Einleitung
Einleitung
Im März 1882 erschien das erste Exemplar der Monatshefte für Praktische Dermatologie, der ersten ausdrücklich auf die hautärztliche Praxis ausgerichtete Zeitschrift.
Redigiert wurde diese Zeitschrift für Dermatologie und Syphilislehre von H. von Hebra
(Wien), O. Lassar (Berlin) und P. G. Unna (Hamburg). Verlegt wurde sie von Leopold
Voss, Hamburg und Leipzig. Der Druck erfolgte bei Metzger & Wittig in Leipzig.
Das älteste wissenschaftliche Archiv unseres Fachgebiets war das 1866 gegründete Giornale italiano delle malattie veneree e della pelle. Ihm folgte im Jahre 1869 das von H. Auspitz (Wien) und F. J. Pick (Prag) herausgegebene
deutschsprachige Archiv für Dermatologie und Syphilis (Abb. [1], [2]).
Abb. 1 Titelzeilen.
Abb. 2 Filipp Josef Pick (1834 - 1910). Bild: Stüttgen G. (Hrsg). Standort und Ausblick der
deutschsprachigen Dermatologie. Zum 100-jährigen Bestehen der Deutschen Dermatologischen
Gesellschaft. Berlin: G. Grosse, 1989.
Monatshefte für Praktische Dermatologie - Konzept und Meriten
Monatshefte für Praktische Dermatologie - Konzept und Meriten
Die Gründung der Monatshefte war ein wichtiger Schritt bei der Herausbildung und Festigung
des eigenständigen Fachgebiets Haut- und Geschlechtskrankheiten. Das nur als Torso
gedruckte Lehrbuch der Hautkrankheiten von E. W. F. von Baerensprung (1859) und mehr
noch das von F. von Hebra (1860) hatten wesentlich zur Konsolidierung beigetragen.
Die Monatshefte für Praktische Dermatologie sollten den praktizierenden Dermatovenerologen rasche und qualifizierte Weiterbildung
ermöglichen. Den Herausgebern stand auch damals ein umfangreiches und internationales
Gremium ständiger Mitarbeiter zur Seite, dem viele Doktoren, einige Privatdozenten
und auffällig wenige Professoren angehörten.
Zwei einleitende Sätze des ersten Heftes seien in vollem Wortlaut zitiert: „Die vorliegenden
Monatshefte wollen den mit Dermatologie und Syphilis beschäftigten Ärzten Gelegenheit
bieten zur Veröffentlichung kurz gehaltener Mitteilungen, deren Schwerpunkt weniger
in Vorführung einer weitschichtigen Literatur und der Entwicklung theoretischer Anschauungen,
als vornehmlich in der Berücksichtigung praktisch verwertbarer Erfahrungen und Gesichtspunkte
liegen soll … In Rücksicht auf die für umfassende Arbeiten bestimmte Vierteljahresschrift für Dermatologie und Syphilis müssen wir jedoch bitten, den uns zugedachten Mitteilungen einen Œ Bogen übersteigenden
Umfang nicht geben zu wollen” [1]. Auch wurde tunlichste Gedrungenheit der Darstellung angemahnt. In wieweit diese
Bemerkungen auch als Seitenhieb auf das Archiv für Dermatologie und Syphilis zu verstehen waren sei dahingestellt. Außer Originalmitteilungen wurden in den Monatsheften
vor allem Referate und Übersichten „über die wertvolleren Veröffentlichungen aller
Sprachen” angekündigt. Dieses Feld war großzügig definiert und umschloss auch Referate
über aus heutiger Sicht eher unterhaltsame, venerologisch bis kulturpolitisch und
philologisch ausgerichtete Artikel, beispielsweise den von Henri Fournier über die
Lügen der Reklame und den Diebstahl in den Pissoirs im Heft 9 - 10 des Journal des Maladies cutanées et syphilitiques von 1909. Darin wurde beklagt, dass einige Kollegen auf Anschlägen in Pissoirs behauptet
hatten, Tripper und Syphilis innerhalb weniger Tage heilen zu können.
Neben den vorbildlich knappen und präzisen Weiterbildungsartikeln dürften den heutigen
Leser insbesondere Erstbeschreibungen und scharfsinnige Exkurse wie die des im Gründungsjahr
erst einunddreißigjährigen P. G. Unna interessieren. „Die Salizylsäure ist u. a. ein
sicheres Mittel, um die normale oder pathologisch verdickte Hornschicht in beliebiger
Ausdehnung als eine fest zusammenhängende, nicht abblätternde, weißlich verfärbte
Membran schmerzlos abzuheben” [2]. Die Abhebung findet in der Hornschicht in um so größerer Tiefe statt je stärker
die Konzentration des salizylsäurehaltigen Mittels und je dicker die Hornschicht ist.
Abb. 3 Paul Gerson Unna (1850 - 1929) beim Mikroskopieren. Bild: s. Abb. 2.
Abb. 4 Oscar Lassar (1849 - 1907). Bild aus: Klaschka NE (Hrsg). Hundert Jahre Dermatologie
in Berlin. Grosse Verlag Berlin, 1984.
Auf den folgenden zwei Seiten ist die Erstbeschreibung des Quincke-Ödems zu lesen.
Einer exakten Beschreibung der Symptomatik folgt ein offenbar zeitloser Hinweis. „Für
die Behandlung … gewährte in einigen Fällen Regulierung der Lebensweise, namentlich
der Verdauung prophylaktischen Nutzen” [3].
Im gleichen Band berichtete A. Goldschneider vom 22-jährigen Musketier K., dessen
Füße nach jedem Marsch mit Blasen übersät waren, die sich in der Stachelschicht gebildet
hatten, sich nachfolgend exsudativ veränderten, ansonsten auch durch längeres Reiben
erzeugt werden konnten und auch bei mehreren Blutsverwandten beobachtet worden waren
[4]. Nur eines der vielen Glanzlichter ist die Abgrenzung der Dermatitis herpetiformis
durch L. A. Duhring [5].
Leider kann hier aus Platzgründen (sic!) von vielen weiteren, kurz und knackig präsentierten Manifestationen dermatologischen
Forschergeistes nicht berichtet werden. Von Anfang an bestand aber auch eine Tendenz
zu umfangreicheren Artikeln, wie sie dann in Dermatologische Wochenschrift immer häufiger erschienen.
Dermatologische Wochenschrift
Dermatologische Wochenschrift
Ab Januar 1912 wurde die Zeitschrift nach einem gewandelten Konzept gestaltet. Das
Fach Dermatologie hatte sich etabliert, was einen sichtbaren Ausdruck in der Errichtung
erster Ordinariate, für A. Neisser in Breslau (1907) und E. Lesser in Berlin (1911),
gefunden hatte [6]. In der prosperierenden Zeit vor dem Ersten Weltkrieg schien wöchentliches Erscheinen
angemessen. Als Herausgeber fungierten neben Altmeister P. G. Unna (Hamburg) die deutlich
jüngeren J. H. Rille (Leipzig) und E. Delbanco (Hamburg). „[Es] ... verlangt heute
der schnelle Fortschritt der Wissenschaft ein allwöchentliches Erscheinen ... Wir
rechnen aber auch ganz besonders auf die Mitarbeit der Vertreter der vielen anderen
Disziplinen (wie der Chemie, Physik, Bakteriologie usw.), deren Unterstützung die
moderne Dermatologie nicht entbehren kann ...” [7].
Diesen einleitenden Worten an die verehrte Leserschaft folgte Kapitel IX der Serie
„Zur Chemie der Haut” [8]. Hier wurden Vorgänge in der Haut beschrieben, die heute durch Schlagworte wie angeregter
Sauerstoff, freie Radikale und Lipidperoxidation allgemein bekannt geworden sind.
Die Serie „Zur Chemie der Haut” ist Geburts- und Sternstunde der Histochemie der Haut.
Ihre Lektüre sei dermatologischen Jungforschern als unerlässlich ans Herz gelegt.
Während die Zeitschrift den Ersten Weltkrieg weitgehend glimpflich überstanden hatte,
fügten Nationalsozialismus und Zweiter Weltkrieg auch ihr schweren Schaden zu [9]. Rassistische Artikel finden sich selten: „Die bei den ungarländischen Zigeunern
durchgeführten Untersuchungen stellten fest, dass zwischen den nichtzigeunerischen
Einwohnern eine Volksgruppe eingekeilt lebt, die nicht nur ein Schmarotzer des Wirtsvolkes
ist, sondern diese durch ihre hochgradige syphilitische Durchseuchung ständig bedroht”
[10]. 1944 stellte die Zeitschrift mit Band 118 ihr Erscheinen ein. Erst 1948 erschien
sie wieder im Leipziger Verlag Johann Ambrosius Barth. Herausgeber waren H. Löhe (Berlin),
C. Moncorps (Münster i. W.), J. Hämel (Jena), J. H. Rille (Innsbruck), H. A. Gottron
(Tübingen) und W. Schönfeld (Heidelberg). Trotz Kalten Krieges und divergierender
Ideologien gelang es den Herausgebern und seit 1961 dem alleinverantwortlichen Redakteur
E. Keining (Mainz) erstaunlicherweise, die Vereinnahmung durch die Herrschenden 20
Jahre lang zu verhindern. In der durch einen schwierigen wirtschaftlichen Wiederaufbau
und politische Drangsalierung gekennzeichneten Nachkriegszeit war die Dermatologische Wochenschrift auch ein Ort allseitiger, mit der Dermatologie verbundener Bildung: „Heuer im Goethejahr
geziemt es sich wohl daran zu erinnern, dass unser erhabenster Genius Goethe vor 163
Jahren am 11. oder 12. September 1786 bei seiner Durchfahrt durch Tirol an der deutsch-italienischen
Sprachgrenze eine neue Krankheit entdeckt hat, die nicht zum wenigsten auch dem dermatologischen
Bereich angehörige Pellagra und vor allem ihre Ursache” [11] (Abb. [5], [6]).
Abb. 5 Egon Keining (1892 - 1971) Bild: s. Abb. 4.
Abb. 6 Heinrich A. Gottron (1890 - 1974), Egon Keining (1892 - 1971), Erich Hoffmann (1868
- 1959) und Heinrich Löhe (1877 - 1961) um 1950 in Berlin (von links nach rechts).
Bild: s. Abb. 4.
Dermatologische Monatsschrift
Dermatologische Monatsschrift
Politischer Druck war es, der 1964 zur Gründung einer Sektion Dermatologie der Deutschen Gesellschaft für klinische Medizin in der DDR geführt hatte, aus welcher bald danach die Gesellschaft für Dermatologie der DDR hervorgegangen war. Zum Jahresbeginn 1969 schieden alle bisherigen Herausgeber der
Dermatologischen Wochenschrift unfreiwillig aus. Die Zeitschrift wurde ab Band 155 (1969) als Dermatologische Monatsschrift mit dem Zusatz „Organ der Dermatologischen Gesellschaft der Deutschen Demokratischen
Republik” weitergeführt. Herausgeber waren W. Gertler (Berlin), H. E. Kleine-Natrop
(Dresden) und N. Sönnichsen (Jena). Formal änderte sich sonst wenig. „Die Zeitschriftenreferate
laufen aus, da diese in der Regel so spät eingehen, dass sie bei Erscheinen keinen
aktuellen Wert mehr besitzen” [12]. Hinter dieser nicht unvernünftig klingenden Ankündigung verbarg sich der im Medienzeitalter
untaugliche Versuch, das unkontrollierte Eindringen von Informationen in den eigenen
Herrschaftsbereich behindern zu wollen. Dieses Vorhaben scheiterte schon an den vielen
Kongressankündigungen und -berichten, die oft durch H. E. Kleine-Natrop (Dresden)
inauguriert waren. Zeitweilig wurde nach konspirativer Absprache zwischen O. Braun-Falco
(München) und N. Sönnichsen (Berlin) der Kongresskalender des Hautarzt nur wenig verfremdet abgedruckt. Der seit dem 1. 1. 1976 allein verantwortliche Chefredakteur
N. Sönnichsen (Berlin) wurde wegen der Ankündigung westdeutscher Veranstaltungen mehrfach
ermahnt. An der Publikationspraxis änderte sich nichts.
Im Rahmen des Möglichen entwickelte sich die Dermatologische Monatsschrift anders als von der Politik vorgesehen. Eine rege wissenschaftliche Publikationstätigkeit,
Übersichten, originäre Kolumnen wie „Dermatologische Arbeitsempfehlungen” oder „Randbemerkungen
zum Dermatologischen Zeitgeschehen”, die aus heutiger Sicht oft geradezu verklärten
Reise- und Kongreßberichte aus der großen weiten Welt, die nach wie vor abgedruckten
Tagungsberichte einiger - im politischen Sinne - westdeutscher Fachgesellschaften
und die kontinuierliche Pflege deutschsprachiger Artikel aus Ländern wie Ungarn, Polen,
Tschechoslowakei, Bulgarien, Rumänien oder Georgien stärkten das Fachgebiet und wirkten
der angestrebten Isolierung entgegen.
Zeitschrift für Dermatologie - Aktuelle Dermatologie
Zeitschrift für Dermatologie - Aktuelle Dermatologie
Die deutsche Wiedervereinigung und die in ihrem Gefolge aufkommenden Turbulenzen des
- im politischen Sinne - ostdeutschen wissenschaftlichen Publikationswesens gingen
auch an dieser Zeitschrift nicht spurlos vorbei. Als Herausgeber wurden im Band 179
(1993) N. Sönnichsen (Berlin), C. Orfanos (Berlin), W. Sterry (Ulm) und H. H. Wolff
(Lübeck) genannt. Noch im gleichen Jahr wurde der Verlag Johann Ambrosius Barth und
mit ihm die Dermatologische Monatsschrift von der Verlagsgruppe Hüthig übernommen. Diese vermittelte die Zeitschrift an den
Verleger Jürgen Hartmann (Klebheim, Oberfranken). Die Schriftleitung oblag von Band
180 (1994) bis Band 184 (1998) zunächst H. Meffert (Berlin, Abb. [7]), W. Sterry (Ulm), M. Wengenroth (Wiesbaden) und H. H. Wolff (Lübeck), dann H. Meffert
(Berlin) und M. Wengenroth (Wiesbaden). Die Namensänderung in Zeitschrift für Dermatologie und deren Grenzgebiete sollte veränderte Erscheinungsweise und thematische Erweiterung signalisieren [13]. Die Neuorientierung der Zeitschriftenlandschaft im wiedervereinigten Deutschland
führte dazu, dass die Zeitschrift für Dermatologie im Jahre 1999 in der jetzt von E. G. Jung (Mannheim) herausgegebenen Aktuelle Dermatologie aufging.
Abb. 7 Hans Meffert (geb. 1938).
Literatur
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