Die Lungentransplantation ist die einzige verbleibende Therapiemöglichkeit für Patienten
mit chronischen Atemwegserkrankungen im Endstadium. Sie hat in den letzten Jahren
quantitativ und qualitativ an Bedeutung gewonnen. Grundsätzlich lassen sich zwei operative
Verfahren unterscheiden: (1) Das konventionelle und überwiegend eingesetzte Verfahren
(LTX) und (2) das seltenere Verfahren mit bronchialarterieller Revaskularisierung
(BAR). In (1) werden Bronchus, die Pulmonalarterie und die Pulmonalvenen reanastomosiert.
In (2) werden außerdem auch die Aa. bronchiales reanastomosiert. Die bronchiale Zirkulation
versorgt die Lunge als vasa privata mit sauerstoffreichem Blut aus Ästen der Aorta.
Die Bronchialarterien bilden peribronchiale und submuköse Plexus, versorgen die Lymphstationen
der Lunge, fungieren als vasa vasorum der pulmonalen Zirkulation und anastomosieren
mit der pulmonalen Zirkulation auf der Ebene der Alveolen (Abb. [1]). Die wenigen Zentren, die diese Technik der BAR bevorzugen, versprechen sich davon
eine bessere nutritive Versorgung des Bronchialsystems und des Lungenparenchyms post
transplantationem und diskutieren einen günstigen Einfluss auch auf die Langzeitfunktion
des Organs. Eine Sicherung dieses Konzeptes steht jedoch bis heute aufgrund geringer
klinischer Zahlen aus.
Abb. 1 a u. b: Bei der Darstellung des proximalen Versorgungsgebietes der Bronchialarterien nach
Anspülung des Hauptstammes mit Methylenblau wurde exemplarisch die Versorgung von
Bronchus und Lymphknoten deutlich (a). Die Methylenblaulösung verteilte sich bereits nach Instillation kleinster Mengen
bis in pulmonale Peripherie (b).
Dr. med. Kai Nowak
Vor diesem Hintergrund wurde versucht, die beiden Transplantationsverfahren LTX und
BAR in einem laborgestützten, standardisierten Hundemodell vergleichend zu analysieren.
Dazu wurde anhand eines standardisierten Allotransplantationsmodells des linken Lungenflügels
bei Beagle-Hunden eine BAR-Gruppe (n = 6) mit einer LTX-Gruppe (n = 6) während der
frühen Reperfusionsphase verglichen. Im Anschluss an die präischämische Konservierung
mit Euro-Collins-Lösung, Explantation des Spenderorgans und vier Stunden kalter Ischämie
bei 4°C erfolgte jeweils die Implantation des linken Lungenlappen beim Empfängertier
in Rechts-Seitenlage. Die Bronchialarterien wurden in der BAR-Gruppe über Patch-Anastomose
an die Aorta descendens revaskularisiert. Die peribronchiale Gewebeoxygenierung wurde
mittels Licox-pO2-Sauerstoffmesssonden an einem distal der Anastomose gelegenen Lymphknoten (Abb. [1a]) gemessen. Dieses Verfahren hatte sich zuvor in einer Pilotstudie als valide erwiesen.
Um im Verlauf der Reperfusion Aussagen über die drei Hauptzelltypen des Lungenparenchyms
treffen zu können, wurden am transplantierten Organ fiberbronchoskopisch bronchiolo-alveoläre
Lavagen (BAL) durchgeführt. Diese Technik erlaubte ein nichtinvasives und repetitierbares
Vorgehen während der sensiblen Reperfusion. Aus der BAL-Flüssigkeit und pulmonalvenösen
Serumproben wurden spezifische Markerenzyme für Pneumozyten Typ I (Carboxypeptidase
M), Pneumozyten Typ II (Alkalische Phosphatase) und das pulmonale Endothel (Angiotensin-Converting-Enzym)
bestimmt. Dabei wurde in Kauf genommen, dass ein Nachweis von ACE in der BAL am pulmonalvaskulären
Endothel als auch aus alveolären Makrophagen stammen kann.
Die wesentlichen Ergebnisse lassen sich wie folgt zusammenfassen: In der BAR-Gruppe
zeigte sich über den gesamten Beobachtungszeitraum von fünf Stunden Reperfusion eine
physiologische peribronchiale Gewebeoxygenierung. In der LTX-Gruppe dagegen lag der
pO2 in der peribronchialen Lymphknotenstation kontinuierlich bei Werten < 20 mm Hg (p
< 0,001). Die Markerenzymaktivitäten für die Pneumozyten-Typ-I-Schädigung (Carboxypeptidase
M) waren in beiden Versuchsgruppen nach 2 und 4 Stunden Reperfusion signifikant gegenüber
den am Spender ermittelten Kontrollwerten erhöht (p < 0,01). Die Alkalische Phosphatase
(AP) und das Angiotensin-Converting-Enzym (ACE) zeigten nach 2 Stunden Reperfusion
eine signifikant höhere Aktivität in der LTX-Gruppe (AP: 68,2 ± 19,1 U/l; ACE: 1,6
± 1,1 U/l) gegenüber der BAR-Gruppe (AP: 36,7 ± 30,4 U/l; ACE: 0,4 ± 0,6 U/l; p <
0,05) und gegenüber Kontrollwerten des Spenders (AP: 14,0 ± 12,9 U/l; ACE: 0,3 ± 0,6
U/l; p < 0,01).
Das heißt, die Lungentransplantation mit BAR normalisiert nicht nur die peribronchiale
Oxygenierung. Sie reduziert auch die Ischämie-Reperfusionsschädigung des pulmonalvaskulären
Gefäßendothels und der Pneumozyten Typ II, welche im Rahmen des Ischämie-Reperfusionsschadens
besonders stark in Mitleidenschaft gezogen werden. Die Ergebnisse unterstützen die
Vorstellung, dass eine BAR bei Lungentransplantation nicht nur den zentralen Luftwegen
zugute kommt, sondern auch das Lungenparenchym bis in den Alveolarbereich hinein protektioniert.
Aufgrund der Literatur zur Inzidenz von Abstoßungsperioden infolge eines Ischämie-Reperfusionsschadens
und ihrer positiven Korrelation mit dem Risiko der Entwicklung einer Bronchiolitis
obliterans, könnte die BAR zur besseren Transplantatfunktion beitragen. Diese Hypothese
bekräftigen histo- und immunpathologische Erkenntnisse, die eine bereits sehr frühe
postoperative Entwicklung einer Bronchiolitis obliterans als häufigste und schwerwiegendste
Komplikation nach Lungentransplantation belegen.