Physikalische Medizin, Rehabilitationsmedizin, Kurortmedizin 2006; 16(4): 197-211
DOI: 10.1055/s-2005-915457
Wissenschaft und Forschung
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Entwicklung eines ICF-orientierten Patientenfragebogens zur Erfassung von Mobilität und Selbstversorgung

Development of an ICF-Oriented Patient Questionnaire for the Assessment of Mobility and Self-CareE.  Farin1 , A.  Fleitz1 , P.  Follert2
  • 1Universitätsklinikum Freiburg, Abt. Qualitätsmanagement und Sozialmedizin
  • 2VdAK/AEV, Siegburg
Further Information

Publication History

Eingegangen: 1. Juni 2005

Angenommen: 3. Februar 2006

Publication Date:
26 September 2006 (online)

Preview

Zusammenfassung

Zielsetzung: Ziel der Studie ist es, unter direktem Bezug auf die Kategorien der ICF und auf der statistischen Grundlage der probabilistischen Testtheorie einen adaptiven Patientenfragebogen zur Erfassung der Bereiche Mobilität, Selbstversorgung und Häusliches Leben („MOSES-Fragebogen”) zu entwickeln und im Hinblick auf methodische Gütekriterien (Praktikabilität, Rasch-Skalierbarkeit, Reliabilität, Konstruktvalidität) zu prüfen. Durchführung und Methodik: Nach definierten Konstruktionskriterien wurden zu den dreistelligen Kategorien der ICF aus den Kapiteln Mobilität, Selbstversorgung und Häusliches Leben Skalen entwickelt, wobei in der Regel jede vierstellige Kategorie durch ein Item abgebildet wurde. Der resultierende Fragebogen wurde zusammen mit dem IRES-24-Fragebogen sowie soziodemografischen Fragen n = 1016 Rehabilitanden in orthopädischen, kardiologischen und neurologischen Rehabilitationskliniken vorgelegt. Die Daten wurden auf der Basis des Rasch-Modells analysiert. Ergebnisse: Nach Itemselektion verblieben 60 Items, die 12 dem Rasch-Modell entsprechende Skalen bilden. Die Patienten benötigen zur Bearbeitung des Fragebogens (einschließlich der Zusatzfragen) im Mittel 24,8 Minuten. Das adaptive Konstruktionsprinzip erwies sich als praktikabel und führt dazu, dass sich die Bearbeitungszeit bei wenig eingeschränkten Personen auf ca. 15 Minuten reduziert. Die Rasch-Reliabilität ist bei zwei Skalen befriedigend, bei allen anderen Skalen gut bis sehr gut. Die Interkorrelation der Skalen sowie die Zusammenhänge zum IRES-24-Fragebogen liefern Hinweise auf Konstruktvalidität des MOSES-Bogens. Schlussfolgerung: Es ist gelungen, einen auf die ICF-Kategorien der Bereiche Mobilität, Selbstversorgung und Häusliches Leben bezogenen Patientenfragebogen zu entwickeln, der den weitgehenden Anforderungen des Rasch-Modells genügt, adaptiv konstruiert ist, konstruktvalide ist und praktikabel einsetzbar scheint. Probleme mit der inhaltlichen Abbildung der ICF gab es bei Kategorien, die stark lernabhängig sind sowie bei Kategorien die Aktivitäten mit sehr heterogenen Bewegungsabläufen zusammenfassen (z. B. Körperpflege). Im Rahmen der Weiterentwicklung des Bogens wird die Kriteriumsvalidität geprüft, eine Arztversion des Bogens erstellt und das Assessment um eine Reha-Zielfestlegung ergänzt.

Abstract

Objective: The objective of the study is to develop, using the ICF categories and on the statistical basis of the probabilistic test theory, an adaptive patient questionnaire to assess the areas Mobility, Self-care and Domestic life („MOSES questionnaire”) and to test this with regard to methodological quality criteria (practicability, Rasch scalability, reliability, construct validity). Method: For the three-digit categories of the ICF from the areas Mobility, Self-care and Domestic life, scales were developed in accordance with pre-defined rules, with each four-digit category generally being formed by one item. The resultant questionnaire was presented together with the IRES-24 questionnaire and sociodemographic questions to n = 1016 rehabilitation patients in orthopaedic, cardiac and neurological rehabilitation centres. The data were analysed on the basis of the Rasch model. Results: After selection of items, 60 items remained, which form 12 scales corresponding to the Rasch model. The patients require on average 24.8 minutes to complete the questionnaire (including the additional questions). The adaptive construction principle proved to be practical, and leads to the completion time being reduced to approx. 15 minutes for subjects with only slight impairment. The Rasch reliability is satisfactory for two scales, for all other scales good to very good. The intercorrelation of the scales and the correlation to the IRES-24 questionnaire provide indications of construct validity of the MOSES questionnaire. Conclusion: We were successful in developing a patient questionnaire based on the ICF categories Mobility, Self-care and Domestic life, which meets the extensive requirements of the Rasch model, is constructed adaptively, is valid in construct, and appears to be practicable with respect to implementation. There were problems with the ICF descriptions for categories that are largely dependent on learning and for categories that summarise activities with very heterogeneous movements (e. g. body care). During the further development of the questionnaire, the validity of the criteria will be tested, a physician's version of the questionnaire will be produced, and the assessment will be supplemented by the establishment of rehabilitation goals.

Literatur

1 Die Erarbeitung des MOSES-Fragebogens stellt ein Entwicklungsprojekt im Rahmen des Qualitätssicherungsprogramms der gesetzlichen Krankenkassen (QS-Reha-Verfahren, s. [43] [44]) dar und wird von den Spitzenverbänden der GKV gefördert. Der MOSES-Bogen soll nach der Fertigstellung routinemäßig in das QS-Reha-Verfahren integriert werden.

2 Zum Beispiel korrelieren die Personenparameter der Skala „Körperposition wechseln” mit den Personenparametern einer per Zufall um zwei Items reduzierten Version dieser Skala nach erneuter Analyse, bei der die ursprünglich bestimmten Itemschwierigkeiten als Parametereinschränkung übernommen werden, zu r = 0,94.

3 Die Benutzung der von der ICF vorgegebenen Antwortkategorie „nicht anwendbar” schien nicht sinnvoll, da mit dieser Formulierung den Befragten nicht erklärt wird, warum sie eine Frage auslassen können.

Dr. phil. Dipl.-Psych. Erik Farin

Universitätsklinikum Freiburg · Abt. Qualitätsmanagement und Sozialmedizin

Breisacher Straße 62/Haus 4

79106 Freiburg

Phone: 0761/270-7443

Fax: 0761/270-7331

Email: erik.farin@uniklinik-freiburg.de