Einleitung
Einleitung
Die Fluoreszenzdiagnostik (FD) und die Photodynamische Therapie (PDT) sind innovative
Verfahren in unserem Fachgebiet, die sich zur Erkennung und gezielten Behandlung von
prämalignen Veränderungen und epithelialen Hauttumoren eignen. Beide Verfahren beruhen
auf dem photodynamischen Prinzip, das aus der Wechselwirkung der drei Faktoren Photosensibilisator,
Licht und molekularer Sauerstoff beruht. Nur der synergistische Effekt dieser Komponenten
ermöglicht eine genaue Identifizierung und Abgrenzung der zu behandelnden Läsionen
bzw. führt zu einer selektiven Zerstörung epithelialer Tumorzellen und ihrer Vorstufen.
Dabei kommt dem topisch zu applizierenden Prodrug, der Vorstufe des eigentlichen Photosensibilisators
eine entscheidende Bedeutung zu: Gefordert wird eine möglichst selektive Anreicherung
ausschließlich im Tumorgewebe ohne die umgebende normale Haut zu beeinträchtigen.
Ferner muss eine intrazelluläre Akkumulation in ausreichenden Konzentrationen erfolgen,
um durch die enzymatische Umsetzung zu Protoporphyrin IX, dem eigentlichen Photosensibilisator,
einen photodynamischen Effekt induzieren zu können. Dabei ist die Penetrationstiefe
des Prodrugs durch oberflächliche Epidermisschichten von entscheidender Bedeutung
und ein limitierender Faktor.
In den vergangenen Jahren ist die 5Δ-Aminolaevulinsäure (ALA) zur Substanz der Wahl
für die Fluoreszenzdiagnostik und die PDT avanciert. Doch gerade die Forderung nach
einer guten Penetrationsfähigkeit und möglichst selektiven Anreicherung im Tumorgewebe
wird durch das hydrophile Molekül ALA nur eingeschränkt erfüllt. Dieser Umstand hat
zur Entwicklung von lipophilen Esterderivaten des ALA geführt, von denen der Methylester
Methyl-[5-amino-4-oxopentanoat] kurz (MAOP) die Zulassung erhalten hat (Metivx®, Fa.
Galderma, Freiburg).
Im Folgenden wird auf pharmakologische Aspekte von MAOP im Vergleich zu ALA bei der
topischen Photodynamischen Therapie eingegangen. Zur Darstellung existierender In-vivo-Studien
wird auf den Beitrag „Photosensibilisierung und Photoprotektion bei der topischen
Photodynamischen Therapie...” von Gardlo et al. in diesem Themenheft verwiesen.
Erhöhte epidermale Penetrationsfähigkeit und effektivere Gewebeverteilung von MAOP
gegenüber ALA
Erhöhte epidermale Penetrationsfähigkeit und effektivere Gewebeverteilung von MAOP
gegenüber ALA
Da die Epidermis und hier v. a. die Lipid-Doppelmembran des Stratum corneum die Diffusion
und damit die Penetrationstiefe von ALA limitieren [1]
[2], sind sehr hohe ALA-Konzentrationen in loco erforderlich, um ausreichende Protoporphyrin
IX-Level für die PDT zu erreichen [3]. Zur Verbesserung der Eindringtiefe besteht die Möglichkeit, einen Tesafilmabriss
durchzuführen oder einen Penetrationsvermittler wie DMSO (Dimethylsulfoxid 10 - 20
%) beizumischen. DMSO führt jedoch über eine Schädigung des Stratum corneum zu toxisch-irritativen
Reaktionen an der Haut und sollte daher nach Wester und Maibach klinisch nicht zum
Einsatz kommen [4].
Ein anderer spezifischerer Ansatz, die Bioverfügbarkeit von Protoporphyrin IX zu erhöhen,
ist die Verwendung eines ALA-Esters wie dem MAOP. Aufgrund seines lipophilen Charakters
lässt sich ein verbessertes Penetrationsverhalten vermuten. Bereits Peng und Mitarbeiter
konnten zeigen, dass die chemische Struktur der zu applizierenden Substanz die Penetration
und Gewebeverteilung beeinflusst [5]. So penetrieren lipophile Photosensibilisatoren rascher und tiefer in die Haut,
woraus ein größeres Behandlungsareal resultiert [6]. Die topische Applikation von MAOP bewirkt eine höhere Protoporphyrin-IX-Konzentration
im Gewebe als das hydrophile ALA, wie anhand von Studien im Mausmodell [7] bzw. auch für das menschliche Basalzellkarzinom gezeigt werden konnte [3]
[8]. Ferner erreichen die Esterderivate nach anfänglicher Verzögerung, vermutlich aufgrund
der intrazellulären Abspaltung der Estergruppe, früher das Maximum der intrazellulären
Protoporphyrin IX-Bildung und induzieren höhere intrazelluläre Porphyrinkonzentrationen
[9]. Hieraus erklären sich die kürzeren Inkubationszeiten von MAOP (3 h) im Vergleich
zu ALA (4 - 6 h). Dabei führen die Esterderivate weder zu einer Lichtsensibilisierung
von Hautarealen außerhalb der eigentlichen Behandlungsstelle, noch lässt sich eine
Fluoreszenz in inneren Organen wie der Leber nachweisen, die auf eine systemische
Wirkung schließen lassen würde [10].
Jüngst veröffentlichten Lopez und Mitarbeiter einen Beitrag zum Einsatz der Iontophorese
als eine effiziente Methode, die epidermale Penetration zu steigern [11]. Ihre In-vitro-Untersuchungen an der Haut von Schweinen zeigten, dass unter Verwendung
der Iontophorese die lipophilen ALA-Ester wie das MAOP einen mehr als 50fach gesteigerten
iontophoretischen Fluss durch die Schweinehaut aufwiesen als die polare ALA. Da ALA
bei einem physiologischen pH-Wert von 7,4 als Zwitterion vorliegt, scheint die Iontophorese
hier primär nur über die Elektroosmose zu funktionieren. Der Methyl-Ester wird hingegen
sowohl über die Elektroosmose, insbesondere aber auch über den Vorgang der Elektromigration
transportiert und passiert die apikalen Epidermisanteile in kürzerer Zeit und in höheren
Konzentrationen. Dabei zeigte sich der Methyl-Ester auch anderen Estervarianten des
ALA wie dem Hexyl-Ester überlegen [11]. Inwieweit das Verfahren der Iontophorese klinisch bei der PDT angewendet werden
kann und ob die in vitro beobachteten Phänomene auch in vivo übertragen werden können,
bleibt abzuwarten.
Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Biodistribution des Photosensibilisators. So
akkumulieren lipophile Sensibilisatoren wie MAOP vorrangig in Biomembranen wie der
Zellmembran oder der Membran von Zellorganellen [12], wohingegen hydrophile Substanzen wie ALA sich eher in lysosomalen und endosomalen
Zellkompartimenten anreichern [13]. Dabei scheint die Anreicherung in Membranstrukturen für das Absterben von Tumorzellen
und damit für den Erfolg der Photodynamischen Therapie von größerer Bedeutung zu sein.
So konnten Dougherty und Mitarbeiter nachweisen, dass die Wahrscheinlichkeit einer
Zerstörung von Tumorzellen per absorbiertem Lichtquant für lipophile Photosensibilisatoren
höher ist als für hydrophile Substanzen wie ALA [14]. Diese Beobachtung lässt bei der Tumorzerstörung einen Vorteil von Ester-Derivaten
wie MAOP gegenüber der unveränderten ALA vermuten.
Die Mechanismen der zellulären Aufnahme von MAOP und ALA sind unterschiedlich
Die Mechanismen der zellulären Aufnahme von MAOP und ALA sind unterschiedlich
Nach der Betrachtung des unterschiedlichen Penetrationsverhaltens und der Gewebedistribution
von MAOP und ALA könnten auch Unterschiede in den zellulären Aufnahmemechanismen für
beide Substanzen bestehen.
In den meisten Körperzellen stehen unterschiedliche Transportsysteme für die Aufnahme
von kationischen, zwitterionischen oder anionischen Aminosäuren zur Verfügung. Nach
einer Klassifikation von Stevens und Mitarbeitern können diese Transportsysteme unterteilt
werden in die Gruppe der Na+-abhängigen Transporter, zu denen die System-Beta- und γ-Aminobuttersäure (GABA)-Transporter
zählen, sowie in die Gruppe der Na+-unabhängigen Systeme [15]. Hinsichtlich der zellulären Aufnahmemechanismen von ALA haben Rezeptorinhibitionsversuche
an Tumorzelllinien stattgefunden, die indirekt zeigen konnten, dass ALA über System-Beta-
und GABA-Transporter, d. h. über Na+-abhängige Transportsysteme in die Zellen aufgenommen wird. Dabei scheint den System-Beta-Transportern
GAT-2 und GAT-3 eine besondere Bedeutung zuzukommen. Eine Blockade dieser Transporter
reduziert die intrazelluläre Protoporphyrin-IX-Entstehung um bis zu 85 % [16]. Auch Bermudez Moretti et al. fanden, dass die intrazelluläre ALA-Aufnahme über
System Beta-Transporter vermutlich GAT-2 vermittelt wird [17]. Diese Transportsysteme unterliegen jedoch einer Sättigung entsprechend einer Michaelis-Menten-Kinetik
[18]. Im Gegensatz zu ALA werden die Esterderivate wie das MAOP nicht über diese mengenlimitierten
Transportsysteme in die Zellen aufgenommen, sondern unterliegen anderen Transportmechanismen
[16]. Auch scheint die passive Diffusion der Ester über die Zellmembran von großer Bedeutung
zu sein und ist nicht mengenlimitiert.
Die Tatsache, dass ALA, nicht jedoch MAOP über GABA-Transporter in das Zellinnere
gelangen, liefert womöglich die Erklärung für ein weiteres klinisch zu beobachtendes
Phänomen: So erscheint die Photodynamische Therapie z. B. von Basalzellkarzinomen
mit MAOP weniger schmerzhaft als mit ALA. Diese Beobachtung beruht vermutlich auf
der Expression von GABA-Transportern in peripheren Nervenendigungen, die somit ALA,
nicht jedoch MAOP aufnehmen können [16].
Kinetische Aspekte der Hautperfusion und -temperatur unter der PDT: Mögliche Unterschiede
zwischen MAOP und ALA
Kinetische Aspekte der Hautperfusion und -temperatur unter der PDT: Mögliche Unterschiede
zwischen MAOP und ALA
Wie eingangs erwähnt ist die Anwesenheit von molekularem Sauerstoff im Tumorgewebe
eine Voraussetzung für die Photodynamische Therapie. Durch die Entstehung von reaktiven
Sauerstoffspezies wie Superoxid- und Hydroxylradikalen sowie Wasserstoffperoxyd aber
auch durch die Lipidperoxidationen nach Entstehung von hochreaktivem Singulet-Sauerstoff
werden im Verlauf der photodynamischen Reaktion kontinuierlich Sauerstoffmoleküle
verbraucht. Somit ist eine gute Tumorperfusion und ein daraus resultierender hoher
Sauerstoffpartialdruck von großer Bedeutung. Enejder und Mitarbeiter haben zeigen
können, dass Basalzellkarzinome eine 2 - 3fach höhere Blutperfusion als die umgebende
normale Haut aufweisen und durch die topische PDT mit ALA zunächst die lokale Perfusion
weiter ansteigt, um sich dann innerhalb von zwei Monaten der gesunden Haut anzugleichen
[19]. Nach Soto Thompson et al. führt hingegen die topische PDT mit dem Methylester MAOP
zu einer reduzierten Perfusion in loco [8]. Somit ließ sich ein unterschiedlicher Effekt beider Substanzen auf die Gewebeperfusion
während und nach der PDT vermuten.
Vor kurzem konnten jedoch Palsson et al. anhand von Laser-Doppler-Perfusionsanalysen
und Wärmebildaufnahmen mit der Infrarotkamera demonstrieren, dass hinsichtlich der
Perfusion des Tumorgewebes, aber auch im Hinblick auf eine thermische Wirkung im Gewebe
keine Unterschiede zwischen beiden Substanzen bestehen [6]. So wurde in der Umgebung des Tumors eine Zunahme der Perfusion nach der PDT mit
ALA als auch mit MAOP gemessen. Die Perfusionszunahme wurde auf die einsetzende Entzündungsreaktion
zurückgeführt. Die Läsion selbst zeigte direkt nach der PDT keine veränderte Durchblutung.
Ferner wurde eine Zunahme der Hauttemperatur festgestellt, die ebenfalls bei beiden
Prodrugs identisch war und unter der Grenze für eine hyperthermische Schädigung des
Gewebes lag. Der Temperaturanstieg wurde im Wesentlichen auf die Lichtabsorption in
der Haut durch andere Chromophore v. a. das Melanin zurückgeführt [6].
Da die vorliegenden Messungen jedoch nur unmittelbar nach Abschluss der PDT bzw. in
Zeitintervallen, nicht jedoch während der Durchführung der PDT erfolgten, wären weitere
Untersuchungen zur Perfusion und Wärmeentwicklung unter ALA bzw. MAOP real time, d. h. ohne zeitliche Verzögerung indiziert.
Zusammenfassung
Zusammenfassung
Aufgrund der dargestellten unterschiedlichen Eigenschaften von ALA und seinen Esterderivaten
erscheint somit aus pharmakologischer und pharmakokinetischer Sicht ein Vorteil eines
Esters wie des MAOP gegenüber ALA vorzuliegen. Somit sollte bei der lokalen Photodynamischen
Therapie epithelialer Hauttumoren und ihrer Vorstufen eher ein Ester als die chemisch
unveränderte ALA zur Anwendung kommen.