US-Mediziner stellten in einer retrospektiven Studie fest, dass nur jedes fünfte Kind
mit ektopem oder erneut aszendiertem Hoden auch einen offenen Processus vaginalis,
also eine Leistenhernie, aufweist (J Urol 2003; 169: 1832-1833). Demnach ist der traditionell
durchgeführte Leistenschnitt in 80% der Fälle überflüssig.
J. Kellogg Parsons u. Mitarb. werteten die Daten von 71 Orchidopexien aus, die über
einen Zeitraum von 3,5 Jahren bei 56 Kindern mit ektop gelegenen oder erneut aszendierten
Hoden durchgeführt wurden. Alle Eingriffe erfolgten primär über einen tiefen skrotalen
Zugang. 16 Jungen (19 Testes) waren zum Operationszeitpunkt jünger als 2 Jahre, 19
(26 Testes) waren im Alter zwischen 2 und 6 Jahren, die übrigen 17 Kinder (21 Testes)
waren älter als 6 Jahre. Nachsorgeuntersuchungen fanden eine Woche und 3 Monate postoperativ
statt. Angaben zur Hodenlage sowie zur Notwendigkeit einer zusätzlichen inguinalen
Inzision zum Verschluss eines offenen Processus vaginalis wurden den Krankenakten
entnommen.
In 20% der Fälle (26, 15 bzw. 19% für die 3 Altersgruppen) entdeckten die Operateure
einen offenen Processus vaginalis, der über einen zusätzlichen Leistenschnitt verschlossen
werden musste. Bei 80% der Kinder konnte die Orchidopexie über eine alleinige Skrotuminzision
vorgenommen werden. Dabei traten keine intra- oder postoperativen Komplikationen auf.
Nachuntersuchungen ein Jahr später zeigten in allen Fällen eine regelrechte Lage des
Hodens ohne Hinweis für eine Atrophie.
Die Prävalenz des offenen Processus vaginalis liegt bei etwa 20%. Bei 80% der Kinder
besteht mit erneut aszendierten Hoden oder Ektopie keine Indikation für einen Leistenschnitt.
Die Autoren haben daher den primär skrotalen Zugang zu ihrem Standard erklärt. Ein
zweiter Schnitt in der Leiste erfolgt nur beim Nachweis eines offenen Processus vaginalis.
Renate Ronge, Münster