Nichtkleinzelliges Bronchialkarzinom
Frühstadien
Beim operablen nichtkleinzelligen Bronchialkarzinom der Stadien I und II, also bei
T1/2-Karzinomen mit oder ohne peribronchialen oder ipsilateralen hilären Lymphknotenbefall
(N0, N1), ist die alleinige Tumorresektion die Therapie der Wahl. Dies gilt insbesondere
für Patienten mit einem T3N0M0-Tumor, welcher dem Stadium II B zugeordnet wird. Eine
Indikation zur postoperativen Radiotherapie besteht hier nicht.
Inoperable Patienten im Stadium I oder II, die aufgrund des Allgemeinzustandes oder
aufgrund einer zu schlechten Lungenfunktion nicht operiert werden können oder die
Operation ablehnen, sollten jedoch bestrahlt werden. Ist die Lungenfunktion stark
eingeschränkt, muss auch für eine Strahlentherapie das individuelle Risiko sehr sorgsam
überdacht und bei der Definition des Zielvolumens berücksichtigt werden. Andernfalls
kann die Strahlung zu viel gesundes Gewebe schädigen, was unter Umständen zur Sauerstoffpflichtigkeit
des Patienten führt. Dies gilt insbesondere, wenn die Einsekundenkapazität (FEV 1) unter 1,3 Liter sinkt.
Nach konventioneller Strahlentherapie mit Dosen von 60 Gy betragen die Fünf-Jahres-Überlebensraten
12-32 % [22]
[37]
[38]. Die große Bandbreite dieser Daten erklärt sich aus der unterschiedlichen Zusammensetzung
der Patientenkollektive. Im Stadium I-II liegt die Tumorkontrollrate bei den kleineren
Tumoren bei etwa 40-50 % und ist nur mit einer vergleichsweise geringen Fernmetastasierungsrate
assoziiert [15]
[38]. Je kleiner der Primärtumor ist, desto höher sind die mit einer konventionell fraktionierten
Strahlentherapie erreichbaren lokalen Tumorkontrollraten.
Wahrscheinlich profitieren gerade Patienten in den frühen Stadien von einer Gesamtstrahlendosis
von über 60 Gy (Primärtumor, befallene Lymphknoten), da ihr Risiko einer Fernmetastasierung
gering ist. Das Mediastinum wird bei ausreichender Lungenfunktion in den meisten Serien
adjuvant bestrahlt (50 Gy in konventioneller Fraktionierung). Ob eine Mediastinalbestrahlung
in dieser Situation tatsächlich von Nutzen ist, wird kontrovers diskutiert und dementsprechend
keine allgemeine Empfehlung gegeben. Besteht eine starke Komorbidität, kann besonders
bei peripher gelegenen Tumoren auf die Mediastinalbestrahlung verzichtet werden.
Mit der stereotaktischen Bestrahlung können sehr hohe lokale Kontrollraten erzielt
werden. Zudem erreicht man damit - auch ohne Mediastinalbestrahlung - in selektionierten
Patientenkollektiven hohe Überlebensraten [20]. Hierzu werden in ein bis drei Fraktionen Dosen zwischen 24 und 45 Gy verabreicht.
Mit dieser innovativen radioonkologischen Technik kann nach CT-Lokalisation und dreidimensionaler
Therapieplanung der Tumor hochpräzise bestrahlt werden.
Die postoperative Strahlentherapie hat nach den Daten der PORT[1]-Metaanalyse [4] in den Stadien I und II nach R0-Resektion keinen Nutzen gezeigt und wird daher nicht
allgemein empfohlen. Dennoch kann sie in den frühen Stadien einen Effekt zeigen [43]. So betrug die Lokalrezidivrate in der Studie von Trodella et al. nach einer Beobachtungszeit
von 5-139 Monaten in der bestrahlten Gruppe 2 % (1/46), in der Kontrollgruppe waren
dagegen 23 % (12/52) der Patienten lokal rezidiviert (Primärtumor oder Mediastinum).
Fortgeschrittene Stadien
Etwa ein Drittel der Patienten mit nichtkleinzelligem Bronchialkarzinom befindet sich
bei Diagnosestellung im lokal fortgeschrittenen Stadium III, das prognostisch unterschiedliche
Tumorausbreitungen zusammenfasst:
-
Bei T3-Tumoren und begrenztem Mediastinalbefall mit nur einer befallenen Lymphknotenstation
wird noch die Resektion empfohlen.
-
Bei lokal fortgeschrittenen Karzinomen mit computertomografisch oder mediastinoskopisch
gesicherter ausgedehnter ipsilateraler (N2 mit mehr als einer befallenen Lymphknotenstation)
oder kontralateraler mediastinaler Lymphknotenmetastasierung (N3) und bei einer Vielzahl
von T4-Tumoren führen die meisten Zentren keine primäre Operation mehr durch. Für
diese Patienten wird der Stellenwert einer multimodalen neoadjuvanten Behandlung in
Studien untersucht. Diese richten sich an Patienten, bei denen man nach einem Down-Sizing
dieser Tumore eine sekundäre Operabilität der Befunde erwartet. Komplikationen der
chirurgischen Therapie sind in der Regel mit diesen Ansätzen höher.
-
Bei Patienten mit nichtkleinzelligem Bronchialkarzinom im Stadium III A, die aus prognostischen
Gründen nicht resektabel erscheinen, und im Stadium III B wird international die Radiochemotherapie
als aktives und geprüftes Konzept empfohlen.
Der Stellenwert der Chemotherapie im Behandlungskonzept der nichtkleinzelligen Lungenkarzinome
ist in den letzten Jahren stetig gestiegen. Derzeit wird am häufigsten eine Sequenz
aus zwei bis drei Zyklen cisplatinhaltiger Chemotherapie, gefolgt von einer Radiotherapie,
eingesetzt. Immer öfter werden Chemo- und Radiotherapie auch simultan appliziert.
Welche Kombination klinisch von Vorteil ist, untersuchen aktuelle Studien.
Postoperative Bestrahlung des NSCLC im Stadium III
Die routinemäßige postoperative Strahlentherapie aller Stadien hat bisher das Behandlungsergebnis
nicht verbessern bzw. das Überleben nicht verlängern können [4]
[10]. Sie wird derzeit nur bei Patienten mit einem pathologischen Stadium pN2 bzw. pN3
oder bei inkompletter Tumorresektion (R1, R2) empfohlen. In der PORT[1]-Analyse reduzierte sich zwar das relative Lokalrezidivrisiko nach der Strahlentherapie
für dieses Kollektiv auf 0,76, das Sterberisiko sank auf 0,96. Allerdings war bei
weiten Konfidenzintervallen (0,74-1,32) kein echter Überlebensvorteil im Vergleich
zu den anderen Gruppen zu belegen. Auf die Vielzahl der Kritikpunkte dieser Metaanalyse
kann hier im Einzelnen nicht eingegangen werden.
Demnach vermag die adjuvante Strahlentherapie im Stadium III die hohe lokoregionale
Rezidivrate von 40-60 % nach alleiniger Operation auf weniger als 30 % zu reduzieren.
Wesentliche Voraussetzung für die adjuvante Therapie in dieser Situation muss die
bestmögliche Schonung der Risikoorgane sein, um den möglicherweise geringen positiven
Effekt der zusätzlichen Radiotherapie nicht durch exzessive Toxizität zunichte zu
machen [42]. Aufgrund aktueller Daten der IALT[2]-Studie wird die zusätzliche Gabe einer adjuvanten Chemotherapie diskutiert [27].
Bei Patienten, die nicht in sano operiert werden konnten (R1-, R2-Resektion), sollte
postoperativ eine kurative Bestrahlung mit 60 Gy auf den residualen Tumor angeschlossen
werden, falls dies aufgrund der postoperativen Lungenfunktion vertretbar erscheint.
Primäre Strahlenbehandlung
Bei der primären Bestrahlung sollten der Primärtumor und die vergrößerten mediastinalen
Lymphknoten mit einer Dosis von mindestens 60 Gy (besser 66-70 Gy) in konventioneller
Fraktionierung bestrahlt werden. Die aktuelle Datenlage zeigt, dass eine Dosis-Wirkungs-Beziehung
für die lokale Tumorkontrolle besteht: Die Häufigkeiten intrathorakaler Tumorrezidive
als erstem Ort des Fortschreitens der Erkrankung wurden nach 40, 50 und 60 Gy mit
64, 45 und 38 % angegeben [33]
[34]. Mit 60 Gy in konventioneller Fraktionierung lassen sich beim nichtkleinzelligen
Bronchialkarzinom im Stadium III A-III B lokale Tumorkontrollraten von nur etwa 5-20
% nach zwei bis drei Jahren erreichen [14]
[26]
[40].
Auch Willner konnte eine klare Dosis-Wirkungsbeziehung für die Tumorkontrolle aufzeigen
und die Zeitabhängigkeit dieser Kurven nachweisen [49]. Demnach müsste die Dosis bei makroskopischen Tumoren mehr als 90 Gy betragen, um
bei 50 % der Patienten eine Tumorkontrolle nach zwei Jahren erreichen zu können.
Die Dosiseskalationsstudien der Radiation Therapy Oncology Group (RTOG) konnten eine
Zunahme der Überlebenswahrscheinlichkeit mit zunehmender Strahlendosis im Dosisbereich
von 60-79,2 Gy allerdings nicht zweifelsfrei nachweisen [7]
[12]. Jedoch erfolgten die Behandlungen hier nicht in moderner dreidimensional geplanter
Technik. Einige Studien zur Dosiseskalation mit dreidimensionaler Bestrahlungstechnik
sind in [Tabelle 1] aufgeführt.
Strahlenbiologische Untersuchungen lassen vor allem bei schnell proliferierenden Tumoren
eine deutliche Wirkungsverstärkung durch eine Erhöhung der zeitlichen Dosisdichte
- das heißt durch eine Akzelerierung - vermuten. Um später auftretende Nebenwirkungen
zu reduzieren, ist es allerdings erforderlich, die Dosis pro Fraktion zu reduzieren,
sodass eine Akzelerierung der Bestrahlung häufig mit einer Hyperfraktionierung verknüpft
wird.
Das CHART[3]-Protokoll wiederum versucht, eine möglichst kurze Gesamtbehandlungszeit zu erreichen:
Innerhalb von zwölf Tagen wird eine Gesamtdosis von 54 Gy bei dreimal täglicher Bestrahlung
mit 1,5 Gy pro Fraktion auf den makroskopischen Tumor und vergrößerte Lymphknoten
- mit einem Intervall von sechs Stunden zwischen den Fraktionen - appliziert. Damit
wurden zunächst das Mediastinum und der Primärtumor bis zu einer Dosis von 37,5 Gy
bestrahlt, gefolgt von einer Bestrahlung des makroskopischen Tumorbefalls bis 54 Gy.
Im konventionell fraktionierten Arm (5 x 2 Gy pro Woche) erfolgte zuerst die Bestrahlung
des großen Volumens bis 44 Gy, dann folgte eine Bestrahlung des Boost-Volumens mit
16 Gy.
Das Überleben nach zwei Jahren stieg von 20 % im konventionellen Arm auf 29 % im CHART-Arm
(p = 0,004) [39]. Zudem war die lokale Kontrollrate im CHART-Arm nach zwei Jahren besser als mit
konventioneller Fraktionierung - und zwar um 8 %. Derzeit ist CHART die einzige randomisierte
Studie, die bei Patienten mit Bronchialkarzinom den Nachweis einer verbesserten Langzeit-Überlebensrate
durch Steigerung der biologisch-effektiven Dosis am Primärtumor und den vergrößerten
Lymphknoten erbracht hat [39].
Induktionschemotherapie
Vor allem cisplatinbasierte Schemata brachten im Rahmen von Induktionschemotherapien
einen Überlebensvorteil für die Patienten [3]
[30]
[36]. Die Metaanalyse der NSCLC Cancer Group (NSCLCCG) beispielsweise umfasst elf Studien
mit cisplatinhaltiger Chemotherapie (insgesamt 1780 Patienten). Hier war das Sterberisiko
der Patienten, die nach der Induktionschemotherapie eine Strahlentherapie erhielten,
im Vergleich zu den nur bestrahlten Patienten um 13 % geringer. Dies entspricht einer
Verbesserung um 4 % nach zwei bzw. um 2 % nach fünf Jahren [3].
1990 zeigte die Cancer and Leukemia Group B (CALGB) im randomisierten Vergleich zwischen
konventionell fraktionierter Strahlentherapie (60 Gy) und einer Induktionschemotherapie
mit Cisplatin und Vinblastin gefolgt von der Standardstrahlentherapie einen Überlebensvorteil
für die systemisch behandelten Patienten [13]. Nach fünf Jahren betrug die Überlebensrate der bestrahlten Patienten 6 versus 17
% für die Patienten im Kombinationsarm (p = 0,012). Weitere Studien zur Induktionschemotherapie
sind in Tabelle 2 zusammengefasst.
Den Grund für die bessere Überlebensrate vermutete Le Chevalier in seiner Untersuchung
[26] in einer signifikanten Senkung der Fernmetastasierungsrate. Auch die Häufigkeit
von Hirnmetastasen lag im Chemoradiotherapiearm um rund 50 % unter der bei alleiniger
Strahlentherapie. Die lokale Tumorkontrolle war in dieser Studie jedoch nicht verbessert
worden.
Simultane Radiochemotherapie
Bei der simultanen Radiochemotherapie kommen vorwiegend platinbasierte Schemata zum
Einsatz. Die EORTC[4]-Studie zum Beispiel belegt einen Überlebensvorteil bei simultaner Cisplatingabe
im Vergleich zur alleinigen Strahlentherapie - aber nur bei täglicher Applikation
von 6 mg/m2 Cisplatin eine Stunde vor jeder Strahlenfraktion [40]. Zugrunde liegt diesem Überlebensvorteil eine verbesserte lokoregionale Tumorkontrollrate,
nicht jedoch eine geringere Fernmetastasierungsrate. Auch in der CALGB[5]-Studie [11] war durch die simultane Applikation der Chemotherapie eine Verbesserung der Überlebensraten
erzielt worden.
Zum direkten Vergleich der sequenziellen und der simultanen Radiochemotherapie gibt
es bislang nur eine veröffentlichte Untersuchung [17]. Dort zeigte sich in allen Endpunkten ein klarer Vorteil für die simultane Radiochemotherapie.
Erkauft wird dies jedoch mit einer erhöhten Akuttoxizität. Auf dem Kongress der American
Society of Clinical Oncology (ASCO) 2003 präsentierten Curran et al. erste Daten ihrer
Studie (RTOG 94-10), die diese Ergebnisse unterstützen, publiziert sind diese Daten
jedoch noch nicht.
Neoadjuvante Radiochemotherapie
In die Behandlungsprotokolle zur neoadjuvanten Radiochemotherapie werden mehrheitlich
Patienten aufgenommen, die als primär irresektabel gelten und die bei einer Tumorremission
in einen operablen Zustand überführt werden können. Mit diesem sehr radikalen Ansatz,
für den sich nur eine sorgfältig ausgewählte Gruppe von Patienten eignet, lassen sich
im Schnitt bei 60 (55-85) % der Patienten Tumorremissionen erzielen. Pathologisch
komplette Remissionen ergaben sich bei 5-39 % aller operierten Patienten (47-93 %).
Patienten mit einer pCR haben in der Regel eine günstigere Zwei-Jahres-Überlebensrate,
wobei sichere prädiktive Marker noch fehlen [1]
[9]
[16].
Basierend auf diesen Ergebnissen empfehlen die aktuellen deutschen Leitlinien für
Patienten in gutem Allgemeinzustand eine Radiochemotherapie als optimale Therapieform
mit kurativem Ziel. Ob die Chemotherapie sequenziell oder simultan zu erfolgen hat,
wird nicht eindeutig definiert. Die Daten zur simultanen Radiochemotherapie sind die
Grundlage der ASCO-Empfehlung, demnach ist bei einem kurativen Therapieansatz von
Patienten mit Bronchialkarzinom eine simultane Therapie zu bevorzugen. Dennoch sollte
die Anwendung der simultanen Radiochemotherapie oder eine strahlentherapeutische Dosiseskalation
vorzugsweise nur in definierten Protokollen mit klar formulierten Einschlusskriterien
erfolgen. Die konventionelle Strahlentherapie bis 60 Gy hat jedoch weiterhin ihre
Berechtigung - insbesondere für Patienten, die eher negative Selektionskriterien (Karnofsky-Index
< 70, Gewichtsverlust > 5 %) aufweisen.
Metastasiertes Stadium
Patienten mit nichtoperablen, lokal weit fortgeschrittenen Bronchialkarzinomen in
reduziertem Allgemeinzustand, die nicht für eine hochdosierte Strahlen- oder multimodale
Therapie geeignet sind, sind Kandidaten für eine abwartende Strategie („wait and see”)
und eine palliative Strahlentherapie beim Auftreten von Symptomen oder eine sofortige
palliative Strahlentherapie bei bestehender oder drohender Symptomatik [18]
[32]. Für die palliative Strahlentherapie werden hypofraktionierte Fraktionierungsschemata
empfohlen, die für die Patienten eine kurze Gesamtbehandlungszeit bedeuten. Auch bei
einfachen Techniken (Steh- oder Gegenfelder) sollten physikalische Überdosierungen
an Risikoorganen (u.a. Rückenmark) vermieden werden, da auch in diesem Kollektiv Patienten
gefunden werden, die fünf Jahre und länger überleben.
Pancoast-Tumoren
Bei der präoperativen Strahlentherapie von Pancoast-Tumoren werden Gesamtdosen von
40-50 Gy empfohlen. Zwei bis drei Wochen nach Abschluss der Strahlentherapie werden
die Patienten dann der Operation zugeführt. Hat der Tumor den Armplexus bereits infiltriert,
muss bei Inoperabilität zwischen der Gefahr des Tumorrezidivs mit konsekutiver Schädigung
des Armplexus und der radiogenen Plexopathie abgewogen werden.
Die Fünf-Jahres-Überlebensrate von Patienten mit Pancoast-Tumoren beträgt nach präoperativer
Strahlentherapie und Resektion etwa 30 %, die lokale Tumorkontrolle 55 % [19]
[29]
[41]. Nach definitiver Strahlentherapie liegen die Fünf-Jahres-Überlebensrate und die
lokale Tumorkontrollrate bei etwa 15 bzw. 40 % [23]
[31]
[48]. Bei etwa 70 % der Patienten kann mithilfe der Strahlentherapie eine weit gehende
Schmerzrückbildung erreicht werden [48].
Ein Vorgehen, das derzeit viele Zentren bevorzugen, ist die präoperative Radiochemotherapie.
Denn damit lassen sich zum einen hohe Remissionsraten erreichen, zum anderen die Resektabilität
verbessern - insbesondere bei T4-Tumoren [23].
(Prophylaktische) Hirnschädelbestrahlung
Mit einer besseren lokalen Kontrolle durch radikale Therapiekonzepte tritt das Risiko
der systemischen Metastasierung in den Vordergrund. Häufigstes Erstrezidiv bei lokal
kurativ behandelten Patienten ist die zerebrale Metastasierung (bis zu 50 % der Fälle).
Bei 20-28 % dieser Patienten ist die Hirnmetastase die einzige Rezidivmanifestation
[2].
Bestehen zerebrale Metastasen sollte nach Prüfung der Resektionsmöglichkeit und unter
Berücksichtigung des Allgemeinzustandes des Patienten eine Hirnschädelbestrahlung
vorgenommen werden. Ob eine prophylaktische Hirnschädelbestrahlung auch beim nichtkleinzelligen
Bronchialkarzinom die Inzidenz von Hirnmetastasen reduzieren und das Gesamtüberleben
beeinflussen kann, ist Gegenstand aktueller Studien.
Notfallindikationen beim NSCLC
Die obere Einflussstauung beim nichtkleinzelligen Bronchialkarzinom und eine akut
einsetzende Querschnittsymptomatik sind Notfallsituationen, die einen umgehenden Beginn
der Strahlentherapie notwendig machen. Besonders Patienten mit akut eintretender Querschnittsymptomatik,
bei denen eine operative Entlastung nicht möglich ist, profitieren von einem Bestrahlungsbeginn
innerhalb von 24 Stunden.
Kleinzelliges Bronchialkarzinom
Therapiekonzepte
Aufgrund der hohen Chemosensibilität einerseits und der frühen und hohen Fernmetastasierungsrate
andererseits wird in der kurativen und in der palliativen Behandlung des kleinzelligen
Bronchialkarzinoms die Chemotherapie bevorzugt. Eine kurative Chance bei der Therapie
des kleinzelligen Bronchialkarzinoms ist derzeit nur im Stadium „limited disease”
(LD) anzunehmen. Aber auch bei limitierter Erkrankung und Einsatz einer Standard-Chemo-
bzw. -Strahlentherapie beträgt die kumulative Häufigkeit hämatogener Fernmetastasen
nach zwei Jahren immer noch etwa 60 %, die Zwei- und Fünf-Jahres-Überlebensraten belaufen
sich günstigstenfalls auf 35 und 15 % [5].
In frühen Stadien (I und II) kann die Tumorresektion einschließlich einer postoperativen
adjuvanten Chemotherapie [8] durchgeführt werden. Außerhalb von Studien sollte nach chirurgischer Resektion bei
Nachweis eines hilären oder mediastinalen Lymphknotenbefalls die Indikation zu einer
konsolidierenden Strahlentherapie des Mediastinums gestellt werden. Bei Patienten
im Stadium „extensive disease” (ED) sollte man an eine Strahlentherapie denken, wenn
der Hauptbefund thorakal liegt und nach der Chemotherapie eine komplette Remission
eingetreten ist.
Strahlentherapie von Primärtumor und Mediastinum
Mehr als 13 randomisierte Studien untersuchten seit 1976 den Wert der Bestrahlung
von Primärtumor und Mediastinum beim kleinzelligen Bronchialkarzinom. Entweder wurde
die Strahlentherapie in konventioneller Fraktionierung, manchmal auch als „split-course”,
oder mit hohen Dosen pro Fraktion - sequenziell oder simultan zur Chemotherapie -
verabreicht. Dementsprechend waren auch die Ergebnisse sehr uneinheitlich.
Erst eine Metaanalyse [35], in die Daten von 2103 Patienten eingingen, konnte nachweisen, dass die zusätzliche
Strahlentherapie des Primärtumors und des Mediastinums mit Gesamtdosen von 40-55 Gy
die Überlebensrate nach drei Jahren signifikant von 8,9 auf 14,3 % erhöht. Jüngere
Patienten unter 55 Jahren profitierten mit einem Anstieg der Drei-Jahres-Überlebensrate
von 9 auf 17 % am meisten von der zusätzlichen Strahlenbehandlung. Darüber hinaus
konnte die zusätzliche thorakale Strahlentherapie die lokoregionale Tumorkontrollrate
nach zwei Jahren signifikant von 23 % nach alleiniger Chemotherapie auf 48 % anheben.
Somit kann der Wert einer Strahlentherapie des Primärtumors und des Mediastinums bei
den kleinzelligen Bronchialkarzinomen im limitierten Stadium zusätzlich zur Chemotherapie
als erwiesen gelten.
Bei Patienten mit „extensive disease” lässt sich das Überleben durch eine Strahlentherapie
des Primärtumors und des Mediastinums sowie von nachgewiesenen Metastasen nicht generell
verbessern [28]. Es mag jedoch prognostisch günstige Subgruppen geben, die nach dem Erreichen einer
kompletten Remission der distanten Metastasierung von einer zusätzlichen thorakalen
Bestrahlung profitieren [21].
Der optimale Zeitpunkt für den Beginn der Strahlentherapie bei der kombinierten Chemoradiotherapie
kleinzelliger Bronchialkarzinome ist derzeit noch offen. Grundsätzlich sind jedoch
schlechtere Ergebnisse zu erwarten, wenn aufgrund additiver Toxizitäten ein Protokoll
nicht wie geplant verabreicht werden kann. Die simultane Durchführung von Chemotherapie
und Strahlentherapie ist möglich und hat ihre Effektivität gezeigt. Die bei Ansprechen
nach Chemotherapie durchgeführte Radiotherapie hat in der Regel den Vorteil, dass
ein geringeres Volumen und damit mit weniger Nebenwirkungen bestrahlt werden kann.
Setzt man die Strahlentherapie jedoch früh ein, können - zumindest auf theoretischer
Basis - auf Zytostatika resistente Subpopulationen nicht während des gesamten Zeitraumes
der Chemotherapie proliferieren, weshalb eine Verbesserung der lokalen Kontrolle zu
erwarten ist. Da allerdings eventuell vorhandene mikroskopische Fernmetastasen unbehandelt
bleiben, kann das Risiko der systemischen Progression zunehmen. Bei simultaner Strahlen-
und Chemotherapie mit den Substanzen Etoposid und Cisplatin sind die Häufigkeiten
von Pneumonitiden und Ösophagitiden Grad 3 und 4 im Vergleich zur alleinigen Strahlentherapie
mäßig erhöht [44]
[45].
Mit einer thorakalen Strahlentherapie in der Standarddosierung von 40-55 Gy betragen
die lokoregionalen Rezidivraten nach zwei Jahren etwa 50 % und sind damit in Subkollektiven
mit guten prognostischen Parametern eher unbefriedigend. Eine Dosiseskalation hat
die Therapieergebnisse bisher nicht verbessern können und wird derzeit in Studien
geprüft.
Eine randomisierte Studie beim kleinzelligen Bronchialkarzinom im Stadium „limited
disease” begann zunächst mit dem ersten Chemotherapiezyklus - gefolgt von entweder
einer konventionell fraktionierten Strahlentherapie mit 5 x 1,8 Gy oder einer hyperfraktioniert-akzelerierten
Strahlentherapie mit 2 x 1,5 Gy pro Tag bis 45 Gy [44]
[46]. Abgesehen von der stärker ausgeprägten Ösophagitis bei zweimal täglicher Bestrahlung
(27 versus 11 %) waren keine relevanten Unterschiede in der Akuttoxizität zu beobachten.
Die lokale Tumorkontrolle nach fünf Jahren war nach der hyperfraktioniert-akzelerierten
Strahlentherapie mit 58 % signifikant höher als nach konventioneller Fraktionierung
(25 %; p < 0,01). Die Fünf-Jahres-Überlebensrate betrug nach zweimal täglicher Bestrahlung
26 gegenüber 16 % bei konventioneller Fraktionierung (p < 0,05).
Derzeit kann die Strahlentherapie mit einer Gesamtdosis von 45-50 Gy in konventioneller
Fraktionierung als Standard beim kleinzelligen Bronchialkarzinom im Stadium „limited
disease” gelten.
(Prophylaktische) Hirnschädelbestrahlung
Der Wert der prophylaktischen Hirnschädelbestrahlung (PCI) beim kleinzelligen Bronchialkarzinom
wurde in mehreren randomisierten Studien untersucht. Mit einer Verbesserung der Langzeit-Überlebensraten
steigt das Risiko eines zerebralen Rezidivs und muss ohne prophylaktische Hirnschädelbestrahlung
in einer Größenordnung von 50-60 % angesiedelt werden [47]. Eine Metaanalyse kommt zu dem Schluss, dass die PCI bei Patienten in kompletter
Remission (in einer Röntgenübersichtsaufnahme) das krankheitsfreie und das Gesamtüberleben
verbessert (nach drei Jahren um 5,4 %; 6). Die applizierten Gesamtdosen betrugen 24-36
Gy in traditionell verwendeten Fraktionierungsschemata. Tendenziell waren höhere Gesamtdosen
mit einem niedrigeren Risiko für die zerebrale Metastasierung verbunden.
Bei der therapeutischen Hirnschädelbestrahlung mit manifesten Hirnmetastasen des kleinzelligen
Bronchialkarzinoms wird eine komplette Rückbildung der Hirnmetastasen in etwa 45 (32-70)
% und eine partielle Rückbildung in 26 (4-30) % der Fälle erreicht [25]. Die mediane Zeit bis zum Progress beträgt nach kompletter Remission der Metastasen
etwa zehn Monate. Zusammenfassend besteht der Standard im Einsatz der prophylaktischen
Hirnschädelbestrahlung beim kleinzelligen Bronchialkarzinom [6] bei Patienten, die im Stadium „limited disease” eine komplette Remission erreichen.
Zur Vermeidung von Interaktionen darf sie nicht simultan zu einer Chemotherapie durchgeführt
werden.