Projektleiter und Institution
Prof. Dr. Hartwig Schulz-Key, Institut für Tropenmedizin, Universität Tübingen
Stipendiat
Diplombiologe Marc Hübner
Mehrere epidemiologische und immunepidemiologische Studien in Industrie- und Entwicklungsländern
zeigen eine inverse Korrelation zwischen dem Befall mit parasitischen Würmern (Helminthen)
und dem Vorkommen von bestimmten allergischen Erkrankungen. Diese Feststellung steht
im Zusammenhang mit der sog. „Erweiterten Hygiene-Hypothese” [1]
[2]
[3]. Auch in zahlreichen, tierexperimentellen Arbeiten konnte eine Verringerung der
Immunreaktivität gegen bestimmte Modellallergene festgestellt werden, wenn die Versuchstiere
zuvor mit Helminthen infiziert wurden [4]
[5]. In filarieninfizierten Mäusen war die Produktion von Ovalbumin-spezifischem IgG1
und IgE um das 4 - 20fache reduziert und die Eosinophilenzahl in Lunge und Bronchoalveolar-Lavageflüssigkeit
war so niedrig wie bei den nicht sensibilisierten Kontrollen. Die Atemwegs-Hyperreaktivität
war ebenfalls deutlich verringert. Milzzellen von filarieninfizierten Tieren enthielten
mehr regulatorische T-Zellen als nicht infizierte Kontrollen. Unklar blieb die Rolle
von IL 10 (eigene Beobachtungen).
Ziele des Projektes sind die Identifizierung und Charakterisierung von genetischen
und immunologischen Faktoren, die bei der filarieninduzierten Suppression des allergischen
Phänotyps eine Rolle spielen sowie die Evaluierung des therapeutischen Potenzials
von Wurmfaktoren. Die Nagerfilarie Litomosoides sigmodontis ist gut für diese Fragestellung
geeignet, da sich diese Nematoden leicht und in großer Zahl aus infizierten Versuchstieren
gewinnen und etliche Wochen unter genau definierten Bedingungen in vitro kultivieren
lassen [6]. Die von ihnen freigesetzten, immunmodulatorischen Substanzen (im Folgenden „Wurmfaktoren”
genannt) können aus Kulturüberständen gewonnen, angereichert und ihre immunmodulatorische
Wirkung in vitro und in vivo getestet werden. Folgende Arbeiten sind vorgesehen:
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Mäuse des Inzuchtstammes BALB/c werden mit Filarien infiziert bzw. erhalten Applikationen
von Wurmfaktoren. Zunächst werden - aus hoch infizierten Spendertieren gewonnene -
immature, weibliche Adultwürmer, d. h. solche, die gerade ihre letzte Häutung hinter
sich haben, aber noch keine Larvenstadien freisetzen, intraperitoneal implantiert
[7]. Für die allergene Sensibilisierung wird den Versuchstieren intraperitoneal Ovalbumin
(OVA) injiziert. Zusätzlich erfolgt eine intranasale Sensibilisierung. Die Atemwegsreaktivität
wird mittels Ganzkörper-Plethysmographen quantifiziert [8]. Das Ausmaß der immunologischen Entzündung wird im Blut und verschiedenen Geweben
mittels ELISA, Durchfluss-Zytometrie, immunhistochemischen und zytologischen Methoden
verfolgt.
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Ferner werden dendritische Zellen aus der Milz von filarieninfizierten und allergen-sensibilisierten
Mäusen isoliert und in naive Mäuse injiziert, die dann ebenfalls mit OVA sensibilisiert
werden. Klassische Marker wie CD4/CD25 sowie membranständiger Transforming Growth
Factor β und die Expression des Transkriptionsfaktors FoxP3 dienen zum Nachweis von
regulatorischen T-Zellen. Zudem wird aus diversen Organzellen, die in vivo oder in
vitro Filarienantigen oder Wurmfaktoren exponiert waren, die RNA isoliert und mittels
DNA-Chip-Technologie die Gesamt-Genexpression untersucht.
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Des Weiteren werden Wurmfaktoren bzw. fraktionierte Kulturüberstände in definierter
Konzentration in osmotische Minipumpen injiziert, diese dann intraperitoneal implantiert.
Dadurch können Kandidatenfraktionen mit immunmodulatorischer Aktivität systemisch
über einen Zeitraum von zwei Wochen appliziert werden. Weitere Untersuchungen beziehen
sich auf den potenziellen therapeutischen Einsatz von Helminthen und die Charakterisierung
immunmodulatorischer Komponenten und der biochemischen Natur von Wurmkulturüberständen.
Dieses Projekt wird in enger Kooperation mit der Arbeitsgruppe von Herrn Prof. E.
Hamelmann, Pädiatrische Pneumologie und Immunologie, Charité Berlin durchgeführt.