Depressionen sind ein zunehmendes gesamtgesellschaftliches Problem, weltweit leiden
etwa 340 Millionen Menschen daran. Nach Schätzungen der WHO werden sie bis zum Jahr
2020 auf Platz zwei der besonders belastenden Erkrankungen liegen [7]. Mittlerweile steht eine Vielzahl von Therapieoptionen für diese Patienten zur Verfügung,
aber nur ungefähr ein Drittel erreicht eine Remission der Symptomatik (d.h. HAMD-17
≤ 7), wie Prof. Thomas Schläpfer, Bonn, auf einem APA-Nachfolgesymposium im Juni ausführte.
Obwohl etwa jeder zweite auf eine initiale Monotherapie mit Antidepressiva anspricht
(Response definiert als 50% Verbesserung des HAMD-17-Scores), leidet der Großteil
der Patienten an depressiven Restsymptomen. Damit ist jedoch auch ein höheres Rückfallrisiko
verbunden. 76% der Patienten mit Restsymptomen erleiden einen Rückfall [2], [6], [9]. Von diesen berichten 94% über körperliche Beschwerden, wie Rückenschmerzen, Kopfschmerzen,
abdominelle Beschwerden, Appetitminderung und Schwindel. Körperliche Schmerzen werden
auch als häufigster Grund für den Arztbesuch angegeben [10].
Psychische und körperliche Beschwerden sind eng miteinander verknüpft, denn es wird
vermutet, dass depressive Symptome ebenfalls wie die Schmerzsymptome durch eine Dysregulation
der Neurotransmitter Noradrenalin und Serotonin gekennzeichnet sein können. Diese
Dysregulation könnte, so Schläpfer, zu einer erhöhten Schmerzempfindlichkeit führen.
Medikamente, die über eine duale Wiederaufnahmehemmung die Konzentration beider Transmitter
erhöhen, könnten daher bei depressiven Patienten mit körperlichen Beschwerden, insbesondere
Schmerzen, vermutlich eine vielversprechende Behandlungsoption bieten.
Möglicherweise profitieren depressive Patienten daher von dem selektiven Serotonin-
und Noradrenalinwiederaufnahmehemmer (SSNRI) Duloxetin. Duloxetin ist ein neues Antidepressivum,
das seit August 2004 in den USA zugelassen ist und vermutlich ab Anfang 2005 auch
in Deutschland zur Verfügung stehen wird. Es weist eine hohe Affinität sowohl zu Noradrenalin-
als auch 5HT-Transportern auf, wobei in pharmakologischen Studien gezeigt werden konnte,
dass die Affinität zu beiden Systemen unter Duloxetin im Vergleich zu anderen Antidepressiva
sehr ausgewogen ist [1], [11].
Wirksamkeit
Wirksamkeit
Die hohen Remissionsraten von Duloxetin belegen die Wirksamkeit, wie in plazebokontrollierten
Studien nachgewiesen werden konnte. Bereits ab der zweiten Wochen beobachteten Detke
et al. [3] eine im Vergleich zu Plazebo signifikante Verbesserung der depressiven Symptomatik
(Abb. [1]). Nach neun Wochen erzielten in dieser Studie mit 236 Patienten 44% unter Duloxetin
(60 mg/ Tag) eine Remission, d.h. eine Abnahme ihrer depressiven Symptomatik auf einen
Wert _ 7 nach der HAMD-17-Skala. Unter Plazebo erreichten dagegen nur 16% eine Remission.
In einer Poolanalyse konnte gezeigt werden, dass die Remissionsraten unter selektiven
Serotonin-Wiederaufnahmehemmern (SSRI) nach acht Wochen im Durchschnitt bei 38% liegen,
wie Thase et al. [12] berechneten (Abb. [2]). Unter Duloxetin lag die Remissionsrate nach acht Wochen dagegen bei 43%.
Eine der häufigsten Komorbiditäten bei depressiven Störungen sind Angsterkrankungen.
Die Wirksamkeit von Duloxetin wurde daher auch bei dieser Symptomatik im Rahmen einer
Depression überprüft [5]. Die Angstsymptomatik der Patienten, bestimmt nach der HAMD-Angstskala, nahm bereits
nach zwei Wochen signifikant gegenüber Plazebo ab.
... auch bei körperlichen Beschwerden
... auch bei körperlichen Beschwerden
In der Zulassungsstudie von Detke et al. [3] wurde außerdem die Veränderung auf körperliche Beschwerden, insbesondere Schmerzen
im Rahmen der Depression, z.B. diffuse Schmerzen, untersucht. Auf einer visuellen
Analogskala (VAS) beurteilten die Patienten ihr Gesamtschmerzempfinden als deutlich
verbessert.
Im Vergleich zu den Ausgangswerten zeigte die neunwöchige Studie z.B. statistisch
signifikante Verbesserung der depressiven Symptomatik und der körperlichen Beschwerden,
insbesondere Schmerzen (Abb. [3]).
Die höheren Remissionsraten, die bei dual wirkenden Substanzen versus SSRIs beobachtet
wurden, scheinen darauf zu beruhen, dass die kombinierte Verstärkung beider Transmitter
einen größeren therapeutischen Effekt zu haben scheint, als die Verstärkung von jeweils
nur einem Transmitter [13].
Verringerung der Krankheitsrückfälle
Verringerung der Krankheitsrückfälle
Jüngst konnte eine weitere Studie von Detke et al. [4] zeigen, dass das Rückfallrisiko unter Duloxetin im Vergleich zu Plazebo signifikant
gesenkt werden kann, wenn die Patienten ausreichend lang - auch über die depressive
Episode hinaus - behandelt werden. In dieser sechsmonatigen Studie wurden insgesamt
533 akut depressive Patienten zunächst über zwölf Wochen offen mit Duloxetin 60 mg/Tag
behandelt. In dieser Zeit erzielten 53% der Patienten eine Remission ihrer Symptomatik.
Anschließend erhielten die remittierten Patienten für 26 Wochen randomisiert entweder
weiter Duloxetin (n = 136) oder Plazebo (n = 142).
Von den Patienten, die Duloxetin erhalten hatten, erlitten nach Einschätzung der Untersucher
innerhalb der sechs Monate nur 22% der Patienten einen Rückfall, in der Plazebogruppe
dagegen 43%. Der Unterschied war statistisch signifikant.
Verträglichkeit von Duloxetin
Verträglichkeit von Duloxetin
In der sechsmonatigen Studie von Detke et al. [4] wurden während der plazebokontrollierten Studienphase hinsichtlich der Nebenwirkungen
keine statistisch signifikanten Unterschiede zwischen Duloxetin und Plazebo beobachtet.
Nach Schläpfer entspricht das Verträglichkeitsprofil von Duloxetin dem anderer moderner
Antidepressiva.
Die Studien belegen die Wirksamkeit bei depressiven und Angstsymptomen, bei körperlichen
Beschwerden, insbesondere Schmerzen, im Rahmen einer Depression, hohe Remissionsraten
sowie die Verringerung von Krankheitsrückfällen.
Quelle: Symposium "Neues vom 157. American Psychiatry Association Congress" am 19.
Juni 2004 in München, veranstaltet von Lilly Deutschland GmbH und Boehringer Ingelheim
Pharma GmbH und Co. KG