Kasuistik
Kasuistik
Ein 54-jähriger Werkzeugmacher wurde mit einem Infekt der oberen Luftwege und zunehmender
Dyspnoe ins Krankenhaus eingewiesen. Seit zwei Wochen bestanden trockener Husten,
Dyspnoe, Kopf- und Gliederschmerzen, sowie Übelkeit und Diarrhoen ohne Fieber. Zusätzlich
war dem bis zu diesem Zeitpunkt vollkommen gesunden Mann eine Dunkelverfärbung des
Urins aufgefallen. Ein von seinem Hausarzt verschriebenes Oral-Cephalosporin der III.
Generation hatte nicht zu einer Besserung der Symptomatik geführt.
Bei der stationären Aufnahme befand sich der Patient bereits in einem stark reduzierten
Allgemeinzustand. Im Vordergrund standen eine ausgeprägte Atemnot bei geringer körperlicher
Belastung sowie Schwindel. Bei der körperlichen Untersuchung fiel ein generalisierter
Ikterus bei sonst blassem Hautkolorit auf.
Dazu passend war das Gesamt-Bilirubin mit 6,2 mg/dl erhöht (indirektes Bilirubin 4,61
mg/dl). Das blasse Hautkolorit und die Belastungsluftnot waren Folge einer normozytären
ausgeprägten Anämie mit einem Hb von 4,3 mg/dl. Im Serum konnten ferner weitere pathologische
Werte erhoben werden: CRP 300 mg/dl (- 5), Leukozyten 51 000/µl (Linksverschiebung),
Blutgasanalyse unter 5 l O2/min: pO2 68 mm Hg, pCO2 30 mm Hg, pH 7,40, BE - 5,1 mmol/l.
Eine Blutgruppenbestimmung war initial aufgrund eines stark hämolytischen Materials
nicht möglich. Als Ursache für die starke Hämolyse konnten Kälte-Agglutinine mit einem
Titer von 1 : 10 112 nachgewiesen werden. Die Blutgruppenbestimmung gelang dann mit
körperwarmem Blut und es wurde eine Transfusion mit angewärmten Erythrozytenkonzentraten
durchgeführt. Die zwischenzeitlich durchgeführten serologischen Untersuchungen ergaben
einen Mykoplasmen-Titer (KBR) von 1 : 1280, einen IgM-Titer von 178 U/ml und IgG-Titer
von 179 U/ml (ELISA).
Legionella-Antigen im Urin sowie der CMV-Test waren negativ. Die Röntgen-Thorax-Aufnahme
(Abb. [1]) zeigte kleinfleckige pulmonale Infiltrationen prä- und perikardial sowie beidseits
basal mit Betonung des rechten Lungenflügels. Im Computertomogramm des Thorax (Abb.
[2]) konnte eine beidseitige retikuläre und noduläre Zeichnungsvermehrung nachgewiesen
werden, die von beiden Hili ausgehend bis in die Lungenperipherie reichte. Bronchoskopisch
fand sich eine geringe Bronchitis.
Abb. 1 Rö-Thorax kleinfleckige pulmonale Infiltrationen prä- und perikardial sowie beidseits
basal mit Betonung des rechten Lungenflügels.
Abb. 2 CT-Thorax retikuläre und noduläre Zeichnungsvermehrung beidseits, von beiden Hili
ausgehend bis in die Lungenperipherie.
Nach zwei Wochen i. v. antibiotischer Therapie mit einem Makrolid und einem Cephalosporin
der III. Generation sowie der Transfusion von Erythrozytenkonzentraten kam es rasch
zu einer Besserung des Allgemeinbefindens des Patienten. Die radiologischen Veränderungen
bildeten sich vollständig zurück. Die Laborwerte waren bei Entlassung normal.
Einleitung
Einleitung
Im Jahre 1938 beschrieb Reimann erstmals den uncharakteristischen, atypischen Verlauf
einer Pneumonie, die nicht auf die damals gängigen Antibiotika ansprach, und prägte
den Begriff der atypischen Pneumonie [1]. Es handelte sich um den schleichenden Verlauf eines milden Infektes des Respirationstrakts
mit Dyspnoe, unproduktivem Husten, Kopfschmerzen und subfebrilen Temperaturen [2]
[3]
[4].
Initial wurden virale, interstitielle Pneumonien „atypisch” genannt, im Verlauf wurde
dieser Begriff auch für Pneumonien durch Legionellen, Chlamydien und Mykoplasmen verwendet.
Die Unterscheidung von typischen und atypischen Pneumonien ist jedoch klinisch, radiologisch
und laborchemisch oftmals nicht möglich, daher sollte der Begriff „atypische Pneumonie”
zurückhaltend verwendet werden.
Mycoplasma pneumoniae ist eine von 3 Mykoplasmen-Spezies, die häufig Infektionen bei
Menschen verursachen. Die beiden anderen Erreger, Mycoplasma hominis und Ureoplasma
ureolytikum, verursachen Erkrankungen des Urogenitaltrakts. Die Infektionsquelle für
Mycoplasma pneumoniae ist ausschließlich der Mensch. Die Erreger zeigen eine erhöhte
Affinität für das Flimmerepithel des Respirationstrakts [5]
[6]. Sie wachsen extrem langsam und stellen die kleinsten, bisher bekannten Organismen
dar, die sich in einem zellfreien Medium vermehren können. Ihre geringe Größe und
das Fehlen einer starren Zellwand sind die Gründe, warum diese Erreger nicht durch
übliche bakteriendichte Filter zurückgehalten werden können. Die fehlende Zellwand
erklärt ferner das elektronenmikroskopisch sichtbare klassische pleomorphe Aussehen
und ihre Resistenz gegenüber β-Laktam-Antibiotika. Ihre Fähigkeit, sich zu verformen,
versetzt die Mykoplasmen in die Lage sich entlang des Flimmerepithels fortzubewegen,
um sich schließlich auf die Epithelzelle zu legen. Anhand ihrer spezifischen Oberflächenantigene,
den Adhäsionen, heften sie sich an die Epithelzellen und führen durch Sekretion von
Enzymen sowie Produktion von Sauerstoff-Radikalen zu einer Zerstörung des Ziliarapparats
und schließlich der Zelle. Mykoplasmen vermehren sich extrazellulär und führen zu
charakteristischen submukosalen und peribronchialen Infiltraten vorwiegend bestehend
aus Plasmazellen und Lymphozyten. Neben der zellulären Immunantwort lösen sie auch
eine humorale Immunantwort aus. Dabei wird eine unspezifische polyklonale Antikörperbildung
induziert. Bei ca. 60 % der Patienten sind Kälteagglutinine nachweisbar, es handelt
sich hierbei um Autoantikörper die mit dem I-Antigen der autologen Erythrozyten interferieren.
Inzidenz
Inzidenz
Die Mykoplasmen-Pneumonie ist eine der häufigsten Formen der ambulant erworbenen Pneumonie.
Bei Kindern und Jugendlichen ist sie für 30 - 60 % der Pneumonien verantwortlich.
Die Angaben über die Häufigkeit als Erreger bei ambulant erworbenen Pneumonien bei
Erwachsenen schwanken zwischen 1,3 und 32,5 %, abhängig von der zugrundeliegenden
Population und der verwendeten Testverfahren [7]
[8]
[9]. Daten aus Deutschland liegen hierzu praktisch nicht vor.
Alle 4 - 6 Jahre treten Epidemien auf. Die Übertragung erfolgt durch Tröpfcheninfektion.
Dies erklärt auch die häufig auftretenden Endemien in Einrichtungen mit engem Körperkontakt
wie z. B. Kindergärten, Schulen, Kasernen und Familien [10]. In solchen Fällen sollte immer an die Möglichkeit einer Mykoplasmeninfektion gedacht
werden.
Die Infektion ist weltweit verbreitet und tritt vor allem in den kalten Jahreszeiten
(Herbst/Winter) auf [2].
Klinik und Verlauf
Klinik und Verlauf
Die Inkubationszeit der Mykoplasmeninfektion beträgt 2 - 3 Wochen. In 20 % der Fälle
verläuft sie asymptomatisch. Die meisten Infektionen laufen als mehr oder minder milde
Infektionen der oberen Atemwege oder als Tracheobronchitiden ab. Nur 3 - 10 % der
infizierten Personen entwickeln tatsächlich eine Pneumonie [11].
Bei Kindern und Erwachsenen mit einem exazerbiertem Asthma bronchiale finden sich
neben viralen Erregern gehäuft Mykoplasmen [12], die ätiologische Bedeutung dieses Befundes ist zur Zeit noch unklar.
Mykoplasmenpneumonien beginnen meist langsam mit Fieber, unproduktivem Husten, Kopfschmerz,
Kältegefühl und Abgeschlagenheit. Es wird nur wenig mukoides Sekret produziert. Im
Vergleich zu bakteriellen Pneumonien ist der Auskultationsbefund oft spärlich. Rasselgeräusche
sind erst nach Tagen bei mehr als 70 % der Kinder und Jugendlichen auskultierbar,
weitere häufige Symptome sind Pharyngitis, Rhinitis und Ohrenschmerzen [13].
Auch ohne Behandlung kommt es nach 14 Tagen zum Abklingen der Erkrankung, einzelne
Personen können bis zu 6 Wochen krank sein. Der Husten kann sehr protrahiert sein,
die interstitiellen oder retikulonodulären Infiltrationen im Röntgenbild des Thorax
können mehrere Monate bestehen bleiben. Lobär wirkende Infiltrationen kommen ebenfalls
vor.
Die extrapulmonalen Organmanifestationen sind ein wichtiger Teil der Erkrankung und
unterstützen den klinischen Verdacht auf eine Mykoplasmen-Infektion. Die initial beschriebene
Kasuistik beschreibt den fulminanten Verlauf einer Mykoplasmen-Pneumonie mit führender
Klinik bedingt durch die extrapulmonale Beteiligung im Sinne einer autoimmunhämolytischen
Anämie.
Neben hämolytischen Anämien werden unter anderem Exantheme, Arthritiden sowie eine
Beteiligung von Gastrointestinaltrakt, ZNS, Myokard und Niere beobachtet. Der Pathomechanismus
der extrapulmonalen Organmanifestation ist unter anderem durch die Antigenähnlichkeit
mit der Wirtszelle zu erklären, wodurch es zu einer Kreuzreaktion der Antikörper mit
Zellen in unterschiedlichen Organen kommt [2]. Weiterhin führt die direkte Anlagerung der Mykoplasmen, z. B. auf Epithelzellen,
zu einer Freilegung bzw. Strukturveränderung von Oberflächenantigenen, gegen die der
Körper mit einer Antikörperbildung reagiert [6]
[13]. Insgesamt bedingen beide Immunpathomechanismen die unterschiedliche Ausprägung
des klinischen Krankheitsverlaufes.
Hämolyse: Durch die Bildung von Kälteagglutininen kann es zu einer milden subklinischen Hämolyse
kommen, wobei eine Anämie, wie bei unserem Patienten, in nur 5 % der Fälle beobachtet
wird [2]. Obwohl schwere Verläufe beschrieben wurden ist dies meist kein klinisch relevantes
Problem.
Hautbeteiligung: Hautveränderungen (25 %) können von einer milden Form eines Exanthems bis hin zur
vollen Ausprägung eines Steven-Johnson-Syndroms variieren [14].
Zentrales Nervensystem: Eine ZNS-Beteiligung findet sich in ca. 0,1 % aller Infektionen mit M. pneumoniae
und bei bis zu 7 % der Patienten, die stationär behandelt werden müssen [15]. Beschrieben sind Meningitis, Meningoenzephalitis, zerebelläre Ataxie, Guillain-Barre-Syndrom
sowie zentrale und periphere Neuropathien.
Gastrointestinaltrakt: Ein Befall des Gastrointestinaltraktes (14 - 44 %) erstreckt sich von einer leichten
Diarrhoe und Übelkeit bis hin zu einer Pankreatitis und Hepatitis [2].
Herz: Es wurden u. a. Myokarditis, Perkarditis, Rhythmusstörungen und EKG-Veränderungen
beschrieben [13].
Rheumatologische Symptome sind Arthralgien und Myopathien (14 - 45 %). Selten wurde
eine Nierenbeteilung auf dem Boden einer Glomerulonephritis beschrieben [16]. In den letzten Jahren wurden des weiteren u. a. Rhabdomyolysen, arterielle Thrombosen
sowie das Auftreten eines hämophagozytischen Syndroms im Rahmen einer Mykoplasmen-Infektion
beschrieben [17]
[18]
[19].
Meist verläuft die Erkrankung mild, die Temperatur sinkt nach 3 - 10 Tagen. Aber auch
schwere Verläufe mit Multiorganversagen und Entwicklung eines ARDS (adult respiratory
distress syndrome) sind beschrieben worden [11]. Die Mortalitätsrate dieser häufigen atypischen Pneumonie beträgt 3 % [20]. Folgezustände nach Mykoplasmeninfektionen kommen praktisch nicht vor, die Prognose
ist insgesamt günstig.
Der radiologische Befund einer Mykoplasmen-Pneumonie ist nicht wegweisend. Die vielfältigen
bildmorphologischen Veränderungen in der Lunge führen häufig zu Fehldiagnosen. Eine
noduläre Infiltration kann eine Tuberkulose, Sarkoidose oder eine Pilzpneumonie vortäuschen
[3]. Eine hiläre Adenopathie kann auch mit einem malignen Prozess oder einer Granulomatose
vereinbar sein. Am häufigsten sieht man bei der Mykoplasmen-Pneumonie eine einseitig
peribronchiale Infiltration mit diffus retikulärer oder homogen interstitieller Zeichnungsvermehrung.
Prädilektionsstellen sind die basalen Abschnitte der Lunge mit Bevorzugung des rechten
Lungenflügels. Nur in 25 % der Fälle kommt es zu einem beidseitigen Befall. Ein Pleuraerguss
wird in 2 - 20 % der Fälle beobachtet [11]; selten kommt es zur Ausbildung eines Pleuraempyems.
Diagnostik
Diagnostik
Eine Mykoplasmen-Pneumonie lässt sich trotz genauer Anamnese, klinischer Untersuchung,
Labor- und Röntgenkontrolle nicht zuverlässig von anderen atypischen Erregern einer
Pneumonie wie Chlamydien oder Legionellen unterscheiden [21].
Laborchemische Zeichen einer Coombs-positiven hämolytischen Anämie finden sich bei
ca. 60 % der Patienten. Ursächlich sind erhöhte Titer für Kälteagglutinine, die einfach
und schnell bestimmt werden können. Der Nachweis von hohen Titern für Kälteagglutinine
bei Patienten mit einer ambulant erworbenen Pneumonie hat somit einen hohen prädiktiven
Wert für das Vorliegen einer Mykoplasmen-Infektion. Die Leukozyten sind in den meisten
Fällen (75 - 90 %) nicht erhöht.
Die kulturelle Anzucht des Erregers ist für die Routinediagnostik nicht geeignet,
da sie technisch anspruchsvoll ist und teilweise erst nach 3 Wochen ein Ergebnis liefert.
Zudem ist ein rascher Transport der Probe in komplexen Medien notwendig. Die Sensitivität
der Kultur liegt bei 64 % [22].
Die Diagnose der Mykoplasmen-Pneumonie stützt sich deshalb nicht auf einen kulturellen
Nachweis, sondern vor allem auf die Serologie. Für die serologische Diagnostik werden
verschiedene Testverfahren (KBR, EIA, ELISA) eingesetzt. Sensitivität und Spezifität
liegen zwischen 55 und 100 %, abhängig von der gewählten Methode, dem Testzeitpunkt
und der getesteten Patientenpopulation [23].
Bevorzugt wird auch aufgrund der geringeren Kosten, die KBR. Die Antikörper erreichen
1 - 3 Wochen nach Beginn der Infektion maximale Werte. Bei Vorliegen eines Titers
von >1 : 64 bzw. einem 4fachen Titeranstieg innerhalb von 3 - 4 Wochen [24] ist eine Mykoplasmen-Infektion sehr wahrscheinlich. Bei schweren Entzündungsreaktionen
anderer Genese wie Meningitis und Pankreatitis können falsch-positive Befunde auftreten.
Die Sensitivität der KBR liegt bei 90 % [22], höhere Sensitivität und Spezifität bieten EIA-basierte Verfahren, mit denen spezifische
IgG- und IgM-Antikörper bestimmt werden können.
Problem aller serologischen Teste ist die Latenzzeit bis zur Bildung spezifischer
Antikörper. Die serologischen Befunde sind zeitaufwendig und stehen bei dramatischen
Krankheitsverläufen nicht rechtzeitig zur Verfügung. In der akuten Erkrankungsphase
sind IgM-Antikörper häufig noch nicht nachweisbar, so dass die Serologie dann nach
einigen Tagen wiederholt werden muss. Eine kürzlich erschienene Arbeit, die vier verschiedene
Serologien verglich, zeigte eine drastische Zunahme der Sensitivität, wenn der Test
nach einigen Tagen wiederholt wurde [25]. Bei Patienten mit reduzierter Immunabwehr finden sich serologisch häufig falsch
negative Befunde.
Daher wurden neuere Nachweismethoden wie die PCR entwickelt, um Patienten bereits
beim ersten Auftreten von Symptomen zu identifizieren. Die PCR hat den Vorteil einer
hohen Sensitivität, verbunden mit einem schnellen Testergebnis. Mit Hilfe der PCR
kann genomische DNA direkt nachgewiesen werden, ein hochsensitiver und spezifischer
Nachweis von Mycoplasma pneumoniae bei Patienten mit respiratorischen Infekten ist
damit möglich [26]
[27]. Ein Erregernachweis mittels PCR gelingt unter anderem in der bronchoalveolären
Lavage (BAL), im Trachealsekret, im Sputum, Abstrichen aus Rachenraum und Nase sowie
im Pleuraerguss. Als Zielsequenzen sind unter anderem die Gensequenz des P1-Adhäsins,
die 16S-RNA-Gensequenz sowie genomische Sequenzen von spezifischen Enzymen beschrieben.
Die meisten der verwendeten PCR-Assays unterscheiden sich in mehreren methodischen
Punkten, so dass die Ergebnisse teilweise nur bedingt miteinander vergleichbar sind.
Die Sensitivität liegt abhängig vom PCR-Format und benutztem Referenzsystem bei 65
- 94 %, die Spezifität bei 90 - 100 % [23]
[28].
Neuere Entwicklungen sind Real-Time-PCR, Multiplex-PCR und nested-PCR [29]. Durch die Real-Time-PCR, die auf der Detektion des Amplifikats durch fluoreszenzmarkierte
Sonden schon während der PCR-Reaktion beruht, ist es gelungen die Untersuchungszeit
von 7 auf 2 - 3 Stunden zu verkürzen. Zudem ist eine Quantifizierung des Erregers
möglich. Eine Zunahme der Sensitivität wird bei der geschachtelten (nested) PCR erreicht.
Dabei dient das PCR-Produkt aus der ersten PCR als Template für eine zweite Reaktion
mit einem Primerpaar, welches innerhalb des ersten PCR-Fragments seine Bindungsstellen
hat. Multiplex-PCRs dienen dem gleichzeitigen Nachweis mehrerer Erreger (z. B. Legionella
pneumophila, M. pneumoniae, Chlamydia pneumoniae) [30]. Multiplex-PCRs könnten zukünftig ein wichtiges Instrument sowohl für epidemiologische
Studien, als auch für die individuelle Diagnosefindung werden.
Zu beachten ist, dass Mycoplasma pneumoniae mittels PCR auch bei 1 - 3 % gesunder
Individuen nachgewiesen werden kann [31]. Eine adäquate Validierung und Standardisierung der PCR-Methodik ist bisher nicht
erfolgt, jedoch unbedingt notwendig.
Es gibt bisher nur wenige publizierte Daten über den klinischen Wert der neueren PCR-Methoden,
die zudem mit hohen Kosten verbunden sind. Grundsätzlich ist angesichts des in der
Regel komplikationslosen klinischen Verlaufes und einer kalkulierten Therapie, die
M. pneumoniae miteinbezieht, der direkte oder indirekte Nachweis des Erregers von
sehr untergeordneter Bedeutung.
Therapie
Therapie
Die Therapie der Mykoplasmen-Pneumonie ist, aufgrund des Fehlens eines sofort im klinischen
Alltag einsetzbaren Testes, die bei der ambulant erworbenen Pneumonie übliche kalkulierte
Therapie. Bei einer Pneumonie jüngerer Patienten (unter 65 Jahre) ohne Grunderkrankung
sind die häufigsten Krankheitserreger Pneumokokken, Mykoplasmen, Chlamydien und Haemophilus
influenzae. Eine initiale empirische Therapie kann, gemäß den Leitlinien, bei leichten
bis mittelschweren Verlaufsformen mit Makroliden, Cephalosporinen der Gruppe 2, Aminopenicillinen/β-Lactamase-Hemmern,
Fluorchinolonen der Gruppe 3 oder 4 und bei Kenntnis der lokalen Resistenzsituation,
ggfs. auch mit Tetracyclinen eingeleitet werden [32]
[33].
Die vorbestehende in unserem Fallbericht durchgeführte ambulante Therapie mit einem
Oral-Cephalosporin der III. Generation entspricht nicht den Empfehlungen zur ambulanten
Therapie der Pneumonie bei einem Patienten ohne Co-Morbidität und deckt das Spektrum
der atypischen Erreger nicht ab. Nach stationärer Aufnahme des Patienten wurde die
empirische Antibiotikatherapie mit einem Cephalosporin der III. Generation und einem
Makrolid aufgrund der Einordnung als schwere ambulant erworbene Pneumonie intravenös
durchgeführt.
Zur spezifischen Therapie der Mykoplasmen-Pneumonie stehen heutzutage Makrolide, Ketolide,
Fluorchinolone der Gruppe IV sowie Tetracycline zur Verfügung [34]. Unwirksam sind alle Antibiotika die die Zellwandsynthese hemmen (z. B. Penicilline,
Cephalosporine).
Tetracycline, insbesondere das Doxycyclin galten lange Zeit neben den Makroliden bei
Mykoplasmeninfektionen als Antibiotika der ersten Wahl. Aufgrund der zunehmenden Resistenzentwicklung
(Pneumokokken 10 - 15 %, Haemophilus influenzae 2 - 3 %) und Nebenwirkungen ist der
Einsatz von Tetracyclinen nur noch bedingt, und dann zur gezielten Erregertherapie
zu empfehlen.
Makrolide sind seit etwa 40 Jahren etablierte Antibiotika. Sie zeigen in vitro gegenüber
Mykoplasmen neben Telithromycin die höchste Aktivität [35]. Der erste Wirkstoff dieser Gruppe war Erythromycin. In den letzten Jahren sind
die halbsynthetisch hergestellten Makrolide Roxithromycin, Clarithromycin und Azithromycin
neu eingeführt worden. Gegenüber Erythromycin zeichnen sich die neueren Makrolide
durch verbesserte pharmakokinetische Eigenschaften und geringere gastrointestinale
Nebenwirkungen aus. Azithromycin und Clarithromycin haben zudem ein günstigeres antimikrobielles
Spektrum als Erythromycin und stellen heutzutage die Therapie der Wahl dar. Bei Endemien
in Gemeinschaftseinrichtungen wurde eine frühzeitige antibiotische Therapie und gegebenenfalls
Prophylaxe mit Clarithromycin oder Azithromycin als effektiv beschrieben [36]
[37].
Chinolone wirken bakterizid und sind in vitro grundsätzlich wirksam gegen M. pneumoniae.
Die neueren Substanzen, u. a. Levofloxazin, Gatifloxazin, Moxifloxazin, sollten aufgrund
der stärkeren Aktivität gegen Mykoplasmen bevorzugt werden [38].
Auch Telithromycin, ein Ketolid-Antibiotikum, zeigt sich in bisherigen Studien als
vergleichbar mit den Makroliden [39]. Ketolide sind neu entwickelte Substanzen, die den Makroliden sowohl in ihrer Struktur,
als auch in ihrem Wirkspektrum ähneln. Telithromycin wurde bereits mit gutem Erfolg
bei Patienten mit ambulant erworbener Pneumonie und atypischem Erreger eingesetzt
[40]
[41].
MHK-Werte der zur Verfügung stehenden Antibiotika sind in Tab. [1] dargestellt.
Tab. 1 Empfindlichkeit von Mycoplasma pneumoniae gegenüber verschiedenen Antibiotika in vitro
(Daten aus: [38]
[42]
[43]
[44]
[45])
Antibiotikum |
MHK50 (µg/ml) |
MHK90 (µg/ml) |
Clarithromycin
|
0,001 - 0,03 |
0,001 - 0,03 |
Azithromycin
|
0,001 - 0,015 |
0,001 - 0,03 |
Roxithromycin
|
0,0039 - 0,12 |
0,0019 - 0,25 |
Erythromycin
|
0,0019 - 0,06 |
0,0019 - 0,06 |
Telithromycin
|
< 0,015 |
< 0,015 |
Ciprofloxazin
|
2,0 |
1 - 5 |
Levofloxazin
|
0,5 - 1,0 |
0,5 - 2,5 |
Gatifloxazin
|
0,25 |
0,06 - 0,5 |
Moxifloxazin
|
0,063 - 0,12 |
0,12 - 0,3 |
Doxycyclin
|
0,12 - 0,25 |
0,25 - 0,5 |
Zusammenfassend sind Makrolide die am häufigsten eingesetzten Antibiotika bei Mykoplasmeninfektionen,
alternativ stehen Ketolide, Fluorchinolone sowie Tetracycline zur Verfügung.