Charakteristisch für die virale Meningitis ist häufig ein blander Verlauf. Die virale
Meningoenzephalitis kann einen schweren Verlauf nehmen, der sehr stark von einer frühen
Diagnosesicherung und dem frühen Ansetzen von antiviralen Substanzen abhängt. Bei
den meisten Enzephalitiden beschränkt sich die Therapie jedoch auf Allgemeinmaßnahmen,
da keine spezifische Therapie möglich ist.
Akute virale Meningitis
Akute virale Meningitis
Epidemiologie und Pathogenese
Die Viren stellen weltweit die häufigste Ursache für Meningitiden dar [14]. Meist gehen sie mit einem gutartigen Verlauf und einer günstigen Prognose einher
[10]. Die geschätzte Inzidenz liegt bei 10-20 Fällen/10000 pro Jahr [14]
[3]. Oft wird die virale Meningitis aufgrund ihres blanden Verlaufs nicht diagnostiziert.
Zu ihrem häufigsten Erregerspektrum zählen in erster Linie Enteroviren (Coxackie A,
B und Echo-Viren, 50-80 %), gefolgt von Mumps (ohne Impfschutz in 10-20 % der Fälle),
Arboviren, Herpesviren, HIV und das lymphozytäre Choriomeningitisvirus (LCMV).
Von der viralen Meningitis ist die postpunktionelle aseptische Meningitis zu unterscheiden.
Die Infektion erfolgt entweder hämatogen durch primär nicht neurotrope Viren oder
seltener intra- bzw. transneuronal. Über Hirnnerven (z.B. N. olfactorius) kann eine
neuronale Übertragung der Viren erfolgen.
Klinik
Die klinischen Leitsymptome bestehen aus Kopfschmerzen, Fieber und meningealer Reizung.
Der Fieberverlauf kann biphasisch sein, wobei sich der erste Gipfel mit der systemischen
Manifestation der Virusinfektion zeigt, und der zweite später in der kurzen Remissionsphase
parallel zum Auftritt der viralen Meningitis. Oft sind die meningitischen Zeichen
im Gegensatz zur bakteriellen Meningitis schwächer ausgeprägt und können bei Säuglingen,
Kleinkindern, Immunsupprimierten oder alten Menschen sogar fehlen [2]. Besonderes Augenmerk gilt einer möglichen Begleitsymptomatik, die wichtige Hinweise
auf den speziellen Erreger geben kann. Die meisten viralen Meningitiden (90 % der
Fälle) verlaufen über 10-14 Tage, einen protrahierten Verlauf findet man nur in 10
% der Fälle [9].
Diagnostik
Sehr wichtig für die Diagnosestellung ist eine lymphozytäre Pleozytose im Liquor.
In der Anfangsphase sind auch Granulozyten vorhanden, dann dominiert ein lymphozytäres
Zellbild [3] [Tab. 2]. Die lymphozytäre Pleozytose beläuft sich auf 20-1500 Zellen/μl, kann aber auch
Werte über 3000 Zellen/μl annehmen. Der Liquor selbst ist klar, höchstens leicht getrübt,
aber nie eitrig. Es finden sich manchmal leichte Erhöhungen des Liqoreiweiß, aber
nur selten Werte bis zu 500 mg/dl. Die Liquorglukose ist oft höher als 50 % des Blutzuckers,
kann bei Infektionen durch Viren wie HSV, Mumps, Entero, und LCM aber erniedrigt sein.
Im Blutbild findet sich zuweilen eine Leukopenie und eine relative Lymphozytose oder
aber auch ein normaler Befund. EEG-Veränderungen (wie Allgemeinbefunde und Herdbefunde)
sind ein Hinweis für eine enzephalitische Mitbeteiligung. Die neuroradiologische Bildgebung
ermöglicht den Ausschluss eines Hydrozephalus oder anderer Ursachen (s. Differentialdiagnosen:
[Tab. 3]).
Therapie
Zu den Basismaßnahmen gehören die antipyretisch und analgetische Therapie [Tab. 4]. Die unkomplizierte virale Meningitis erfordert keine spezielle Therapie. Bei der
unkomplizierten viralen Meningitis ist eine spezielle Behandlung nicht indiziert.
Oft wird nach Diagnose einer viralen Meningitis unklarer Ätiologie bis zum endgültigen
Nachweis bzw. Ausschluss von Herpes-Viren mit Aciclovir therapiert [10]. Die Sinnhaftigkeit dieser Maßnahme wird kontrovers diskutiert, bislang existieren
keine klaren Richtlinien.
Virale Enzephalitis
Virale Enzephalitis
Die klinischen Leitsymptome der Enzephalitis sind qualitative und quantitative Bewusstseinsstörungen,
Herdsymptome und Fieber. Man spricht meistens von einer Meningoenzephalitis, da häufig
die angrenzenden Hirnhäute in Mitleidenschaft gezogen werden. Ausschlaggebend für
die Symptomatik sind Lokalisation und Entwicklungstempo des entzündlichen Prozesses.
Die rasche Entstehung eines Ödems führt früh zu auftretenden Bewusstseinsstörungen.
Durch den erhöhten Hirndruck kann es zu einem sehr schweren Verlauf kommen mit letalem
Ausgang.
Diagnose
Eine frühe Diagnose und ein rascher Therapiebeginn sind ausschlaggebend für die Prognose
der viralen Meningoenzephalitis [8]
[13]. Die Differentialdiagnosen sind in [Tabelle 6] festgehalten.
Die Diagnosesicherung erfolgt durch den klinischen Verlauf, die Liquordiagnostik und
mit neuroradiologischen Untersuchungen. Der Virusnachweis im Liquor erfolgt mittels
PCR (häufige Erreger siehe [Tab. 1]). Der typische Liquorbefund ist in der Tabelle 2 dargestellt. Mit Hilfe des Antikörperspezifitätsindex
(ASI) lässt sich die lokale Synthese erregerspezifischer Antikörper berechnen [4].
ASI = (spezifische Antikörper im Liquor) x (Serum-IgG) / (Liquor-IgG) x (spezifische
Antikörper im Serum)
Erregerspezifische Antikörper können allerdings über Jahre im Liquor persistieren
und zur Fehldiagnose einer ZNS-Infektion führen [6].
Die kraniale MRT- Untersuchung hat einen besonders hohen Stellenwert in der Differentialdiagnostik.
Es liefert Hinweise, die die Krankheit von anderen abgrenzen lässt [5]. Wichtig ist auch die Berücksichtigung von Malignomen, Grunderkrankungen, Hautauffälligkeiten,
Endokarditis und weiteren klinischen Zusammenhängen z.B. durchgemachte Infekte, Zeckenstich,
Immunsuppression, Reisen, Jahreszeit oder auftretende Epidemien.
Therapie
Nur gegen manche Erreger der viralen Meningoenzephalitiden gibt es antivirale Medikamente.
Oft beläuft sich die Therapie auf Basismaßnahmen wie Monitoring, engmaschige Kontrollen
von Atmungsfunktion und Ventilationsparametern, sowie die Senkung eines erhöhten Hirndrucks
und des Fiebers, als auch die Kontrolle von Elektrolyten und des Wasserhaushalts.
Behandlung von Anfällen
Bei Anfällen oder bei Verdacht auf nonkonvulsive Anfälle sollte eine antiepileptische
Therapie eingeleitet werden.
Intrakanielle Druckerhöhung
Der Oberkörper sollte hochgelagert werden, und der Patient unter Intubation hyperventiliert
werden. Zur Reduktion des Hirnödems werden Steroide oder Mannitol zur Osmotherapie
eingesetzt. In schweren Fällen kann wegen der fokalen Hirnschwellung auch eine Trepanation
sehr wirksam sein [15].
Chronisch lymphozytäre Meningitis
Chronisch lymphozytäre Meningitis
Begriff und Pathogenese
Man spricht von einer chronischen Meningitis, wenn eine Entzündung der Meningen mit
einer Liquorpleozytose und neurologischen Auffälligkeiten über vier Wochen andauert
[7]. Charakteristisch ist ein langsamer Verlauf mit enzephalitischen und myelitischen
Symptomen sowie Hirnnervenausfällen. Zu den Erregern von chronischen lymphozytären
Meningitiden zählen Viren wie: HSV, CMV, VZV, JCV/SV40, HIV, Echo, LCM und SSPE. Eine
kurze Übersicht über das nicht-virale Erregerspektrum chronisch lymphozytärer Meningitiden
ist in Tabelle 5 gegeben.
Diagnostik
Besonders wichtig ist die genaue Untersuchung anderer Organsysteme (wie Ophthalmologie,
Innere Medizin, Dermatologie usw.), da ein vorhandener Mitbefall bei der Ursachenfindung
des meningitischen Prozesses beitragen kann. Eine chronische Meningitis kann sehr
unterschiedlich verlaufen. Treten Vaskulitiden auf, kommt es zu einer chronischen
Verschlechterung mit sich zuspitzenden Krisen, bei der Mollaret Meningitis und bei
Abszessrupturen besteht zwischen den rezidivierenden Krisen jedoch Beschwerdefreiheit.
Aber auch eine akute virale Meningoenzephalitis kann chronifizieren. Hingegen können
chronische Infektionen wie die Kryptokokkose bei immunsupprimierten Patienten oft
akut verlaufen. Gesichert wird die Diagnose durch eine Blut-Hirn-Schrankenstörung
und einer lymphozytären Pleozytose des Liquors, wobei weniger als 50 Zellen/μl gegen
eine infektiöse Ursache sprechen, über 200 Zellen/μl jedoch eher dafür. Es findet
sich immer eine Erhöhung des Liquoreiweiß, bei sehr hohen Werten sollte auch an ein
Hydrozephalus oder an eine Ruptur von Zysten gedacht werden. Der EEG-Befund dient
nicht der Diagnostik, sondern viel mehr der Verlaufskontrolle unter Therapie.
Therapie
Umfassende Basismaßnahmen, wie die Kontrolle der Vitalfunktionen, der Elektrolyte
oder die Anlage einer externen Ventrikeldrainage stehen im Vordergrund. Der EEG-Befund
alleine rechtfertigt keine antiepileptische Therapie, sondern erst das Auftreten eines
Anfalls. Bei infektiösen Ursachen wird antimikrobiell behandelt. Die Vorgehensweisen
bei chronischer Meningitis wurden bisher jedoch nicht durch Studien standardisiert.
Allgemein verläuft die chronische Meningitis prognostisch günstig, und es empfiehlt
sich die Gabe von Cortison über einen längeren Zeitraum [7].
Herpes-simplex-Virus-Enzephalitis (HSVE)
Herpes-simplex-Virus-Enzephalitis (HSVE)
Pathogenese
Bei der Herpes-simplex-Virusenzephalitis handelt es sich mit einer Inzidenz von 5/100000
um die häufigste sporadische Enzephalitis in Westeuropa. Bei immunkompetenten Patienten
wird die HSVE meistens durch HSV-1 hervorgerufen, wobei bei zwei Drittel der Patienten
bereits Antikörper gegen HSV gibt, und eine Primärinfektion schon stattgefunden hat.
Das Auftreten eines Herpes labialis korreliert nicht mit dem Auftreten einer Herpes
Enzephalitis. Nase und Mund dienen als Eintrittspforte des Virus, das nach Infektion
dann über den Bulbus olfactorius die mittlere Schädelgrube erreicht. Die daraus entstehende
fokale Enzephalitis ist gekennzeichnet durch eine frontobasale Lage, eine erhebliche
Hirnschwellung und hämorragische Nekrosen.
Klinik
Nach einem variablen 1- bis 4-tägigen Prodromalstadium, kommt es durch erhöhten Hirndruck
oder Herniation oft zu einem Symptomkomplex bestehend aus Persönlichkeitsstörungen,
fokal neurologischen Symptomen und erheblichen Bewusstseinsveränderungen.
Diagnostik
Die Prognose hängt ganz besonders von der frühen Diagnose und dem sofortigen Einsatz
einer antiviralen Therapie ab [13]. Im MRT lassen sich am besten morphologische Veränderungen schon früh erkennen,
vor allem am unteren mesialen Anteil des Temporallappens, am Thalamus, der Inselrinde,
am Gyrus cinguli und am frontobasalen Kortex. Auch der charakteristische Liquorbefund
mit einer lymphozytären Pleozytose von 15-200 Zellen/μl, einer starken Eiweißerhöhung
(> 80 %) und dem oftmaligen Vorkommen von Plasmazellen, einer mononukleären Pleozytose
und Erythrozyten, Siderophagen und Xanthochromie ist typisch. Die PCR liefert in der
Frühphase in >95 % der Fälle den Nachweis virusspezifischer DNA, wobei jedoch kein
Zusammenhang zwischen Zahl der Viruskopien und Krankheitsgrad besteht. Im weiteren
Verlauf kommt es zu einem Anstieg der HSV-spezifischen Antikörper im Liquor, hingegen
kann die HSV-PCR dann wieder negativ sein. Die Diagnose kann im Verlauf gesichert
sein, wenn ein ASI > 1,5 oder ein 4-facher HSV-Antikörperanstieg im Liquor vorhanden
ist.
Therapie
Das Mittel der Wahl ist die sofortige Gabe von Aciclovir, wodurch die Virusreplikation
gehemmt wird. Die Letalität wurde dadurch auf 20 % gesenkt, es bestehen aber trotz
antiviraler Therapie nach durchlaufener HSVE meist schwere Folgeschäden.
Antiviral wirksam bei HSVE sind bei Aciclovir-Resistenz auch Foscarnet oder Arabinosid
(auch unter Vidarabin, Arabinosidmonophosphat oder Ara-A erhältlich). Foscarnet appliziert
man erst als Bolus (20 mg/kgKG über 30 Min.), mit anschließender 2-3-wöchiger Dauerinfusion
(230 mg/kgKG). Unerwünschte Wirkungen beinhalten Anämien, Provokation von Anfällen
und Nierenfunktionsstörungen. Das Arabinosid ist bei erhöhtem Hirndruck eher von Nachteil,
da es hohe Volumengaben fordert.
Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME)
Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME)
Pathogenese
Die FSME wird durch ein Arbovirus verursacht, übertragen meist über kleine Wildnager
und Vektorzecken. Ihr saisonales Auftreten lässt sich durch den Entwicklungszyklus
der Zecken (Ixodes ricinus) erklären. Sie tritt deswegen meist im Frühjahr und Sommer
auf, und hat mit einer Inzidenz von 276 Fällen im Jahr 2003 einen neuen Höchststand
erreicht. Die Hauptendemiegebiete sind Süddeutschland, Tschechien, Österreich, Ungarn
und die Slowakei. Eine aktuelle Karte ist unter www.rki.de/INFEKT/epibull/2003-karte-03.PDF zu finden. Klinisch manifestiert sich die FSME nur in 30 % der Fälle und dann in
Form einer Meningitis, Myelitis, Meningoenzephalitis, wobei das pathologische Korrelat
eine fleckförmige Polioenzephalitis ist. Zu den Manifestationsorten zählen Dienzephalon,
Kleinhirn, Hirnstamm, Vorderhörner, Hals- und Thorakalmark.
Klinik
Nach einem grippeähnlichen Prodromalstadium (3-7 Tage), durchlaufen 10 % der Patienten
nach einem symptomfreien Intervall eine Phase mit neurologischer Symptomatik bestehend
aus Kopf-Gliederschmerzen und einem hohen Krankheitsgefühl. Es kann zu einer Mitbeteiligung
des Hirnstamms kommen, sowie zu Hirnnervenausfällen, Lähmungen, Krampfanfällen und
Myoklonien. Die Restitutionsphase zeigt eine kontinuierlich Besserung über 1-2 Wochen.
Die Mortalität liegt beim westlichen Typ um 1-2 %, bei der myelitischen Form jedoch
sogar bis zu 20 %. Aminoglykoside können die FSME zum Exazerbieren bringen.
Diagnostik
Bei der Diagnose stützt man sich auf den Nachweis intrathekaler Antikörpersynthese
mittels ASI.
Therapie
Die früher empfohlene binnen 96 Stunden durchzuführende passive Immunisierung mit
Immunglobulin (FSME IMMUN Neu®) ist obsolet, da die Erfolgsrate nur bei 50-60 % liegt
und sogar Exazerbationen beschrieben sind. (STIKO, www.rki.de). Eine aktive Immunisierung ist angebracht bei Personen, die sich in Risikogebieten
oder Hochrisikogebieten und beruflich oder in der Freizeit in Zeckenbiotopen aufhalten.
Hierbei ist jetzt in den Wintermonaten der empfohlene Zeitpunkt für den Beginn einer
Impfung. Diese ist dann im Frühjahr und Sommer bereits wirksam.
Tollwut
Tollwut
Epidemiologie
Trotz hoher Bekämpfungsmaßnahmen sterben jährlich ca. 100.000 Menschen an Tollwut.
Vor allem nach Hundebissen infizierter Tiere gelangt das Virus nach Replikation im
Muskelgewebe und Bindung an Acetylcholin-Rezeptoren über die Nerven bis zum Vorderhorn,
von wo aus es sich dann in die Speicheldrüsen und das sympathische Nervensystem ausbreitet.
Klinik
Nach 10-20 Tagen kommt es zum charakteristischen Verlauf bestehend aus Prodromal-,
Akut- und neurologischer Phase. Der Tod tritt meist nach höchstens zehn Tagen durch
Atemlähmung ein.
Diagnose
Ausschlaggebend für die Diagnose ist der Erregernachweis in Liquor, Speichel oder
Urin und die klinische Symptomatik. Die Tollwut ist jedoch immer letal, sobald sie
sich klinisch manifestiert.
Prophylaxe
Vor allem Personen aus Risikogruppen (z.B. Jäger oder Tierärzte) sollten sich präexpositionell
impfen lassen. Indikation für eine passive Impfung besteht sofort nach Biss eines
verdächtigen Tieres.
Röteln
Röteln
Pathogenese
Bei den Röteln handelt es sich um RNA-Viren aus der Familie der Toga-Viren. Das Virus
wird über Tröpfcheninfektion übertragen oder transplazentär. Besonders eine Infektion
im ersten Trimenon der Schwangerschaft führt in bis zu einem von 100000 Kindern zu
schwerer Rötelnembryopathie oder dem Gregg-Syndrom. Zu einer Enzephalitis kommt es
in bis zu 1/24000 Fällen. Diese kann in eine akute Enzephalitis oder eine parainfektiöse
Enzephalitis münden.
Da in den neuen Bundesländern früher nicht gegen Röteln geimpft wurde, unterlag die
Erkrankung einer natürlichen Durchseuchung, die aber nach einer Verdichtungswelle
1989 zu Zeiten der Wiedervereinigung (560 Fälle/100000) von einer Impfimmunität (im
Jahr 2000 nur noch 5,4 Fälle/100000) abgelöst wurde.
Die aktuellen Impfrichtlinien empfehlen eine Kombinationsimpfung (MMR: Masern-Mumps-Röteln)
zwischen 12. und 15. Lebensmonat spätestens bis zum 2. Lebensjahr, und eine Auffrischung
zur Erfassung von Nonrespondern (5 %) frühestens vier Wochen nach der ersten Impfung,
möglichst im 2. Lebensjahr.
Klinik
Nach 14-21 Tagen kommt es zur Schwellung nuchaler und retroaurikulärer Lymphknoten,
einem kleinfleckigen makulopapulösen Exanthem und grippaler Symptomatik. Die Infektiösität
besteht eine Woche vor und nach Auftreten der Krankheit. Kommt es zu einer Röteln-Enzephalitis
entwickelt sich diese plötzlich. Die Patienten fallen vor allem durch einen Blickrichtungsnystagmus
auf. Bei der fortschreitenden Panenzephalitis steht ein geistiger Abbau oft über Jahre
im Vordergrund.
Diagnose
Die Diagnose erfolgt durch virusspezifischen Antikörpernachweis (IgG- und Ig-M) mittels
ELISA. Bei der Panenzephalitis sichert man die Diagnose durch den Nachweis einer intrathekalen
Synthese erregerspezifischer Antikörper (ASI).
Therapie und Vorsorge
Geimpft wird ein Lebendimpfstoff als zweimalige Gabe meist in Kombination mit Masern
und Mumps.
Seronegativen Müttern wird die passive Immunisierung durch Gabe von Immunglobulinen
empfohlen in bis zu sieben Tagen nach Exposition. Sie liefert jedoch nur eingeschränkten
Schutz.
Rechtliche Aspekte
Zur Vermeidung von Epidemien sollte immer die Meldepflicht eingehalten werden. Neurologisch
wichtige Infektionen sind: FSME, Gelbfieber, Influenza, Polio, Rabies, Lassa, Masern,
CJD und Adenoviren.
Laut § 6 ist auch eine Meldepflicht indiziert, bei Infektionen mit Gefahrenpotential
und Epidemiecharakter, wie es bei viralen Meningoenzephalitiden der Fall sein kann.
Abb. 1 Die hyperintense Läsion nimmt links den Bereich von Inselrinde und Teilen des Temporallappens
ein und ist zum Putamen hin scharf abgesetzt. Eine ähnliche, wenn auch kleinere Läsion
besteht auch rechts.
Tab. 1 Häufige Erreger viraler Meningoenzephalitiden und besondere klinische Symptome (nach
[9])
|
Enteroviren
|
|
Coxsackie-A-Virus |
Fieberhafte Herpangina (Bläschen auf Tonsillen, vorderem Gaumenbogen, weichem Gaumen
und Uvula, Zunge), gelegentlich polioähnliche Verläufe mit guter Prognose, häufig
Myokardbeteiligung |
|
Coxsackie-B-Virus |
„Bornholmer Krankheit”, Pleurodynie, Fieber, Muskelschmerzen, gelegentlich Myokarditis |
|
ECHO-Viren |
Gastroenteritis, Konjunktivitis, Exanthem, gutartige Meningoenzephalitis (häufig bei
ECHO-Virus Nr. 9), polioähnliche Verläufe, oft Leberbeteiligung |
|
Herpesviren
|
|
HSV-1, HSV-2, VZV |
siehe Text |
|
CMV |
50 % der Bevölkerung seropositiv, bei Immunkompetenten meist nur gutartige Meningitis,
bei Immunsupprimierten siehe Kapitel HIV und AIDS |
|
EBV |
siehe Text |
|
Paramyxoviren und „Kinderkrankheiten”
|
|
Mumps |
Parotitis (auch asymptomatisch), Orchitis, Pankreatitis, Meningitis kann der Parotitis
auch vorausgehen |
|
Masern |
siehe Text |
|
Röteln |
siehe Text |
|
Influenza-A- und -B-Virus, Parainfluenza |
Grippaler Infekt, hohes Fieber, Arthralgien, Rhinitis, Pharyngitis, Bronchiolitis,
Laryngotracheobronchitis |
|
Arbovirosen
|
|
FSME |
siehe Text |
|
Andere Arbovirosen: |
In Deutschland meist nur als „Reisekrankheit”, vor allem Flaviviren |
|
Adenoviren
|
Konjunktivitis, Keratokonjunktivitis epidemica, Lymphadenopathie, Fieber, Pharyngitis,
Rhinitis, atypische Pneumonie, Fieber |
|
HIV
|
|
LCM
|
Lymphozytäre Choriomeningitis, Arena-RNA-Virus, durch Nagetiere übertragen, langes
Prodromalstadium mit Müdigkeit, Rückenschmerzen, Muskelschmerzen, Fallberichte schwerer
Enzephalitisverläufe |
|
Tollwut
|
siehe Text |
Tab. 2 Typische Liquorbefunde einer viralen Meningoenzephalitis
|
Zellen |
Pleozytose: 20-1500/μl (selten < 3000) |
|
Zytologie |
initial granulozytär, später mononukleär |
|
Protein |
meist < 150 mg/l (selten bis 500 mg/dl) |
|
Laktat |
< 2,5 mmol/l |
|
Glukose |
> 60 (L/S in %) |
Tab. 3 Differentialdiagnosen bei der Abklärung einer viralen Meningitis
-
Listeriose
-
Anbehandelte eitrige Meningitis
-
Mykobakterien- und Pilzmeningitis
-
Hirnabszess
-
Septisch-metastatische Herdenzephalitis
-
Lues
-
Zerebrales Lymphom
-
Sarkoidose
-
Hirninfarkt
-
Reizpleozytose nach Lumbalpunktion oder Operation am ZNS
-
Sympathische Meningitis (entzündlicher Mittelohr-, Innenohr- oder Nasenenbenhöhlenprozess)
|
Tab. 4 Basistherapie der akuten viralen Meningitis: analgetische und antipyretische Behandlung
(nach [9])
|
Medikament
|
Dosis
|
Nebenwirkung
|
Tageskosten (€)
|
|
Acetylsalicylsäure (Aspisol®) |
500-1000 mg i.v. |
Magenblutung, Thrombozytopenie, Transaminasenanstieg, Überempfindlichkeit, Bronchospasmus |
0,09 |
|
Paracetamol (Benuron®) |
500 mg-1 g, max. 50 mg/kgKG |
Überempfindlichkeitsreaktionen, Überdosierung, cave: Leberzellnekrosen bis zum Leberkoma |
0,42 |
Tab. 5 Nicht-virale Ursachen chronisch lymphozytärer Meningitiden
|
Infektiöse nicht virale Ursachen
|
|
Pilze |
Aspergillus, Candida, Cryptococcus neoformans |
|
Bakterien |
Borrelien, Mykobakterien, Spirochäten, Brucellen, Actinomyceten, Nocardien, Rickettsien,
Tuberkulose |
|
Parasiten |
Toxoplama, Helminthen |
|
Erkrankungen mit vaskulitischem oder autoimmunem Hintergrund
|
|
Granulomatöse Angiitis, Riesenzellarteriitis, Sarkoidose, M. Behcet, Kollagenosen,
Vogt-Koyanagi-Harada Syndrom, primär zerebrale Vaskulitis, M. Boeck |
|
Prionenerkrankungen
|
|
Chronische Meningitis selten als isoliertes Syndrom |
|
Medikamente
|
|
Kontrastmittel, intrathekale Medikamente, nicht-steroidale Antiphlogistika, Penicillin,
Ciprofloxacin, Trimethoprim, Sulfonamide |
|
Neoplasien
|
|
Primärer ZNS-Tumor, Meningeosis lymphomatosa und carcinomatosa, rupturierte Epidermoidzyste |
Tab. 6 Aciclovirtherapie (nach [8])
|
Medikament
|
Dosis
|
Nebenwirkungen
|
Tageskosten (€)
|
Bemerkungen
|
|
Aciclovi
(Zovirax®) |
10 mg/kgKG i.v. alle 8 h, Infusionsdauer 1
Kreatininclearance 25-50 ml/h: Dosierungsintervall alle 12
Kreatininclearance 25-10 ml/h: Dosierungsintervall alle 24
Kreatininclearance < 10 ml/h: Dosierungsintervall halbe Dosis alle 24 h |
Hautausschläge, Schwindel, Verwirrtheitszustände, Schläfrigkeit, Psychosen, Krampfanfälle,
Kopfschmerzen |
311,9 |
pro g Aciclovir sollte der Patient 1 l Flüssigkeit ausscheiden; optimale Therapiedauer
unbekannt, üblich sind 10-14 Tage, bei eingeschränkter Nierenfunktion Dosisanpassung,
Probenecid hemmt die Ausscheidung |