Der gebetsmühlenartige Gebrauch des im modernen Bildungsbetrieb häufig benutzten Begriff-Dreierpacks
Aus-, Fort- und Weiterbildung darf nicht davon ablenken, dass sich dahinter nicht
selten ein inhaltlich und konzeptionell schwach oder ungenau formulierter Handlungskatalog
verbirgt. Klar ist der Begriff Ausbildung, der die berufliche und wissenschaftliche
Vermittlung einer bestimmten Disziplin bezeichnet. Die beiden Begriffe Fort- und Weiterbildung
werden dagegen oft synonym gebraucht, obgleich sie eine doch deutlich verschiedene
Bedeutung haben. So dient die Fortbildung der Vermittlung von Wissensinhalten, die
nicht an eine bestimmte berufliche Zielsetzung gekoppelt ist und schon gar nicht die
breite Vermittlung spezifischer Wissensinhalte einer spezifischen Disziplin bedeutet.
Im Gegensatz dazu soll die Weiterbildung zur beruflichen disziplinorientierten fachlichen
Spezialisierung beitragen, die vor allem im medizinischen Bereich durch die Bundesärztekammer
fachbezogen und inhaltlich präzisiert in der Weiterbildungsordnung niedergelegt ist.
Die Fortbildung im Allgemeinen aber auch die wissenschaftliche Weiterbildung im Besonderen
haben in den letzten Jahrzehnten gewaltige Veränderungen erfahren. So wächst nicht
nur der Umfang an Erkenntnissen und Daten exponentiell, wobei dem Wissen häufig unzulässigerweise
eine kurze Halbwertszeit angeheftet wird. Vor allem die Erkenntnisse aus den Forschungs-
und Arbeitsbereichen, die nicht mehr einer spezifischen, klassischen Disziplin zugeordnet
werden können - da sie mit neuen Arbeitstechniken und neuen Forschungsverfahren wissensrelevante
Fakten schaffen und typischerweise fachübergreifend mehrere Disziplinen mit deren
unterschiedlichen Arbeitsmitteln betreffen - werden zunehmend unverdaulich. Die Deutsche
Gesellschaft für interdisziplinäre klinische Medizin (DGIKM) e.V. und deren Publikationsorgan
klinikarzt fokussieren sich auf diese interdisziplinären Bereiche und bereiten diese auf, um
sie für die Fort- und Weiterbildung verfügbar zu machen.
Sprechen wir von Interdisziplinarität, geht es nicht nur darum, mehrere Disziplinen
mit ihren Arbeitsmethoden und Sachinhalten aneinander zu reihen. Vielmehr handelt
es sich gerade bei den neuen Problemfeldern um Bereiche, die ganz neu zwischen den
Disziplinen - was der Begriff Interdisziplinarität eigentlich bedeutet - angesiedelt
sind und die Erarbeitung und Verfügbarkeit neuer Untersuchungsmethoden und damit neuer
Verständnisprozesse erfordern.
Welche Auswirkungen werden diese neuen Entwicklungen auf die berufliche Fort- und
Weiterbildung haben? Hierzu ein praktisches Beispiel: Wird ein in den Ingenieurwissenschaften
diplomierter Wissenschaftler in der medizintechnischen Arbeitswelt eingesetzt, ist
dies bislang institutionell nicht abgedeckt. Ohne spezifische, professionelle, harte
Berufsfeldkenntnisse wird er jedoch nicht innovativ sein können, da seine Aufgabe
beispielsweise ein Verständnis der Wechselwirkungen technischer Systeme mit Organen
erfordert - wie dies zum Beispiel bei einem Defibrillator zur Wiederbelebung eines
stillstehenden Herzens der Fall ist. Das Curriculum einer ingenieurswissenschaftlichen
Ausbildung deckt diese Bereiche verständlicherweise nicht ab. Völlig realitätsfern
wäre es jedoch, anzunehmen, dass solche Berufsfelder nur durch Personen getragen werden
könnten, die sich mehreren Studien und Disziplinen gewidmet haben.
Es ist also nötig, im Rahmen der Weiterbildung in diesen Bereichen, das für die Berufswelt
erforderliche Zusatzwissen in kurzer Zeit zu vermitteln. Dies erfordert moderne Trainingsprogramme,
da sich die bisher klassische Vermittlung von Wissen nicht dazu eignet, in einer kurzen
Zeit hochprofessionelle Qualität zu erzielen. Moderne Fort- und Weiterbildungssysteme
bedürfen daher einer sorgfältigen, zeitökonomischen und zielgruppenorientierten Bearbeitung,
die unter Vermeidung jeder Redundanz des Inhalts moderne Erkenntnisse des Lehr- und
Lernverhaltens berücksichtigen.
Es ist aber nicht nur die Brisanz der nicht durch die studierte Disziplin zugänglichen
Arbeitsfelder, sondern die auch innerhalb einer Disziplin selbst bestehenden Wissenslücken,
die Beachtung finden müssen. Gerade in einer so komplexen Arbeitswelt wie der Medizin
müssen - auch in Bezug auf die modernen Finanzierungssysteme wie das DRG-System -
Arbeitsweisen weitergebildet werden, die über die konventionelle, disziplinorientierte
Bearbeitung medizinischer Probleme weit hinausreichen.
Wir hoffen, in der DGIKM und über die Publikationsleistungen der Zeitschrift klinikarzt solche multiprofessionellen, interdisziplinären Erkenntnisse bereitstellen zu können,
um den aktuellen Wissensstand im Bereich der Medizin effizient und interessant zu
vermitteln.