzeichen
der Aspiration: einseitige Überblähung oder Volumenminderung, Minderperfusion. Feuerschlucker
aspirieren oft chronisch und erkranken gelegentlich an akuten Husten infolge einer
abszedierenden Pneumonie. Eine einmalige oder chronische Aspiration kann auch die
Ursache für chronischen Husten sein (s. Kapitel 6.4).
Anmerkungen zur Diagnostik: Bronchoskopie, Inhalationsszintigraphie
5.5 Akute inhalative Intoxikationen (Unfälle am Arbeitsplatz, Brände, Schnüffeln von
Lösemitteln)
Sie verursachen meistens gleichzeitig Bronchitis, Konjunktivitis und Rhinitis. Hitzeschäden
und Schädigung durch inhalierte Substanzen sind zu unterscheiden. Als chronischer
Folgeschaden kann ein „reactive airway dysfunction syndrome” RADS auftreten (s. Kapitel
6.7). Die Diagnose wird anhand der Anamnese und der körperlichen Untersuchung, Lungenfunktionsprüfung
(Diffusionskapazität), Oxymetrie, CO-Hämoglobinbestimmung und Blutgasanalyse gestellt.
Inhalative Intoxikationen können - oft nach einem beschwerde- und hustenfreien Intervall
von 6 - 24 Stunden - zu toxischem Lungenödem, zur akuten interstitiellen Pneumonie
und Bronchiolitis mit erneutem Auftreten von Husten führen. Akute inhalative Intoxikationen
benötigen meist stationäre Beobachtung und oft intensivmedizinische Behandlung. Die
Vergiftungszentralen können zur inhalierten Substanz Auskunft geben.
5.6 Postinfektiöser Husten
Der postinfektiöse Husten überdauert zeitlich den auslösenden bronchialen Infekt um
mehrere Wochen. Er wird anhand einer sorgfältigen Anamnese und durch Ausschluss anderer
Ursachen diagnostiziert. Nach manchem akutem Virusinfekt kann es 8 Wochen dauern,
bis der postinfektiöse Husten spontan abklingt. Deshalb wurde die Grenze zwischen
akutem und chronischem Husten bei 8 Wochen gezogen (s. Kapitel 4) Evidenzgrad 3b . Der Pathomechanismus des postinfektiösen Hustens ist nicht einheitlich: wahrscheinlich
handelt es sich in einem Teil der Fälle um einen Epithelschaden mit Offenlegung der
„irritant” Rezeptoren der Bronchialschleimhaut (z. B. B. pertussis-Infektion, s. Kapitel
6.10). Hier kann der Husten bei ausgedehnter Epithelschädigung länger als 8 Wochen
persistieren, ebenso bei Infektion mit Mycoplasma pneumoniae.
Anderen Fällen liegt eine vorübergehende spontan abklingende Steigerung der bronchialen
Reaktionsbereitschaft zugrunde. Die bronchiale Hyperreagibilität kann mit dem unspezifischen
inhalativen Provokationstest (z. B. Metacholin) nachgewiesen werden. Dieser Husten
spricht gut auf β2 -Agonisten oder inhalative Kortikosteroide an. Falls keine bronchiale Hyperreagibilität
vorliegt, ist eine symptomatische Therapie mit Antitussiva möglich (s. Kapitel 10.4).
Nr.
Empfehlung: Therapie des Hustens bei postinfektiös gesteigerter bronchialer Reaktionsbereitschaft
Empfehlungsgrad
Evidenzgrad
E3
β2 -Agonisten oder inhalatives Kortison für 2-4 Wochen
A
1a
5.7 Pneumonie
(Meist trockener) Husten ist ein klassisches Symptom der ambulant erworbenen Pneumonie.
Andererseits treten bei gestörtem Hustenreflex häufig rezidivierende Pneumonien auf
[37 ].
Diagnostik und Therapie: Es wird auf die aktuellen Leitlinien der Paul Ehrlich Gesellschaft und der Deutschen
Atemwegsliga hingewiesen [38 ]. Auch nosokomiale Pneumonien gehen mit Husten einher.
5.8 Pleuritis
Die akute Pleuritis sicca geht mit atemabhängigen Thoraxschmerzen, meist mit Fieber,
trockenem Husten, auskultatorisch hörbarem Pleurareiben und erhöhten Entzündungslaborparametern
einher.
5.9 Lungenembolie
50 % der Patienten mit akuter Lungenembolie haben neben anderen Symptomen Husten [39 ]. Insofern kann akut aufgetretener trockener Husten - meist zusammen mit Atemnot
- ein wichtiger Hinweis auf eine Lungenembolie sein.
Diagnostik: Es wird auf die aktuellen Leitlinien Diagnostik der akuten Lungenembolie der Deutschen
Gesellschaft für Pneumologie hingewiesen [40 ].
5.10 Pneumothorax
Alle Formen des Pneumothorax können mit trockenem Husten einhergehen.
5.11 Akute Linksherzinsuffizienz
Die akute Linksherzinsuffizienz mit pulmonaler Stauung (Lungenödem) kann zu bronchialer
Hyperreagibilität [41 ]
[42 ], zur manifesten Bronchialobstruktion (früher Asthma cardiale genannt) und zum Husten
führen. Der Hustenreiz wird bei Rückstau im kleinen Kreislauf (Mitralvitien) oder
bei interstitiellem Lungenödem durch die intrapulmonalen Dehnungsrezeptoren vermittelt,
bei „feuchtem” Lungenödem durch Schleimhautschwellung und Reizung der „irritant” Rezeptoren
der Bronchien.
5.12 Bradykardie mit AV-Block II, III
Sie führt durch Reduktion des Minutenvolumens zum konsekutiven Rückstau und Husten.
Husten kann selber - vermutlich durch starke Vagotonie einen AV-Block II. oder III.
Grades auslösen, es liegen hierüber Fallberichte vor. Der komplette AV-Block wird
als ein möglicher Pathomechanismus der Hustensynkope (Kapitel 11) diskutiert [43 ]
[44 ]
[45 ]
[46 ]. Andererseits kann durch willkürlichen Husten am Beginn eines Herzstillstands der
Kreislauf und das Bewusstsein aufrechterhalten werden [47 ]. Für den Zusammenhang zwischen Husten und assoziiertem AV-Block gibt es den Evidenzgrad 3b .
6 Der chronische Husten
6 Der chronische Husten
6.1 Asthma
Husten ist ein klinisches Kardinalsymptom des Asthmas. Asthma ist häufig für den chronischen
Husten verantwortlich. Ein hartnäckiger Reizhusten kann zu einer akuten Verschlechterung
des Asthmas führen (der Patient „hustet sich in einen Asthmaanfall hinein”). Chronischer
Husten bei bronchialer Hyperreagibilität, ohne andere Ursache und ohne eine in der
Lungenfunktion nachgewiesene oder klinisch evidente Bronchialobstruktion wird im Kapitel
7.3 „Husten als Asthmaäquivalent” abgehandelt.
Diagnostik und Therapie: Es wird auf die Leitlinien der Deutschen Atemwegsliga [36 ] bzw. http://www.nih.gov/ hingewiesen. Der asthmatische Husten bessert sich in der Regel auf die antiasthmatische
Therapie ebenso wie die Lungenfunktion. Falls der Husten bei einigen Asthma-Patienten
auf diese Behandlung nicht oder nur unzureichend anspricht, obwohl die Lungenfunktion
und die übrige Symptomatik sich gebessert oder gar normalisiert hat und andere Ursachen
ausgeschlossen worden sind, können zusätzlich Antitussiva verordnet werden.
Nr.
Empfehlung: Therapie des Hustens bei Asthma
Empfehlungsgrad
Evidenzgrad
E4
Persistierender Husten trotz optimaler Asthmatherapie kann mit Antitussiva behandelt
werden
D
5
6.2 COPD
Die Bezeichnung COPD (chronic obstructive pulmonary disease, chronisch obstruktive
Lungenerkrankung) steht für die klinisch meist koinzidente chronisch obstruktive Bronchitis
und das Lungenemphysem. Die chronische Bronchitis geht definitionsgemäß mit Husten
einher. Bei COPD kann sowohl ein meist morgendlicher, produktiver, als auch ein trockener
Husten (häufig im Rahmen von Exazerbationen) auftreten. Verantwortlich für den Husten
ist vorwiegend die Hyperkrinie in Kombination mit der Verschlechterung der mukoziliären
Clearance. Die chronische, nicht obstruktive Bronchitis (nach den GOLD Leitlinien
- http://www.goldcopd.com/ - als Schweregrad 0 der COPD definiert) ist die häufigste Ursache des chronischen
Hustens. Sie wird im Kapitel 7.5 unter chronisch persistierendem Husten abgehandelt,
da sie nicht mit einer Bronchialobstruktion einhergeht.
Diagnostik und Therapie: Es wird auf die aktuellen Leitlinien der Deutschen Atemwegsliga und der Deutschen
Gesellschaft für Pneumologie [48 ] bzw. auf die GOLD Leitlinie http://www.goldcopd.com/ hingewiesen.
6.3 Bronchialtumoren
Seltene intrabronchiale Tumoren sind das Zylindrom (auf das Bronchialsystem beschränkt)
oder der Carcinoidtumor (kann auch peribronchial wachsen). Sie verursachen Husten
als Hauptsymptom. Auf dem Thorax-Übersichtsbild sind sie oft nicht zu erkennen, die
Diagnose wird bronchoskopisch gestellt.
Der häufigste Bronchialtumor ist das Bronchialkarzinom .
Husten gilt als ein relativ frühes Symptom des Bronchialkarzinoms. Mit einer Häufigkeit
von 69 % war Husten das häufigste Symptom bei der Erstdiagnose eines Bronchialkarzinoms
[49 ]; im Laufe der Krankheit leiden bis zu 90 % der Patienten an Husten [50 ]. Da das Rauchen die gemeinsame Noxe sowohl für eine chronische Bronchitis als auch
für das Bronchialkarzinom ist, kann es schwierig sein, den Husten der Bronchitis oder
dem Karzinom zuzuordnen. Auf die Änderung der Charakteristik des Hustens - aus einem
morgendlichen produktiven Husten, typisch für die chronische Bronchitis, wird ein
Reizhusten - ist kein sicherer Verlass. Wenn ein ACE-Hemmer bedingter Husten (Kapitel
7.9) ausgeschlossen werden kann, sollte jeder Patient mit chronischem Husten zum Ausschluss
eines Bronchialkarzinoms gleich bei seiner ersten ärztlichen Konsultation geröntgt
werden. Falls die Röntgenaufnahme der Thoraxorgane in 2 Ebenen keinen Hinweis auf
die Ursache des Hustens (z. B. auf ein Bronchialkarzinom) ergibt, sollten zunächst
die häufigsten Ursachen des chronischen Hustens (Asthma, COPD, Rhinopathie, gastroösophageale
Refluxkrankheit etc.) abgeklärt werden, bevor die weitere Diagnostik auf ein radiologisch
okkultes Bronchialkarzinom fokussiert wird (Computertomographie, Bronchoskopie). Falls
die Röntgenaufnahme und die Lungenfunktionsprüfung negativ ausfallen, bringt die Bronchoskopie
nur in weniger als 5 % der Fälle eine diagnostische Klärung [22 ]
[26 ]. In einer Untersuchung der Symptomhäufigkeit bei radiologisch okkultem Bronchialkarzinom
wurde Husten ohnehin nur in 23 % der Fälle gefunden [51 ]. Allerdings soll jeder Patient mit ungeklärtem chronischem Husten spätestens am
Ende der diagnostischen Aufarbeitung bronchoskopiert werden.
Nr.
Empfehlung: Ausschlussdiagnostik des Bronchialkarzinoms
Empfehlungsgrad
Evidenzgrad
E5
Patienten mit chronischem Husten, die keinen ACE-Hemmer einnehmen, sollten zum Ausschluss
eines Bronchialkarzinoms gleich geröntgt werden
D
5
E6
Falls die Röntgenuntersuchung negativ ausfällt, Asthma, COPD, Rhinopathie, Reflux
abklären
A
1a
E7
Am Ende des diagnostischen Algorithmus sollte jeder Patient mit unklar gebliebenem
Husten bronchoskopiert werden.
A
kein
Abb. 2 Klinischer Algorithmus zur Diagnostik des akuten Hustens. * Antibiotikum meist erforderlich bei eitrigem (grünem oder gelbem) Auswurf und Komorbidität,
oft bei älteren Patienten. ** Cave rezidivierende kleine Lungenembolien mit Episoden von Husten, Palpitation,
Atemnot, ggf. Hämoptoe
Diagnostik und Therapie des Bronchialkarzinoms: Es wird auf die aktuellen Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie hingewiesen
[52 ]
[53 ].
Anmerkungen zur Therapie des Hustens beim Bronchialkarzinom: neben Antitussiva kommen interventionelle bronchologische Palliativmaßnahmen wie
Afterloading (intrakavitäre Kleinraumbestrahlung) Lasertherapie, Stent oder systemische
Chemotherapie und Bestrahlung zur Linderung des Hustens in Betracht.
6.4 Aspiration
Chronischer Husten kann durch eine einmalige Aspiration bei normalen anatomischen Verhältnissen vorkommen, wenn der aspirierte Fremdkörper
im Bronchialsystem verbleibt oder wenn Folgeerkrankungen (Pneumonie nach Aspiration
von Mageninhalt bei Bewusstlosigkeit bzw. eine Retentionspneumonie, eine poststenotische
Überblähung und isolierte Bronchiektasen) entstehen. Im letzteren Fall tritt der Husten
erst nach einem beschwerdefreien Intervall auf. Ein Teil der Patienten stellt sich
sofort vor (zum akuten Husten nach einmaliger Aspiration s. Kapitel 5.4), die Aspiration
kann bei der Vorstellung aber auch Wochen zurückliegen.
Chronischer Husten kann auch Folge chronisch rezidivierender Aspirationen sein. Eine chronische Aspiration als Ursache des Hustens ist häufig schwer zu identifizieren. Sie kommt
bei Motilitätsstörungen des Ösophagus und Schluckstörungen im Rahmen neurologischer
Grunderkrankungen vor. Die häufigste Ursache ist der apoplektische Insult (Tab. [8 ]).
Tab. 8 Neurologische Erkrankungen mit Neigung zur chronischen Aspiration
Syringobulbie
Tumoren der Medulla oblongata
Bulbärparalyse ( = symmetrische Degeneration der Kerne XII, VII, bzw. X und V motorisch)
Enzephalomyelitis disseminata amyotrophe Lateralsklerose
Pseudobulbärparalyse ( = bilaterale Läsion der kortikobulbären Bahnen):
apoplektischer Insult vaskuläre Enzephalopathie M. Alzheimer
Bulbospinale Muskelatrophie (Kennedy-Syndrom)
Myasthenia gravis
Läsionen des N. glossopharyngeus:
postdiphtherisch, chronische Alkohol-, Bleiintoxikation, Lues
Parkinson-Syndrom (Aspiration, Speichelfluss, Effektormuskelschwäche)
Weitere Ursachen:
Ösophagotracheale Fistel (angeboren oder erworben),
Missbildungen im Bereich der oberen Atemwege,
nach Tumoroperationen im Halsbereich, besonders mit neck dissection,
Regurgitation von Mageninhalt bei massivem gastroösophagealem Reflux oder bei Sondenernährung.
Die Folgen der chronischen Aspiration sind radiologisch als Infiltration, meist in
den abhängigen Lungenanteilen (oft im rechten Unterlappen) zu erkennen. Es können
ein Pleuraerguss, eine Bronchiolitis, eine organisierende chronische Pneumonie und
Bronchiektasen entstehen.
Anmerkungen zur Diagnostik: Bronchoskopie mit bronchoalveolärer Lavage zum Nachweis von fettbeladenen Makrophagen.
(Für die Entfernung von Fremdkörpern kann die starre Bronchoskopie erforderlich sein).
Anmerkungen zur Therapie: Bei neurogenen Schluckstörungen, die kausal nicht gebessert werden können, kommt
die Versorgung des Patienten mit einer PEG-Sonde (perkutane endoskopische Gastrotomie)
in Betracht, bei Ösophagus-Motilitätsstörungen eine Ernährungssonde im Jejunum. Bei
M. Parkinson tritt der Husten infolge von Schluckstörungen und Aspiration bei vermehrtem
Speichelfluss und Nahrungsaufnahme auf. Hinzu kommt die herabgesetzte Effektivität
des Hustenreflexes infolge Abschwächung und Verzögerung der exspiratorischen Muskelkontraktionen
mit Verminderung der Clearance des Hustenreflexes [54 ]
[55 ].
6.5 Diffuse Lungenparenchymerkrankungen (DLPE) - Systemerkrankungen mit Lungenparenchymbeteiligung
Trockener Husten ist neben der Dyspnoe das häufigste, oft das präsentierende Symptom
diffuser Lungenparenchymerkrankungen [69 ]
[70 ]
[71 ]
[72 ]
[73 ]. Er kann den typischen radiologischen Veränderungen um Monate vorausgehen. Die Ursache
für den Husten dürfte eine Steigerung der Empfindlichkeit des Hustenreflexes sein
[56 ]. Die Klassifikation der diffusen Lungenparenchymerkrankungen ist nicht Gegenstand
dieser Leitlinie. Einige diffuse Lungenparenchymerkrankungen (Tab. [9 ]) werden aufgeführt, welche - belegt durch die Literatur - oft bereits in einem so
frühen Stadium Husten auslösen, dass der Nachweis der diffusen Lungenparenchymerkrankung
der konventionellen radiologischen Diagnostik entgehen kann. Eine scheinbar „normale”
Röntgen-Thoraxaufnahme und unauffällige Befunde in der Spirometrie schließen eine
im HR (high resolution)-CT bereits nachweisbare Affektion der Lungen nicht aus. Typische
diskontinuierliche Geräusche („Fibroserasseln”) können ein Frühzeichen sein. In den
meisten Fällen erfolgt die weitere Abklärung durch Bronchoskopie mit histologischen
Untersuchungen und BAL.
Tab. 9 Diffuse Lungenparenchymerkrankungen mit Husten als Frühsymptom (Evidenzgrad 3b )
DLPE
Anmerkung
Literatur
Amiodaron induzierte DLPE
Husten kann als einziges Frühsymptom auftreten
[58 ]
Methotrexat induzierte DLPE
auch die behandelte Grunderkrankung kann für den Husten verantwortlich sein
[59 ]
M. Sjögren oder Sjögren (Sicca) Syndrom
selten monosymptomatisch als Husten
[60 - 61 ]
Riesenzellarteriitis M. Horton
Husten ist als Hinweis auf die seltene Lungenbeteiligung zu werten
[63 ]
[64 ]
M. Wegener
Beteiligung der oberen Atemwege oder isoliert der Trachea kann Husten bei unauffälligem
Thorax Röntgenbild auslösen
[65 ]
[66 ]
Colitis ulzerosa M. Crohn
Stenosen der Bronchien, Bronchiektasen, Bronchiolitis, COP, oder die Therapie (Sulfasalazin)
kann für den Husten verantwortlich sein
[57 ]
[67 ]
[68 ]
Systemerkrankungen (M. Sjögren, SLE, Rheumatoide Arthritis, systemische Sklerose)
können mit Lungenbeteiligung einhergehen und Husten verursachen. Bei der Diagnostik
des Hustens bei Systemerkrankungen ist jedoch zu beachten, dass auch die zur Therapie
eingesetzten Medikamente als Nebenwirkung DLPE und somit einen unter der Therapie
der Grunderkrankung sich verschlechternden Husten auslösen können [57 ].
6.6 Seltene isolierte Erkrankungen des Tracheobronchialsystems
Häufigkeitsmaximum dieser Krankheiten: 5. Lebensdekade und später. Alle der nachfolgenden
Erkrankungen können zu Stridor, exspiratorischem Bronchialkollaps, zu zentraler irreversibler
Atemwegsobstruktion führen. (Rezidivierende) Retentionspneumonien, Atelektasen und
Bronchiektasen können die Folge sein; häufig ist Husten das Leitsymptom (Evidenzgrad 3b ). Ein Zylindrom oder ein Karzinoidtumor kann ebenfalls auf die Bronchien lokalisiert
sein (s. unter 6.3).
6.6.1 Tracheo-Bronchomegalie (M. Mounier-Kuhn)
Die Erkrankung betrifft meist Männer; ihre Ursache ist unbekannt. Die Vergrößerung
des Durchmessers des intrathorakalen Abschnittes der Trachea (> 25 mm bei Männern
und > 21 mm bei Frauen) und der großen Bronchien führt zu einer Chondromalazie [74 ]
[75 ]. Die Tracheo-Bronchomegalie kann mit einem Marfan-Syndrom assoziiert auftreten.
6.6.2 Isolierte Tracheobronchiale Amyloidose
Infolge einer ausschließlich lokalen monoklonalen Expansion von B-Lymphozyten wird
AL-Amyloid vom Leichtkettentyp produziert und im Respirationstrakt, selten isoliert
nur im Kehlkopf, meist in der Trachea und in den großen Bronchien abgelagert. Bronchoskopisch
ist die so genannte „rock garden” Erscheinung (weiße, unregelmäßige, prominente, leicht
blutende submuköse Einlagerungen) typisch. Radiologisch (konventionell und im CT)
zeigt sich eine charakteristische Verdickung, manchmal auch Verkalkung der Trachealwand
[76 ]. Die Diagnose wird histologisch gesichert (Kongorot - positives Material).
Anmerkungen zur Therapie: endoskopische Lasertherapie, ggf. chirurgische Therapie.
6.6.3 Rezidivierende Polychondritis
Eine rezidivierende, in Schüben verlaufende entzündliche Erkrankung, die das tracheobronchiale
Knorpelsystem (eventuell auch die Nase, die Ohrmuscheln und den Kehlkopf) angreift.
Augen- (Konjunktivitis, Episkleritis, Keratitis) und Gelenkbeteiligungen sind möglich.
Die Stellung dieser Diagnose ist schwierig. Bronchoskopisch sind die tracheobronchiale
Entzündung, der in- und exspiratorische Tracheobronchialkollaps und ggf. Stenosen
zu sehen. Histologisch müssen tiefe Biopsien aus dem Knorpel gewonnen werden, meist
mittels starrer Bronchoskopie, um die Diagnose zweifelsfrei zu stellen. Histologisch
können degenerative Veränderungen, Lymphozyten- und Immunglobulinablagerungen an der
Knorpel-Schleimhaut-Grenze gefunden werden [77 ]. Die Erkrankung kann mit Vaskulitiden oder Autoimmunerkrankungen assoziiert sein.
Anmerkungen zur Therapie: Die entzündungshemmende Therapie wird mit Kortikosteroiden (bei ungenügendem Ansprechen
in Ergänzung mit Immunsuppressiva wie Azathioprin, Methotrexat oder Cyclosporin A)
durchgeführt.
6.6.4 Tracheobronchopathia osteochondroplastica
Heterotope Ossifikation in der Trachea und in den großen Bronchien mit Atemwegsstenose
[78 ]. Die Erkrankung ist lange symptomarm [79 ] und kann monosymptomatisch mit Husten in Erscheinung treten [80 ]. Die Bronchoskopie zeigt das Bild der „Tropfsteinhöhlentrachea”. Radiologisch finden
sich Bronchialwandverkalkungen, histologisch ist Knorpel oder Knochen in der Trachealwand
zu sehen.
Anmerkungen zur Therapie: Falls eine Therapie erforderlich ist, kann mittels Laser oder Argon-Beamer die Durchgängigkeit
der Trachea oder der großen Bronchien verbessert werden.
6.6.5 Juvenile laryngotracheale Papillomatose
Sie tritt im Gegensatz zu den anderen lokalen Erkrankungen des Tracheobronchialsystems
(6.6.1 - 6.6.4) bei Adoleszenten und jungen Erwachsenen auf. Es handelt sich um eine
virale Erkrankung (Human Papilloma Virus). Multiple Papillome können die ganze Trachea
auskleiden. Husten ist ein häufiges Symptom. Die Erkrankung ist benigne, neigt aber
zu Rezidiven [81 ] und zur malignen Entartung [82 ]. Die Prognose ist in Hinblick auf die regelhaft auftretenden Rezidive ernst. Die
Diagnose wird laryngoskopisch, bronchoskopisch und histologisch gestellt [83 ].
Anmerkungen zur Therapie: Kryotherapie, Laserbehandlung, mechanische Abtragung bei der Bronchoskopie.
6.7 Reactive airways dysfunction syndrome (RADS)
Es tritt nach kurzzeitiger, massiver Inhalation von Dämpfen, Rauch oder Gasen [84 ] (in der Regel als Arbeitsunfall) auf. Die Symptomatik besteht aus sofort einsetzendem
(s. auch Kapitel 5.5) und über mindestens mehrere Monate anhaltendem Husten, Atemnot,
bronchialer Hyperreagibilität und häufig im Verlauf schwerem, progredienten Asthma
[85 ]
[86 ]. Die Symptomatik ist auf eine akute Schädigung des respiratorischen Epithels mit
nachfolgender eosinophiler und neutrophiler Entzündung („remodeling”) zurückzuführen.
Anmerkungen zur Diagnostik: Sie stützt sich auf die Anamnese und den anamnestischen Ausschluss von früher bestehendem
Asthma.
Anmerkungen zur Therapie: Neben der antiasthmatischen Therapie sind ggf. Antitussiva zur Linderung des Hustens
angezeigt.
6.8 Vocal cord dysfunction (VCD, Pseudoasthma)
Ist charakterisiert durch eine intermittierend auftretende inspiratorische, ggf. auch
exspiratorische Adduktion der Stimmbänder. Hierdurch werden Husten (trockenes Hüsteln),
Pfeifen und Brummen sowie Atemnot ausgelöst [87 ]. Begleitet ist VCD von Heiserkeit und Angst. Auslöser sind häufig psychischer und
physischer Stress sowie Husten. VCD tritt oft in Verbindung mit Asthma auf [88 ]. VCD reagiert nicht auf die antiasthmatische Therapie und wird häufig als schweres
Asthma verkannt und fälschlicherweise mit hohen systemischen Kortikosteroiddosen behandelt
[89 ]. Betroffen sind vor allem jüngere Frauen (Frauen : Männer = 4 : 1).
Anmerkungen zur Diagnostik: Typischerweise gelingt es nicht, reproduzierbare Fluss-Volumenkurven zu registrieren,
gelegentlich fällt eine Abflachung des inspiratorischen Teils der Fluss-Volumenkurve
auf. Ganzkörperplethysmographisch findet sich eine wechselnde Erhöhung des Atemwegswiderstandes.
Die Diagnose wird laryngoskopisch (ohne Sedierung oder Anästhesie) durch den Nachweis
von paradoxen Stimmbandbewegungen, oft begleitet von einer kranialwärts gerichteten
Bewegung des Kehlkopfes, gestellt. VCD mit paradoxen Stimmbandbewegungen kann meistens,
aber nicht immer durch Bronchoskopie provoziert werden [90 ]. Unter Lokalanästhesie oder Sedierung verschwinden aber die paradoxen Stimmbandbewegungen.
Anmerkungen zur Therapie: Aufklärung, logopädische und psychotherapeutische Intervention. Bei gleichzeitigem
Asthma ist eine antiasthmatische Therapie ebenfalls erforderlich.
6.9 Tuberkulose
Chronischer Husten ist ein typisches Symptom der Tuberkulose. Falls eine Lungentuberkulose
vorliegt, wird die obligate Röntgendiagnostik des chronischen Hustens in den meisten
Fällen einen pathologischen Befund ergeben. Daher sollte bei Patienten, die der Tuberkulose-Risikopopulation
angehören stets an die Möglichkeit einer Tuberkulose gedacht und zügig die radiologische
und ggf. die Sputumdiagnostik eingeleitet werden. Die wichtigsten Risikogruppen sind:
Migranten aus Gebieten mit hoher Tuberkuloseinzidenz, aus Entwicklungsländern und
der ehemaligen Sowjetunion; besonders wenn sie in Gemeinschaftsunterkünften wohnen;
Alkoholiker, Obdachlose, geriatrische und immundefiziente Patienten. Eine isolierte
Larynx- und Bronchustuberkulose kann in seltenen Fällen der Röntgen- oder CT-Diagnostik
entgehen [91 ]
[92 ]
[93 ]. Die Abklärung erfolgt bronchoskopisch, daher ist die Bronchoskopie als letzte diagnostische
Maßnahme bei jedem Patienten mit unklar gebliebenen Husten erforderlich.
Therapie des Hustens bei Tuberkulose: s. Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie für die medikamentöse
Behandlung der Tuberkulose bei Erwachsenen und Kindern [94 ]. Die antituberkulotische Therapie lindert auch den Husten. Antitussiva können jedoch
zu Beginn der Chemotherapie nicht nur eine Linderung der Beschwerden bewirken, sondern
auch zur Eindämmung der Kontagiosität beitragen.
Nr.
Empfehlung: Antitussiva bei Tuberkulose
Empfehlungsgrad
Evidenzgrad
E8
Als symptomatische Zusatztherapie zu Beginn der Chemotherapie, die auch die Kontagiosität
eindämmt.
D
5
6.10 Keuchhusten
Eine akute Infektion mit B. pertussis kann bei (nicht geimpften) Kindern eine akute
fieberhafte Erkrankung mit akut auftretendem und charakteristischem „pertussiformem”
lang anhaltendem Stakkato-Husten verursachen. Die Schutzwirkung der Impfung kann bis
zum Erwachsenenalter verloren gehen. Eine Infektion im Erwachsenenalter bei entsprechendem
Kontakt ist daher möglich. Keuchhusten als Ursache eines chronischen Hustens im Erwachsenenalter
ohne vorausgegangene akute Infektphase wurde beschrieben [95 ]
[96 ]. Auch abgelaufene respiratorische Mischinfektionen sind in Erwägung zu ziehen [97 ]
[98 ]. Der Goldstandard der Diagnose, der Direktnachweis von B. pertussis auf der Agarplatte
gelingt zum Zeitpunkt der Erstuntersuchung von Erwachsenen nur selten. Die serologischen
Methoden sind oft methodenabhängig und schwierig zu interpretieren (Schwellenwert
der Positivität, alte oder frische Infektion, Titeranstieg). Therapie der Wahl sind
Makrolid-Antibiotika, nach Abklingen der akuten exsudativen Phase der Infektion (Dauer:
bis zu 10 Tagen) haben sie aber keine Wirkung mehr auf die Heilung und auf den Husten.
Der chronische Husten durch eine B. pertussis-Infektion ist beim Erwachsenen selten
und klingt nach Monaten spontan ab. Antitussiva können Linderung verschaffen (Empfehlungsgrad D ).
6.11 Chronische Linksherzinsuffizienz
Der Husten bei einer chronischen Linksherzinsuffizienz folgt dem gleichen Pathomechanismus,
wie bei einer akuten Linksherzinsuffizienz. Der Husten tritt typischerweise bei körperlicher
Anstrengung oder beim Hinlegen auf. Die häufigste Ursache der Linksherzinsuffizienz,
die koronare Herzkrankheit, ist oft mit der COPD, einer häufigen Ursache des chronischen
Hustens, vergesellschaftet. Beide Erkrankungen können einen chronischen Husten auslösen
bzw. verschlimmern.
6.12 Endokarditis
Sie kann ebenfalls Husten verursachen [99 ].
6.13 Husten als Nebenwirkung der kardialen Therapie
ACE-(angiotensin converting enzyme)-Hemmer können Husten verursachen (s. Kapitel 7.9),
ebenso β-Blocker, aber letztere nur bei Patienten, die auch an einer bronchialen Hyperreagibilität
leiden. β1-selektive β-Blocker könnten günstiger sein, als nichtselektive Blocker.
Amiodaron kann zu einer diffusen Lungenparenchymerkrankung mit Husten führen (s. Kapitel
6.5).
7 Chronisch persistierender Husten (CPH)
7 Chronisch persistierender Husten (CPH)
Die diagnostische Abklärung eines Patienten mit chronischem Husten erweist sich als
besonders schwierig, wenn die Lungenfunktionsdiagnostik und die Röntgenuntersuchung
der Thoraxorgane keinen richtungweisenden Befund ergeben. Der chronische Husten erscheint
dann nicht als Symptom einer definierbaren Erkrankung (s. Kapitel 6.1 - 6.13), sondern
sozusagen als eigenständiges Krankheitsbild. Ein solcher chronischer Husten ohne evidente
Ursache wird in der angelsächsischen Literatur „chronic cough” [100 ], deutsch CPH genannt [12 ]. CPH wurde definiert als über 8 Wochen anhaltender Husten (produktiv oder trocken),
dessen Ursache bei der Anamnese, der körperlichen Untersuchung, der Röntgenaufnahme
des Thorax und Lungenfunktion nicht ersichtlich ist (Tab. [10 ]).
Tab. 10 Diagnostische Kriterien für den chronisch persistierenden Husten (CPH)
Dauer: ≥ 8 Wochen
Anamnese, körperliche Untersuchung: nicht richtungweisend
Lungenfunktionsprüfung: nicht richtungweisend
Röntgen-Thoraxaufnahme in 2 Ebenen: nicht richtungweisend
Irwin u. Mitarb. schlugen 1977 vor, die Ursache eines solchen CPH entlang der bekannten
anatomischen Lokalisation der Hustenrezeptoren zu suchen [100 ]. Auf der Grundlage eines anatomisch-diagnostischen Protokolls wurden weltweit mehrere
Studien durchgeführt. Erwachsenenkollektive (43 - 329 Patienten mit CPH) [23 ]
[25 ]
[26 ]
[27 ]
[29 ]
[100 ]
[101 ] sowie Kinder [24 ]
[102 ] wurden untersucht. Als Ursache für den CPH fanden sich, abgesehen von Einzelfällen,
in allen Studien - mit etwas unterschiedlicher Häufigkeit - folgende Erkrankungen,
die es abzuklären und zu behandeln gilt, um den Husten zu bessern (Tab. [11 ]).
Nr.
Empfehlung: Diagnostik des Hustens bei normalem Röntgenbild und Lungenfunktionsbefund
Empfehlungsgrad
Evidenzgrad
E9
Die drei häufigsten Ursachen in Erwägung ziehen: Erkrankungen der oberen Atemwege
Husten als AsthmaäquivalentGastroösophagialer Reflux
A
1a
Tab. 11 Häufigste Ursachen des CPH
chronische Erkrankungen der Nase und Nebenhöhlen
chronische Erkrankungen von Pharynx und Larynx
Husten als Asthmaäquivalent
medikamentös ausgelöster Husten (z. B. ACE-Hemmer)
gastroösophageale Refluxkrankheit
chronische, nicht obstruktive Bronchitis (Rauchen, Noxen am Arbeitsplatz)
Bronchiektasen, chronisch superinfiziert
postinfektiöser Husten nach B. pertussis und Mykoplasma pneumoniae
Bronchomalazie
eosinophile Bronchitis
7.1 Chronische Erkrankungen von Nase/Nebenhöhlen
Können Auslöser eines chronischen Hustens sein (Evidenzgrad 1a ). Es handelt sich um die persistierende allergische Rhinitis, die nicht allergische
Rhino/Sinusitis meist im Sinne von NENAR (non-eosinophilic, non-allergic rhinopathia)
oder NARES (non-allergic rhinopathia eosinophilia syndrome), die Polyposis nasi, oft
verbunden mit dem so genannten „postnasal drip”-Phänomen (Schleimstraße im Rachen,
Irritationsgefühl im Hals, Globus, Hustenreiz, Räusperzwang). Eine chronische Sinusitis
ist bei Erwachsenen selten, bei Kindern eine der häufigen Ursachen des chronischen
Hustens. An den Allgemeinarzt, Kinderarzt, Internisten oder Pneumologen stellt die
Diagnose einer Erkrankung der oberen Atemwege eine besondere Herausforderung, da für
sie in der Regel die entsprechenden Untersuchungstechniken nicht zur Verfügung stehen.
Folgende Symptome/klinische Zeichen lassen an eine Erkrankung der oberen Atemwege
denken, die ursächlich für den chronischen Husten sein können (Tab. [12 ]).
Tab. 12 Häufigste Symptome und klinische Zeichen von Erkrankungen der oberen Atemwege mit
chronischem Husten
herunterfließendes Sekret im Rachen (seltener: Sekretfluss aus der Nase)
Räusperzwang
chronisch oder intermittierend behinderte Nasenatmung
bei der Inspektion: pflastersteinartige Schleimhaut im Rachen ( = lymphofolliculäre Hyperplasie des Waldeyer'schen Ringes) Schleimstraße
„Frosch im Hals”, Globusgefühl
Kopf-/Gesichtsschmerz
Riech- und Schmeckverlust
Heiserkeit
Anmerkungen zur Diagnostik: Meist ist die Überweisung des Patienten zum Hals-Nasen-Ohrenarzt erforderlich. Durch
eine anteriore Rhinoskopie, besser durch eine Nasenendoskopie lassen sich Ödem, Hyperplasie,
lividrote Verfärbung oder Polypen der Schleimhaut nachweisen. Die Sonographie und
die Röntgenaufnahme der Nasennebenhöhlen sind hilfreich bei der Diagnose einer chronischen
Sinusitis oder Polyposis nasi. Für eine Ausschlussdiagnostik eignet sich jedoch nur
die Computertomographie, welche unerlässlich für die Diagnostik im Bereich der Sinus
ethmoidales posteriores und der Sinus sphenoidales ist. Die Relevanz der erhobenen
Befunde für den chronischen Husten ist in jedem Einzelfall kritisch zu prüfen, da
diese Erkrankungen nur bei einer Minorität der Erkrankten zu CPH führen. Mögliche
Ursachen dieser Erkrankungen sind eine Inhalationsallergie auf perenniale Allergene,
anatomische Engstellen (Nasenendoskopie, CT), Zilienfunktionsstörungen, ASS-Intoleranz,
Medikamenten/Drogenabusus, bakterielle oder mykotische Stoffwechselprodukte (Enterotoxine/Superantigene),
Autoimmunmukositis, selten: zystische Fibrose, M. Wegener, Tumor, spezifische granulomatöse
Entzündungen u. a.
Anmerkungen zur Therapie: Therapieempfehlungen für die einzelnen Krankheitsbilder enthält die Tab. [13 ].
Tab. 13 Therapieempfehlungen für die Erkrankungen der oberen Atemwege
Diagnose
Therapie 1. Wahl
Weitere Therapieoptionen
nichtallergische Rhinopathie (NENAR)
nasales Kortikosteroid
α-Adrenergika nasal (7 Tage) Antihistaminika
allergische Rhinopathie
Allergenkarenz
wie nichtallergische Rhinopathie Leukotrienantagonist
chronische Sinusitis
Abfluss operativ wiederherstellen
Antibiotika: β-Lactam, Makrolide, Ketolide, Chinolone [103 ]
Polyposis nasi (NARES)
nasales Kortikosteroid
Operation
7.2 Chronische Erkrankungen von Pharynx und Larynx
Im Bereich des Pharynx sind die Pharyngitis sicca und Malignome regelmäßig mit chronischem Husten verbunden.
Auch an postoperative Defektzustände im Bereich von Zungengrund, Pharynx und Hypopharynx
und an stenosierende Prozesse in Hypopharynx und oberem Ösophagus ist zu denken. Zu
den seltenen Ursachen gehören erworbene ösophago-tracheale Fisteln.
Im Bereich des Larynx sind alle entzündlichen Erkrankungen und Tumore differenzialdiagnostisch in Erwägung
zu ziehen. Häufig führen die Laryngitis sicca (L. atrophica) und die Laryngitis hyperplastica
zu chronischem Husten [104 ], der meist mit einer Änderung des Stimmklanges (Heiserkeit, z. T. Aphonie) verbunden
ist. Stimmbandpolypen, Kontaktgranulome und -ulzera, Stimmband- und Vallekulazysten
und Papillome führen erst ab einer gewissen Größe zu Hustenreiz. Ebenfalls häufige
Hustenursachen sind funktionelle Stimmstörungen, insbesondere die hyperfunktionelle
Dysphonie.
Anmerkungen zur Diagnostik: Die Diagnose erfolgt im Regelfall durch Larynxendoskopie, ggf. in Kombination mit
einer Stroboskopie und Elektromyographie des Larynx.
Anmerkungen zur Therapie: Abhängig vom Befund kommen topische Steroide, physikalische Maßnahmen (Inhalationen),
mikrochirurgische und laserchirurgische Maßnahmen und/oder eine logopädische Therapie
in Betracht.
Bei einem erheblichen Anteil der Patienten hat der Husten mehrere Ursachen, häufig
kann neben einer Erkrankung der oberen Atemwege zusätzlich auch ein Asthmaäquivalent
(s. nächstes Kapitel 7.3) vorliegen, dann handelt es sich um ein sog. Sinubronchiales
Syndrom. Auch eine gastroösophageale Refluxkrankheit (Kapitel 7.4) kann vergesellschaftet
sein. Beide müssen separat behandelt werden, um eine Linderung des Hustens zu erreichen.
Die Annahme, dass eine Diagnose aus dem Bereich der oberen Atemwege für den Husten
kausal ist, bedarf der Bestätigung durch die Therapie.
Nr.
Empfehlung: Abklärung multipler Ursachen
Empfehlungsgrad
Evidenzgrad
E10
Der chronische Husten kann mehrere Ursachen haben. Jede einzelne muss abgeklärt und
separat behandelt werden um den Husten zu lindern.
A
1a
7.3 Husten als Asthmaäquivalent
Wenn Patienten mit einem trockenen Husten eine unspezifische bronchiale Hyperreagibilität
aufweisen, kann letztere für den Husten verantwortlich sein [105 ]
[106 ]
[107 ]
[108 ]
[109 ] (Evidenzgrad 1a ). Die beiden anderen Symptome des Asthmas: Atemnot sowie Pfeifen und Brummen fehlen.
Daher lässt sich dieser „Husten als Asthmaäquivalent” („cough type asthma”, „cough
variant asthma”) spirometrisch und ganzkörperplethysmographisch anhand einer asthmatypischen
reversiblen Bronchialobstruktion nicht diagnostizieren. Erforderlich ist eine unspezifische
inhalative Provokationstestung, die in der Regel der Pneumologe durchführt. Die nach
viralen Infekten entstandene mit anhaltendem Husten einhergehende bronchiale Hyperreagibilität
(s. auch akuter postinfektiöser Husten Kapitel 5.6) klingt in der Regel innerhalb
von 6 Wochen spontan ab, kann aber auch jahrelang persistieren. Husten als Asthmaäquivalent
ist die häufigste [26 ]
[29 ] oder zweithäufigste [23 ]
[101 ] Ursache des CPH. Wenn bei einem CPH eine bronchiale Hyperreagibilität im unspezifischen
inhalativen Provokationstest nachgewiesen wird, kann nur dann die endgültige Diagnose
„Husten als Asthmaäquivalent” gestellt werden, wenn sie durch Ansprechen auf die antiasthmatische
Therapie bestätigt wird, da bei 25 % [110 ] bis 30 % [111 ] der Bevölkerung eine asymptomatische bronchiale Hyperreagibilität besteht. Ein negativer
inhalativer Provokationstest schließt hingegen mit großer Wahrscheinlichkeit Asthma
als Ursache des Hustens aus.
Anmerkungen zur Therapie: Patienten mit Husten als Asthmaäquivalent sprechen sehr gut auf die klassische antiasthmatische
Therapie, in der Regel auf inhalative Kortikosteroide, aber auch auf β2 -Agonisten oder Leukotrienantagonisten an [112 ]. Manche Patienten entwickeln im weiteren Verlauf ein klassisches Asthma [106 ]. Es gibt jetzt Evidenz dafür, dass die antiinflammatorische Therapie des Hustens
als Asthmaäquivalent die Entstehung eines klassischen Asthmas günstig beeinflusst
[113 ].
Nr.
Empfehlung: Therapie des Hustens als Asthmaäquivalent
Empfehlungsgrad
Evidenzgrad
E11
Inhalative Kortisontherapie kann der Entstehung eines klassischen Asthmas entgegenwirken.
B
3b
7.4 Gastroösophagealer Reflux (GÖR)
Die Prävalenz des GÖR ist hoch und steigt weiter an: 51 % einer nicht selektierten
Population in einer deutschen Allgemeinpraxis hatten Symptome eines GÖR. An Husten
litten 40 % der 82 Refluxpatienten, gegenüber von nur 16 % Husten unter den 80 Kontrollpersonen
[114 ]. Allerdings ist diese Assoziation nicht automatisch mit Kausalität gleichzusetzen.
Nach einem kürzlich publizierten Statement der American Gastroenterological Association
[115 ] ist die Kausalität zwischen GÖR und pulmonalen Symptomen nach evidenzbasierten Kriterien
nicht bewiesen (Evidenzgrad 4 ).
Für refluxbedingten Husten werden 2 Mechanismen diskutiert:
A Reflextheorie:
Der Husten kann auf reflektorischem Wege ausgelöst werden. (Im Laufe der Ontogenese
entstehen sowohl das gastrointestinale als auch das respiratorische System aus dem
Urdarm. Im distalen Ösophagus sind Hustenrezeptoren vorhanden. Der Reflexbogen läuft
über sensible Vagusfasern zum Hustenzentrum).
B Aspirationstheorie:
Der pathologische GÖR kann auch den proximalen Ösophagus oder gar den Pharynx erreichen.
Gerade der proximal nachgewiesene Reflux korreliert gut mit den respiratorischen Symptomen
[116 ]
[117 ]
[118 ] und lässt auf einen weiteren bzw. alternativen Pathomechanismus, an Mikroaspirationen
direkt in die Trachea schließen [118 ].
Die Aktivierung des Hustenreflexes durch einen GÖR erzeugt einen Circulus vitiosus:
durch Erhöhung des transdiaphragmalen Druckes beim Hustenstoß wird die Öffnung des
unteren Ösophagussphinkters und damit der weitere Reflux begünstigt [119 ].
Anmerkungen zur Diagnostik: Die klinische Diagnose des GÖR-bedingten Hustens ist schwierig, da respiratorische
Symptome in etwa bei der Hälfte der Patienten auch ohne Sodbrennen auftreten können
[119 ]
[120 ]
[121 ]
[122 ]. Auch der endoskopische Befund kann negativ (Reflux ohne Refluxösophagitis) ausfallen.
Daher lässt sich eine verlässliche Diagnose des GÖR nur mittels 24 Stunden pH-Metrie
stellen. Es gibt keine allgemein anerkannten Auswertungskriterien für die pH-Metrie
um beurteilen zu können, ob eine nachgewiesene Refluxepisode mit dem Husten nur assoziiert
ist oder ihn auslöst. Eine pathologische 24 Stunden Säureexpositionszeit im unteren
Ösophagus kann ein Hinweis auf einen kausalen Zusammenhang zwischen Husten und Reflux
sein, ebenso bereits wenige proximale Refluxepisoden in 24 Stunden. Eine Assoziation
der Hustenepisoden mit dem Reflux in 50 % der vom Patienten während der pH-Metrie
durch eine Signaltaste markierten Hustens verdichtet die Wahrscheinlichkeit der Kausalität
zwischen Reflux und Husten [123 ]. Es ist jedoch nicht klar, innerhalb welchen Zeitfensters der GÖR vor dem Husten
zu erwarten ist. Es werden Intervalle von 2 - 10 Minuten genannt [124 ]. Obwohl durch die Druckschwankungen bei einem Hustenstoß Reflux ausgelöst werden
kann, geht dem Husten in fast 50 % eine Refluxepisode zeitlich voraus [123 ]. Es ist aber letztlich nicht ausgeschlossen, dass auch Refluxepisoden, die kurz
nach dem Husten auftreten, für die Übererregbarkeit des Hustenreflexes verantwortlich
sein könnten. Selbst bei normaler Säureexpositionszeit mit häufigen, mit dem Husten
zeitlich assoziierten Refluxepisoden ist an refluxbedingten Husten zu denken [125 ].
Zusammenfassend beweist die bloße Assoziierung einer pathologischen Säureexpositionszeit
mit dem Husten den kausalen Zusammenhang nicht. Für die Auswertung der pH-Metrie fehlen
validierte und allgemein akzeptierte Kriterien in Hinblick darauf, wann der Husten
als Folge des Refluxes angesehen werden kann. Diese Tatsache schränkt die Wertigkeit
der pH-Metrie in der Routinediagnostik des CPH ein. Die pH-metrisch gestellte Verdachtsdiagnose
eines Reflux bedingten Hustens bedarf der Bestätigung durch eine erfolgreiche Antirefluxtherapie
mit Protonenpumpenhemmern. Die pH-Metrie hat einen positiven prädiktiven Wert von
maximal 89 % [20 ] oder weniger [126 ].
Bei nachgewiesenem pathologischen Reflux ist nach gastroenterologischen Gesichtspunkten
zu entscheiden ob eine Endoskopie indiziert ist, um eine anatomische Ursache des Refluxes
oder eine Barett-Läsion des Ösophagus zu untersuchen.
Wegen der beschränkten Verfügbarkeit, Invasivität und der Limitationen der Interpretation
der 24 Stunden pH-Metrie bezüglich der Auslösung von CPH wurden Protonenpumpeninhibitor
(PPI) Therapieregimes zwischen 2 [30 ]
[126 ]
[127 ] und 8 - 12 Wochen [121 ]
[128 ] vorgeschlagen, um den Reflux bedingten Husten ex iuvantibus zu diagnostizieren.
Für den ex iuvantibus Ausschluss eines GÖR bedingten Hustens sind 3 Monate Therapie
erforderlich [121 ]
[128 ]
[129 ]
[130 ]. Selbst ein 3-monatiger negativer Therapieversuch mit Standarddosen von Omeprazol
schließt jedoch den GÖR als Ursache des Hustens nicht ganz aus:
Ein Teil der Patienten benötigt zur Suppression des Refluxes mehr als 40 mg Omeprazol/die
[30 ]
[131 ]
[132 ]
[133 ].
GÖR kann nur eine wesentliche Teilursache des Hustens bei Patienten mit dem häufigen
multikausalen Husten [134 ]
[121 ] sein
Es wurde diskutiert, dass auch ein alkalischer Reflux mit Pankreasenzymen und Galle
selbst dann Husten verursachen kann, wenn eine vollständige Suppression der Säurebildung
erreicht wurde. Bei diesen Patienten war eine chirurgische Fundoplicatio hilfreich
[135 ], welche auch als wirksam bei Patienten mit Husten und therapierefraktärem sauren
GÖR beschrieben wird [136 ]. Die vorhandene Literatur reicht aber nicht aus, um eine Empfehlung zur Fundoplicatio
bei Patienten ohne sauren Reflux auszusprechen.
Bei negativem Ausfall der 3-monatigen probatorischen Therapie (Therapieversager) ist
daher eine 24 Stunden pH-Metrie indiziert. Sie kann auch zum Nachweis der ausreichenden
Säuresuppression unter der PPI Therapie erforderlich werden [30 ].
Nr.
Empfehlung: Therapie des refluxbedingten Hustens bei Resistenz gegenüber Protonenpumpenhemmer
Empfehlungsgrad
Evidenzgrad
E12
Therapiedauer bis zu 3 Monaten erforderlich, um eine Kausalität auszuschließen.
B
2c
E13
Bei Misserfolg spätestens nach 3 Monaten 24 Stunden pH-Metrie unter Protonenpumpenhemmer-Therapie
durchführen.
Kein Empfehlungsgrad
3a
E14
Fundoplicatio zur Verhinderung von sauerem oder alkalischem Reflux
C
4
7.5 Chronische, nicht obstruktive Bronchitis
Sie wird nach der WHO Definition als Husten und Auswurf an den meisten Tagen des Jahres,
jedoch mindestens 3 Monate lang in zwei aufeinander folgenden Jahren definiert, falls
weitere Erkrankungen, die Husten hervorrufen können, ausgeschlossen worden sind.
Anmerkungen zur Diagnostik: Die nicht obstruktive chronische Bronchitis geht mit einer normalen Lungenfunktion
einher und gehört daher in das Spektrum des CPH. Sie kann aber nur dann als Ursache
für den CPH akzeptiert werden, wenn der chronischen Bronchitis eine identifizierbare
Ursache (Rauchen, starke Arbeitsplatz bezogene Schadstoffbelastung, z. B. Arbeit unter
Tage) zugrunde liegt. Es ist nicht akzeptabel, die Diagnose der chronischen Bronchitis
- definitionsgemäß - auf das Symptom Husten zu stützen und gleichzeitig als Ursache
des chronischen Hustens eines Patienten die chronische Bronchitis zu diagnostizieren.
Die chronisch obstruktive Bronchitis als Ursache eines chronischen Hustens wurde unter der COPD beschrieben
(s. Kapitel 6.2). Obwohl die chronische nichtobstruktive Bronchitis eine der häufigsten
Erkrankungen sein dürfte, die mit Husten einhergeht, war der Anteil der Raucher (falls
nicht von vornherein ausgeschlossen [29 ] in allen CPH-Studien [20 ]
[23 ]
[26 ]
[27 ]
[28 ] gering, meist um 5 %. Offensichtlich verdrängen die Raucher den obligaten „Raucherhusten”
und suchen damit den Arzt gar nicht erst auf. Der Husten bei der chronischen Bronchitis
wird durch eine neurogene Entzündung [137 ]
[138 ]
[139 ] der Bronchialschleimhaut verursacht. Die inflammatorischen Zytokine, insbesondere
Substance P stimulieren die Hustenrezeptoren. Hinzu kommt die Hyperkrinie, ein physikalischer
Stimulus des Hustenrezeptors.
Anmerkungen zur Diagnostik: Bei unauffälligem Auskultationsbefund kann der Anhusteversuch positiv ausfallen.
Anmerkungen zur Therapie: Der Raucherhusten bessert sich unter Nikotinkarenz bereits nach 4 - 6 Wochen [28 ]
[101 ]
[131 ]
[140 ]
[141 ]
[142 ]
[143 ], verschwindet aber in fortgeschrittenen Fällen nicht vollständig.
Nr.
Empfehlung: Therapie des Raucherhustens
Empfehlungsgrad
Evidenzgrad
E15
Besserung unter Nikotinkarenz nach 4 - 6 Wochen.
A
2c
7.6 Bronchiektasen
Sind irreversibel dilatierte Bronchien mit entzündlicher Wandverdickung. Die Erweiterung
kann zylindrisch, varikös oder zystisch sein. Bronchiektasen können auf der Übersichtsaufnahme
des Thorax unentdeckt bleiben und so in die Kategorie des CPH fallen. Sie verursachen
meist, aber nicht immer Husten mit voluminösem Auswurf (mindestens 30 ml, entsprechend
zwei vollen Esslöffeln in 24 Stunden), oft mukopurulent oder purulent. Bronchiektasen
sind auch eine häufige Ursache von Hämoptoe. Bei voluminösem Auswurf und diagnostisch
nicht weiterführender Thoraxaufnahme kann die Diagnose durch eine hochauflösende Computertomographie
(HR-CT) gestellt werden.
Anmerkungen zur Therapie: Antitussiva sind bei dem produktiven Husten bei Bronchiektasie kontraindiziert. In
Ausnahmefällen kann jedoch eine bronchiectasis sicca mit quälendem Husten vorliegen,
dann ist die vorübergehende Verordnung von Antitussiva akzeptabel. Die Basis der Behandlung
sind: Physiotherapie (Kapitel 10.1.1) und Pharmakotherapie (Kapitel 10.2) zur Sekretelimination,
Antibiotika (Kapitel 10.2.6) und in Einzelfällen chirurgische Resektion, falls die
Bronchiektasen auf wenige Segmente beschränkt sind. In diesen Fällen können sie erfolgreich
und risikoarm mit Segmentresektion oder Lobektomie behandelt werden. 46 - 68 % der
resezierten Patienten waren nach mehreren Jahren beschwerdefrei. Der postoperative
Erfolg war immer dann gut, wenn eine komplette Resektion bronchiektatischer Bezirke
möglich war [144 ]
[145 ]
[146 ]
[147 ].
Nr.
Empfehlung: Therapie bei Bronchiektasie
Empfehlungsgrad
Evidenzgrad
E16
Antitussiva sind bei produktivem Husten kontraindiziert.
D
5
E17
Physiotherapie zur Sekretelimination indiziert.
C
4
E18
Bei isolierter Bronchiektasie: chirurgische Resektion.
B
3a
7.7 Chronischer Husten unklarer Ursache
Bei 0 % [27 ] bis 18 % [29 ] aller Patienten mit CPH bleibt - ungeachtet einer extensiven Diagnostik - die Ursache
des Hustens unklar. Die Mehrzahl dieser Patienten - Verhältnis Frauen:Männer = 2 :
1 - lässt eine erhöhte Sensitivität des Hustenreflexes (s. im Kapitel 3.1) gegenüber
Capsaicin erkennen. Sie husten bereits bei Inhalation einer Konzentration von 1 -
10 µmol/ml Capsaicin, Normalpersonen vertragen eine Konzentration bis zu 500 µmol/ml.
Dieses Phänomen könnte den schon auf unterschwellige Reize einsetzenden Husten erklären.
Es handelt sich in der Praxis um eine Ausschlussdiagnose. Bei chronischem Husten anderer
Genese ist die Capsaicinschwelle ebenfalls herabgesetzt, kann sich aber nach Behebung
der Ursache des Hustens bessern, zum Beispiel nach Behandlung des GÖR oder nach Absetzen
eines ACE-Hemmers [148 ], der chronischen Husten verursacht hat. In unklaren Fällen von chronischem Husten
kann die Provokationstestung mit Capsaicin - ein standardisiertes Provokationsprotokoll
vorausgesetzt - zur Klärung der Diagnose vom Husten infolge Erhöhung der Sensitivität
des Hustenreflexes beitragen [149 ] (Evidenzgrad 3b ). Bei einigen dieser Patienten wurde eine Lymphozytose in der bronchoalveolären Lavage
entdeckt und Husten im Rahmen einer noch nicht manifesten Autoimmunerkrankung vermutet
[150 ].
Anmerkungen zur Therapie: Nur eine symptomatische Therapie kommt in Betracht. Bei einigen Patienten hilft die
Inhalation von Lokalanästhetika (s. Kapitel 10.3).
Nr.
Empfehlung: Therapie bei chronischem Husten unklarer Ursache
Empfehlungsgrad
Evidenzgrad
E19
Inhalation mit einem Lokalanästhetikum.
D
4
7.8 Psychogener Husten
Kommt selten bei Erwachsenen vor.
Anmerkungen zur Diagnostik: Sie ist meist schwierig und verleitet leicht zur falschen Diagnose. Falls die Capsaicin-Reizschwelle
erniedrigt ist, handelt es sich definitionsgemäß nicht um einen psychogenen Husten.
Allerdings ergibt die Bestimmung der Capsaicin-Reizschwelle gerade beim psychogenen
Husten schlecht reproduzierbare Ergebnisse; Husten kann willkürlich sowohl unterdrückt
als auch ausgelöst werden [151 ]. Die Diagnose des psychogenen Hustens ist dadurch erschwert, dass der chronische
Husten organischer Ursache zur sozialen Isolation, Beeinträchtigung der Lebensqualität
[152 ] und hierdurch zu einer psychischen Veränderung des Patienten führen kann. Andererseits
besteht die Gefahr, einen multikausal verursachten, schwer abklärbaren organisch bedingten
Husten als psychogen zu diagnostizieren.
7.9 Husten durch Nebenwirkung von Medikamenten
Eine Reihe von Medikamenten kann als Nebenwirkung zu einer Schädigung des respiratorischen
Systems mit Husten führen (Zytostatika, Amiodaron, Nitrofurantoin, Mutterkornalkaloide
und viele andere), die zumindest in Form von Kasuistiken dokumentiert sind. Folgende
Internetadresse beinhaltet aktuelle Informationen und Literatur zu diesem Thema: http://www.pneumotox.com/ . Tab. [14 ] zeigt die häufigsten Medikamente, die als Nebenwirkung Husten verursachen und häufig
abgesetzt werden müssen, um den Husten zu bessern. Hierzu gehören potenziell auch
sämtliche inhalativ zu verabreichende Medikamente. Die Schädigung der Thoraxorgane
ist durch konventionelles Röntgen oft nicht nachweisbar.
Tab. 14 Medikamente, die Husten verursachen können
Medikament
Anmerkung
ACE-Hemmer
Klasseneffekt, Evidenzgrad s. Text
Amiodaron
s. Kapitel 6.5
β-Blocker
bei Husten als Asthmaäquivalent Evidenzgrad 3b
Methotrexat
s. Kapitel 6.5
Nizatidin
Evidenzgrad 3b
inhalatives Kortison (aus Dosieraerosolen und Pulver- oder elektrischen Inhalatoren
)
nach Einsetzen der inhalativen Kortisonwirkung bei Asthma kann sich der durch Inhalation
ausgelöste Husten bessern. Evidenzgrad 3b
weitere inhalative Medikamente: β2 -Adrenergika, Ipratropium, Tiotropium, Nedocromil, DNCG, Pentamidin, Sekretolytika
Zanamivir
Evidenzgrad 3b
systemisch verabreichte Sekretolytika
Interferon α-2b und α-2a
ACE-Hemmer sind die mit Abstand häufigste medikamentöse Ursache für den CPH. Sie blockieren
den Abbau von Bradykinin und Substance P sowie Prostaglandinen in der Bronchialschleimhaut.
Hierdurch nimmt die Sensitivität des Hustenreflexes zu [153 ]. Realistisch erscheint die Annahme, dass etwa 10 % aller Frauen und 5 % der Männer
unter ACE-Hemmer-Medikation husten, in der Literatur werden Zahlen zwischen 0,2 -
33 % genannt [154 ]. Der trockene Husten kann bereits wenige Tage oder aber erst viele Monate nach Beginn
der ACE-Hemmer-Therapie auftreten, und klingt innerhalb von 3 Wochen nach deren Absetzen
ab [155 ]. Es handelt sich um einen Klasseneffekt aller ACE-Inhibitoren. Die (antihypertensive,
kardiale oder nephroprotektive) Therapie kann auf einen Angiotensin-II-Rezeptor-Antagonisten
umgesetzt werden, der wahrscheinlich nicht häufiger Husten verursacht als Plazebo
[155 ].
Anmerkungen zur Diagnostik: Wenn ein Patient unter ACE-Hemmer Medikation hustet, sollte die Therapie ohne weitere
Diagnostik selbst dann abgesetzt bzw. umgestellt werden, wenn für den chronischen
Husten scheinbar andere Gründe, wie z. B. eine chronische Bronchitis, verantwortlich
sein könnten. Falls der Husten nach spätestens 4 Wochen nicht sistiert, ist eine weiterführende
Diagnostik einzuleiten. In Ausnahmefällen kann auch bei Angiotensin-II-Antagonisten
ein Auslassversuch indiziert sein.
Nr.
Empfehlung: ACE-Hemmer und chronischer Husten
Empfehlungsgrad
Evidenzgrad
E20
ACE-Hemmer sind die häufigste medikamentöse Ursache eines chronischen Hustens.
1a
E21
Der ACE-Hemmer-Husten setzt mehrere Tage bis Monate nach Beginn der Medikation ein
und klingt nach 2 - 3 Wochen nach Absetzen ab. Falls der Husten nach 4 Wochen noch
persistiert, ist die Diagnostik einzuleiten.
A
2a
E21
Angiotensin-II-Rezeptor-Antagonisten verursachen keinen Husten und sind als Ersatz
für ACE-Hemmer geeignet.
D
3a
7.10 Bronchomalazie
Wenn es infolge Bronchomalazie (idiopathisch, im Rahmen einer COPD, Tracheostomie,
isolierte Erkrankungen der Trachea, s. Kapitel 6.6) in seltenen Fällen bereits bei
der Spontanatmung oder bei leicht forcierter Exspiration zu einem Kontakt der Vorderwand
und Hinterwand - am häufigsten im Bereich des Intermediärbronchus und/oder der Trachea
- kommt, kann ein therapieresistenter chronischer Husten auftreten [156 ].
Anmerkungen zur Diagnostik: Bei zentraler Tracheomalazie treten eine homogene Obstruktion (S-förmige Deformierung)
der spezifischen Resistanceschleife und eine rechteckförmige Veränderung der Fluss-Volumenkurve
auf, die aber bei isolierter Bronchomalazie des Intermediärbronchus meistens fehlen.
Die flexible Funktionsbronchoskopie in örtlicher Betäubung erlaubt bei entsprechender
Erfahrung des Untersuchers die Prüfung der tracheobronchialen Wandstabilität unter
Normalatmung, leicht und stark forcierter Exspiration oder Husten mit Quantifizierung
der Folgen der Bronchomalazie.
Anmerkung zur Therapie: Operative Stabilisierung der bronchomalazischen Wand des Bronchus oder eine - bei
benignen Erkrankungen wegen der Langzeitfolgen und Schleimretention stets problematische
- Stenteinlage können in Einzelfällen zu einer Besserung des ansonsten therapieresistenten
Hustens führen.
Nr.
Empfehlung: Husten bei Bronchomalazie
Empfehlungsgrad
Evidenzgrad
E23
Operative Stabilisierung.
C
4
E24
Stenteinlage problematisch; für Einzelfälle kann geeignet sein.
D
7.11 Eosinophile Bronchitis
In seltenen Fällen kann ein chronischer Husten mit Eosinophilie im Sputum ohne bronchiale
Hyperreagibilität auftreten [157 ] (Evidenzgrad 1a ). Es könnte sich hierbei um Symptome des Asthmas (vgl. auch Husten als Asthmaäquivalent
7.3) handeln, jedoch sind Bronchialobstruktion oder bronchiale Hyperreagibilität nicht
nachweisbar [158 ]. Die Diagnose wird durch Sputumeosinophilie (≥ 5 %) ggf. im induzierten Sputum oder
in der bronchoalveolären Lavage, Nachweis einer normalen Lungenfunktion und Ausschluss
einer bronchialen Hyperreagibilität gestellt. Die eosinophile Bronchitis spricht sehr
gut auf eine inhalative Kortisontherapie an.
Nr.
Empfehlung: Therapie des Hustens bei eosinophiler Bronchitis
Empfehlungsgrad
Evidenzgrad
E25
Gutes Ansprechen auf inhalative Steroide.
A
1a
7.12 Zystische Fibrose
Zystische Fibrose (CF) ist eine autosomal rezessiv vererbte Erkrankung. Es handelt
sich um Mutationen im Bereich des langen Armes des Chromosoms 7. Durch fehlerhafte
Kodierung des „cystic fibrosis transmembrane conductance regulator” (CFTR), eines
Ionenkanals, wird die Chloridsekretion und dadurch der Flüssigkeitsgehalt des Bronchialsekrets
und je nach Genotyp auch des Pankreassekrets, der Galle, des Sperma reduziert. Die
pulmonale Manifestation ist durch bronchiale Infekte, Bronchiektasen und Husten sowie
reduzierten Ernährungszustand charakterisiert. In klassischen Fällen wird die Diagnose
mit Hilfe des Schweißtests schon im frühen Kindesalter gestellt; somit kommt CF selten
als differenzialdiagnostisches Problem beim Husten vor. Bei abortiven Formen der Erkrankung
kann aber CF erst im Erwachsenenalter klinisch in Erscheinung treten [159 ] und diagnostische Schwierigkeiten bereiten: die Messung der Potenzialdifferenz an
der Nasenschleimhaut kann bei negativem Schweißtest diagnostisch sein.
8 Diagnostik beim Husten
8 Diagnostik beim Husten
Husten ist das gemeinsame Symptom eines breiten Spektrums von Erkrankungen mit unterschiedlicher
Diagnose, Therapie und Prognose. Einige konkrete diagnostische Maßnahmen wurden bei
den einzelnen Krankheitsbildern aufgeführt. Hier soll nur auf allgemeine Prinzipien
der Stufendiagnostik, die als Flussdiagramm dargestellt wird, eingegangen werden.
Zweck der Stufendiagnostik ist die möglichst schnelle und rationelle Abklärung der
Ursache des Hustens, um eine kausale Therapie einleiten zu können.
Wegen der Häufigkeit des Symptoms Husten empfiehlt sich als erster Schritt der Diagnostik
die Klassifizierung anhand eines anamnestisch leicht zu erhebenden Merkmals: akut und chronisch (Definitionen s. Kapitel 4), wenngleich eine klare Trennung naturgemäß nicht immer
möglich ist. Es wurden daher zwei diagnostische Algorithmen: für den akuten (Abb.
[2 ]) und den chronischen (Abb. [3 ]) Husten ausgearbeitet.
Abb. 3 Klinischer Algorithmus zur Diagnostik des chronischen Hustens. *1. jeder Patient mit einem ungeklärten chronischen Husten muss spätestens am Ende
des diagnostischen Algorithmus bronchoskopiert werden (Empfehlungsgrad A ). 2. bei Änderung des Schweregrades und/oder der Charakteristik des Hustens beim Raucher
sollte bei klinischem Verdacht abweichend vom Algorithmus eine Bronchoskopie durchgeführt
werden (Empfehlungsgrad D ).
Der Algorithmus dient zur Abklärung zunächst unklar erscheinender Fälle. Falls eine
durch die Anamnese begründete Verdachtsdiagnose gestellt wird, kann es sinnvoll sein,
vom Algorithmus abzuweichen. Häufige und oft kostspielige Fehler treten in der Diagnostik
bei unbegründetem Abweichen von der logischen Reihenfolge auf (Kapitel 9).
Durch Anwendung des Algorithmus kann öfters nur eine Verdachtsdiagnose gestellt und
der entsprechende Therapieversuch eingeleitet werden. Die endgültige Diagnose wird
in diesen Fällen erst aufgrund des Erfolges der Therapie festgelegt. Bei Misserfolg
ist eine Überprüfung von möglichen diagnostischen und therapeutischen Fehlern, der
Compliance des Patienten und ggf. die Fortsetzung der Diagnostik mit dem nächsten
Schritt im Algorithmus erforderlich.
8.1 Akuter Husten (Abb. [2 ])
Der akute Virusinfekt ist die häufigste Ursache des Hustens, der nach Abklingen des
Infektes bis zu 8 Wochen (und länger) persistieren kann, falls eine infektbedingte
bronchiale Überempfindlichkeit auftritt (Kapitel 5.6).
Die Diagnose eines infektbedingten akuten Hustens erfordert in der Regel nur die Erhebung
der Anamnese und eine körperliche Untersuchung (Box 1) zum Ausschluss anderer Ursachen
wie Pneumonie, akuter Linksherzinsuffizienz, inhalativer Intoxikation etc. (Box 2).
Eine sichere Differenzierung zwischen einen viralen und bakteriellen Infekt aufgrund
klinischer Merkmale ist nicht möglich [160 ]. Eine akute Infektion der Atemwege eines ansonsten gesunden Patienten stellt selbst
bei bakterieller Infektion keine absolute Indikation für eine antibiotische Therapie
dar [33 ]. Patienten mit eitrigem Auswurf und entweder gleichzeitiger Komorbidität (koronare
Herzkrankheit, Diabetes mellitus, COPD, Immuninkompetenz bei Malignomen usw.) und/oder
im hohen Alter profitieren jedoch von einer antibiotischen Therapie (Box 4) [161 ]. Eine Röntgenaufnahme der Thoraxorgane, Laboruntersuchungen einschließlich mikrobiologische
und serologische Untersuchungen sind bei einem akuten Infekt bei ansonsten gesunden
Personen in der Regel nicht erforderlich. Eine länger als eine Woche anhaltende Symptomatik
mit CRP-Erhöhung, Leukozytose und gelb oder grün gefärbtes Sekret weisen auf einen
bakteriellen Infekt hin, der auf eine kalkulierte antibiotische Therapie anspricht.
Akuter Husten mit negativem Röntgenbefund und oft mit restriktivem Lungenfunktionsmuster
kann bei einer akuten Pleuritis oder bei kleinen rezidivierenden Lungenembolien gefunden
werden, die häufig schwierig zu diagnostizieren sind, aber wichtige therapeutische
Konsequenzen haben.
Nr.
Empfehlung: Therapie des Hustens bei akutem Infekt der Atemwege
Empfehlungsgrad
Evidenzgrad
E26
Selbst eine bakterielle Infektion stellt keine absolute Indikation für eine antibiotische
Therapie dar.
B
E27
Ältere Patienten mit Komorbidität profitieren von einer antibiotischen Therapie.
C
4
E28
Bei eitrigem Sekret, CRP-Erhöhung, verfärbtem Sputum oder länger, als 1 Woche anhaltenden
Beschwerden Antibiotikum empfohlen.
D
5
Bei einem über 8 Wochen anhaltenden Husten ist die Diagnostik nach dem entsprechenden
Algorithmus für den chronischen Husten weiterzuführen (Box 6 Abb. [3 ]).
8.2 Chronischer Husten
Wenn ein Patient an chronischem, über 8 Wochen anhaltendem Husten leidet, sollte die
diagnostische Abklärung sofort eingeleitet werden. Sie fängt mit der Erhebung der
Anamnese und einer körperlichen Untersuchung an (Box 1). Wenn sich hierbei Hinweise
auf eine ausschließliche oder vorwiegende extrapulmonale Ursache des Hustens ergeben,
ist die gezielte Diagnostik einzuleiten (Box 3).
Wenn ein blandes klinisches Bild vorliegt und die Medikamentenanamnese die Einnahme
eines ACE-Hemmers ergibt, sollte vor weiteren Maßnahmen das Ergebnis einer 3-wöchigen
Karenz abgewartet werden (Box 2, 3).
Patienten mit Symptomen einer chronischen Sinusitis, blockierter Nasenatmung/Ausfluss
aus der Nase, Halsschmerzen, sollten nach einer Röntgenuntersuchung der Thoraxorgane
in 2 Ebenen hals-nasen-ohrenärztlich abgeklärt werden (Box 2, 3).
Patienten mit klinischen Zeichen einer Linksherzinsuffizienz, Herzrhythmusstörungen,
Galopprhythmus, Hypertonie, Herzgeräuschen etc. sind neben einer Röntgenuntersuchung
der Thoraxorgane in 2 Ebenen der gezielten kardialen Diagnostik zuzuführen (Box 2,
3).
Patienten mit neurologischen Auffälligkeiten (z. B. bulbäre Sprache, Paresen, Parkinson-Symptomatik)
könnten an Husten infolge rezidivierender Aspirationen leiden und sollten neben einer
Röntgenuntersuchung der Thoraxorgane in 2 Ebenen neurologisch abgeklärt werden (Box
2).
Bei Patienten mit Husten und Sodbrennen kann - nach einer Röntgenuntersuchung der
Thoraxorgane in 2 Ebenen - die Verdachtsdiagnose eines gastroösophagealen Refluxes
(Box 17) klinisch gestellt werden, um die (probatorische) Therapie mit PPI einzuleiten.
Bei auffälliger gastroenterologischer Anamnese sollte nach den geltenden gastroenterologischen
Empfehlungen verfahren werden.
Oft gibt in der Diagnostik des Hustens die Röntgenaufnahme der Thoraxorgane Hinweise
auf die weiterführende gezielte Diagnostik (z. B. einer Pneumonie, einer diffusen
Lungenparenchymerkrankung etc.). Diese Diagnostik ist nicht Gegenstand dieser Leitlinie.
In vielen Fällen existieren evidenzbasierte separate Leitlinien (Box 7, 8).
Die Lungenfunktionsprüfung erlaubt einen weiteren wichtigen diagnostischen Schritt
im Sinne der Abgrenzung von Erkrankungen, die Husten verursachen und mit einer obstruktiven
Ventilationsstörung einhergehen. Am häufigsten handelt es sich hier um Asthma oder
COPD. Die Messung der Diffusionskapazität (TLCO) erlaubt COPD-Patienten mit vorwiegendem
Emphysem zu diagnostizieren (Box 26).
Bei einer restriktiven Ventilationsstörung ist an Thoraxwand- und neuromuskuläre Erkrankungen
zu denken. Wenn der Diffusionskoeffizient ebenfalls erniedrigt ist, könnte dieser
ein Hinweis auf eine diffuse Lungenparenchymerkrankung sein (Box 26).
Die schwierigste Herausforderung stellt die Abklärung des chronischen Hustens dar,
wenn weder die Röntgenaufnahme der Thoraxorgane noch die Lungenfunktion richtungweisend
sind. Wenn in dieser Situation die unspezifische inhalative Provokationstestung (Box
11) auf eine bronchiale Hyperreagibilität hinweist, kann der Husten als Asthmaäquivalent
(Kapitel 7.3) angesehen werden.
Bei Rauchern und (beruflich) schadstoffexponierten Patienten mit chronischem Husten
(Box 13) kann die Ursache eine chronische (nicht obstruktive) Bronchitis im Sinne
der WHO-Definition sein. Es ist darauf hinzuweisen, dass der Anteil der Raucher unter
Patienten mit chronischem nicht geklärtem Husten viel niedriger ist, als etwa bei
COPD-Patienten in Stadium 1 - 3 der Erkrankung (Kapitel 6.2). Bei Rauchern mit nicht
richtungweisendem Röntgenbild und normaler Lungenfunktion ist jedoch das Rauchen die
wahrscheinlichste Ursache des Hustens. Daher ist vor weiteren diagnostischen Maßnahmen
eine Karenz (Box 14) angezeigt. Abweichend hiervon kann es aber bei Änderung der Intensität
oder der Charakteristik des Hustens notwendig sein, die Diagnostik sofort weiterzuführen.
Falls eine Raucherentwöhnung nicht gelingt oder durch Karenz die Symptomatik sich
nach 4 Wochen nicht bessert, ist die Diagnostik ohnehin nach dem Algorithmus (Box
16) fortzusetzen.
Bei Patienten ohne anamnestischen Hinweis auf eine Refluxsymptomatik (Box 17) soll
wie folgt verfahren werden: Eine Diagnostik (24 Stunden pH-Metrie, ggf. Endoskopie
und Röntgendiagnostik des Ösophagus) ist zu empfehlen, es kann aber auch gleich die
probatorische Therapie mit PPI - je nach der Verfügbarkeit der pH-Metrie und Akzeptanz
der Untersuchung - durchgeführt werden.
Falls die Ursache des chronischen Hustens am Ende des Algorithmus (Box 21) nicht evident
ist und der Husten persistiert, sollten häufige diagnostische und therapeutische Fehler
(Tab. [16 ]), eine beginnende, radiologisch noch wenig ausgeprägte diffuse Lungenparenchymerkrankung,
ein (allerdings seltener) psychogener Husten oder andere sehr seltene Erkrankungen
in Erwägung gezogen werden (Box 22). Bei einigen Patienten bleibt jedoch die Ursache
des chronischen Hustens trotz Ausschöpfung der diagnostischen Möglichkeiten unklar:
eine Erhöhung der Sensitivität des Hustenreflexes wird dann angenommen (Kapitel 7.7).
Tab. 16 Häufige diagnostische (und therapeutische) Fehler, welche die Abklärung des chronischen
Hustens verhindern
obere Atemwege
sehr häufig angetroffene, relativ geringe entzündliche Veränderungen der Schleimhäute
werden ignoriert und nicht behandelt
zu kurze Behandlungsdauer bei Rhinitis, Nasenpolypen
Asthma
unspezifische inhalative Provokation wird nicht durchgeführt
ein positiver Ausfall der Provokation wird mit Asthma gleichgesetzt, obwohl er auch
in der gesunden Allgemeinbevölkerung vorkommt. Nur wenn der Husten auf die Asthmatherapie
anspricht, kann die Diagnose „Husten als Asthmaäquivalent” gestellt werden
GÖR
Standarddosen von PPI (z. B. 40 mg Omeprazol) können unzureichend sein um eine volle
Säuresuppression zu erreichen. Ggf. 24 Stunden pH-Metrie unter PPI erforderlich
zu kurze Behandlungsdauer
Linksherzinsuffizienz
wird übersehen
multiple Erkrankungen
wenn der CPH mehrere Ursachen hat (zum Beispiel Asthma und Rhinopathie), wird der
Husten erst besser, wenn alle zugrundeliegenden Erkrankungen behandelt werden
unklar gebliebene Fälle
werden nicht bronchoskopiert
Es muss darauf hingewiesen werden, dass keine nach den Prinzipien der evidenzbasierten
Medizin evaluierten Algorithmen vorliegen.
8.3 Ambulante und stationäre Diagnostik
Die Diagnostik des Hustens ist die Domäne der ambulanten Versorgung. Im Regelfall
können alle aufgeführten Untersuchungsmethoden ambulant durchgeführt werden. Die Notwendigkeit
einer stationären Untersuchung und Behandlung ist von dem Zustand des Patienten, Komorbidität
und dem Husten zugrunde liegenden Erkrankung abhängig: Unter anderem erfordern beispielsweise
eine massive Hämoptoe, eine akute Aspiration mit Zeichen der Asphyxie, eine akute
Lungenembolie mit Kreislaufinstabilität, Risikobronchoskopien bei Komorbidität oder
transbronchialen Lungenbiopsien unbedingt eine stationäre Behandlung.
Nr.
Empfehlung: Ambulante oder stationäre Diagnostik
Empfehlungsgrad
Evidenzgrad
E29
Im Regelfall ambulant.
D
kein
E30
Bedrohliche Begleitsymptome (Asphyxie, instabiler Kreislauf, massive Hämoptoe) Komorbidität:
stationär.
A
1c
8.4 Nebenwirkungen, Komplikationen und Kosten der Diagnostik des Hustens
Im Allgemeinen sind die zur Diagnostik des Hustens eingesetzten Untersuchungsmethoden
risikoarm. Bei der unspezifischen inhalativen Provokationstestung kann eine schwere
Obstruktion, bei der 24 Stunden pH-Metrie können Erbrechen, Übelkeit und Aspiration,
bei der Bronchoskopie Hypoxie, Infektion, Blutung, Pneumothorax (nur bei transbronchialen
Biopsie) in seltenen Fällen auftreten. Das größte Risiko der Diagnostik liegt im Übersehen
von schwerwiegenden Erkrankungen, deren Kardinalsymptom der Husten ist: zum Beispiel
Lungenembolie, Bronchialkarzinom oder Tuberkulose. Die Stufendiagnostik der Leitlinie
bietet Gewähr für einen nicht zu frühen aber rechtzeitigen Einsatz invasiver Untersuchungsmethoden
und optimiert hierdurch das Nutzen/Risiko-Verhältnis. Die Einhaltung der logischen
Reihenfolge der Untersuchungen trägt zudem dazu bei, den Kostenaufwand zu optimieren
(s. auch Kapitel 9: Häufige Fehler).
8.5 Zusammenfassung der wichtigsten Empfehlungen zur Diagnostik des Hustens (Tab.
[15 ])
Tab. 15 Die wichtigsten Empfehlungen und evidenzbasierten Empfehlungsgrade* zur Abklärung
des Hustens
Empfehlung und Empfehlungsgrad für die Untersuchung
Untersuchungsmethode
Akuter Husten
Chronischer Husten
Anamnese
ja (A)
ja (A)
Raucheranamnese
ja (D)
ja (A)
körperliche Untersuchung
ja (A)
ja (A)
Röntgen-Thorax-Aufnahme
nein (A)
ja (A)
Lungenfunktionsprüfung
nein (D)
ja (A)
unspezifischer Provokationstest
nein (D)
ja (A)
hals-nasen-ohrenärztl. Untersuchung
bei Auffälligkeit (D)
ja (A)
CT der Nebenhöhlen
nein (D)
ja (C)
24 Stunden pH-Metrie
nein (D)
ja (C)
HR-CT Thorax
nein (D)
ja (C)
Bronchoskopie
nein (D)
ja (D)
*Anmerkung: die Empfehlungsgrade gelten nur, wenn die aufgeführte logische Reihenfolge
der Untersuchungen eingehalten wird. Die Anamnese und die körperliche Untersuchung
können Befunde ergeben, die eine Abweichung erforderlich machen: z. B. akute Hämoptoe.
9 Häufige Fehler bei der Stufendiagnostik des Hustens
9 Häufige Fehler bei der Stufendiagnostik des Hustens
Die außerordentliche Häufigkeit des Symptoms bzw. der Beschwerde Husten und potenzielle
Folgen und Folgekosten einer verspäteten Diagnose bei ansteckender Tuberkulose oder
bei Bronchialkarzinom und Lungenembolie unterstreichen die Notwendigkeit einer evidenzbasierten
rationellen und rationalen Diagnostik.
Hierbei sollte sowohl ein
„zu viel” an Diagnostik: (Computertomographie, Bronchoskopie bei einer banalen, protrahiert
verlaufenden akuten Bronchitis), als auch
„zu wenig”(die Bagatellisierung des „Raucherhustens”, welcher Symptom eines Bronchialkarzinoms
sein kann) - vermieden werden.
Die Reihenfolge der diagnostischen Schritte in beiden Algorithmen für den akuten und
den chronischen Husten zeigt jeweils die zweckmäßigste, das heißt am schnellsten zum
Ziele führende, dabei am wenigsten invasive und preiswerteste Untersuchung an. Wenn
zwei diagnostische Verfahren in einer konkreten Situation gleichwertig sind, wurde
primär das weniger invasive oder kostengünstigere Verfahren aufgeführt.
Bei einem von früher her bekannten Patienten, der zum Beispiel bereits eine Lungenresektion
wegen Bronchialkarzinom gehabt hat, kann es sinnvoll und wirtschaftlich sein, bei
anhaltendem Husten, abweichend vom Algorithmus, bereits nach wenigen Tagen eine Röntgendiagnostik
und die Bronchoskopie einzuleiten. Die häufigsten Fehler treten jedoch bei ungerechtfertigtem
Abweichen vom Algorithmus auf, um die am leichtesten verfügbaren - anstelle der zweckmäßigsten
- Untersuchungen bei der Abklärung des Hustens durchzuführen. Nachfolgend werden die
in der Praxis am häufigsten anzutreffenden Fehler der logischen Reihenfolge der Diagnostik
aufgezählt. Durch Vermeidung solcher Fehler können erhebliche Kosten eingespart werden.
Patienten mit massiv beeinträchtigter Nasenatmung als Ausdruck einer Rhinitis werden
bronchoskopiert, bevor sie dem Hals-Nasen-Ohrenarzt vorgestellt werden.
Häufig wird die Bronchoskopie in der Suche nach einer seltenen Ursache des Hustens
- mit negativem Ergebnis - durchgeführt, bevor der Patient auf die sehr häufige Diagnose
Husten als Asthmaäquivalent mittels unspezifischer bronchialer Provokation getestet
wurde.
Ein GÖR wird anhand der Ösophagoskopie oder Röntgenuntersuchung des Ösophagus „ausgeschlossen”,
obwohl es GÖR ohne Ösophagitis geben kann, der Husten verursacht.
Eine allergologische Diagnostik wird vorgezogen, obwohl einem IgE-vermittelten (atopisch-)allergischen
Husten entweder ein („cough variant”) Asthma oder eine allergische Rhinitis zugrunde
liegen. Wenn kein Asthma und keine Rhinitis vorliegen, ist die allergologische Diagnostik
überflüssig.
Serologische Untersuchungen auf Viren und Bakterien (z. B. Mycoplasma pneumoniae und
Bordatella pertussis) werden ohne konkreten Verdacht (z. B. Kontaktperson) in einer
zu frühen Phase der Diagnostik durchgeführt, obwohl sie nur selten einen CPH erklären.
Sie haben ihren Platz am Ende der Stufendiagnostik.
Die computertomographische Diagnostik der Nebenhöhlen wird vor einer HNO-ärztlichen
Untersuchung veranlasst.
Patienten mit Husten bei negativem Röntgen-Thoraxbefund und Karzinophobie werden mit
CT untersucht.
Nr.
Empfehlung: Diagnostische Algorithmen
Empfehlungsgrad
Evidenzgrad
E31
Anwendung der diagnostischen Algorithmen.
D
5
E32
Erhebliches Einsparpotenzial durch Anwendung der Algorithmen.
5
10 Therapie
10 Therapie
Vor der Einleitung einer Therapie sollte zunächst die Ursache des Hustens abgeklärt
werden, um kausal behandeln zu können. Eine symptomatische Therapie des diagnostisch
nicht abgeklärten chronischen Hustens ist der häufigste Fehler, der bei der Behandlung
des Hustens in der Praxis vorkommt. Beim chronischen Husten kann neben der kausalen
Behandlung des Grundleidens eine symptomatische Therapie zur sofortigen Linderung
der Symptomatik mit Sekretolytika und/oder Antitussiva sinnvoll sein. Sie darf aber
nicht zur Verzögerung der Diagnostik und zur verspäteten Einleitung der kausalen Therapie
(z. B. Bronchialkarzinom) führen.
In den Kapiteln 5 und 6 wurden kausale Therapiemaßnahmen zu den einzelnen Krankheiten
dargestellt oder auf existierende Leitlinien hingewiesen. Die nachfolgend aufgeführte
symptomatische Therapie ist dann angezeigt, wenn
die Ursache des Hustens nach der Diagnostik unklar bleibt (z. B. CPH infolge Erhöhung
der Sensitivität des Hustenreflexes, Kapitel 7.7)
die zugrunde liegende Erkrankung nicht kausal behandelt werden kann, z. B. Bronchialkarzinom
(Kapitel 6.3), akute virale Laryngo-Tracheobronchitis (Kapitel 5.1).
die Wirkung der kausalen Therapie verzögert einsetzt (Tuberkulose, Kapitel 6.9).
Jede Erfolg versprechende symptomatische Therapie des Hustens wirkt an einem oder
mehreren der 5 Abschnitte des Husten-Reflexbogens (s. Kapitel 3.1): am Rezeptor, am
afferenten oder am efferenten Schenkel, am Hustenzentrum oder am Erfolgsorgan (thorakale
und abdominelle Muskulatur) (Tab. [17 ]).
Tab. 17 Klassifikation der Hustentherapeutika nach Ort ihrer Wirkung
Hustentherapeutika mit vorwiegender Wirkung am Hustenrezeptor
Hustentherapeutika mit vorwiegender Wirkung am Reflexbogen (Herabsetzung der Sensitivität
des Hustenreflexes)
zentral wirkende Hustentherapeutika
am Effektororgan wirkende Hustentherapeutika (Muskelrelaxanzien)
Die Wirkung selbst kann
Die Elimination von Sekret entlastet die Hustenrezeptoren und lindert hierdurch den
Hustenreiz. Welches der Prinzipien zur Anwendung kommen sollte, hängt von der Grunderkrankung
ab:
Die Förderung der Expektoration ist das zentrale Prinzip in der Therapie der chronischen
hypersekretorischen Bronchitis und der Bronchiektasie. Antitussiva sind bei Bronchiektasen
daher kontraindiziert. Dies gilt auch für einen Teil der COPD-Patienten mit Retention
von zähem Sekret in den Stadien II und III nach der Klassifikation der Deutschen Gesellschaft
für Pneumologie und der Atemwegsliga [48 ].
Die überwiegende Mehrzahl der Patienten, die wegen Husten den Arzt konsultieren, leidet
an einem unproduktiven „Reizhusten” wie bei Asthma oder Lungenparenchymerkrankungen
bzw. an Husten mit geringen Sekretmengen, wie bei akuten oberen und unteren respiratorischen
Infektionen. Es besteht kein Grund, auf die Vorteile einer effektiven hustenstillenden
Therapie bei solchen Patienten zu verzichten.
In Hinblick auf die bislang bekämpfte Kombination einer antitussiven und sekretolytischen
Therapie findet heute ein Paradigmenwechsel statt [162 ]: die Wirkung kann eventuell durch die Kombination beider Prinzipien (tagsüber Sekretolyse,
nachts Hustendämpfung) verstärkt werden.
10.1.1 Physiotherapie bei produktivem Husten
Sekretansammlungen im Bronchialsystem (oder aspirierte Fremdkörper) aktivieren den
Hustenreflex. Bevor jedoch das Bronchialsekret abgehustet werden kann, muss es von
der Bronchialwand abgelöst werden. Der einfachste Weg Sekrete aus dem Bronchialbaum
zu lösen und zu entfernen, ist das Erzeugen von Kaliberschwankungen der Bronchien
durch vermehrte Ein- und Ausatmung [163 ] und z. B. durch Atemtechniken wie die autogene Drainage auch in Verbindung mit Lageveränderungen
und körperlicher Belastung. Verschiedene Atemtechniken wie active cycle breathing
oder die autogene Drainage ebenso wie Lagerungsübungen (Seitenlage) nutzen oder kombinieren
das physikalische Grundprinzip der Ablösung des Sekrets mit der Wirkung der Schwerekraft.
Der Ablösung des Sekrets dienen auch der Brustwand manuell oder mit Hilfe von elektrischen
Geräten aufgesetzte Vibrationen, die im Gewebe bis zur Bronchialwand weitergeleitet
werden. Niederfrequente Klopfmassagen gelten hingegen als obsolet [164 ].
Der richtig durchgeführte Hustenstoß ist die effektivste Maßnahme zur Elimination
des Sekrets. Bei instabilen Bronchien sind besondere Atemtechniken erforderlich, wie
Huffing, ein Husten mit geöffneter Glottis. Nach Einatmen durch die Nase mit anschließender
Atempause erfolgen unter Betätigung der Bauchmuskulatur 2 - 3 schnelle „Huffs” (als
wenn man eine Scheibe anhauchen wollte). Befindet sich das Sekret bereits in den zentralen
Atemwegen, ist der Huff nur kurz, bei Sekretvorkommen in den peripheren Atemwegen
wird der Huff länger durchgeführt. Die Tiefe der Inspiration vor dem Huff beeinflusst
bei Instabilität der Bronchialwand (chronische Bronchitis), welcher Abschnitt gereinigt
wird. Ein mittleres Atemzugvolumen vor der forcierten Exspiration lässt die vorwiegende
Reinigung der 4. - 6. Generation der Bronchien, ein tiefer Atemzug die der zentralen
Bronchien zu (s. Kapitel 3.1).
Alle diese Techniken bedürfen zunächst der Anleitung durch einen in der Atemtherapie
erfahrenen Physiotherapeuten und sollten dann zu Hause regelmäßig durchgeführt werden.
Die Compliance ist jedoch niedrig [165 ].
Obwohl physiotherapeutische Maßnahmen in der Therapie von Bronchiektasen, der zystischen
Fibrose und COPD zum Standard gehören [48 ] gibt es keine Evidenz aus randomisierten kontrollierten Studien für deren Effekte
[166 ]
[167 ]. 3 Studien untersuchten insgesamt 27 Bronchiektasiepatienten mit verschiedenen Methoden
der Physiotherapie und wiesen eine Zunahme der Expektoration bzw. der Radioaerosolclearance,
aber keine Beeinflussung der Lungenfunktion nach [168 ]
[169 ]
[170 ]
[171 ]. Die meisten Studien liegen für die Behandlung der zystischen Fibrose mit verschiedenen
Techniken, die miteinander verglichen werden, vor [163 ]
[172 ]
[173 ].
Eine Physiotherapie ist in der Regel nur bei chronischem Husten mit oder ohne Bronchiektasen
indiziert.
10.1.2 Physiotherapie bei unproduktivem Husten
Beim produktiven Husten wird ein Ausatemstoß provoziert, ein quälender unproduktiver
Husten sollte hingegen unterdrückt werden. Dies ist für den Patienten die am schwersten
erlernbare Hustentechnik, welche Hustendisziplin voraussetzt [174 ]. Der Patient wird aufgefordert zwischen den Hustenattacken die Luft in Inspirationsstellung
anzuhalten, dann vorsichtig und oberflächlich weiter zu atmen. Muss dennoch gehustet
werden, kann dies gegen die geschlossenen Lippen erfolgen. Es wird angenommen, dass
hierdurch die Reizung der Dehnungsrezeptoren vermindert werden kann.
Hustenvermindernde Techniken sind in Einzelfällen indiziert.
10.1.3 Atemphysiotherapie unter Zuhilfenahme von Geräten
In den letzten Jahren haben Atemphysiotherapiegeräte wie Flutter (früher VRP1 Desitin)
und RC-Cornet für die Sekretelimination erheblich an Bedeutung gewonnen.
Die Verwendung der Flutter (VRP1 Desitin), eines kleinen Physiotherapiegerätes mit
einem PEP (positive exspiratory pressure) und Vibrationseffekt, bietet Vorteile neben
und gegenüber der klassischen Physiotherapie, da die Sekretmobilisation patientenseitig
mehrmals am Tag durchgeführt werden kann. In einer Studie bei COPD-Patienten konnten
Vorteile in Hinblick auf den Husten, die Atemnot und die Lungenfunktion festgestellt
werden [175 ]. Die vorhandene spärliche Literatur bestätigt keine Vorteile für den Flutter bei
Bronchiektasie [176 ]. In einer Vergleichstudie mit Flutter konnte für das RC-Cornet, das der Exspiration
ebenfalls PEP und Vibrationseffekt aufsetzt, nach einwöchiger zusätzlicher Therapie
bei Patienten mit tracheobronchialer Instabilität nicht nur eine signifikante Besserung
der Expektoration, sondern als einzige physiotherapeutische Maßnahme - auch eine klinische
Besserung des Hustens nachgewiesen werden [177 ]. Statistisch signifikante Effekte fanden sich auch auf die Lungenfunktion, die Notwendigkeit
von Krankenhausbehandlungen und den Antibiotikumbedarf. Diese Geräte sind bei gesicherter
Compliance in Einzelfällen indiziert.
Nr.
Empfehlung: Physiotherapie beim Husten
Empfehlungsgrad
Evidenzgrad
E33
Bei chronischem produktiven Husten.
C
4
E34
Bei trockenem Husten: hustenvermindernde Techniken.
kein
5
E35
Physiotherapiegeräte (RC Cornet).Flutter
CC
3bkein
Medikamentöse Therapie
Medikamentöse Therapie
10.2 Hustentherapeutika mit vorwiegender Wirkung am Hustenrezeptor
(Manche Medikamente haben kombinierte Effekte und wirken auch auf den afferenten und
efferenten Schenkel des Reflexbogens und auf das Hustenzentrum). Tab. [18 ] zeigt die möglichen pharmakologischen Effekte, die den Hustenrezeptor entlasten.
Tab. 18 Lokale Effekte an den Hustenrezeptoren
Effekt
Wirkstoffklasse
Erhöhung des Sekretvolumens Herabsetzung der Viskosität
Sekretolytika Mukolytika
Verringerung der Sekretproduktion
Anticholinergika
Steigerung der mukoziliären Clearance
β2 -Adrenergika, Theophyllin
Reduktion physikalischer und chemischer Irritation (Schleimhautabschwellung, entzündliche
Mediatoren)
Demulzentia, α1 -Adrenergika, Antibiotika, Kortikosteroide
10.2.1 Expektoranzien
Durch Erhöhung des Sekretvolumens (Sekretolytika) und Herabsetzung der Viskosität
(Mukolytika) werden die bronchiale Reinigung erleichtert, visköser Schleim und mit
dem Schleim auch inhalierte Fremdpartikel entfernt. Die Reizung der Hustenrezeptoren
wird hierdurch gemindert, der Husten soll durch „Abhusten” erleichtert werden. Dieses
Prinzip kann dann wirken, wenn der Hustenreiz durch eine Sekretretention ausgelöst
wird. Am häufigsten werden Expektoranzien jedoch bei der akuten viralen Bronchitis
eingesetzt, obwohl meist keine Sekretretention vorliegt. Dennoch stellt diese Substanzengruppe
die am häufigsten verordneten Arzneimittel für Erkrankungen des respiratorischen Systems
dar [178 ]. Ihre Wirkung ist schwer objektivierbar [179 ]. Die in Deutschland gebräuchlichsten Substanzen sind Ambroxol und N-Acetylcystein,
in englischsprachigen Ländern Guaifenesin und Kalium jodatum. Betreffend die Wirksamkeit
von verschiedenen Expektoranzien gibt es widersprüchliche Evidenz in der Literatur,
auf entsprechende Übersichten [180 ]
[181 ] wird hingewiesen. Die Erhöhung der Flüssigkeitszufuhr in normalem Hydratationszustand
führt nicht zur Vermehrung des Sekretvolumens. Viele Patienten geben eine günstige
subjektive Wirksamkeit bei Selbstmedikation auch bei der akuten Bronchitis an. Es
gibt aber derzeit keine methodisch einwandfreien Studien zur Bewertung der Wirksamkeit
verschiedener, meist frei verkäuflicher Sekretolytika speziell in Hinblick auf die
Linderung des akuten Hustens [182 ]. Zur Frage der Therapie des Symptoms Husten mit Sekretolytika, Phytopharmaka oder Hausmittel
(Honig) gibt es keine evidenzbasierte Empfehlung . Die fehlende Evidenz darf aber nicht unbedingt mit fehlender Wirkung gleichgesetzt werden. Zentral wirksame Opioide (Alkaloide aus der Mohnpflanze Papaver
somniferum) und peripher wirksames Ephedrin bzw. Pseudoephedrin (aus dem chinesischen
Kraut Ephedra sinica) sind wissenschaftlich geprüft. Dennoch kann im Allgemeinen die
zum Teil jahrhundertelange Anwendung von Phytopharmaka in den westlichen Ländern,
aber auch in der traditionellen chinesischen Medizin, in Indien (Ayurveda Medizin)
oder Japan mit Ausnahme der genannten Opioide und Ephedrin nicht auf valide Studien
gestützt werden, die modernen methodologischen Anforderungen der evidenzbasierten
Medizin entsprächen. Solche Studien sind auch nicht zu erwarten, da ihre Kosten durch
eine bessere Vermarktung des Phytopharmakons nicht eingefahren werden könnten [183 ].
In Tab. [19 ] und Tab. [20 ] werden die gebräuchlichsten Sekretolytika aufgeführt.
Tab. 19 Pflanzliche Sekretolytika
Phytopharmakon
Wirksubstanz
Nebenwirkung
Ätherische Öle: in Form von Kapsel, Tablette, Lösung, Sirup, Einreibung, Badezusatz,
Teeaufguss, Inhalation
Anis Myrtol Pfefferminz Eukalyptus Thymian
Allergien Hautreaktionen Magen-Darm-Beschwerden Alkoholgehalt
Saponine
Efeublätter
Glykoside
Primelwurzel
Tab. 20 Chemisch definierte Sekretolytika
Wirkstoff
Nebenwirkung
Bromhexin
Übelkeit, Allergie
Ambroxol
Übelkeit, Allergie
N-Acetylcystein
Übelkeit, Erbrechen, Allergie
Guaifenesin
Übelkeit
Cineol
Magendruck, Allergie
Dornase alfa*
Heiserkeit, Bronchospasmus
Kaliumjodid
Hyperthyreose
isotone oder hypertone (3 %) Kochsalzlösung zur Inhalation [184 ]
Bronchospasmus
Emser Sole zur Inhalation [185 ]
Bronchospasmus
*Dornase alfa, eine mit rekombinanter Technik hergestellte DNAse, depolimerisiert
den pathologischen Mucin-Polymer-Komplex. Bei CF-Patienten konnten hierdurch Besserungen
der Lungenfunktion und eine Senkung der Infektexazerbationen nachgewiesen werden [186 ]
[187 ]. Bei der chronischen Bronchitis und Bronchiektasen anderer Ursache fand sich hingegen
kein Effekt.
Anmerkung: Bei den pflanzlichen Wirkstoffen gibt es nicht immer eine klare Trennung der Indikation
Hustenblocker oder Schleimlöser. So wird Spitzwegerich unter verschiedenen Handelsnamen
sowohl als Antitussivum, als auch als Sekretolytikum geführt. Viele pflanzliche Präparate
enthalten Kombinationen der Phytopharmaka.
Nr.
Empfehlung: Sekretolytika
Empfehlungsgrad
Evidenzgrad
E36
Husten mit Sekretretention (Bronchiektasie, COPD).
C
4
E37
Akuter Husten.
kein
kein
E38
Bei zystischer Fibrose: Dornase alpha.
B
3b
10.2.2 Medikamente zur Verringerung der Schleimproduktion
Inhalative Anticholinergika verringern die oft pathologisch vermehrte (entzündliche)
Sekretproduktion - auch bei nicht obstruktiven Patienten [188 ]. Sie wirken auch auf den efferenten Schenkel des Reflexbogens, möglicherweise ist
der verschluckte Anteil für diese Wirkung verantwortlich [189 ]. Eine zusätzliche Wirkung durch die Verringerung des bronchialen Muskeltonus [190 ] und Entlastung der langsam adaptierenden Rezeptoren ist anzunehmen [191 ]. Nasales Ipratropium (in Deutschland nicht zugelassen) beeinflusst den durch eine
vasomotorische Rhinopathie ausgelösten Husten günstig [192 ]. In den Studien wurden relativ hohe Dosen (bis zu 360 µg/die) verwendet.
10.2.3 Medikamente zur Steigerung der mukoziliären Clearance
Neben Expektoranzien (s. 10.2.1) könnten Theophyllin [14 ]
[62 ] und β2 -Adrenergika durch Steigerung der mukoziliären Clearance [193 ]
[194 ] und bei obstruktiven Patienten auch durch Bronchodilatation beim Husten erleichternd
wirken. Es gibt Berichte, dass diese Substanzen auch bei nicht obstruktiven Patienten
mit akutem Husten eingesetzt werden können [195 ], eine neuere Metaanalyse ergab jedoch keinen Hinweis auf ihre hustenstillende Wirksamkeit
[196 ].
10.2.4 Medikamente zur Reduktion der Reizung der Hustenrezeptoren
Demulzentia wirken durch „Einhüllung” der im Rachen befindlichen Hustenrezeptoren
antitussiv. Sirups, Hustensäfte, Gurgellösungen, Lutschtabletten, Honig, Hustenbonbons
enthalten als gemeinsamen Bestandteil Zuckersirup. Die Wirkungsdauer beschränkt sich
auf die Verweildauer des Zuckers am Rezeptor, meist auf 20 - 30 Minuten. Häufige weitere
wirksame Bestandteile sind Lokalanästhetika und zentral wirkende (pflanzliche) Antitussiva
und Sekretolytika. Tab. [21 ] stellt eine kleine Auswahl von Hustensirups dar.
Tab. 21 Hustensirups
Phytopharmakon Wirkstoff
Nebenwirkungen, Kontraindikation
Spitzwegerich Isländisch Moos Eibischblätter
Allergie Magen-Darm-Beschwerden Alkoholgehalt
Zucker in Sirups und Bonbons
Diabetes
10.2.5 Schleimhautabschwellende Substanzen
Die Hustenrezeptoren im Bereich der oberen Atemwege können auch durch Schleimhautschwellung
(Hyperämie, Ödem) gereizt werden. Abschwellend wirkende Substanzen wie topische oder
systemische α-Adrenergika - ggf. in Kombination mit älteren, anticholinerg wirksamen
Antihistaminika - wirken hustenstillend, wenn der Hustenreiz tatsächlich im Bereich
der oberen Atemwege entsteht. Die Anwendung als Kombinationspräparat in systemischer
Form ist in Nordamerika sehr populär. Solche Kombinationspräparate werden als geeignet
betrachtet, die Diagnose des Hustens als Folge von Affektionen der oberen Atemwege
(Rhinopathie, Sinusitis, Pharyngitis) ex iuvantibus zu stellen. Dies gilt sowohl für
den akuten [197 ] als auch für den chronischen Husten [28 ]
[198 ]
[199 ]. Der Patient ist auf die sedierende Nebenwirkung (Verkehrstüchtigkeit!) des Antihistamins
und auf die adrenerge Nebenwirkungen des Pseudoephedrins hinzuweisen, zumal die Präparate
rezeptfrei sind. Die in Deutschland erhältlichen Kombinationspräparate enthalten als
α-Adrenergikum Pseudoephedrin; als Antihistaminikum Triprolidin bzw. das nicht sedierende
Anthistaminikum Cetirizin.
10.2.6 Antibiotika
Bakterielle Infekte der oberen Atemwege , insbesondere die akute (Rhino)Sinusitis, akute eitrige Tonsillitis, akute Pharyngitis
und eventuell die Otitis media verursachen durch Produktion von bakteriellen und körpereigenen
Entzündungsmediatoren und Sekreten akuten und chronischen Husten. Hier ist eine kalkulierte
antibiotische Therapie unter Berücksichtigung der am häufigsten verursachenden Keime
(S. pneumoniae, S. aureus, H. influenzae) und der örtlichen Resistenzlage indiziert
und führt rasch zur Besserung. Auf die entsprechende Leitlinie der Deutschen Gesellschaft
für Hals-Nasen- und Ohrenheilkunde wird hingewiesen [103 ]. Chronische Sinusitiden, die oft chronischen Husten verursachen, bedürfen in erster
Linie einer hals-nasen-ohrenärztlichen chirurgischen Intervention.
Akute Bronchitiden bei ansonsten gesunden Personen sind in der überwiegenden Mehrzahl der Fälle primär
viraler Natur. Antibiotika sind nur wirksam aber nicht obligat für die Behandlung
eines manchmal auftretenden sekundären bakteriellen Infektes (s. E26 - 28). Die Verordnung
eines Antibiotikums für die akute virale Bronchitis ist ein häufiger Fehler, der in
der Praxis bei der Behandlung des Hustens auftritt. Durch die Verordnung entstehen
nicht nur überflüssige Kosten, sondern auch eine Zunahme der Antibiotikaresistenz.
Die akute Exazerbation der COPD , die stets mit vermehrtem Husten einhergeht, ist hingegen in der Hälfte der Fälle
(dann, wenn purulentes Sputum expektoriert wird) bakterieller Natur und spricht dann
auf Antibiotika an. Empfohlen wird in der Regel eine kalkulierte antibiotische Therapie.
Auf die entsprechende Empfehlung der Deutschen Atemwegsliga wird hingewiesen [38 ].
Bronchiektasen mit und ohne zystische Fibrose: Erweiterte Bronchien mit Sekretstau bieten infolge verminderter Clearance einen optimalen
Nährboden für die mikrobielle Besiedlung. Häufig sind H. influenzae, S. pneumoniae,
S. aureus und bei der zystischen Fibrose insbesondere P. aeruginosa zu finden. M.
tuberculosis, nicht tuberkulöse Mykobakterien, Aspergillus, gramnegative Bakterien
und Anaerobier kommen ebenfalls vor. Bronchiektasen können steril, kolonisiert oder
infiziert sein. Die akute Exazerbation bleibt meist eine in der Bronchialwand und
der peribronchialen Lungengewebe lokalisierte Infektion ohne wesentliche systemische
Entzündungsreaktion [200 ]. Wegen der Vielfalt der infrage kommenden und nach wiederholten antibiotischen Behandlungen
häufig resistenten Keime sollte bei bekannter Bronchiektasen-Krankheit - im Gegensatz
zur Behandlung einer akuten Exazerbation der COPD - keine kalkulierte, sondern eine
gezielte (nach Kultur und Resistenztestung festgesetzte) antibiotische Therapie durchgeführt
werden. Akute Exazerbationen können zwar mit Allgemeinsymptomen wie Nachtschweiß,
Abgeschlagenheit und auch Fieber einhergehen. In vielen Fällen verläuft aber die Infektion
okkult und führt zu therapieresistentem Husten, dessen Ursache nicht auf den ersten
Blick zu erkennen ist. Trotz invasiver Diagnostik (Bronchiallavage, geschützte Bürste)
gelingt es oft nicht, den Keim zu identifizieren. Selbst eine gezielte orale antibiotische
Therapie bleibt in vielen Fällen erfolglos. Eine aggressive breite intravenöse antibiotische
Therapie über 14 - 21 Tage Dauer kann dann erforderlich sein, um den Infekt zu sanieren
bzw. eine Reduktion der Keimzahl zu erreichen und den Husten zu lindern [201 ]. In einigen Fällen sind wiederholte intravenöse antibiotische Behandlungen erforderlich.
Für Pseudomonas-infizierte Bronchiektasen ist auch eine inhalative Therapie mit Tobramycin
wirksam [202 ]
[203 ]
[204 ]. Für das inhalative Colistin (Heilversuch, keine Zulassung) liegen positive Daten
in der Behandlung des zystischen Fibrose vor [205 ].
Nr.
Empfehlung: antibiotische Therapie bei Bronchiektasie
Empfehlungsgrad
Evidenzgrad
E39
Bei persistierendem Husten nach oralem Antibiotikum: intravenöse antibiotische Therapie.
C
4
E40
Inhalatives Tobramycin bei Pseudomonas-Infektion.
B
2b
E41
Inhalatives Colistin bei zystischer Fibrose.
kein
2b
10.2.7 Entzündungshemmende Substanzen
Der antitussive Wirkungsmechanismus der inhalativen Kortikosteroide besteht darin, dass sie zur Erneuerung einer durch Infekte oder Asthma
zerstörten Schleimhaut beitragen, wie in bioptischen Studien nachgewiesen wurde [206 ]. Durch ein intaktes Epithel werden die Hustenrezeptoren geschützt [207 ]. Durch ihre antientzündliche Wirkung wird die Konzentration von Entzündungsmediatoren
in der Schleimhaut reduziert.
Wenn der Husten durch eine intermittierende oder persistierende allergische oder nichtallergische
Rhinitis ausgelöst wird, helfen nasale Kortikosteroide. Weitere topische antientzündliche Substanzen mit potenzieller Wirkung
am Hustenrezeptor sind: Nedocromil und Dinatrium Cromoglykat [208 ]
[209 ]
[210 ] sowie das systemisch wirksame Zafirlukast [211 ] und Montelukast, letztere allerdings ausschließlich beim Husten als Asthmaäquivalent.
Für die Anwendung entzündungshemmender Substanzen beim Asthma und somit beim asthmatischen
Husten gibt es den Evidenzgrad 1a und Empfehlungsgrad A. http://www.nih.gov/
10.3 Hustentherapeutika mit vorwiegender Wirkung am Reflexbogen
Lokalanästhetika heben die elektrophysiologische Aktivität der Rezeptoren und der
afferenten Nervenfasern auf und wirken so als potente Antitussiva [212 ]
[213 ]. Die Nutzung von Lokalanästhetika bei der Bronchoskopie ist tägliche Routine. Ihre
Verwendung in der Therapie des Hustens ist schwierig: Sie haben eine kurze Wirkungsdauer
(bis zu 30 Minuten), und es gibt keine geeignete inhalative Applikationsform; es sei
denn die Verneblung mit einem elektrischen Vernebler. Es gibt kein Lokalanästhetikum
auf dem Markt mit Zulassung für die antitussive Indikation. Als so genannter Heilversuch
(„off label use”) können 4 ml 2 %-iges Prilocain oder Lidocain tgl. 2 - 3 × mit dem
elektrischen Vernebler bei Patienten mit therapieresistentem Husten meist unbekannter
Ursache (idiopathische Erhöhung der Sensitivität des Hustenreflexes, Kapitel 7.7)
appliziert werden (s. E19).
Lokalanästhetika in Lutschtabletten und Gurgellösungen wirken im Pharynx und verfehlen
dann die beabsichtigte antitussive Wirkung, wenn der Husten durch Reizung von Rezeptoren
im Kehlkopf verursacht wird.
10.4 Zentral wirkende Hustentherapeutika (Antitussiva)
Sie haben zwar auch einen peripheren Wirkmechanismus, die Hauptwirkung wird jedoch
durch Bindung an die Opioid-(µ)-Rezeptoren im Hustenzentrum im Hirnstamm erzielt [214 ]. Ihre Wirksamkeit ist durch die periphere Wirkung alleine nicht zu erklären, da
den Capsaicin induzierten Husten nur systemisch appliziertes Morphin oder Kodein antagonisieren
kann [215 ]. Weitere natürliche und synthetische Opiate (Dihydrocodein, Dextromethorphan und
Noscapin) sowie einige synthetische und pflanzliche Arzneimittel ohne Suchtpotenz
haben eine zentrale antitussive Wirkung (Tab. [22 ] und Tab. [23 ]). Bei den Opiaten müssen neben der Suchtpotenz die atemdepressive Wirkung (bei bestehender
respiratorischer Globalinsuffizienz, z. B. bei COPD wichtig), die Obstipation und
die Sedierung berücksichtigt werden. Bei produktivem Husten sind sie kontraindiziert.
Opiate stellen den Goldstandard der antitussiven Wirkung dar. Beim Husten im Rahmen
akuter Infekte der oberen Atemwege (Kapitel 5.1) und beim postinfektiösem Husten (Kapitel
5.6) sind jedoch Dexometorphan oder Standarddosen bis zu 120 mg Codein/die nicht wirksamer
als Plazebo [216 ]
[217 ]
[218 ]. Allerdings hat Plazebo gegenüber „Nichtbehandlung” beim Husten einen starken Effekt,
der auf die zentrale Hustenregulation über endogene Opioide zurückgeführt wird [216 ]. Zu weiteren, chemisch definierten (Tab. [23 ]) und pflanzlichen (Tab. [22 ]) Antitussiva gibt es nur wenig ältere, methodisch den heutigen Anforderungen nicht
entsprechende Literatur. Eine Übersicht zu den teils widersprüchlichen Ergebnissen
in Hinblick auf die klinische Wirksamkeit der Antitussiva ist bei [180 ] zu finden..
Nr.
Empfehlung: Antitussiva
Empfehlungsgrad
Evidenzgrad
E42
Therapie des akuten Reizhustens mit Antitussiva.
B
3a
Tab. 22 Pflanzliche Antitussiva
Phytopharmakon Wirkstoff
Nebenwirkungen
Thymian Spitzwegerich Drosera Wollblumen
Allergie Magen-Darm Alkoholgehalt beachten
Tab. 23 Synthetisch hergestellte Antitussiva
Wirkstoff
Nebenwirkung
Codein Dihydrocodein
Suchtpotenz, Atemdepression Obstipation, Übelkeit
Dextrometorphan
Obstipation, Übelkeit
Clobutinol
Übelkeit
Pentoxyverin
Übelkeit, Müdigkeit
Noscapin
Kopfschmerzen, Übelkeit
10.5 Hustentherapeutika mit Wirkung am Effektororgan (Muskelrelaxanzien)
Muskelrelaxanzien des Curaretyps reduzieren bei beatmeten Patienten den Ventilator-induzierten
Husten. Über therapeutische Anwendungen von Muskelrelaxanzien liegen nur Angaben über
das zentrale Muskelrelaxans Baclofen von einer Arbeitsgruppe vor [219 ]
[220 ]. Baclofen ist wirksam in Dosen von 3 × 10 mg/die, allerdings sind zahlreiche Nebenwirkungen
zu beachten, und es liegt keine Zulassung für diese Indikation vor.
11 Komplikationen des Hustens
11 Komplikationen des Hustens
In der Expulsionsphase des Hustens entstehen intrathorakale Drücke bis zu 300 kPa.
Hierdurch können in den verschiedenen Organsystemen Komplikationen (Tab. [24 ]) auftreten. Die häufigsten Komplikationen eines chronischen Hustens sind alltäglich:
Erschöpfung, Schlaflosigkeit, stechende Thoraxschmerzen, Stressinkontinenz der Frau,
Heiserkeit, psychische Störungen [221 ]. Die in der Tab. [24 ] aufgeführten seltenen Komplikationen basieren auf Kasuistiken und haben den.
Tab. 24 Komplikationen des Hustens
Harninkontinenz (bei Frauen)
Heiserkeit
Stechende Brustschmerzen
Auslösung von Asthmaanfällen bei Asthma bronchiale
Konjunktivale Einblutungen
Epistaxis
Gastroösophagealer Reflux
Petechiale Blutungen
Rippenfraktur*
Mediastinalemphysem
Hustensynkope**
Epileptischer Anfall ausgelöst durch Husten**
Ruptur des Zwerchfells [222 ]
Kopfschmerzen
Leistenhernie
Rectus abdominis Ruptur
*„Spontane” Rippenfrakturen können Folge von schweren Hustenanfällen sein [223 ]
[224 ]; sie treten meist bei Patienten unter systemischer Kortisontherapie auf, oft an
der Knochen/Knorpelgrenze. Im letzteren Fall verursachen sie einen lokalen Druckschmerz,
sind aber im Röntgenbild nicht sichtbar. Zur Diagnose ist die Knochenszintigraphie
geeignet. Es sollte stets eine pathologische Fraktur (z. B. Knochenmetastasen eines Prostatakarzinoms)
ausgeschlossen werden. ** Klinisch problematisch erscheint manchmal die Differenzialdiagnose der Hustensynkope
von epileptischen Anfällen, die mit Husten eingeleitet werden (Aura) [226 ]. Der Patient mit Hustensynkope ist meist adipös-muskulös, leidet an COPD und verliert
das Bewusstsein in Rahmen eines Hustenanfalles infolge der intrathorakalen Drucksteigerung,
welche den venösen Rückfluss zum Herzen für die Dauer des Hustenstoßes unterbindet
und den arteriellen Zufluss zum Gehirn verringert. Die Erhöhung des zentralen Venendruckes
pflanzt sich auch intrazerebral fort, es kommt zusätzlich zu einer Stase [225 ]. Durch Husten kann auch ein atrioventrikulärer Block und dadurch bedingt die Synkope
provoziert werden [44 ]
[46 ]. Husten als Aura eines epileptischen Anfalles kann hingegen bei jedem Patienten
mit zerebralem Krampfleiden (häufig bereits anamnestisch bekannt) auftreten und geht
eher mit Hüsteln, denn mit kräftigem Husten, oft bei respiratorisch gesunden Patienten,
einher.
Anhang 1
Anhang 1
Teilnehmer des ersten Konsensustreffens am 12. 12. 2002 im Maingau Krankenhaus, Frankfurt
am Main:
Dr. Helmut Sitter, Marburg, Leiter der Diskussion (AWMF) Prof. Dr. Adrian Gillissen, Ko-Autor (Pneumologe, Krankenhausarzt), Leipzig Dr. Peter Kardos, federführend (niedergelassener Internist und Belegarzt), Frankfurt Dr. Jens Kleinschmidt, eingeladener Vertreter der Pharmaindustrie (Zambon) Kerpen Prof. Dr. Ludger Klimek, HNO-ärztlicher Berater (niedergelassener HNO-Arzt), Wiesbaden Frau Marianne Krohn (Hausfrau, eingeladener Vertreter der Patientenliga e. V.) Frankfurt Dr. Harald Mitfessel, Ko-Autor (niedergelassener Pneumologe), Remscheid Prof. Dr. Harald Morr, Ko-Autor (Pneumologe, Krankenhausarzt), Greifenstein Prof. Dr. Gerhard Schultze-Werninghaus, Ko-Autor (Pneumologe, Krankenhausarzt), Bochum Dr. Thomas Voshaar, Ko-Autor (Pneumologe, Krankenhausarzt), Moers Prof. Dr. Heinrich Worth, Ko-Autor, Vertreter der Leitlinienkommission der DGP (Pneumologe,
Krankenhausarzt), Fürth
Entschuldigt: Prof. Dr. V. F. Eckardt, Berater in Gastroenterologie (Gastroenterologe, Deutsche
Klinik für Diagnostik, Wiesbaden Prof. Dr. Detlef Kirsten, Ko-Autor (Pneumologe, Krankenhausarzt), Großhansdorf Prof. Dr. Claus Vogelmeier, Ko-Autor (Pneumologe, Krankenhausarzt), Marburg Prof. Dr. Ulrich Cegla, Ko-Autor, (niedergelassener Pneumologe), Dernbach
Teilnehmer des zweiten Konsensustreffens am 20.02.2003 im Maingau Krankenhaus, Frankfurt
am Main:
Dr. Helmut Sitter, Marburg Dr. Hering, Thomas, Vertreter des Berufsverbandes der Pneumologen (niedergelassener
Pneumologe), Berlin Prof. Dr. Adrian Gillissen, Leipzig Dr. Peter Kardos, Frankfurt Petra Kirchner (Vertreter des Verbandes der Physiotherapeuten), Frankfurt Prof. Dr. Detlef Kirsten (Koautor und Vertreter der Leitlinienkommission der DGP),
Großhansdorf Prof. Dr. Ludger Klimek, Wiesbaden Frau Marianne Krohn, Frankfurt Dr. Harald Mitfessel, Remscheid Prof. Dr. Harald Morr, Greifenstein Prof. Dr. Claus Vogelmeier, Marburg Dr. Thomas Voshaar, Moers Prof. Dr. Heinrich Worth, Fürth
Entschuldigt: Prof. Dr. V. F. Eckardt, Wiesbaden Prof. Dr. G. Schultze-Werninghaus, Bochum Prof. Dr. Ulrich Cegla, Dernbach
Anhang 2
Anhang 2
Ableitung von Qualitätsindikatoren aus der Leitlinie Husten
Die vorliegende systematisch entwickelte Leitlinie erfüllt die geforderten formalen
und inhaltlichen Anforderungen hinsichtlich ihrer systematischen Entwicklung (Konsensusfindung, Algorithmen, Evidenz). Auch die diagnostischen und therapeutischen
Wahrscheinlichkeiten und die Kosteneffektivität sind bei den Empfehlungen berücksichtigt worden. In diesem Anhang 2 werden Vorschläge
für mögliche Qualitätskriterien- und -indikatoren genannt, die es erlauben könnten
aufgrund einer Outcome-Analyse Hinweise auf die Qualität der Versorgung in einer medizinischen
Einrichtung zu erhalten [227 ].
Husten ist keine eigenständige Krankheit sondern das Symptom der meisten pulmonalen
und einiger extrapulmonalen Erkrankungen, die in ihrem subjektiven und objektiven
Krankheitswert und in ihrer Prognose stark differieren. Im Gegensatz zu definierten
Erkrankungen wie Asthma oder Mammakarzinom lassen sich einheitliche klinische Messgrößen,
wie Überlebensrate, Lebensqualität etc. als Qualitätsindikator nicht definieren, da
sie in erster Linie von der Grundkrankheit wie Bronchialkarzinom oder Rhinitis abhängig
sind. Folgende integrierte klinische Messgrößen sind für die Qualität der Versorgung
in einer medizinischen Einrichtung von Patienten mit dem Symptom Husten geeignet:
1. Zur Überprüfung der Prozessqualität der medizinischen Einrichtung
Die Prüfung der Adhärenz zu der Leitlinie gibt Aufschluss über die Prozessqualität
der Einrichtung. Dies beinhaltet die Einhaltung der auf Wahrscheinlichkeit, Invasivität
der Methode und Kosten/Nutzenanalyse ruhenden vorgeschlagenen Reihenfolge der Untersuchungen
für den Regelfall im Rahmen der Diagnostik des Hustens. Begründete Abweichungen hiervon
sind zu akzeptieren.
Die volle Ausschöpfung der diagnostischen Möglichkeiten für ungeklärte Fälle ist im
Rahmen der Prüfung der Strukturqualität ebenfalls zu untersuchen (Tab. [25 ]).
Tab. 25 Beispiele für Qualitätsmerkmale für die Beurteilung der Prozessqualität bei Diagnostik
des Hustens in einer Einrichtung
Stufendiagnostik laut Empfehlung der Leitlinie
Qualitätsmerkmal
bei CPH vor Einleitung der technischen Diagnostik ACE-Hemmer absetzen und Effekt abwarten
% Anteil der Patienten unter ACE-Hemmer Medikation, die eine technische Diagnostik
durchliefen
bei chronischem Husten ist in beinahe 100 % eine Thorax-Röntgenaufnahme erforderlich
% Anteil der Patienten mit chronischem Husten ohne Röntgen-Thorax
Erkrankungen der oberen Atemwege sind häufig für CPH verantwortlich, ihr Ausschluss
ggf. durch HNO-Untersuchung steht am Anfang der Diagnostik
% Anteil der CPH Patienten mit negativem Röntgen-Thoraxbild und CT des Thorax ohne
vorherige HNO Untersuchung
bei CPH ist die unspezifische bronchiale Provokation vor Bronchoskopie empfohlen
% Anteil der Patienten mit CPH und Bronchoskopie, ohne vorherige Provokation
bei unklarem chronischen Husten ist am Ende der Diagnostik immer eine Bronchoskopie
indiziert
% Anteil der Patienten mit nicht abgeklärtem chronischem Husten ohne Bronchoskopie
2. Zur Überprüfung der Outcome
Anmerkung: Die Ergebnisqualität kann nur bei CPH als homogene Diagnosegruppe erfasst
werden. Bei Bronchialkarzinom, Tuberkulose, Pneumonie etc. erfolgt die Outcome-Analyse
nicht für den Husten, sondern für die Grunderkrankung.
Tab. 26 Beispiele für Qualitätsmerkmale für die Beurteilung der Ergebnisqualität bei Diagnostik
des Hustens in einer Einrichtung
Outcome-Merkmal
Qualitätsmerkmal
bei adäquater Therapie und Compliance ist ein Therapieerfolg bei CPH in > 80 % der
Fälle zu erwarten
% Anteil der Patienten ohne Therapieerfolg
Anhang 3
Anhang 3
Zusammenfassung (Abstract) der Leitlinie Husten
Ziele: Evidenzbasierte Empfehlungen für Ärzte zur Verbesserung der Diagnostik und Therapie
des Hustens zu geben.
Erstellung: nach elektronischer Literaturrecherche wurde vom federführenden Autor ein erster
Entwurf erstellt und an die von der Leitlinienkommission der Deutschen Gesellschaft
für Pneumologie benannten Koautoren (Ärzte verschiedener Fachrichtungen, Vertreter
der Fachgesellschaften, Patientenvertreter, Industrievertreter, Physiotherapeutenverband)
geschickt. In 2 Konsensustreffen und in Delphi Verfahren sowie nach Begutachtung durch
zwei unabhängige Pneumologen entstand die endgültige Version und eine Kurzversion.
Eine weitere Version für Patienten liegt vor.
Ergebnisse: Das Symptom Husten wurde als akut oder chronisch klassifiziert und verschiedenen
Krankheitsbildern zugeordnet. Diagnostische Algorithmen für die Abklärung des akuten
und chronischen Hustens wurden entwickelt, auf die häufigsten Fehler in der Diagnostik
und auf Kostengesichtspunkte hingewiesen. Falls eine kausale Therapie nicht möglich
oder nicht ausreichend ist, sollte die symptomatische Therapie eingeleitet werden.
Therapeutische Maßnahmen wurden nach Wirkungsmechanismus aufgeführt. Komplikationen
des Hustens und Vorschläge für das Qualitätsmanagement werden genannt.
Evidenz: Empfehlungsgrad und Nachweisstärke der Effektivität wurden entsprechend dem Centre
of Evidence Based Medicine, Oxford, 1999 nach Empfehlungsgraden A, B, C und D sowie
Evidenzgraden 1a-c, 2a-c, 3a-b, 4 und 5 zugeordnet.
Nutzen: Die Leitlinie hilft mit ihrer Systematik auch schwer zu diagnostizierende Patienten
mit Husten zielgerichtet, beschleunigt und kostensparend abzuklären. Hierdurch wird
die Symptomatik und Lebensqualität der betroffenen Patienten zweifelsfrei gebessert,
wenngleich hierfür keine evidenzbasierten Daten vorliegen.
Kosten: Kostengesichtspunkte wurden weitestgehend berücksichtigt. Es konnte evidenzbasiert
angegeben werden, ab welchem Zeitpunkt nach Auftreten des Hustens eine intensive Diagnostik
erforderlich ist und welche Reihenfolge der Untersuchungen aufgrund der Symptome und
der Häufigkeit der Ursache am zweckmäßigsten und kostengünstigsten ist.
Wirksamkeit der Empfehlungen: es ist mit höchster Evidenzgrad belegt, dass die überwältigende Mehrheit der Patienten
mit Husten abgeklärt und einer wirksamen Therapie zugeführt werden kann.
Implementierungsplan: Publikationen in Fachzeitschriften für Pneumologen, Internisten HNO- und Allgemeinärzte
sowie auf der Internetseite der AWMF, der Fachgesellschaften und der Deutschen Atemwegsliga.
Gültigkeitsdauer: Aktualisierung spätestens nach 3 Jahren.
Fortschreibung: In Verantwortung der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie.
Sponsoren: Die Kosten für die Konsensustreffen wurden von der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie
getragen. Sonstige Kosten (Honorare) wurden nicht gezahlt.
Zusammenfassende Empfehlung: beim akuten Husten genügen in der Regel die Erhebung der Anamnese und die körperliche
Untersuchung. Wenn der Husten nach 8 Wochen persistiert, sind eine Röntgenaufnahme
der Thoraxorgane und eine Lungenfunktionsuntersuchung indiziert. Hierdurch ergeben
sich in der Mehrzahl der Fälle Hinweise für das weitere Vorgehen. Ist dies nicht der
Fall, ist eine gezielte weitere Diagnostik der häufigsten drei infrage kommenden Erkrankungen
erforderlich: Husten als Asthmaäquivalent, Erkrankungen im Bereich der oberen Atemwege
und Husten infolge von gastroösophagealem Reflux.