Der Schock nach der ersten Episode einer schizophrenen Psychose sitzt bei den meisten
Patienten tief. Dennoch ist die Compliance bei der dringend notwendigen Rezidivprophylaxe
äußerst unzureichend. Information und Motivation von Patient und Angehörigen sind
notwendig, um die Therapietreue der Betroffenen langfristig zu erhalten. IRiS, das
Informationspaket zur Rezidivprophylaxe in der Schizophrenie, erleichtert niedergelassenen
Psychiatern und Klinikern diese wichtige Aufgabe. Dr. Werner Kissling von der Psychiatrischen
Klinik der Technischen Universität München hat bei der Entwicklung von IRiS federführend
mitgearbeitet.
Herr Dr. Kissling, welchen Stellenwert besitzt die Rezidivprophylaxe in der Therapie
der Schizophrenie?
Kissling: Schizophrene Patienten haben ein hohes Rezidivrisiko. Ohne medikamentöse Prävention
liegt die Ein-Jahres-Rezidivrate nach einer schizophrenen Episode zwischen 60 und
80 Prozent. Mit einer effektiven Rezidivprophylaxe lässt sich diese Rate auf 10 bis
20% reduzieren. Ein Rezidiv beeinträchtigt jedoch nicht nur in der Akutsituation die
Lebensqualität der Patienten. Vielmehr ist die Zahl der Rezidive ein direkter Prädiktor
für die Prognose. Die Zeit, bis der Patient sich wieder erholt, wird nach jedem weiteren
Rezidiv länger. Aber auch die Gesamtprognose verschlechtert sich mit jedem Rezidiv.
Nach drei oder fünf Rezidiven ist die Chance, dass der Patient wieder voll arbeitsfähig
wird oder voll remittiert, viel geringer, als wenn schon nach dem ersten Schub eine
vernünftige Prophylaxe durchgeführt wird, die ein Rezidiv über längere Zeit verhütet.
Alles spricht deshalb dafür, möglichst frühzeitig eine effiziente Prävention durchzuführen.
Wo liegen aus Ihrer Sicht die größten Defizite in der Durchführung?
Kissling: Die Notwendigkeit und die hohe Wirksamkeit der Rezidivprophylaxe sind unumstritten.
Die Realität der Regelversorgung aber steht diesem Wissen diametral entgegen. Nur
knapp 50% der Patienten sind compliant und führen eine Rezidivprophylaxe durch. Die
Mehrzahl aber ist vom Sinn einer Rezidivprophylaxe à priori nicht überzeugt. Information
und Motivation des Patienten und dessen Angehörigen sind deshalb zwingend notwendig.
In unserem Gesundheitssystem, das Prävention nur unzureichend honoriert, ist es niedergelassenen
Psychiatern aus zeitlichen und wirtschaftlichen Gründen aber kaum möglich, die notwendige
Informations- und Motivationsarbeit zu leisten, um den Patienten vom Nutzen einer
konsequenten Rezidivprophylaxe zu überzeugen. Selbst in psychiatrischen Kliniken wird
Psychoedukation nur 20% der Patienten und gerade einmal 2% der Angehörigen angeboten.
Da gibt es eine riesige Unterversorgung.
Welchen Beitrag kann das Informationspaket zur Rezidivprophylaxe in der Schizophrenietherapie
(IRiS) hier leisten?
Kissling: IRiS macht es Psychiatern in Klinik und Praxis leichter, trotz Zeitdruck Patienten
und deren Angehörige für eine konsequente Rezidivprophylaxe zu motivieren. Je nach
dem, wie viel Zeit sie haben, finden sie in diesem Informationspaket unterschiedlich
aufwändige Aufklärungsmaterialien:
Praktisch ohne extra Zeitaufwand kann z.B. das nur zwei Seiten umfassende Informationsblatt
den Patienten ausgehändigt werden. Auf der ersten Seite finden sich alle wichtigen
Informationen, die zur Verhinderung von Rückfällen wichtig sind. Auf der Rückseite
werden dem Patienten einfache Fragen gestellt, die dem Arzt Auskunft über die Verträglichkeit
der derzeitigen Medikation, über die Compliance und die vom Patienten bevorzugte Art
der Applikation geben.
Diese Informationen sind ein wichtiger Startpunkt für die Rezidivprophylaxe und geben
beispielsweise Aufschluss darüber, ob die aktuelle Medikation noch einmal geändert
werden sollte. Ebenfalls ohne zusätzlichen Zeitaufwand kann man den ca. 30-seitigen
IRiS-Ratgeber an Patienten und deren Angehörige verteilen. Er informiert den Leser
mit laiengerechten Darstellungen und zahlreichen Bildern über alle Aspekte der Rezidivprophylaxe.
Für die "Profis" enthält das IRiS-Paket ein Manual zur Durchführung einer psychoedukativen
Sitzung zum Thema "Rezidivprophylaxe". Dieses kann entweder allein oder als Teil eines
bestehenden psychoedukativen Programms durchgeführt werden. Ergänzt wird es durch
Flipcharts, auf denen die wesentlichen Punkte veranschaulicht werden. Manual und Flipcharts
erleichtern es dem Psychiater im Rahmen einer Psychoedukation über die Rezidivprophylaxe
zu informieren.
Besonders berücksichtigt wird in diesen Materialien die Depotbehandlung, weil sie
als Alternative zur täglichen Medikamenteneinnahme in der Aufklärung häufig zu kurz
kommt. Aus meiner Sicht sollte aber jeder Patient ausführlich über diese Applikationsform
informiert werden, da sie für ihn einige Vorteile haben kann. Denn bei einer Depotbehandlung
wird eine beginnende Noncompliance sofort erkannt, da der Patient entweder nicht zum
vereinbarten Applikationstermin erscheint oder die Injektion direkt ablehnt. Der Arzt
hat dann die Möglichkeit, auf ihn zuzugehen und ihn nochmals ausführlich zu informieren
und zu motivieren.
Bei der oralen Rezidivprophylaxe lässt sich dagegen selbst bei regelmäßigen Arzt-Patienten-Kontakten
nicht sicher sagen, ob das Medikament tatsächlich kontinuierlich eingenommen wird
und die beginnende Noncompliance bleibt oft lange unerkannt.
Wie aufwändig ist es, IRiS in der täglichen Praxis einzusetzen?
Kissling: Das kurze Informationsblatt, das wir auch in unserer Ambulanz benutzen, kann der
Patient innerhalb weniger Minuten im Wartezimmer durchlesen und die Fragen beantworten.
Anhand der Patientenbroschüre können sich Patienten und Angehörige in aller Ruhe zu
Hause informieren.
Wir haben sie im Vorfeld mit Patienten getestet und alle Sachverhalte so einfach dargestellt,
dass sie für die Zielgruppe gut verständlich sind. Beim nächsten Arztbesuch kann der
Arzt auf diese Informationen aufbauen oder aufgetretene Fragen gezielt beantworten.
Psychoedukation ist zeitlich natürlich aufwändiger und wird deshalb derzeit hauptsächlich
im stationären oder teilstationären Bereich praktiziert. Aber im Rahmen der integrierten
Versorgung kann sie zunehmend auch von niedergelassenen Kollegen/-innen angeboten
werden.
IRiS ist meines Erachtens ein ideales Werkzeug, um zu dem so wichtigen Thema "Rezidivprophylaxe"
auch im ambulanten Bereich Psychoedukation durchführen zu können.
Wie können interessierte Kollegen und Kolleginnen mehr über IRiS erfahren?
Kissling: IRiS wurde in Zusammenarbeit mit der Firma Janssen-Cilag entwickelt.
Am besten wenden sie sich deshalb an den entsprechenden Außendienstmitarbeiter, der
sicher gerne als Ansprechpartner zur Verfügung steht.