Der Klinikarzt 2005; 34(4): IV
DOI: 10.1055/s-2005-868139
Blickpunkt

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Wer ist der Favorit? - Beschichtete Stents im direkten Vergleich

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Publikationsdatum:
18. April 2005 (online)

 
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Im Vergleich zu reinen Metallstents könnenmedikamentenfreisetzende Koronarstents das Restenoserisiko deutlich senken. Derzeit stehen zwei konkurrierende Systeme zur Verfügung - entweder mit Sirolimus oder mit Paclitaxel beschichtet. Jetzt wurden die beiden Stent-Typen in drei Studien direkt miteinander verglichen (ein so genannter "Head-to-head-Vergleich"), und dabei schnitt der Sirolimus-Stent etwas besser ab, wie auf dem diesjährigen Kongress des "American College of Cardiology" (ACC) zu hören war.

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Vorteil bei Diabetikern ...

Eine wichtige Patientengruppe, die es zu untersuchen galt, sind die Diabetiker. Zum einen sind bis zu 30% der interventionell behandelten Koronarpatienten zuckerkrank, zudem gelten sie als Hochrisikopatienten für eine erneute Verengung des Gefäßes. Daher haben Kardiologen vom deutschen Herzzentrum in München die Anwendung der beiden medikamentenbeschichteten Stents bei Diabetikern mit koronarer Herzerkrankung (KHK) und De-novo-Läsionen getestet. Sie wollten klären, wie viel der initialen Erweiterung des Gefäßlumens durch die neointimale Hyperplasie wieder verloren geht. Insgesamt randomisierten sie in der ISAR[1]-DIABETES-Study 250 Patienten in die beiden Studienarme und untersuchten diese nach sechs bis acht Monaten angiografisch nach.

Zu dieser Zeit war der Verlust an Gefäßlumen ("late lumen loss") nach der Implantation eines Paclitaxel-Stents deutlich ausgeprägter als wenn ein Sirolimus-Stent eingesetzt worden war. Zudem war in der Gruppe mit dem Sirolimus-Stent die Rate notwendiger Zweiteingriffe ("target lesion revascularisation", TLR) mit 6,4% tendenziell niedriger als in der Vergleichsgruppe (12%). Besonders deutlich zeigte sich dies bei der binären Restenoserate innerhalb der Läsion (6,9 versus 16,5%; p = 0,03). Das Herzzentrum München hat nach Auskunft von Dr. A. Kastrati bereits reagiert und wird zumindest bei Diabetikern mit koronarer Herzerkrankung künftig dem Sirolimus-Stent den Vorzug geben.

Auch REALITY[2] hat für den Sirolimus-Stent signifikant weniger Stentthrombosen - nämlich -78% (p= 0,0196) - und einen signifikant geringeren Verlust an Gefäßlumen (0,09 versus 0,31 mm; p _ 0,001) dokumentiert. Doch trotz der Größe der Studie - immerhin waren in REALITY 1353 Patienten auf die beiden Studienarme (Sirolimus- oder Paclitaxel-Stent) randomisiert worden, 28% davon waren Diabetiker - war hier weder bezüglich der Restenoserate nach acht Monaten (primärer Endpunkt), noch bezüglich der bis zu diesem Zeitpunkt aufgetretenen kardialen Komplikationen ein Unterschied zwischen den beiden Studiengruppen zu sehen.

Eine eindeutige Empfehlung für einen der beiden Stents lasse sich aufgrund der Daten zur Restenoserate in REALITY kaum ableiten, räumte Dr. Marie-Claude Morice, Massy (Frankreich), ein. Sie halte jedoch den geringeren Verlust an Gefäßlumen nach Implantation eines Sirolimus-Stents für einen wichtigen Parameter für die Entscheidung, da dies die Blutmenge bestimme, die in den Herzmuskel gelange, so die Studienleiterin weiter.

Perkutane Koronarintervention oder Bypass-OP?

Eine perkutane Koronarintervention (PCI) mit gleichzeitiger Implantation eines Metallstents zieht im Vergleich zu einer koronaren Bypassoperation (CABG) signifikant mehr erneute Revaskularisationen (+17%) nach sich, so das Ergebnis von ARTS[4] I. Was jedoch können medikamentenbeschichtete Stents in diesem Vergleich leisten? Um dies zu beantworten wurde in ARTS II 607 Patienten mit Läsionen in zwei oder mehr Gefäßen ein mit Sirolimus beschichteter Stent implantiert. Als Kontrollgruppen dienten die Studienarme aus ARTS I. Demnach scheint das perkutane Behandlungsverfahren mit dem Sirolimus-Stent bei diesen Patienten ebenso wirkungsvoll, jedoch weniger invasiv und damit weniger belastend zu sein als die chirurgische Behandlung.

Trotz der im Vergleich zur ARTS-I-Studie wesentlich komplizierteren Krankheitsbilder der ARTS-II-Patienten war nach einem Jahr die Rate an schweren kardiovaskulären und zerebrovaskulären Ereignissen für Patienten mit dem Sirolimus-Stent vergleichbar mit der bei den CABG-Patienten aus ARTS I (10,2 versus 11,6%; p = 0,46). Der kombinierte Endpunkt 'Tod, Schlaganfall und Herzinfarkt' trat bei den PCI-Patienten signifikant seltener auf als bei den CABG-Patienten (3,1 versus 4,0%; p < 0,001). Allerdings waren nach der perkutanen Koronarintervention mit dem Sirolimus-Stent noch immer mehr Zweiteingriffe nötig wie nach der Bypassoperation (8,5 versus 4,1%; p = 0,003) - jedoch wesentlich weniger als unter den reinen Metallstents (21,3%).

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... und bei komplexen Läsionen

Patienten mit akutem Koronarsyndrom, totalen Gefäßverschlüssen, Läsionen in Bypässen oder Hauptstamm - also komplexe Läsionen, die in randomisierten Studien zumedikamentenfreisetzenden Stents im Allgemeinen Ausschlusskriterien sind - waren in die SIRTAX[3]-Studie eingeschlossen worden (n = 1012 Patienten). Bezüglich des kombinierten primären Endpunkts 'Tod, Myokardinfarkt oder Revaskularisation im Zielgefäß' war der Sirolimus-Stent in dieser Vergleichsstudie seinem Konkurrenten signifikant überlegen (6,2 versus 10,8%; p = 0,009). Zudem war unter Verwendung des mit Sirolimus beschichteten Stents eine geringere TLR-Rate (4,8 versus 8,3; p = 0,25) und ein geringerer Verlust von Gefäßlumen zu verzeichnen.

sts

Quelle: Late-Breaking Clinical Trials in Interventional Cardiology, ACCIS 2005

01 intracoronary stenting and antithrombotic regimen

02 prospective randomized multi-center head-to-head comparison of the sirolimus-eluting stent (Cypher) and the paclitaxel-eluting stent (Taxus)

03 sirolimus-eluting stent compared with paclitaxel-eluting stent for coronary revascularization

04 arterial revascularization therapies study

01 intracoronary stenting and antithrombotic regimen

02 prospective randomized multi-center head-to-head comparison of the sirolimus-eluting stent (Cypher) and the paclitaxel-eluting stent (Taxus)

03 sirolimus-eluting stent compared with paclitaxel-eluting stent for coronary revascularization

04 arterial revascularization therapies study

 
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