Einführung
Einführung
Die chronisch obstruktive Lungenerkrankung (COPD) ist bereits heute eine Volkskrankheit
mit weiter steigender Morbidität und Mortalität. Sie wird im Jahre 2020 weltweit die
dritthäufigste Todesursache darstellen [1]. In Mitteleuropa beträgt die Prävalenz derzeit ca. 6 - 7,5 % [2]. Der Hauptrisikofaktor in den Industrieländern ist das Rauchen, gefolgt von berufsbedingten
inhalativen Noxen.
Der Beitrag diskutiert neue Erkenntnisse aus der Pathophysiologie der Erkrankung sowie
aktuelle Entwicklungen in der medikamentösen und multidisziplinären Therapie.
Definition und Diagnose der COPD
Definition und Diagnose der COPD
Die COPD wird als Lungenerkrankung definiert, die durch eine progrediente, wenig reversible
Atemwegsobstruktion charakterisiert ist. Die Ursache dieser, als verhinder- und therapierbar
eingeschätzten Erkrankung ist mit einer gestörten Entzündungsreaktion der Lunge assoziiert,
welche auch zu systemischen Effekten führt. Die Entzündung wird im Wesentlichen durch
Zigarettenrauch aber auch durch die Exposition mit toxischen Partikeln oder Gasen
hervorgerufen. Die Symptome sind Luftnot, Husten sowie vermehrte Sputumproduktion
verbunden mit einer Raucheranamnese [3].
Die Sicherung der Diagnose erfolgt spirometrisch mit dem Nachweis einer Atemwegsobstruktion
(FEV1/FVC < 70 %), die nach Gabe eines kurzwirksamen Bronchodilatators wenig reversibel
ist. Die Schweregradeinteilung orientiert sich am FEV1-Wert (Tab. [1]). Die aktuelle Leitlinie der Deutschen Atemwegsliga und der DGP geht von einer Reversibilität
von < 15 % FEV1 im Unterschied zum Asthma bronchiale aus und empfiehlt, neben dem FEV1 Wert die inspiratorisch
gemessene Vitalkapazität zur Diagnostik des Schweregrades heranzuziehen [4]. Wegen der erheblichen klinischen Konsequenzen sollte die Diagnose COPD durch wiederholte
Spirometrieuntersuchungen bestätigt werden. Die systemischen Effekte der COPD werden
durch die Lungenfunktion allein nur ungenügend berücksichtigt, so dass neben der Spirometrie
die Bestimmung des Body Mass-Index (BMI) und die Quantifizierung der Luftnot anhand
der MRC-Dyspnoea-Scale zum Staging der Erkrankung herangezogen werden sollte. Die
Quantifizierung der Atemnot sollte neben der rein qualitativen MRC-Skala entsprechend
der deutschen Leitlinie jedoch auch mittels des 6-min-Gehtests oder der Ergometrie
erfolgen [3]
[4].
Tab. 1 Spirometrische Schweregradeinteilung der COPD (adaptiert an das ATS/ERS-Positionspapier)
| COPD-Schweregrad |
Postbronchodilatator FEV1/FVC |
FEV1 % Soll |
| Risikogruppe* |
> 0,7 |
80 |
| leicht |
0,7 |
80 |
| mittel |
0,7 |
50 - 80 |
| schwer |
0,7 |
30 - 50 |
| sehr schwer |
0,7 |
< 30 |
| * Patienten mit Raucheranamnese sowie Husten, vermehrt Sputum oder Dyspnoe |
Pathophysiologie und systemische Effekte
Pathophysiologie und systemische Effekte
Die COPD als chronisch entzündliche Erkrankung der Atemwege und des Lungenparenchyms
verläuft progredient und ist klinisch durch einen akzelerierten Abfall des FEV1 charakterisiert. Aktuelle Untersuchungen belegen, dass die Entzündung vor allem auf
die kleinen Atemwege (< 2 µm Durchmesser) konzentriert ist. Hogg u. Mitarb. quantifizierten
an Lungenresektaten die histologischen Veränderungen der kleinen Atemwege und konnten
einen Zusammenhang zwischen der Progression des FEV1-Abfalls und dem Schweregrad der entzündlichen Obstruktion der kleinen Atemwege demonstrieren
[5]. Dieser Atemwegsobstruktion liegen drei wesentliche Pathomechanismen zugrunde. Die
im Rahmen der Entzündungsreaktion gesteigerte Sekretion von Proteasen aus Neutrophilen
und CD8+-Lymphozyten führt zu einem Abbau von elastischen Fasern mit Emphysembildung.
Die dadurch entstandene Instabilität ist verantwortlich für den exspiratorischen Bronchiolenkollaps
mit dynamischer, also belastungsabhängiger Überblähung. Ein weiterer Mechanismus der
Obstruktion ist das Remodelling der kleinen Atemwege. Entzündungszellen wie Neutrophile,
Makrophagen und Lymphozyten induzieren in Interaktion mit humoralen Mediatoren wie
Zytokinen und Wachstumsfaktoren eine Entzündungsreaktion im Bereich der Bronchialwände
mit folgender Fibrosierung und Dickenzunahme. Die luminale Retention von entzündlichem
Mucus ist schließlich verantwortlich für die zusätzliche mechanische Obstruktion der
kleinen Atemwege [5]
[6].
Aktuelle Erkenntnisse über die COPD-assoziierte Entzündungsreaktion belegen weiterhin,
dass diese nicht nur auf die Lunge begrenzt ist, sondern systemischen Charakter hat.
Diese systemische Entzündung, messbar an erhöhten Serumspiegeln von Entzündungsparametern
wie C-reaktives Protein (CRP), Interleukin-8 (IL-8), Interleukin-6 (IL-6) sowie Tumor
Nekrose Faktor-α (TNF-α) ist pathogenetisch bedeutsam für die Entstehung der Arteriosklerose
als wichtigem Morbiditätsfaktor für KHK, Myokardinfarkt und zerebralen Insult. Eine
2004 publizierte Metaanalyse von insgesamt 14 Studien, die den Zusammenhang von systemischer
Entzündung und Lungenfunktion untersuchten, belegt zudem, dass erhöhte Spiegel entzündlicher
Serumparameter mit einer Verschlechterung der Lungenfunktion einhergehen [7].
Der Verlust von Körperzellmasse, d. h. Verlust von metabolisierendem und kontraktilem
Gewebe gilt als weitere Systemmanifestation der Erkrankung und ist bei ca. 50 % der
Patienten mit schwerer und ca. 10 - 15 % der Patienten mit leicht-/mittelgradiger
COPD zu beobachten [8].
Dieser Gewichtsverlust führt zu pulmonaler Kachexie mit zunehmender Limitierung der
ohnehin schon eingeschränkten pulmonalen Leistungsfähigkeit. Gewichtsverlust wird
als Abnahme der Körpermasse um 10 % oder > 5 % in den letzten 6 Monaten definiert.
Als Grenzwert für die Kachexie wird im ATS/ERS-Positionspapier ein Body Mass-Index
(BMI) von < 21 kg/m2 angesehen [3]. Ein niedriger Body Mass-Index (BMI) stellt einen Prädiktor für eine erhöhte Mortalität
bei COPD-Patienten dar [9].
Die generalisierte Immunaktivierung mit Vermehrung von im Serum zirkulierenden Entzündungsmediatoren
führt auch zu einer Reduktion des Appetits. Gleichzeitig wird der Ruheumsatz erhöht,
wodurch eine vorbestehende Gewichtsabnahme weiter verstärkt wird. Die Ursache der
pulmonalen Kachexie ist daher multifaktoriell. Die reduzierte Nahrungsaufnahme, bei
gleichzeitig erhöhtem Energieverbrauch führt zu metabolischen Veränderungen mit der
Entstehung einer katabol-anabolen Dysbalance [10]. Die metabolischen Veränderungen bedingen vor allem einen Verlust der Muskulatur,
die Fettmasse ist davon weniger betroffen. Dieses erklärt jenes Phänomen, dass ein
Teil der COPD-Patienten zwar übergewichtig ist, dennoch eine pathologische Körperzusammensetzung
mit deutlich verminderter Muskelmasse aufweist [8]
[11].
Die Assoziation von niedrigem BMI und erhöhten TNF-α- und IL-6-Serumspiegeln bei COPD-Patienten
belegt den pathophysiologischen Zusammenhang von systemischer Entzündung und Kachexie
[12]
[13].
Die systemische Entzündung bedingt, ähnlich wie bei Patienten mit rheumatoider Arthritis
oder Herzinsuffizienz, bei einem Teil der COPD-Patienten die Ausbildung einer Anämie
als weitere Systemmanifestation [14]
[15]. Die Prävalenz wird in ersten Studien mit ca. 13 % angegeben. Bei COPD-Patienten
stellt die Anämie einen zusätzlichen Faktor der Leistungslimitierung dar. Diese Leistungseinschränkung
wird darüber hinaus durch muskuläre Dysfunktion und osteoskeletale Störungen wie Osteoporose
verstärkt [16].
Die systemischen Manifestationen der COPD werden durch die Lungenfunktion nur ungenügend
reflektiert. Daher geht die Entwicklung dahin, Parameter zu definieren, die im Rahmen
eines COPD-Stagings auch die systemischen Effekte mit abbilden. Einen neuen Ansatz
könnte hierbei der kürzlich von Celli u. Mitarb. publizierte BODE-Index bieten [17]. Dieser stellt ein mehrdimensionales Punktesystem dar, in dem der BMI, der FEV1-Wert, der Grad der Dyspnoe und der 6-min-Gehtest zur Abschätzung des Mortalitätsrisikos
von COPD-Patienten erfasst wird. Die einfache Anwendbarkeit könnte den BODE-Index
zu einem sinnvollen Instrument zur Schweregradeinteilung der COPD in der klinischen
Praxis und zur Beurteilung der Effizienz von Therapiestudien werden lassen.
Therapie der klinisch stabilen COPD
Therapie der klinisch stabilen COPD
Die zunehmende gesundheitsökonomische Bedeutung der COPD führte zur Erarbeitung von
Leitlinien, welche die Notwendigkeit einer umfassenden, interdisziplinären Therapie
auf der Basis aktueller wissenschaftlicher Erkenntnisse propagieren [3]
[18]. Im Sommer 2004 wurde ein gemeinsames Positionspapier der europäischen (ERS) und
amerikanischen (ATS) Lungenfachgesellschaften verabschiedet, welche eine an die speziellen
Gegebenheiten der europäischen und nordamerikanischen Gesundheitssysteme adaptierten
Empfehlung zum COPD-Management enthält [3].
Der ATS/ERS-Therapiestandard ist an die GOLD-Leitlinie angelehnt, geht aber in einigen
Punkten über diese hinaus. Bezüglich der COPD-Pharmakotherapie empfiehlt das ATS/ERS-Positionspapier
einen Algorithmus zur medikamentösen Behandlung, der die relativ starre Stadientherapie
der GOLD-Leitlinie ablöst und einem symptomorientierten Therapieansatz Rechnung trägt.
Nach gesicherter COPD-Diagnose sollte bei Vorhandensein von Symptomen zunächst eine
Bedarfstherapie mit inhalativen kurzwirksamen Bronchodilatatoren (β2-Agonisten und/oder Anticholinergika) eingeleitet werden (Abb. [1]). Bei Persistenz der Symptome sieht sowohl die ATS/ERS-Empfehlung als auch die GOLD-Leitlinie
die regelmäßige Gabe eines langwirksamen Bronchodilatators (β2-Agonisten, Anticholinergika) allein oder in Kombination vor. Die Therapieeskalation
erfolgt mit der zusätzlichen Gabe von inhalativen Steroiden, welche für Patienten
mit einer COPD im Stadium III (FEV1 < 50 %) und mindestens einer Exazerbation im vergangenen Jahr empfohlen. Klinische
Studien belegen, dass Kombinationspräparate aus β2-Agonisten und Steroiden wirksamer als die Einzelsubstanzen sind [19]
[20]
[21]. Hinsichtlich der therapeutischen Beeinflussung der belastungsabhängigen dynamischen
Überblähung konnte gezeigt werden, dass das langwirksame Anticholinergikum Tiotropiumbromid
als auch β2-Agonisten (Salmeterol, Salbutamol) diese nachhaltig reduzieren und dadurch zu einer
Verbesserung der Belastbarkeit und Abnahme der Luftnot führen [22]
[23]
[24].
Abb. 1 Algorithmus der pharmakologischen COPD-Therapie. SA-BD: kurzwirksame Bronchodilatatoren,
LA-BD: langwirksame Bronchodilatatoren, ICS: inhalierbare Glukokortikoide, ICS sollten
bei Patienten mit einer FEV1 < 50 % und mindestens einer oral-kortikoidpflichtigen Exazerbation während des letzten
Jahres als Dauermedikation verordnet werden. Adaptiert an Celli (3).
Theophyllin gilt als Reservepräparat nach Ausschöpfung der inhalativen Therapie mit
verschiedenen Substanzklassen.
Die medikamentöse COPD-Therapie zielt auf die Verbesserung der Lungenfunktion, der
klinischen Symptomatik, der Lebensqualität und der körperlichen Belastbarkeit. Die
ATS/ERS-Empfehlung aber auch die Leitlinie der Deutschen Atemwegsliga betonen in diesem
Zusammenhang den Stellenwert multidisziplinärer Therapieansätze, die an dieser Stelle
nur kurz erwähnt werden sollen. Die pulmonale Rehabilitation ist hierbei bedeutsam
und gilt als multidisziplinäres Betreuungsprogramm für chronisch lungenkranke Patienten
mit dem Ziel, die physische Belastbarkeit und die Lebensqualität zu verbessern. Die
positiven Effekte von Rehabilitationsmaßnahmen sind hinreichend belegt und zielen
vor allem auf behandelbare Systemmanifestationen der COPD wie muskuläre Dysfunktion
und Kachexie, die einen wesentlichen Einfluss auf die Lebensqualität haben. Rehabilitationsprogramme
sollten individuell dem Patienten angepasst werden und neben körperlichem Training
und Ernährungstherapie auch psychosoziale Interventionsmaßnahmen enthalten. Hinsichtlich
der Ernährungstherapie sollte zur Verminderung der Atemnot während der Nahrungsaufnahme
die Einnahme mehrerer kleiner Mahlzeiten favorisiert werden. Die Patientenschulung
ist eine wichtige Komponente der Therapie aller Schweregrade und verbessert deutlich
die Effizienz der Betreuung [4].
Das Positionspapier thematisiert auch den Stellenwert chirurgischer Verfahren im Management
der stabilen COPD. In diesem Zusammenhang wird auf die Möglichkeit der Volumenreduktionschirurgie
hingewiesen, die jedoch nach den Ergebnissen der NETT-Studie [25] nur in einer Subgruppe von Patienten mit apikalem Emphysem und eingeschränkter Belastbarkeit,
die nicht durch Rehabilitationsmaßnahmen zu verbessern ist, positive Effekte zeigt.
Therapie von COPD-Exazerbationen
Therapie von COPD-Exazerbationen
Eine Exazerbation liegt vor, wenn eine Zunahme der Dyspnoe sowie des Hustens oder
der Sputumproduktion abweichend von der normalen Variabilität auftritt. Die Deutsche
Atemwegsliga hingegen definiert die Exazerbation als akute Verschlechterung der COPD
mit den o. g. Symptomen, welche eine Änderung des Managements notwendig macht. Die
Schweregradeinteilung in leicht, mittel und schwer mit der damit verbundenen Therapieeskalation
orientiert sich in der deutschen Leitlinie an klinischen Zeichen wie Dyspnoe, Zyanose,
Tachykardie und an der Verschlechterung der Lungenfunktion [4]. Da international bisher kein breiter Konsens über die Schweregradeinteilung besteht,
wird in der ATS/ERS-Empfehlung eine Klassifikation in ambulant therapierbare sowie
stationär bzw. intensivmedizinisch zu behandelnde Exazerbationen vorgenommen. Andere
Definitionen ziehen operationale Kriterien (Notwendigkeit der Gabe von oralen Glukokortikoiden
oder Antibiotika) zur Definition einer Exazerbation heran [26].
Dieses zeigt, wie problematisch die Schaffung einer einheitlichen Definition und Schweregradeinteilung
ist.
Zur Evaluation einer Exazerbation sollte neben der klinischen Untersuchung auch der
Schweregrad der vorbestehenden COPD, Komorbiditäten sowie Anzahl und Schwere vorangegangener
Exazerbationen herangezogen werden. Die Blutgasanalyse ist das wichtigste diagnostische
Verfahren und erlaubt eine Einschätzung des Schweregrades sowie der Gefährdung des
Patienten [4]. Die Pharmakotherapie erfolgt Stadien spezifisch und basiert auf den gleichen Substanzen,
welche auch für die Therapie der stabilen COPD eingesetzt werden. Die Wirksamkeit
einer zusätzlichen Gabe von oralen Glukokortikoiden über einen Zeitraum von mindestens
14 Tagen ist evidenzbasiert und wird für die Therapie aller drei Schweregrade empfohlen.
Die Indikation für eine Antibiotikatherapie ist im ATS/ERS-Positionspapier nicht fest
umrissen. Wegen der diesbezüglich nicht eindeutigen Datenlage kann eine antibiotische
Therapie bei Patienten mit deutlicher Zunahme des Sputumvolumens bei gleichzeitig
purulenter Verfärbung in Erwägung gezogen werden. Die Auswahl des Antibiotikums sollte
der aktuellen lokalen Resistenzlage angepasst sein. Die Leitlinie der Deutschen Atemwegsliga
zieht für die kalkulierte Antibiose in erster Linie Aminopenicilline, Oralcephalosporine
oder Makrolide in Betracht bzw. bei fehlendem Ansprechen Fluorchinolone der Gruppe
IV oder Ketolide [4]. Andere Publikationen erwägen hingegen eine Antibiotikatherapie nur für ältere Patienten
(> 65 Jahre), die unter Zunahme der Dyspnoe, des Sputumvolumens und der -purulenz
bei zugrundeliegender COPD-Stadium III ( FEV1 < 50 %) leiden [27].
Die Beatmungstherapie (nichtinvasiv oder invasiv) bei schweren Exazerbationen entlastet
die Atemhilfsmuskulatur und reduziert damit die Morbidität und Mortalität [4].
Patienten, die eine Exazerbation mit stationärer bzw. intensivmedizinischer Behandlungsnotwendigkeit
erlitten haben, sollten innerhalb von 4 Wochen nach Krankenhausentlassung hinsichtlich
einer möglichen Therapieoptimierung re-evaluiert werden.
Die TORCH-Studie
Die TORCH-Studie
Die überwiegende Mehrheit der bisherigen COPD-Studien fokussierte auf Endpunkte wie
Symptomkontrolle, Exazerbationsraten und Lebensqualität. Vor dem Hintergrund steigender
COPD-Mortalität rückt diese in den Blickpunkt therapeutischer Bemühungen. Die Rauchentwöhnung
und Sauerstofflangzeittherapie sind als Faktoren zur Mortalitätsreduktion gut etabliert
[28]
[29]
[30].
Bezüglich der medikamentösen Beeinflussung der COPD-Sterblichkeit liegen Daten aus
pharmakoepidemiologischen Untersuchungen vor, die einen Benefit von inhalativen Steroiden
allein oder in Kombination mit langwirksamen β2-Agonisten zeigen konnten [31]
[32]. Andere Studien hingegen konnten keinen Benefit von inhalativen Steroiden hinsichtlich
der Mortalität feststellen [33], weshalb die Diskussion um deren Einsatz weiterhin kontrovers geführt wird.
Die TORCH (TOwards a Revolution in COPD Health) Studie stellt die größte bisher durchgeführte COPD-Studie dar [34]. Über einen Zeitraum von 3 Jahren wird bei Patienten mit mittel- bis schwergradiger
COPD der Einfluss von inhalativem Glukokortikoid (Fluticason) und langwirksamen β2-Agonist (Salmeterol) allein und in Kombination auf die Mortalität und den Krankheitsverlauf
untersucht. Weitere Endpunkte sind die Anzahl von Exazerbationen und die Lebensqualität.
TORCH wurde als multizentrische, randomisierte, plazebokontrollierte, doppelblinde
Parallelgruppenstudie angelegt, wobei etwa 6200 Patienten in weltweit über 450 Zentren
eingeschlossen wurden. Der erste Patient wurde im Jahre 2000 rekrutiert, der letzte
Patient wird Ende 2005 die Studie beenden, wobei erste Resultate 2006 zu erwarten
sind. Die Ergebnisse werden Informationen zur pharmakologischen Beeinflussung der
Gesamtmortalität und spezifischen COPD-Mortalität liefern. Weiterhin werden neue Erkenntnisse
zur derzeit noch kontrovers diskutierten Langzeittherapie mit inhalativen Steroiden
bei stabiler COPD erwartet.
Benefit inhalativer Kortikosteroide?
Benefit inhalativer Kortikosteroide?
In einer jüngst von Man und Sin publizierten Übersicht zum Benefit inhalativer Kortikosteroide
in der Behandlung der COPD wurden Vor- und Nachteile einer solchen Therapie anhand
der aktuellen Datenlage gegeneinander abgewogen [35].
Inhalative Steroide haben keine oder wenig Wirkung auf den pulmonalen Entzündungsprozess,
da die an der komplexen Entzündungskaskade beteiligten Proteasen, Zytokine und Entzündungszellen
weitgehend steroidresistent sind. Unbestritten sind jedoch die positiven klinischen
Effekte von inhalativen Kortikosteroiden auf die Reduktion von Exazerbationen, der
Atemwegshyperreagibilität und Rehospitalisierungsrate nach stationär behandelter Exazerbation.
Zusätzlich wird die Lebensqualität positiv beeinflusst. Eine Therapie mit inhalativen
Steroiden scheint offensichtlich auch in der Lage zu sein, die systemische Entzündung
zu vermindern [36]. Kritisch angemerkt sei jedoch, dass inhalative Steroide das Risiko, eine Exazerbation
zu erleiden, nicht reduzieren [37] und eine Dauertherapie die Knochendemineralisation fördern [35]. Der Einsatz inhalativer Glukokortikoide sollte daher entsprechend den nationalen
und internationalen Leitlinien erfolgen [4]
[18].
Ausblick
Ausblick
Neue therapeutische Optionen bieten selektive Phosphodiesterase-Inhibitoren, die vor
allem anti-inflammatorisch wirken und somit in der Lage sind, Exazerbationen zu vermindern
und die Lebensqualität zu verbessern [38].
Zukünftige, derzeit für die klinische Praxis noch nicht relevante, Ansatzpunkte stellen
die selektive Blockade von Zytokinen (TNFα) oder Transkriptionsfaktoren (NFκB) dar.
Aktuelle Forschungsaktivitäten zielen auf die Hemmung von Faktoren der intrazellulären
Signaltransduktion (Kinasen) und die Antagonisierung von Adhäsionsmolekülen (E-Selektin)
[39]. Hierzu sind in Zukunft richtungsweisende Ergebnisse zu erwarten.
Weitere Therapieansätze, die dem systemischen Charakter der COPD-Rechnung tragen,
bestehen in der Gabe von Appetitstimulanzien bzw. kontrollierter Ernährung in Kombination
mit Rehabilitationsverfahren zur Therapie der Kachexie [40].
Zusammenfassung
Zusammenfassung
Die COPD ist eine Volkskrankheit mit steigender Prävalenz und Mortalität.
Die neue ATS/ERS-Empfehlung leistet einen wichtigen Beitrag zur Optimierung des klinischen
COPD-Managements. Diese geht teilweise über die GOLD-Leitlinie hinaus und trägt den
Besonderheiten der europäischen und nordamerikanischen Gesundheitssysteme Rechnung.
Das Dokument ist durch die Internetpräsentation stets aktuell und breit verfügbar
(www.ersnet.org). Aktuelle Erkenntnisse über die Pathophysiologie der COPD belegen,
dass diese nicht nur auf die Lunge begrenzt ist, sondern auch systemische Effekte
hat. Ein Schlüsselmechanismus ist hierbei die generalisierte Entzündungsreaktion mit
Konsequenzen für viele Organsysteme.
Das ATS/ERS-Positionspapier und die nationalen und internationalen Leitlinien empfehlen
daher multidisziplinäre Therapieansätze, die auch den systemischen COPD-Manifestationen
Rechnung tragen.
In diesem Kontext wird künftig die Rolle der inhalativen Steroide, die derzeit noch
kontrovers diskutiert wird, neu überdacht werden müssen. Die TORCH-Studie wird dazu
neue Daten liefern.