Abklärung erhöhter Transaminasen
Hepatitiden verschiedenster Genese führen im Verlauf der Jahre häufig zum fibrotischen
Umbau der Leber. Um eine Leberkrankheit rechtzeitig zu erkennen und richtig einzuordnen,
hilft die Labordiagnostik, welche hier im Überblick dargestellt ist.
Cholestase
Ob der Galleabfluss behindert ist, kann man aufgrund einer Erhöhung der Cholestaseparameter
alkalische Phosphatase, GGT und konjugiertes Bilirubin feststellen. Bei erhöhten Transaminasen
liegt eine Cholangitis-Komponente vor.
Eine intrazelluläre Cholestase findet sich im Rahmen von Hepatitiden jedweder Ätiologie
oder medikamenteninduziert durch Interferenz mit Transportvorgängen in Hepatozyten.
Bei der obstruktiven Cholestase dagegen führt eine mechanische Verlegung der Gallengänge
zu einem Rückstau der Gallensäuren. Deren toxische Wirkung verursacht eine sekundäre
Leberzellschädigung mit einem Anstieg der Transaminasen (cholangitische Komponente).
Das sonografische Bild erinnert dann an eine doppelläufige Schrotflinte (Doppelflintenphänomen).
In milden Formen der obstruktiven Cholestase können lediglich die alkalische Phosphatase
und die Gamma-GT erhöht sein. Sensitiver als die Sonografie ist jedoch die Darstellung
der Gallengänge mithilfe einer endoskopisch retrograden Cholangiopankreatikografie
(ERCP).
Eine obstruktive Cholestase ist oft Folge von Gallensteinen oder aber von Raumforderungen
(maligne oder benigne Tumoren oder Regeneratknoten der zirrhotischen Leber). Aber
auch Stenosen der Gallengänge, wie sie bei der primär sklerosierenden Cholangitis
(PSC) oder der primär biliären Zirrhose (PBC) vorkommen, können zu Cholestasezeichen
führen. Selbst die Fettleber mit Kompression des Parenchyms könnte zur Störung des
Galleflusses beitragen.
Virusserologie
Im Rahmen der Virusserologie sollten Infektionen mit dem Hepatitis-B- sowie dem Hepatitis-C-Virus
ausgeschlossen werden (anti-Hbc- und Hbs-Ag; anti-HCV), im akuten Fall ist auch an
eine Hepatitis A (anti-HAV) zu denken. Ist die Hepatitis-B-Serologie positiv, könnte
in seltenen Fällen eine Koinfektion mit Hepatitis-D-Viren vorliegen - nachgewiesen
über den anti-HDV-Antikörper. Eher selten ist eine Hepatitis E, die tatsächlich nur
nach Auslandsaufenthalten wie zum Beispiel in Indien, China oder Mexiko eine Rolle
spielen sollte. Wie die Hepatitis A zeigt diese jedoch nie einen chronischen Verlauf.
Herpesviren können ebenfalls Hepatitiden hervorrufen:
Diese letzten drei Virushepatitiden sind jedoch deutlich seltener und treffen häufiger
Immungeschwächte oder Kinder - bei einer unklaren Hepatitis sollten sie jedoch ausgeschlossen
werden.
Hämochromatose
Die Hämochromatose - eine autosomal rezessiv vererbte Eisen-Speicherkrankheit - ist
mit einer Prävalenz von etwa 1:400 relativ häufig. Auch hier kann das Labor erste
diagnostische Hinweise liefern: Typischerweise sind Ferritin und die Transferrinsättigung
mit Eisen im Serum deutlich erhöht, da aufgrund eines Gendefekts im Hämochromatose-Gen
HFE die Eisenresorptionsrate auf etwa das Doppelte ansteigt.
Da Ferritin als Akutphasenprotein bei akuten Hepatitiden und anderen Entzündungen
erhöht sein kann, kann zur Abklärung ein HFE-Gentest durchgeführt werden (Bestimmung
der C282Y- und H63D-Mutation). Damit ist eine Hämochromatose zwar zu sichern, bei
negativem Ergebnis jedoch nicht mit letzter Sicherheit ausschließen.
Kupfer-Speicherkrankheit
Wesentlich seltener als die Hämochromatose ist der ebenfalls autosomal rezessiv vererbte
Morbus Wilson. Dennoch sollte bei erhöhten Transaminasen die Wilson-Krankheit unbedingt
ausgeschlossen werden: Hinweisend für die Diagnose ist die erhöhte Kupferkonzentration
im Sammelurin (über 80 μg/Tag) und die Verminderung des Kupfer- und des Coeruloplasminspiegels
im Serum (Serumkupfer unter 70 μg). Durch die systemische Kupferüberladung, kann es
zur Schädigung des Nervensystems und innerer Organe kommen. Fulminante Verläufe sind
möglich.
Autoimmunhepatitis
Ein erhöhter Titer der Immunglobuline und der Nachweis von Autoantikörpern wie zum
Beispiel antinukleäre Antikörper (ANA), Leber-Nieren-Mikrosomen-Antikörper („liver
kidney microsome”; LKM), Antikörper gegen glatte Muskulatur („smooth muscle antibodies”;
SMA) und Antikörper gegen lösliches Leberantigen („soluble liver antibody”; SLA) oder
auch von Gliadin- und Endomyosin-Antikörper können auf Autoimmunhepatitiden (AIH)
hinweisen.
Doch auch wenn solche Antikörper fehlen, kann die Autoimmunhepatitis nicht definitiv
ausgeschlossen werden. Zudem können begleitende Autoimmunerkrankungen einen Hinweis
auf die AIH-Diagnose geben. Auch die Histologie kann zur Diagnostik herangezogen werden,
sie ist aber nicht eindeutig. Schwierig ist die Diagnose von Autoimmunhepatitiden
nach Ausbildung einer Leberzirrhose, da - unabhängig von der Ätiologie - die Immunglobuline
gegenüber den von der Leber produzierten Proteinen erhöht sein können.
Primär sklerosierende Cholangitis
Bei der primär sklerosierenden Cholangitis kommt es zu einer idiopathischen, möglicherweise
immungetriggerten Sklerosierung der Gallengänge, die mit einer Erhöhung der Cholestaseparameter
einhergeht. Die Transaminasen dagegen sind meist nur gering oder nicht erhöht. In
etwa 65 % der Fälle sind die P-ANCAs („perinuclear anti-neutrophile cytoplasmic antibodies”)
erhöht, jedoch nicht spezifisch. Wegweisend für die Diagnose ist die endoskopisch
retrograde Cholangiopankreatikografie (ERCP), welche Kalibersprünge und Stenosen der
Gallengänge gut abbildet.
Primar biliäre Zirrhose
Ähnlich wie bei der primär sklerosierenden Cholangitis kommt es bei der primär biliären
Zirrhose zur Engstellung der Gallengänge. Über einen vermuteten Autoimmunmechanismus
sind hier jedoch eher die kleinen Gallengänge betroffen. Die alkalische Phosphatase
ist bei diesen Patienten besonders erhöht. Die Diagnose wird durch die Histologie
und antimitochondriale Antikörper (AMA) gestützt.
Alpha-1-Antitrypsin-Mangel
Eine weitere genetische Erkrankung mit einer Häufigkeit von ungefähr 1:2000 ist der
Alpha-1-Antitrypsin-Mangel, der aufgrund der erniedrigten Rate von Alpha-1-Antitrypsin
(α1-AT) im Serum diagnostiziert werden und mit einem obstruktiven Lungenemphysem assoziiert
sein kann. Bereits im Kindesalter kann diese Krankheit symptomatisch werden, sie kann
aber ebenso asymptomatisch verlaufen und sich erst nach einer zusätzlichen Leberschädigung
manifestieren.
Hepatische Porphyrien
Hepatische Porphyrien haben eine Inzidenz von etwa 1:5000, am häufigsten sind die
akute intermittierende Porphyrie und die Porphyria cutanea tarda. Der Nachweis erfolgt
über Metabolite aus dem Porphyrinstoffwechsel im Sammelurin.
Transaminasenerhöhung ohne Hepatitis
Erhöhungen der Transaminasen müssen nicht zwangsläufig mit einer Entzündung der Leber
einhergehen. So haben etwa 3 % der Bevölkerung bereits aufgrund der Normwertfestlegung
der Transaminasen erhöhte Serumwerte ohne Krankheitswert. Jedoch sind in diesen Fällen
die Werte nur marginal erhöht. Demzufolge weisen natürlich auch 3 % der Patienten
mit Fettleber erhöhte Transaminasen auf, obwohl keine Leberentzündung besteht. Aufschluss
geben kann in diesen Fällen eine Leberpunktion.
Nach sportlicher Betätigung oder bei einer Myositis kommt es - wenn die Membranstruktur
der Myozyten geschädigt wird oder eine Myositis entsteht - neben der Erhöhung der
Kreatininkinase(CK)- und der Laktatdehydrogenase(LDH)-Spiegel zum Anstieg von GPT
(Glutamat-Pyruvat-Transamniase) und GOT (Glutamat-Oxalacetat-Transaminase).
Medikamentös-toxische Hepatitis
Zahlreiche Medikamente und Agenzien können entweder über eine Leberzellverfettung
oder durch eine direkte Schädigung der Hepatozyten eine Hepatitis verursachen. Dementsprechend
schwierig kann die Diagnose sein. Im Prinzip kann sie nur bestätigt werden, indem
der Reihe nach alle Medikamente abgesetzt werden. Fallen anschließend die Transaminasen
in den Normbereich, ist die Diagnose gesichert. Bei einer medikamentös induzierten
Fettleberhepatitis kann sich die Regeneration der Leber jedoch verzögert vollziehen,
da sich die Leberschädigung im Sinne eines Circulus vitiosus verselbstständigt hat.
Zu den Medikamenten, die häufig mit einer nichtalkoholischen Fettleber vergesellschaftet
sind, zählen zum Beispiel:
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Amiodaron
-
Kalziumantagonisten
-
Chloroquin
-
Methotrexat
-
Bloamycin
-
Tetrazyklin
-
Asparaginase.
Pädiatrische Lebererkrankungen
Es gibt eine Vielzahl pädiatrischer Lebererkrankungen wie das Alagille-Syndrom, die
Mukoviszidose, die Wolman-Krankheit oder die zahlreichen Glykogenspeicherkrankheiten
(z.B. von-Gierke-Syndrom), zum Teil mit fatalen Verläufen. Die Abklärung einer Hepatitis
im Kindesalter Bedarf daher eines Spezialisten.
Alkoholische Leberkrankheit
Nach der Virushepatitis ist Alkohol die häufigste Ursache für eine Leberentzündung.
Neben der Dosis von über 30 g/Tag für Männer und 20 g/Tag für Frauen ist vermutlich
auch die Art und Konstanz des Abusus für die Leberschädigung verantwortlich: Die Frage
nach Karenztagen, Spiegel- oder Quartaltrinkverhalten mag für die Leberschädigung
entscheidend sein. Jedoch liegt die Inzidenz einer Leberschädigung selbst bei 20-jährigem
Alkoholabusus nur bei zirka 10 %.
Vermutlich spielt wie bei vielen Lebererkrankungen auch hier die Anzahl der toxischen
Agenzien (siehe „Double-hit-Theorie”, Pathogenese) eine wichtige Rolle. Typischerweise
ist bei der alkoholischen Hepatitis die Gamma-GT erhöht, und die GOT höher als die
GPT (positiver de-Ritis-Quotient). Auch das Bilirubin kann marignal erhöht sein.
Nichtalkoholische Fettleberhepatitis
Bei der nichtalkoholischen Steatohepatitis (NASH) sind im Gegensatz zur nichtalkoholischen
Fettleber (NAFL) die Transaminasen erhöht. Oft wird dabei fälschlicherweise von einem
übertriebenen Alkoholkonsum ausgegangen. Als Ludwig vor 24 Jahren über die nichtalkoholische
Fettleberhepatitis berichtete, wurde er meist belächelt. Zu eng war die Fettleberhepatitis
gedanklich mit dem Alkoholabusus assoziiert.
Letztlich ist die NASH eine Ausschlussdiagnose, sie ist wie viele Diagnosen in der
Hepatologie häufig suggestiv. Sonografie und Histologie können nicht beweisend, aber
aufschlussreich sein, da sich die der nichtalkoholischen Fettleberhepatitis zugrunde
liegende Fettleber darstellen lässt. Für die Differenzierung zwischen alkoholischer
und nichtalkoholischer Steatohepatitis eignet sich die Histologie jedoch nicht.
Auch gegenüber anderen Leberkrankheiten kann die Histologie meist nur ein Baustein
zur Diagnose sein. Beispielsweise verursachen Leberschädigungen wie durch M. Wilson,
Hämochromatose oder Hepatitis C oft eine Leberzellverfettung und können so eine vorbestehende
Fettleber vortäuschen. Laborchemisch führt bei der nichtalkoholischen Fettleberhepatitis
die GPT üblicherweise vor der GOT (negativer de-Ritis-Quotient). Nur im schweren Verlauf
bei mitochondrialer Mitbeteiligung kommt es zur Umkehr des Quotienten mit führender
GOT.
Das Bilirubin liegt üblicherweise im Normbereich. Die Differenzialdiagnostik der nichtalkoholischen
Steatosis hepatis fasst [Tabelle 3] zusammen.
Basis ist die nichtalkoholische Fettleber
Die nichtalkoholische Fettleber ist zumeist eine sonografische Diagnose, da die histologische
Sicherung nicht praktikabel und den Patienten meist nicht zuzumuten ist. Streng genommen
bezieht sich die Definition der Fettleber jedoch auf den histologischen Befund: In
über 50 % der Hepatozyten sind Lipideinlagerungen darzustellen. Obwohl die Diagnose
so häufig ist - zirka 20 % der Gesamtbevölkerung haben eine Fettleber -, sind klinische
Bedeutung und Prognose weit gehend ungewiss. Überraschenderweise weisen 15-50 % der
Patienten keine Risikofaktoren auf.
Die Epidemiologie der Fettleber
Die Steatosis hepatis ist die häufigste Veränderung der Leber in den westlichen Ländern.
Ihre Häufigkeit variiert jedoch von Studie zu Studie und hängt von sozialen und regionalen
Unterschieden ab, daher sind hier nur grobe Zahlenangaben genannt:
-
1/6 der gesunden Bevölkerung
-
1/3 der hospitalisierten Patienten
-
1/2 der Alkoholkranken
-
1/2 der Diabetiker
-
3/4 der adipösen Bevölkerung
-
95 % der adipösen Trinker.
Aufgrund der Zunahme von Adipositas, Diabetes und metabolischem Syndrom gewinnen Fettleber
und Fettleberhepatitis immer mehr an Bedeutung. Auch die medikamentös induzierte Steatosis
könnte aufgrund der steigenden Verordnungshäufigkeit der Medikamente immer häufiger
werden.
Diagnose und klinische Bedeutung
Häufigster Zufallsbefund in der Sonografie des Erwachsenen ist die erhöhte Echodichte
der Leber gegenüber dem Nierenparenchym mit inhomogener Echostruktur - ein so genannter
„Leberparenchymschaden vom Steatose-Typ”. Auch im Rahmen von anderen Bildgebungsuntersuchungen,
wie dem MRT oder CT, kommt es oft zu diesem Nebenbefund.
Der tatsächliche pathologische Charakter einer Fettleber ist im Einzelfall jedoch
unklar. Liegen gleichzeitig erhöhte Transaminasen vor, muss von einer Entzündung,
also einer nichtalkoholischen Steatohepatitis, ausgegangen werden. Zu bedenken ist
jedoch, dass etwa 3 % der Bevölkerung als Normvariante erhöhte Leberwerte aufweisen
oder auch dass eine NASH oder eine Fettleberzirrhose ohne laborchemisches Korrelat
entstehen können. Klarheit darüber liefert der histologische Befund. Über 50 % der
Patienten mit einer Steatosis hepatis zeigen zum Zeitpunkt der Diagnose fibrotische
Zeichen und bis zu 15 % Zeichen des zirrhotischen Leberumbaus.
Potenzielle Ursachen
Viele mögliche Ursachen der Fettleber lassen sich bereits aus der Epidemiologie ablesen.
Ein großer Teil der Patienten mit Fettleber (15-50 %) hat jedoch keinerlei Risikofaktoren
für eine Fettleber, nur teilweise lassen sich subklinische Krankheitsbilder wie ein
latenter Diabetes oder eine subtile Fettstoffwechselstörung als Ursache finden. Oft
bleibt die Fettleber trotz ausgiebiger Diagnostik unklar. Ein Spezialfall sind Patienten
mit erniedrigten Triglyzeriden. Hier kann es sich um einen Apolipoproteinmangel Typ
B (Abeta- oder Hypobetalipoproteinämie) handeln, bei dem Triglyzeride nicht mehr aus
dem Hepatozyten ausgeschleust werden können und sich ablagern.
Patienten im höheren Alter neigen bei gleichem Gewicht vermehrt zur Leberverfettung.
Der Grund ist nicht bekannt, eventuell könnten sich abzeichnende Stoffwechselstörungen
wie eine Insulinresistenz dafür verantwortlich sein. Auch Patienten mit chronischer
Hepatitis C, Morbus Wilson oder Träger der Hämochromatose entwickeln häufig eine Leberverfettung.
Hypothetisch werden oxidativer Stress und intrazelluläre Dysfunktion der Leber verantwortlich
gemacht
Interessanterweise kann eine Insulinresistenz zur Fettleber und eine Fettleberentzündung
zur Insulinresistenz führen. Es könnte also sein, dass sich beide Entitäten gegenseitig
in ihrer Entstehung unterhalten.
Patienten mit Anorexia nervosa, Mangelernährung oder Kachexie, konsumierenden Erkrankungen
oder Patienten unter strenger Diät (Nulldiät, „gastric banding”) können paradoxerweise
eine Fettleber und in der Folge auch eine nichtalkoholische Steatohepatitis entwickeln.
Dabei fluten in der katabolen Stoffwechsellage Energieträger wie Lipide oder Ketonkörper
an, die von der Leber nicht mehr verstoffwechselt werden können. Häufig besteht gleichzeitig
ein Proteinmangel, der zu einer verminderten Produktion von für den Leberstoffwechsel
essenziellen Enzymen und Transportern führen kann. Konsekutiv können bei hepatozellulärer
Dysfunktion Energieträger nicht mehr regelgerecht aus der Leberzelle geschleust werden.
Pathophysiologie
Trotz aller Theorien, Diskussionen und molekularer Spekulationen ist die Entstehung
der Fettleber unklar. Auch die Double- bzw. Multi-hit-Theorie, die zwar weit gehend
anerkannt wird, bleibt eine Hypothese. Mit einem „hit” ist ein leberschädigendes Agens
gemeint. Der „first hit” soll die Entstehung der Fettleber in der Regel auf der Grundlage
eines Ungleichgewichts zwischen Kalorienzufuhr und Kalorienverbrauch im Hepatozyten
bedingen (z.B. bei Hyperglykämie, Fettstoffwechselstörungen, Bewegungsmangel oder
Adipositas). Überflüssige Energieträger werden nicht ausgeschleust, sondern zu Triglyzeriden
synthetisiert und als intrazelluläre Fetttröpfchen eingelagert.
Erst wenn ein zweites hepatotropes Agens - der „second hit” - auf die Leber einwirkt,
kommt es nach dieser Theorie zur Entzündung der Leber. Im Rahmen dieser Entzündung
folgt eine Dysfunktion der Leberzellen, und weitere Stoffwechselvorgänge, Transportmechanismen
und der Kalorienverbrauch der Leber werden gestört. Nachfolgend lagern die Hepatozyten
vermehrt Lipide ein, und der Kreis schließt sich zum Circulus vitiosus.
Eine Schlüsselrolle der Pathogenese der NASH wird einem Ungleichgewicht der Darmflora
zugeschrieben. Dafür werden neben Malabsorption und -assimilation auch intestinale
Dysmotilitäten, wie sie bei Diabetes und Adipositas vorkommen, verantwortlich gemacht.
Die Produktion toxischer Substanzen im Darm - wie zum Beispiel Lipopolysaccharide,
Ethanol und Ammoniak, die über die Pfortader in den Hepatozyten gelangen und in der
verfetteten und vorgeschädigten Leber nicht mehr effektiv abgebaut werden können -
soll eine toxische Schädigung und Entzündung verursachen („liver-lumen interaction”).
Da zudem die mitochondrialen Reduktionssysteme, die dem Schutz vor oxidativem Stress
dienen, erschöpft sind, stünde die Leberzelle solchen toxischen Agenzien mit nur vermindertem
Schutz gegenüber. Durch die toxische Zellschädigung sollen TNF-a und andere Zytokine
freigesetzt werden, was wiederum konsekutiv zur Migration von Entzündungszellen in
die Leber und über einen zweiten Circulus vitiosus zu weiterem Zellzerfall beiträgt.
Es ist gut belegt, dass sich nach operativen Eingriffen am Darm eine nichtalkoholische
Fettleberhepatitis entwickeln kann. Die Ursache scheint neben der katabolen Stoffwechsellage
eine bakterielle Überwucherung des Darms zu sein, da eine antibiotische Therapie als
wirksam beschrieben wurde. In den 70er Jahren waren einige Fälle einer fulminanten
Fettleberhepatitis nach Anastomose zwischen Jejunum und Ileum (J-I-Bypass) aufgetreten
- zum Teil mit letalem Ausgang.
Therapieoptionen
Die Ursachen der Leberverfettung sind mannigfaltig, die Behandlung der Fettleber primär
ursächlich, die Indikation zur Behandlung der Fettleber ohne Entzündung meist unklar.
Aufgrund der Häufigkeit und der meist völlig benignen Entität kann jedoch nicht jede
Fettleber behandelt werden. In der Praxis wird sie häufig nur dann therapiert, wenn
erhöhte Transaminasen vorliegen. Jedoch kann sich eine nichtalkoholische Steatohepatitis
und eine Fettleberzirrhose in seltenen Fällen laborchemisch unbemerkt entwickeln.
Die richtige Entscheidung liegt also in der Hand des Mediziners.
Als Basis für eine Therapieentscheidung können einige prognostische Faktoren für die
Entwicklung einer Leberzirrhose auf der Grundlage einer Fettleber dienen [Tab. 1]. Im Zweifelsfall kann der histologische Befund weiterhelfen, der (den Grad der)
Entzündung und Fibrose darstellen kann. Jedoch sollte auch bei Fehlen jeglicher Risikofaktoren
eine weiterführende Diagnostik betrieben werden, um einer abwendbaren, langjährigen
Leberschädigung entgegenzuwirken.
Sollte sich die Diagnose der Fettleberhepatitis bestätigen, muss die Pathogenese der
Leberverfettung aufgeklärt werden, um eine ursächliche Therapie zu ermöglichen. Dementsprechend
erhalten Diabetiker Insulinsensitizer (z.B. Metformin, Pioglitazon) oder eine optimierte
Insulintherapie. Im Falle einer Hypercholesterinämie werden Cholesterinsynthese-Hemmer
eingesetzt bzw. eine Ernährungsumstellung auf fettarme Kost empfohlen, bei Adipositas
eine Bewegungstherapie und eine vorsichtige Diät (nur 10 % Gewichtsabbau pro Jahr)
induziert. Auf Alkohol sollten die Patienten zunächst verzichten.
Unabhängig von der Pathogenese werden Ursodeoxycholsäure (UDCA), Vitamin E und Gemfibrozil
zur Behandlung verwendet. Hoffnungen wurden insbesondere auf die Therapie mit Ursodeoxycholsäure
gesetzt: Die Hepatozyten nehmen diese Substanz als überschüssige Gallensäure auf und
müssen sie über einen ATP-abhängigen Transporter sezernieren. Dabei kommt es zum intrazellulären
Energieverbrauch, was die überschüssigen Energiereserven des Hepatozyten angreift.
Eine aktuelle Studie [10] konnte aber entgegen der vorherigen einarmigen Pilotstudien [4]
[6]
[7] keinen Vorteil gegenüber Plazebo nachweisen.
Auch die übrigen klinischen Studien zur medikamentösen Therapie der nichtalkoholischen
Steatohepatitis entsprechen nicht den heutigen Kriterien der evidenzbasierten Medizin.
Die Studien weisen oft eine geringe Fallzahl auf, und sind einarmig oder nur einfach
verblindet. Der primäre Endpunkt der Studien ist häufig nicht valide gewählt, histologische
Kriterien fehlen oft. Hinweise für eine Wirkung wurden auch für Acetylcystein und
Troglitazon beschrieben, der endgültige Wirkungsnachweis steht jedoch aus. Eine große
randomisierte, plazebokontrollierte Doppelblindstudie konnte jedoch eine Wirksamkeit
der Kombination von Betain-Glucuronat, Detholamin-Glucurronat und Nikotinamid-Ascorbat
nachweisen [11].
Aufgrund der Hypothese der Leber-Darm-Interaktion werden auch probiotische Therapien
diskutiert [14]. Kosten und Risiken der Therapie sind gering. Doch auch für diese Therapieoption
gilt: Bislang ist die Wirkung nicht ausreichend untersucht.
Leidet der Patient alleine an einer Fettleber, ist die Indikation zur Therapie - wie
bereits erläutert - noch unklar. Die Patienten empfinden die Leberverfettung jedoch
häufig als unphysiologisch und sind daher nur schwer zu diätetischen Maßnahmen zu
motivieren. Abhängig vom Patienten kann geraten werden, Gewicht zu reduzieren, die
Ernährung umzustellen, Ausdauerübungen zu betreiben (wie Schwimmen, Joggen oder einfaches
Spazieren gehen, z.B. eine halbe bis eine Stunde pro Tag) und den Alkoholkonsum weit
gehend zu reduzieren. Bei Risikopatienten sollte eine medikamentöse Begleittherapie
erwogen werden.
Unbehandelt hat die nichtalkoholische Steatohepatitis eine vergleichbare Prognose
wie die chronische Hepatitis C, ein Progress zur Leberzirrhose mit potenziell letalem
Ausgang ist möglich. Andererseits finden sich auch benigne Verläufe ohne Leberfibrose.
Möglicherweise ist dies auf die unterschiedlichen pathogenetischen Entitäten zurückzuführen.
Im Zweifelsfall würden wir jedoch aufgrund der unklaren Prognose eher zur Behandlung
(ursächlich und medikamentös) raten.