Akuttherapie
Therapieziele
Konsens
Die primären therapeutischen Ziele der Akuttherapie der ERD sind die Beschwerdefreiheit
des Patienten und die Abheilung der Läsionen. Die medikamentöse Therapie orientiert
sich in erster Linie am Beschwerdebild und nicht am endoskopischen Stadium (C).
Kommentar
Da eine Korrelation zwischen der Schwere der Symptomatik und dem Ausmaß der Läsionen
nicht besteht [1]
[2], der Leidensdruck aber im Wesentlichen durch die Beschwerden bestimmt wird [3], orientieren sich Art und Dauer der Therapie vorwiegend an den Symptomen.
Die Geschwindigkeit der Abheilung der Läsionen korreliert mit der Stärke und Dauer
der pharmakologischen Säuresuppression. Die Abheilungsraten betragen innerhalb von
4 - 8 Wochen 70 - 100 % [4]
[5]
[6].
Medikamentenwahl, Behandlungsstrategie und Einfluss der Therapie auf den natürlichen
Verlauf
Konsens
Die Akutbehandlung der ERD sollte mit einem Protonenpumpenblocker (PPI) begonnen werden.
Eine Dosissteigerung kann erforderlich sein, wenn unter der Anfangsdosierung keine
Beschwerdefreiheit eintritt. Nach einigen Wochen wird bei Nachlassen der Beschwerden
die Intensität der Behandlung durch Dosisreduktion versuchsweise abgebaut (sog. Step-down-Therapie) (B).
H2-Blocker werden in der Primärtherapie der ERD nicht empfohlen, weil sie in der Standarddosierung
bei nur etwa 50 % der Patienten zur Beschwerdefreiheit führen (A).
Antazida, Protektiva (z. B. Sucralfat, Alginsäure) und Prokinetika werden als Monotherapie
bei ERD nicht empfohlen (A).
Kommentar
Die Reduktion der Säurekonzentration im Refluat ist zurzeit die einzige wirksame Maßnahme
in der GERD-Behandlung. PPI werden hierbei als Mittel der Wahl bei GERD angesehen
[1]
[3]
[9]. In einer Metaanalyse konnte gezeigt werden, dass bei endoskopisch dokumentierter
erosiver oder ulzeröser Refluxösophagitis mit PPI im Vergleich zu H2-RA nicht nur die prozentuale vollständige Abheilung innerhalb von 12 Wochen höher,
sondern auch die Geschwindigkeit der Abheilung doppelt so hoch lag [5]. Antazida haben aufgrund ihrer kurzen neutralisierenden Wirkung nur einen schwachen
Effekt auf die intragastrale Azidität und auf die Beschwerden [7]. Verfügbare Prokinetika (Metoclopramid, Domperidon u. a.) sind in der Behandlung
der ERD wirkungslos.
Die Behandlungsstrategie der Wahl ist die Step-down-Therapie, bei der im Gegensatz
zur Step-up-Therapie (primär Antazida, H2-RA, Prokinetika) das wirksamste Medikament in der zu erwartenden optimalen Wirkdosis
primär eingesetzt und nach promptem Ansprechen in der Folgezeit die Dosis auf Bedarf
abgebaut wird. Hierdurch werden nachweislich 1. schnellere Beschwerdefreiheit und
Abheilung der Läsionen erreicht, es wird 2. die Therapiegesamtdauer verkürzt und es
werden dadurch 3. die Patientenzufriedenheit sowie 4. auch die Wirtschaftlichkeit
erhöht [11]
[14]
[15]. Die Dauer der Akuttherapie erstreckt sich je nach Ausgangsstadium und Beschwerdeverlauf
über 4 - 8 Wochen. Bei anhaltender Beschwerdefreiheit wird die Akuttherapie beendet
mit nachfolgendem Auslassversuch.
Kombinationstherapie
Konsens
Prinzipiell werden Kombinationen von PPI mit anderen Antirefluxtherapeutika nicht
empfohlen (B).
Kommentar
Kontrollierte Studien zeigen keinen Vorteil einer Kombinationstherapie gegenüber einer
beschwerdeadaptierten Monotherapie mit einem Protonenpumpenhemmer [1]
[11].
Therapierefraktäres Verhalten - Vorgehen bei Non-Respondern
Konsens
Bleiben die typischen Refluxsymptome unter der Standard-PPI-Therapie über 4 Wochen
unbeeinflusst, wird im ersten Schritt die Dosis verdoppelt und dann in einem weiteren
Schritt bei Bedarf verdreifacht. Bei weiterem Nichtansprechen sollte eine Langzeit-pH-Metrie
durchgeführt und die Diagnose überprüft werden. Bei hierbei in den Abend- und Nachtstunden
erhöht gefundenen Säurewerten kann eine abendliche Dosis verabreicht werden (B).
Kommentar
Die verschiedenen PPI weisen in ihrer auf Milligrammbasis bezogenen säurehemmenden
Wirkung eine relativ hohe Streubreite auf, die bei schlechtem Ansprechen durch Verdoppelung
der Dosis oder durch Wechsel auf ein anderes PPI-Präparat überwunden werden kann [16].
Ein Abfall des nächtlichen pH auf Werte um pH 1 (gastric acid breakthrough) ist ein
häufiges Phänomen und auch bei beschwerdefreien Refluxpatienten zu finden [36]. Es konnte jedoch in Studien gezeigt werden, dass durch abendliche additive Gabe
eines H2-RA in hoher Dosierung oder durch Aufteilung der PPI-Dosis auf zwei Gaben ein Teil
der Patienten behandelt werden kann [17]
[37].
Endoskopische Verlaufskontrollen
Konsens
Bei sicherem Ausschluss eines Barrett-Ösophagus oder einer GERD-Komplikation im Rahmen
der Index-Endoskopie ist die endoskopische Kontrolle der Abheilung von Erosionen nicht
erforderlich. Auch im Langzeitverlauf sind bei unkomplizierter GERD und unveränderter
Symptomatik keine endoskopischen Kontrollen notwendig (C).
Kommentar
Unter einer adäquat dosierten PPI-Therapie werden ca. 90 % aller Patienten innerhalb
von 2 Wochen beschwerdefrei. Dies ist bei Fortführung der PPI-Therapie ein guter Indikator
für eine Abheilung der Läsionen innerhalb von 4 - 8 Wochen je nach endoskopischem
Ausgangsbefund [18].
Langzeittherapie
Medikamentenwahl, Dosierung und Dauer der Langzeittherapie
Konsens
Die Langzeittherapie sollte mit der letzten effektiven Dosis der Akutphase beginnen.
Sie kann im Verlauf symptomabhängig angepasst werden (step-down oder on-demand). Sie
wird nach klinischen und nicht nach endoskopischen Kriterien kontrolliert. Eine Langzeittherapie
ist in den meisten Fällen über viele Jahre notwendig (B).
Kommentar
Die Überlegenheit der PPI in der Langzeitbehandlung im Vergleich zu den H2-RA wurde in zahlreichen Studien gezeigt [1]
[24]
[25]
[29]
[30]. Zur Langzeittherapie reichen häufig die niedrigeren Dosierungen der PPI (Esomeprazol
20 mg; Lansoprazol 15 mg; Omeprazol 20 mg; Pantoprazol 20 mg; Rabeprazol 10 mg).[1] In den meisten kontrollierten Langzeitstudien erwies sich das Step-down-Prinzip
der Akuttherapie auch für die Langzeittherapie am günstigsten [21]
[24]
[28]
[29]
[30]. Die symptomatischen und endoskopischen Rezidivraten sind nach Absetzen der Akuttherapie
in den Schweregraden (LA-Klassifikation) C und D höher als unter den geringen Schweregraden
A und B und treten schneller nach Absetzen der PPI auf [11]
[28]. Die Literaturdaten und die Erfahrungen des Panels zeigen, dass bei vielen Patienten,
besonders mit höheren ERD-Stadien, eine medikamentöse Prophylaxe über viele Jahre
und Jahrzehnte notwendig ist. Hierbei ist das wichtigste Entscheidungskriterium für
eine Langzeittherapie das Intervall, nach dem nach Beendigung einer Akuttherapie wieder
Refluxbeschwerden auftreten.
Bei der Langzeittherapie sollte in 1- bis 2-Jahres-Abständen ein Auslassversuch gemacht
werden [1].
Risiko der Langzeittherapie unter PPI
Konsens
Es gibt keine Hinweise auf relevante Risiken einer PPI-Dauertherapie (A).
Kommentar
Es besteht Übereinstimmung, dass die verfügbaren PPI sämtlich auch in der Langzeittherapie
sicher und frei von ernsteren unerwünschten Wirkungen sind [1]
[21]
[29]
[30]
[32]. Mögliche Risiken einer Langzeittherapie mit PPI beziehen sich auf die Sicherheit
der verschiedenen PPI wie auch auf die Folgen einer anhaltenden Unterdrückung der
Säuresekretion.
Mögliche Nebenwirkungen einer Langzeittherapie sind eine Hypergastrinämie und ein
Fortschreiten einer chronischen Korpusgastritis und als deren Folge eine ECL-Zell-Hyperplasie
[34]. Daneben werden eine intragastrale Nitrosaminbildung, ein Vitamin-B12-Mangel und intestinale bakterielle Fehlbesiedlung beobachtet, die aber klinisch nicht
relevant sind. Auch eine Malabsorption für Nahrungsfette, Eisen, Kalzium und Magnesium
oder fettlösliche Vitamine wurde in zahlreichen Studien nicht gefunden [31].
Intermittierende Therapie (= on demand = Bedarfstherapie) bei ERD
Konsens
Die „on demand”-Therapie ist die bevorzugte Form der Langzeittherapie (B).
Kommentar
In der Regel bietet sich die „on demand”-Strategie bei leichteren symptomatischen
und endoskopischen Schweregraden der ERD an [20]
[25]. Die Bedarfstherapie ist immer dann sinnvoll, wenn nach Absetzen der PPI-Medikation
längere beschwerdefreie Intervalle auftreten [19]. Gegen das Risiko einer latenten Progression und Auftreten von Komplikationen wie
Striktur, Barrett-Ösophagus oder Adenokarzinom unter einer „on demand”-Therapie spricht
die wissenschaftlich belegte Tatsache, dass auch ohne Therapie, d. h. im natürlichen
Verlauf, das jeweilige Stadium und der Schweregrad der GERD in der überwiegenden Mehrzahl
über viele Jahre stabil bleiben und keine Progression zeigen [12].
Strikturen
Konsens
Nach erfolgreich bougierter Striktur ist eine adäquat dosierte Langzeitbehandlung
mit PPI indiziert (A).
Kommentar
Die Inzidenz einer Ösophagusstriktur bei Patienten mit GERD liegt bei 1 - 1,5 % [35] und scheint insgesamt abzunehmen, wahrscheinlich aufgrund der besseren Therapiemöglichkeiten.
ERD-Patienten mit peptischen Strikturen sollten auch nach einer meist notwendigen
Bougierung mit PPI in voller Dosierung behandelt werden [36]
[37].
Indikation zur H.-p.-Therapie bei ERD
Empfehlung
Die Indikation zur H.-p.-Eradikation wird durch das Vorliegen einer Refluxösophagitis
nicht beeinflusst (B). Ob die Notwendigkeit einer Langzeittherapie mit säurehemmenden
Pharmaka eine Indikation zur H.-p.-Eradikation darstellt, wird kontrovers beurteilt.
Kommentar
Wichtigstes Argument gegen eine H.-pylori-Eradikation war bislang die Beobachtung,
dass nach H.-pylori-Sanierung und Besserung der Korpusgastritis die Säuresekretion
des Magens ansteigt und so als Folge eine Refluxkrankheit neu auftritt. Dem widersprechen
aber andere Studien. Viele Autoren befürworten eine H.-pylori-Sanierung, da andernfalls
unter einer PPI-Therapie die Korpusgastritis fortschreitet mit einer möglichen Gefährdung
hinsichtlich eines Magenkarzinoms [38]
[39]
[42]. Andererseits werden bei H.-p.-Gastritis unter PPI-Therapie höhere intragastrale
pH-Werte erreicht [40] und daher auch höhere Heilungsraten als bei H.-p.-negativen Individuen erzielt [41]; dennoch kann durch H.-p.-Rx keine Medikamenteneinsparung erzielt werden [43].
Es gibt auch keinen Hinweis, dass bei Patienten ohne Barrett-Ösophagus sich dieser
nach einer H.-p.-Rx entwickelt oder bei vorhandenem Barrett-Ösophagus das Karzinomrisiko
unter PPI-Therapie erhöht ist, wenn der H. pylori belassen wird [44]
[45].
In der Abwägung dieser Argumente spricht sich der überwiegende Anteil der internationalen
Reviews und Empfehlungen dafür aus, vor einer jahrelangen notwendigen PPI-Langzeittherapie
besonders bei jungen Patienten unter 50 Jahren eine H.-p.-Rx durchzuführen [44]. Aktuelle verfügbare Daten belegen eine solche Empfehlung aber bisher nicht.