Hypothyreose
Hypothyreose
Bei einer damals 19-jährigen Patientin wurde vor 26 Jahren eine subklinische Hypothyreose
gesichert mit noch normalen peripheren Schilddrüsenhormonparametern (Gesamt-T4
10 µg/dl, Gesamt-T3 116 ng/dl), aber einem erhöhten TSH-Spiegel (5,6 mU/l).
Schilddrüsenantikörper gegen die Schilddrüsen-Peroxidase (mikrosomale Antikörper)
und gegen Thyreoglobulin waren über Jahrzehnte nachweisbar, TSH-Rezeptor-Antikörper
dagegen niemals positiv. Die Patientin zeigte den typischen Verlauf einer Hashimoto-Thyreoiditis
mit Hypothyreose und steigendem Schilddrüsenhormonbedarf über Jahre. Die Substitutionsdosis
entspricht nach 26 Jahren praktisch einer vollen Substitution bei Athyreose mit
200 µg Thyroxin/Tag. Bei der letzten Kontrolle wurde unter dieser Therapie
ein normalisiertes basales TSH (0,8 mU/l) gemessen.
Histologisch wurde die Diagnose „Autoimmunthyreoiditis” gesichert durch eine Probeexzision
im Rahmen einer Thymus-Operation bei Myasthenia gravis (s. u.). Das entnommene
Schilddrüsengewebe war mit lymphatischem Gewebe durchsetzt.
Myasthenia gravis
Myasthenia gravis
Vor 27 Jahren bemerkte die Patientin zunehmende belastungsabhängige Muskelschwäche
und intermittierend auftretende Doppelbilder. Durch einen positiven Ausfall eines
Tensilon- (Cholinesterase-Hemmer)-Tests und durch erhöhte Antikörper gegen den
Acetylcholin-Rezeptor wurde eine Myasthenia gravis nachgewiesen. Ein Thymom
bzw. Skelettmuskel-Antikörper waren nicht nachweisbar. Allerdings fand sich bei
der Operation mit Entfernung von Thymusrestgewebe ein für das Alter relativ großer
Thymusrest. Die Myasthenia ist behandlungsbedürftig, die Patientin nimmt regelmäßig
Pyridostigmin ein.
Morbus Werlhof
Morbus Werlhof
Gleichzeitig mit der Hashimoto-Thyreoiditis wurde eine Thrombozytopenie bemerkt,
nachdem eine Makrohämaturie eingetreten war. Auch wurde häufigeres Nasenbluten
beobachtet. Der Rumpel-Leede-Test war deutlich positiv. Die Thrombozytenzahl lag
zwischen 20 000 und 30 000/µl. Die Annahme eines Autoimmunprozesses (M. Werlhof)
wurde durch eine vermehrte Megakaryopoese im Knochenmark sowie eine deutlich
vermehrte IgG-Beladung der autologen Thrombozyten und durch einen deutlichen Thrombozytenanstieg
unter einer Glukokortikoidtherapie gesichert. Der Morbus Werlhof hat über mehr
als 25 Jahre nicht zu schwerwiegenderen Komplikationen geführt. Die Patientin
hat einen gesunden Sohn, der jetzt 16 Jahre alt ist.
Antikörper gegen die Parietalzellen des Magens
Antikörper gegen die Parietalzellen des Magens
Schließlich wurden auch Antikörper gegen die Parietalzellen des Magens nachgewiesen,
es fanden sich auch massiv erhöhte Gastrinspiegel sowie eine Anazidität in der
Magensekretionsanalyse nach Pentagastrinstimulation. Zusätzlich zur Anazidität
besteht seit Jahren auch eine perniziöse Anämie, die mit Vitamin B12 substituiert
wird. Mehrere Gastroskopien haben einen unauffälligen Befund der Magenschleimhaut
ergeben. Zusätzlich fanden sich konstant niedrige Leukozytenwerte zwischen 2000
und 3000/µl mit einer Granulozytopenie von 40-50 rel. %. Im Knochenmark fand sich
dagegen kein wesentlicher pathologischer Befund, der Nachweis von Leukozytenantikörpern
gelang nicht.
Fazit
Insgesamt dürfte es sich um eine Polyendokrinopathie Typ II mit allerdings seltenen
Kombinationen von organspezifischen Autoimmunerkrankungen handeln [1].
Die Kasuistik dokumentiert die Notwendigkeit, bei Erfassung einer organspezifischen
Autoimmunerkrankung nach anderen Autoimmunprozessen zu fahnden. Der Patientin
geht es unter der Substitutionstherapie auch 27 Jahre nach der Erstdiagnose dieser
Kombination von organspezifischen Autoimmunerkrankungen gut [2]. Ein Typ-1-Diabetes mellitus wurde in dem langjährigen Verlauf nicht nachgewiesen.