Der Klinikarzt 2005; 34(8/09): X
DOI: 10.1055/s-2005-917942
Blickpunkt

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Transplantatfunktion und Malignomrate - Aktuelle Herausforderungen in der Transplantationschirurgie

Further Information

Publication History

Publication Date:
05 October 2005 (online)

 
Table of Contents

Ob Nieren-, Leber-, Pankreas oder Lungentransplantation - es hat sich viel getan in der Transplantationsmedizin: Angefangen von der Organentnahme bis hin zur Akutbetreuung und der internistischen Nachbehandlung der Transplantierten verläuft heute die Akutphase einer Transplantation weitestgehend standardisiert. Insbesondere lebensbedrohliche Komplikationen sind inzwischen selten, sodass nur noch wenige Ausschlusskriterien für den Transplantatempfänger vorhanden sind.

"Aus heutiger Sicht stellen sich der Transplantationsmedizin drei neue, große Herausforderungen", erklärte Prof. K.W. Jauch, München. Hierzu zählte er zum einen den zunehmenden Organmangel, der unter anderem auch durch die immer breiter gefassten Indikationsspektren zu immer längeren Wartezeiten für mögliche Transplantatempfänger führt. "Dazu kommen der Funktionsverlust transplantierter Organe im Langzeitverlauf und die Nebenwirkungen der Immunsuppression, wozu sicherlich auch die Entstehung von Tumoren unter Einfluss der chronischen immunsuppressiven Therapie nach der Transplantation zählt", so Jauch.

#

Karzinomrisiko reduzieren

Neuere klinische Untersuchungen gehen für Transplantierte von einem 20-40fach erhöhten Malignomrisiko im Vergleich zur Normalbevölkerung aus, konstatierte PD Chr. Graeb, München. Neben der Dauer oder der Intensität scheint insbesondere die Art der Immunsuppression ein Einflussfaktor für maligne Veränderungen zu sein.

Calcineurin-Inhibitoren zum Beispiel steigern die Expression von TGF-b ("transforming growth factor b"), was wiederum zelluläre Veränderungen induziert, die für Infiltrationsprozesse charakteristisch sind, so Graeb. mTOR-Inhibitoren ("mammalian target of rapamycin") wie Sirolimus (Rapamune®) können das Wachstum maligner Zellen anscheinend sogar hemmen. Sie inhibieren die Expression von TGF-b ebenso wie die Expression von VEGF ("vascular endothelial growth factor") und die Tumorangiogenese.

Schon im letzten Jahr haben erste retrospektive Daten nach der Umstellung der immunsuppressiven Behandlung von Ciclosporin oder Tacrolimus auf Sirolimus eine Reduktion des Krebsrisikos während der zweijährigen Nachbeobachtungszeit um fast 60% dokumentiert (1,47 versus 0,5%). Die Ein-Jahres-Daten der bislang größten prospektiven Multizenterstudie zur Umstellung der Immunsuppression von einem auf einen Calcineurin-Inhibitor basierten Schema auf Sirolimus nach einer Nierentransplantation, die Prof. F.P. Shena, Bari (Italien), auf dem diesjährigen American Transplant Congress (ATC) präsentierte, konnten jetzt diese Ergebnisse bestätigen.

Insgesamt 830 nierentransplantierte Patienten aus 111 Zentren weltweit erhielten im Rahmen dieser Studie randomisiert zwei Jahre lang entweder eine Immunsuppression mit Sirolimus (n = 555) oder Ciclosporin bzw. Tacrolimus (CNI-Gruppe; n = 275). Vor der Randomisierung bestand die immunsuppressive Therapie entweder aus Ciclosporin oder Tacrolimus und Glukokortikoiden bzw. aus Azathioprin oder Mycophenolat Mofetil. Bereits nach zwölf Monaten unterschied sich die Rate aller dokumentierten Malignome signifikant: Entwickelten unter Sirolimus nur 1,4% der Patienten ein Malignom, waren dies in der CNI-Gruppe 5,1%.

#

Bessere Transplantatfunktion

Hauptanliegen der Studie war jedoch herauszufinden, wie sich die Umstellung der immunsuppressiven Therapie auf die Transplantatfunktion auswirkt. Während die Patienten mit einer anfänglichen glomerulären Filtrationsrate von 20-40 ml/min nicht eindeutig von der Konversion profitierten, führte die Umstellung der Therapie auf Sirolimus bei den Transplantierten mit einem GFR-Ausgangswert von über 40 ml/min zu signifikant besseren Resultaten (p = 0,0005): In der Sirolimus-Gruppe verbesserte sich die glomeruläre Filtrationsrate nach einem Jahr um 1,8 ml/min gegenüber dem Ausgangswert. In der Kontrollgruppe hingegen reduzierte sich die glomeruläre Filtrationsrate um 0,66 ml/min.

Je besser der Ausgangs-GFR-Wert der Patienten war, desto stabiler blieb die Filtrationsrate unter der Sirolimus-Therapie übrigens auch im weiteren Verlauf, so das Ergebnis einer zusätzlichen Analyse der Studiendaten. Während sich bei den Patienten in der CNI-Gruppe mit einer initialen glomerulären Filtrationsrate von = 59,8 ml/min - dem medianen GFR-Wert zu Studienbeginn der Patientengruppe mit einem GFR-Ausgangswert von mehr als 40 ml/min - die Transplantatfunktion signifikant verschlechtere, blieb die Filtrationsrate in der Konversionsgruppe stabil oder besserte sich sogar.

Nur geringe und keineswegs signifikante Unterschiede bestanden in dem Patientenkollektiv mit einem GFR-Ausgangswert von mehr als 40 ml/min bezüglich der Abstoßungsrate oder des Patienten- bzw. Transplantatüberlebens. In beiden Therapiearmen war die Rate akuter Abstoßungen bis zum Ende der Nachbeobachtungsphase niedrig (Sirolimus 1,4%; Calcineurin-Inhibitoren: 1,6%). Auch das Patientenüberleben fiel in beiden Gruppen sehr gut aus (98,8 versus 99,6%).

sts

#

Quellen

  • 1 Pressegespräch "Organtransplantation" veranstaltet von der Wyeth Pharma GmbH, Münster. 
  • 2 Presseinformation "American Transplant Congress in Seattle/Washington - Umstellung auf Sirolimus in der Nierentransplantation verbessert Transplantatfunktion und reduziert Malignomrate", herausgegeben von der Wyeth Pharma GmbH, Münster. 
#

Quellen

  • 1 Pressegespräch "Organtransplantation" veranstaltet von der Wyeth Pharma GmbH, Münster. 
  • 2 Presseinformation "American Transplant Congress in Seattle/Washington - Umstellung auf Sirolimus in der Nierentransplantation verbessert Transplantatfunktion und reduziert Malignomrate", herausgegeben von der Wyeth Pharma GmbH, Münster.