Der Psychodermatologie habe ich vor vier Jahren zuletzt hier das Wort gesprochen, resp. in einem Editorial
geschrieben (Akt. Dermatologie 2001; 27: 167). Seither hat sich einiges weiter entwickelt.
Haut und Psyche haben enge Beziehungen, die sich von der Embryologie durch die ganze
Biologie ziehen und sich natürlich auch in den Krankheiten und krankhaften Abweichungen
von der Norm ausdrücken. Dies bewirkt, dass viele Hautkrankheiten psychische, psychosomatische
oder psychiatrische Aspekte aufweisen und umgekehrt, Patienten mit Krankheiten der
Seele oft körperliche Auswirkungen und Veränderungen zeigen; auch an der Haut. Sowohl
bei den Hautkrankheiten mit familiärer Häufung, wie auch bei den großen Geisteskrankheiten
spricht man von erblicher Disposition, die eng mit umweltbezogenen Realisations- oder
Verstärkungsfaktoren verwirkt ist. Es handelt sich bei letzteren um exogene oder endogene,
nicht erbliche, also peristatische Faktoren, welche der erblichen Disposition den
Weg bereiten, oder dieser kontrollierend entgegenwirken. Vielfältige und erfolgreiche
Therapiemöglichkeiten entspringen diesen Überlegungen. Die erbliche Disposition wird
am besten beschrieben als polygene (vorwiegend autosomale) und multifaktorielle Vererbung
mit Schwellenwerteffekt. Erstmanifestation, Schwere der Erkrankung und zyklische Verläufe
sind oft nicht direkt genetisch, sondern eben peristatisch beeinflusst. Immer wieder
wird ein so genanntes „Hauptgen“ postuliert, gesucht und proklamiert. Leider sind
diese Hypothesen bis jetzt noch nicht in der Lage gewesen, alle beobachteten Möglichkeiten
und Varianten zusammenfassend und überzeugend zu deuten.
Wir Dermatologen differenzieren Hautkrankheiten grundsätzlich und mit großer Sorgfalt.
Auch die psychischen Reaktionsformen sind vielfältig und differenzierbar. Umfassende
Entwürfe haben sich nicht bewährt, während spezielle und differenzierte Analysen klare
Aussagen zu psychosomatischen Korrelationen ermöglichen. Dinge auseinander zu halten
ist eben ein wesentlicher Erkenntnisfortschritt! So lassen sich mit etablierten Methoden
besondere Persönlichkeitsstrukturen bei den häufigen und erblich disponierten Krankheiten
der Haut wie Psoriasis vulgaris und Neurodermitis atopica darstellen.
„Die Haut als Spiegel der Seele“ heißt es zu Recht, wie viele Fallbeispiele und Auswertungen
an umfassenden Kollektiven belegen. Dies ist im 2005 erschienenen Buch von U. Gieler
umfassend und liebevoll dargestellt (Seite 439). Nun sind aber die molekularbiologischen
und immunologischen Methoden, sind die bildgebenden Verfahren der Hirnforschung und
die hormonellen Verknüpfungen so entwickelt worden, dass unter dem Begriff der Psychoneuroimmunologie viel versprechende Ansätze und Kooperationen anstehen zum somatischen Verständnis
mit experimenteller Untermauerung von psychosomatischen und somatopsychischen Wechselwirkungen.
Dies kommt auch der dermatologischen Forschung zugute. Hervorragend zusammengestellt
und uns verständlich gemacht wird die moderne Psychodermatologie und ihre Stoßrichtungen
im Übersichtsartikel von H. Kurzen ab Seite 431. Dies meine Empfehlung.