Einleitung
Einleitung
Endobronchial wachsende Tumoren im zentralen Bronchialsystem werden häufig mittels
Laser-Chirurgie, Argon-Plasma-Koagulation oder Elektro-Kauter entfernt [1]
[2]. Bei der konventionellen Kryotherapie wird extreme Kälte lokal appliziert um eine
Nekrose im Tumor zu erzeugen. Bei einer sekundären Intervention wird das nekrotische
Tumorgewebe entfernt.
Wünschenswert ist aber eine sofortige Rekanalisation im Bereich des zentralen Bronchialsystems.
Deshalb wurde eine neue Technik entwickelt, bei der nach Anfrieren des Tumors an der
Spitze einer Kältesonde eine sofortige Extraktion möglich ist [3]. In dem Katheter befindet sich ein zentraler Kanal, in dem das Gas bis an die Spitze
der Sonde transportiert wird. Als Gas kann Stickstoffmonoxid oder Kohlendioxid verwendet
werden. Tritt das Gas unter hohem Druck aus der Sonde aus, wird es akut dekomprimiert
und es entsteht ein Kältebereich an der Spitze mit minus 80 Grad Celsius. Wird der
Gasfluss unterbrochen, beginnt der Entfrostungs-Prozess.
Im Folgenden wird ein Fall vorgestellt, bei dem die Vorteile der Methode besonders
deutlich zum Ausdruck kommen. Aufgrund der Größe des Tumors mussten relativ große
Gewebestücke abgetragen werden. Hier bot sich die Kryotherapie an, da durch längeres
Anfrieren über 10 - 15 Sekunden hinweg Gewebe bis zu einem Durchmesser von 10 bis
15 mm tiefgefroren wird. Dieses Gewebe kann dann direkt aus dem Tumor extrahiert werden.
Falldarstellung
Falldarstellung
Anamnese: Die Aufnahme in ein auswärtiges Krankenhaus erfolgt wegen hypertensiver
Entgleisung bei arterieller Hypertonie, Herzinsuffizienz bei koronarer Herzerkrankung,
sowie permanentem Vorhofflimmern. Aus der Vorgeschichte ist außerdem eine Lungenembolie
im Jahr 2000 sowie eine Lungentuberkulose im Jahr 1955 mit Pneumothoraxanlage links
erwähnenswert. Aufgrund des Zufallsbefundes einer linksseitigen Oberlappenatelektase
wurde der Patient zur weiteren Klärung vorgestellt.
Radiologie einschl. Computertomographie des Thorax
Es fand sich ein zentraler Prozess im Bereich des linken Oberlappenbronchus mit Oberlappenatelektase
sowie eine posttuberkulöse pleurale Schwielenbildung links basal (siehe Abb. [1] u. [2]).
Abb. 1 Röntgen-Thorax pa: Verschattung im linken Oberfeld mit leichter Verziehung der Trachea
nach links. Pleuraschwiele links basal.
Abb. 2 Computer-Tomogramm: Schicht in Höhe des linken Oberlappenbronchus Mediastinalshift
nach links bei Obstruktionsatelektase des linken Oberlappens. Typischer Dichtewert
von - 22 HE des sich konvexbogig in das Lumen des Oberlappenbronchus vorwölbenden
endobronchialen Lipoms.
Endobronchialer Befund
Bronchoskopisch sah man einen gelblich schimmernder Tumor im linken Oberlappen mit
Verschluss des Segmentostiums 1 bis 3. Alle anderen Lappen und Segmentostien links
und rechts waren unauffällig.
Histologie der Probeexzision
Es fand sich respiratorische Schleimhaut mit mehrreihigem Flimmerepithel und dichter
unterminierender rundzelliger und granulozytärer Infiltration. Diese ging über in
ausgedehnte Formationen von reifzelligem, teils lobulär gegliederten Fettgewebe. Der
Befund sprach für ein endobronchiales Lipom.
Kryotherapeutische Extraktion (siehe Abb. [3] u. [4])
In starrer Technik wurde mit dem Bronchofiberskop der Tumor im linken Oberlappen aufgesucht.
Nach Einführen der Kryo-Sonde (Fa. Erbe Elektromedizin, Tübingen) in den Instrumentier-Kanal
wurde die Spitze der Sonde in Kontakt mit dem Tumor gebracht. Dabei ragte die Spitze
der Sonde nur wenige Zentimeter aus dem Instrumentier-Kanal heraus. Die Kälte-Applikation
erfolgte über fünf bis 15 Sekunden. Die Größe des Vereisungs-Bezirkes konnte anhand
der weißlichen Verfärbung abgeschätzt werden. Sodann wurde die Sonde zusammen mit
dem Fiberskop unter Fortsetzung der Vereisung mit Ausübung eines gewissen Zugs entfernt.
Die Sonde wurde in warmes Wasser eingetaucht und das Gewebestück abgetaut. Insgesamt
wurde der Tumor in fünf Teilstücken subtotal extrahiert. Es war weder eine Arterenol-Instillation
noch eine Argon-Plasma-Koagulations-Behandlung zur Blutstillung erforderlich. Bei
Beendigung der Untersuchung war das Lumen des linken Oberlappen-Bronchus wieder durchgängig.
Abb. 3
a: Verschluss des linken Oberlappens durch einen gelblich schimmernden Tumor. b: Kryosonde mit weißer Gefrierzone.
Abb. 4 Durch Kryoextraktion entfernte größere Gewebestücke des Lipoms bis zu 17 mm Durchmesser.
Diskussion
Diskussion
Wir berichten unseres Wissens erstmalig über die Entfernung eines endobronchial wachsenden
Lipoms mit einer Kryosonde. Endobronchiale Lipome sind sehr selten (0,1 Prozent aller
Lungentumoren) [4]
[5]. Radiologisch kann mittels CT anhand des Dichtekoeffizienten und der fehlenden Anreicherung
von Kontrastmittel im Tumor die Verdachtsdiagnose eines Lipoms gestellt werden [6]. Differenzialdiagnostisch kam bei dem endobronchialen Befund auch ein anderer benigner
Tumor, ein Carcinoid oder ein maligner Tumor infrage, aber der histologische Befund
der diagnostischen Bronchoskopie war eindeutig, so dass an der Diagnose eines Lipoms
nicht zu zweifeln war. In über 80 Prozent aller Fälle liegt das Lipom in den zentralen
Atemwegen, ist oft gestielt und weist ein endoluminales Wachstum auf.
Bei der Größe des Tumors bot sich die Kryo-Therapie an, um in kurzer Zeit großvolumige
Gewebestücke des Tumors entfernen zu können. Da der Knorpel ein bradytrophes Gewebe
darstellt, ist die Gefahr einer Schädigung durch Kälteapplikation relativ gering.
Wir verwandten das Verfahren nicht zur Zerstörung der Fettzellen, sondern zum Debridement
des Tumors, da Lipome eher kryoresistent sind. Die Laser-Therapie beinhaltet im Vergleich
dazu ein höheres Risiko der Bronchialwand-Perforation.
Während früher die Lipome chirurgisch entfernt wurden, werden heute in der Regel Lipome
endoskopisch mittels Laser Therapie oder dem Elektro-Kauter entfernt. In einer aktuellen
Studie wird von 16 Patienten berichtet, die im Zeitraum von sechs Jahren interventionell
bronchoskopisch mit Laser-Therapie behandelt wurden [1]. Gegenüber der chirurgischen Intervention spricht für das Verfahren, dass es schnell
durchführbar, wenig komplikativ sowie preisgünstiger ist.
Die zentrale Lage der Lipome und damit leichte Zugänglichkeit prädestiniert diesen
Tumor für eine endoskopische Kryoextraktion mit dem Ziel der Rekanalisation. Zu der
Häufigkeit von Rezidiven nach Kryotherapie kann allerdings nichts gesagt werden. Hier
sind Kontrolluntersuchungen geplant.
Die neue Methode zur Entfernung von malignen endobronchialen Tumoren mittels Kryo-Extraktion
wurde kürzlich vorgestellt [3]. Die bisherigen Katheter besaßen eine relativ geringe Kälte-Energie, so dass nur
kleine Gewebe-Stücke extrahiert werden konnten. Mit einer neuen Sonde mit hoher mechanischer
Stabilität können jetzt größere Areale tiefgefroren werden und damit größere Gewebe-Stücke
von der Bronchialwand abgelöst werden.
Vor- und Nachteile des Verfahrens
Bei dem Abtragen des Lipoms konnten bis zu 17 mm im Durchmesser große Stücke gewonnen
werden. Von der Zeitdauer des Gefriervorgangs abhängig können verschieden große Gewebe-Stücke
mit der Sonde extrahiert werden. Wird das Verfahren mit dem flexiblen Bronchofiberskop
eingesetzt, muss das Instrument aus dem Bronchialsystem zusammen mit dem Tumor entfernt
werden. Bei großen Gewebe-Extraktionen empfiehlt es sich deshalb, starr zu intubieren.
Das Verfahren besticht durch seine Schnelligkeit und die Möglichkeit, bei einer poststenotischen
Pneumonie den obstruierenden Tumor in einer Sitzung zu entfernen [7]
[8]. Die Blutung ist in der Regel leichtgradig, da durch die Kälte eine Vasokonstriktion
und evtl. Mikrothrombose der kleinen Gefäße erzeugt wird.
Zeitlich limitierend ist die Auftauphase. Durch Eintauchen der Sondenspitze in ein
warmes Wasserbad kann diese Zeitspanne auf etwa 10 sec verkürzt werden. Bei Benutzen
einer starren Sonde besteht keine zeitliche Limitation durch die mögliche aktive Auftauphase,
da durch Insufflation von Gas die Sondenspitze sehr schnell erwärmt wird.
Während der Kryo-Extraktion können zwei bis vier Liter pro Minute Sauerstoff insuffliert
werden. Die Gefahr einer thermischen Schädigung des Bronchialsystems wie bei der Lasertherapie
in Verbindung mit Sauerstoff besteht nicht. Die Handhabung ist einfach, Schutzbrillen
sind nicht notwendig.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass, neben den etablierten Methoden wie Lasertherapie,
Elektrokauter, Argon-Plasma-Koagulation, die Kryoextraktion ein neues alternatives
Verfahren darstellt, um eine schnelle Rekanalisation bei obstruierenden Tumoren zu
erreichen. Lipome mit zentraler Lokalisation erscheinen uns für die Kryoextraktion
besonders geeignet zu sein, da die Gefahr einer Schädigung der normalen Bronchialwand
im Vergleich zur Lasertherapie noch geringer ist. (Tab. [1]).
Tab. 1 Kryoextraktion im Vergleich zu den etablierten endobronchialen Verfahren der Rekanalisation
|
Kryoextraktion |
Laser |
Elektrokauter |
Argon-Plasma Koagulation |
Gerätekosten |
günstig |
größer |
günstig |
günstig |
Wartungskosten |
günstig |
größer |
günstig |
günstig |
zeitlicher Untersuchungsaufwand |
geringer |
größer |
größer |
größer |
Gefahr der Bronchialwandschädigung |
geringer |
größer |
größer |
geringer |