Der Klinikarzt 2005; 34(11): XII
DOI: 10.1055/s-2005-922819
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HIV-Therapie - Komplikationen vermeiden, Akzeptanz verbessern

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Publication Date:
01 December 2005 (online)

 
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In der HIV-Therapie hat angesichts der Vielzahl der zur Verfügung stehenden Präparate inzwischen ein Paradigmenwechsel eingesetzt, konstatierte Dr. H.J. Gellermann, Hamburg. Neben dem Kriterium der antiretroviralen Wirksamkeit könnten bei der Therapieplanung immer häufiger auch weitere Faktoren wie die Verträglichkeit der Behandlung und die Einfachheit der Anwendung stärker berücksichtigt werden.

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Gering toxische Therapieschemata wählen

"Die Toxizität unter der hochaktiven antiretroviralen Therapie (HAART) ist allerdings nach wie vor ein Thema", so Gellermann. Unerwünschte Behandlungswirkungen sind der wichtigste Grund für das Abbrechen beziehungsweise den Wechsel eines HAART-Regimes. Zu den am häufigsten auftretenden Beschwerden zählen dabei Übelkeit, Diarrhö, Erbrechen und andere gastrointestinale Störungen.

Im Hinblick auf dieses Nebenwirkungsspektrum schneidet eine Behandlung mit dem Proteasehemmer Azatanavir (Reyataz®), geboostert mit Ritonavir (ATV/r; einmal 300 mg/d ATV und einmal 100 mg/d r), besonders vorteilhaft ab: In der Zulassungsstudie (BMS A1424-045) war bei der Umstellung von Patienten mit multiplem virologischen Therapieversagen die antiretrovirale Wirksamkeit vergleichbar mit der unter Lopinavir/r (2 x 3 Kapseln/d, d.h. 2 x 400 mg LPV und 2 x 100 mg r). Gastrointestinale Störungen und Diarrhöen traten dagegen signifikant seltener auf (p < 0,05 und p < 0,01) ([4]).

Im Gegensatz zu allen anderen Proteaseinhibitoren hat sich für das Azatanavir-Regime auch der nur sehr geringe Anstieg der Blutfettwerte unter einer Behandlung als Vorteil herausgestellt (Abb. [1]; [1], [2]). Mit 8% benötigten deutlich weniger Studienteilnehmer eine lipidsenkende Therapie mit Statinen oder Fibraten als unter Liponavir/r (19%; p < 0,05) und unter Azatanavir 400 mg/d + Saquinavir (SQV) 1200 mg/d (12%). Ein weiterer Vorzug von ATV/r besteht Gellermann zufolge in der einfachen Anwendung: "Als Tagesdosis reichen einmal zwei Kapseln Azatanavir und 100 mg Ritonavir als Booster."

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Einfache Einnahmeschemata erhöhten die Compliance

Dieses Einnahmeschema kommt den Bedürfnissen der Patienten offenbar entgegen. In einer Umfrage zum Thema Tablettenzahl und Einnahmehäufigkeit gaben 92% der Befragten an, bei einem täglichen Tablettenbedarf von drei Stück diese am liebsten auf einmal einnehmen zu wollen. Selbst wenn für die Therapie sechs Tabletten benötigt werden, bevorzugen noch fast 60% der Patienten die einmal tägliche Einnahme ([5]). Dass sich die Compliance der Patienten mit neuen Medikamenten und vor allem mit unkomplizierten Einnahmeschemata steigern lässt, bestätigte Dr. B. Kuhlmann, Hannover.

Zu den in den Leitlinien empfohlenen Standardsubstanzen der HAART-Primärtherapie zählt Efavirenz (Sustiva®), das ebenfalls nur einmal täglich eingenommen werden muss. Die Wirksamkeit des nichtnukleosidischen Hemmers der reversen Transkriptase (NNRTI), der seit über fünf Jahren in der Praxis eingesetzt wird, ist in einer Vielzahl von Studien gut belegt. Dr. S. Dupke, Berlin, berichtete, dass mit Behandlungsregimen, die auf Efavirenz basieren, bei 70-80% der Patienten nach 48 Wochen ein Abfall der Viruslast auf weniger als 50 Viruskopien/ml zu erreichen ist.

Nach den Ergebnissen einer Studie mit 40 HIV-Patienten kann der Behandlungserfolg sogar noch größer ausfallen ([3]). Nach einjähriger Kombinationstherapie mit Efavirenz und den beiden nukleosidischen Hemmern der reversen Transkriptase (NRTI) Didanosin (Videx®) und Emtricitabin hatte sich die Zahl der Viruskopien bei 90% der Probanden unter die Nachweisgrenze (< 50 Kopien/ml) reduziert. Auch fünf Jahre nach Studienbeginn lag die Rate noch bei 68%.

Dr. Silke Wedekind, Frankfurt/M.

Quelle: BMS-Vorsymposium "Behandeln mit Strategie" anlässlich des 15. Deutschen Workshops der Deutschen Arbeitsgemeinschaft niedergelassener Ärzte in der Versorgung HIV-Infizierter (DAGNÄ) e.V., Köln. Veranstalter: Bristol-Myers Squibb GmbH & Co. KGaA, München

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Literatur

  • 10 Badaro R . et al . 2nd International Aids Society Conference on Pathogenesis and Treatment, 2003, Paris/Frankreich, Abstract 118. 
  • 11 DeJesus E . et al . 11th Conference on Retroviruses and Opportunistic Infections, 2004, San Francisco/USA, Poster 547. 
  • 12 Furco A . et al . 44th Interscience Conference on Antimicrobial Agents and Chemotherapy, 2004, Washington DC/USA, Abstract H-565. 
  • 13 Johnson M . et al . 7th International Congress on Drug Therapy in HIV Infection, 2004, Glasgow/Großbritannien, Abstract PL 14.4 
  • 14 Moyle G . 6th International Congress on Drug Therapy in HIV Infection, 2002, Glasgow/Großbritannien, Poster 99. 
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Literatur

  • 10 Badaro R . et al . 2nd International Aids Society Conference on Pathogenesis and Treatment, 2003, Paris/Frankreich, Abstract 118. 
  • 11 DeJesus E . et al . 11th Conference on Retroviruses and Opportunistic Infections, 2004, San Francisco/USA, Poster 547. 
  • 12 Furco A . et al . 44th Interscience Conference on Antimicrobial Agents and Chemotherapy, 2004, Washington DC/USA, Abstract H-565. 
  • 13 Johnson M . et al . 7th International Congress on Drug Therapy in HIV Infection, 2004, Glasgow/Großbritannien, Abstract PL 14.4 
  • 14 Moyle G . 6th International Congress on Drug Therapy in HIV Infection, 2002, Glasgow/Großbritannien, Poster 99. 
 
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