Pneumologie 2006; 60(5): 277-283
DOI: 10.1055/s-2006-932132
Originalarbeit
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Vergleich der Metastasierungsmuster maligner Pleuramesotheliome und pulmonaler Karzinome

Comparison of Patterns of Metastasis Between Malignant Pleural Mesotheliomas and Pulmonary CarcinomasM.  Scharmach1 , V.  Neumann1 , K.-M.  Müller1, 2 , M.  Fischer1
  • 1Deutsches Mesotheliomregister, Bochum
  • 2Institut für Pathologie, Bergmannsheil Bochum
Eingegangen in diese Arbeit sind Daten, die Herr U. Kersting im Rahmen einer angefangenen Doktorarbeit erhoben hatte.
Weitere Informationen

Dr. Margit Fischer

Deutsches Mesotheliomregister · Berufsgenossenschaftliche Kliniken Bergmannsheil - Universitätsklinik

Bürkle-de-la-Camp-Platz 1

44789 Bochum

Publikationsverlauf

Eingang: 20. Juli 2005

Nach Revision akzeptiert: 20. Dezember 2005

Publikationsdatum:
08. Mai 2006 (online)

Inhaltsübersicht

Zusammenfassung

Ausgehend von der Frage, ob sich Mesotheliome und pulmonale Karzinome prinzipiell in ihrem Metastasierungsverhalten unterscheiden, wurden in einer retrospektiven Studie die Befunde von 210 Obduktionen der Jahre 1992 - 1998 detailliert ausgewertet.

Das Spektrum der Metastasierungsorte ist sowohl bei malignen Pleuramesotheliomen (n = 62) als auch bei Lungenkarzinomen (n = 148) sehr groß. Bezüglich der TNM-Stadien zum Todeszeitpunkt sind keine eindeutigen Unterschiede zwischen beiden Tumorgruppen festzustellen. Lediglich im Gehirn waren auffallend häufiger ausschließlich die Lungentumoren repräsentiert. In Skelett, Nieren und Nebennieren besteht eine Tendenz zu einem häufigeren Befall durch Karzinom-Metastasen, im Peritoneum eine Tendenz zur bevorzugten Metastasierung durch Mesotheliome. Es zeichnet sich derzeit aber kein prinzipieller Unterschied in den Metastasierungsmustern der beiden Tumorgruppen ab.

Abstract

Starting with the question whether there is a principal difference in the metastatic behaviour of pleural mesothelioma and pulmonary tumors, a detailed retrospective study of the findings of 210 post-mortem examinations between the years of 1992 to 1999 was conducted. The spectrum of metastatic sites is very large in malignant pulmonary carcinomas (n = 148) as well as in malignant pleural mesotheliomas (n = 62). There is no significant difference in the TMN-staging between both tumor groups at the time of death. One exception was the brain: there were significantly more metastases from the pulmonary tumors. Carcinomas metastasized more frequently into the skeleton, the kidneys and the adrenal glands, while metastases of mesotheliomas were more often found in the peritoneum. As of the moment there is no significant difference in the pattern of metastasis between both tumor groups discernible.

Einleitung

Maligne Pleuramesotheliome tolerieren gewöhnlich über lange Zeit die Grenzen zu den umgebenden Gewebsstrukturen (Lunge, Thoraxwand, Hilus). In fortgeschrittenen Stadien kommt es zu Ummauerung und Kompression der Lunge und der mediastinalen Strukturen [1] [2] [3]. In Endstadien finden sich Tumorinfiltrationen in Brustwand und Interkostalmuskulatur; teilweise wächst der Tumor bis in subkutane Schichten vor. Gefördert wird diese Ausbreitung durch invasive diagnostische Interventionen wie z. B. Nadelbiopsien, Punktionen oder Thorakotomien [4]. Mesotheliome können grundsätzlich alle mediastinalen Strukturen ummauern und infiltrieren, häufig betroffen ist das Perikard, seltener der Herzmuskel.

Transdiaphragmale Tumorausbreitung mit Infiltration direkt angrenzender Strukturen und des Peritoneums sind ein häufiger Befund in Tumorendstadien. Vergleichbares gilt für die Tumorausbreitung im Bereich der kontralateralen Pleura.

Die Auswertung vergleichsweise kleiner Zahlen von Mesotheliomen ohne Fernmetastasen (in Obduktionen) führte zunächst zu der Auffassung, Mesotheliome metastasierten nicht, sondern breiteten sich nur lokal oder in regionären Lymphknoten aus [5]. Eine ausgedehnte hämatogene Metastasierung wurde folglich als Ausschlusskriterium für die Diagnose Mesotheliom gewertet. Diese Ansicht ist heute widerlegt, bietet aber nach Whitwell u. Mitarb. [6] eine Erklärungsmöglichkeit für die Angaben nur geringer Metastasierungsfrequenzen in früheren Arbeiten (z. B. [7] [8]). Bei malignen diffusen Pleuramesotheliomen kommt es erst in einem vergleichsweise späten Krankheitsstadium zu lymphogenen und hämatogenen Metastasierungen [9]. Neben einigen Studien zum Metastasierungsmuster [10] [11] [12] finden sich vor allem kasuistische Mitteilungen, in denen neben den häufigeren Metastasierungsorten - wie intra- und extrathorakale Lymphknoten, ipsi- und kontralaterale Lunge, kontralaterale Pleura, Nebenniere, Nieren, Skelett und Peritoneum - auch Metastasen im Bereich der Orbita [13], in der Skelettmuskulatur [14], im Kranium [15] [16] [17], in der Mundhöhle [18] [19], in der Gesichthaut [20] und in den Tonsillen [21] beschrieben werden.

Lymphogene Metastasen sind nachgewiesen in intrathorakalen, mediastinalen, zervikalen, supraklavikulären, axillären, inguinalen und abdominalen Lymphknoten [22] [23] [24] [25].

Das mikroskopische Erscheinungsbild der Pleuramesotheliome ist sehr variabel. Die heute gültige Klassifizierung der Pleuratumoren [26] geht auf Klemperer u. Mitarb. [27] zurück, ebenso die Untergliederung der malignen diffusen Mesotheliome in 3 Subtypen: (vorwiegend) epitheloide, (vorwiegend) sarkomatoide (desmoplastische) und biphasische Wachstumstypen.

Die vorliegende Arbeit soll anhand eines größeren Kollektivs Aufschluss über das Metastasierungsmuster des malignen Pleuramesothelioms sowie seiner Subtypen geben und mit entsprechenden Mustern bei verschiedenen pulmonalen Karzinomtypen vergleichen.

Untersuchungsgut und Methoden

Diese Studie basiert auf den Obduktionen der Jahre 1992 - 1998, die im Rahmen pathologisch-anatomischer Zusammenhangsgutachten zu möglicherweise asbestassoziierten, bösartigen Lungen- und Pleuraerkrankungen bei beruflicher Exposition [28] durchgeführt worden sind. Das Gesamtkollektiv (n = 210) wurde unterteilt in:

  • Mesotheliom-Kollektiv: Verstorbene mit malignen Pleuramesotheliomen (n = 62)

  • Karzinom-Kollektiv: Verstorbene mit primären bösartigen Lungentumoren (n = 148)

Zu jedem Fall existieren ein Sektionsprotokoll sowie eine Krankenakte unterschiedlicher Vollständigkeit, aus denen Angaben zu Erkrankungsalter, Geschlecht, Todesdatum, Tumor-Differenzierung, Lokalisation und Ausdehnung des Primärtumors, Orte der Metastasierung sowie zur TNM-Klassifikation [29] gezogen wurden.

Zur Diagnosesicherung bzw. differenzialdiagnostischen Abgrenzung primärer und sekundärer Pleuratumoren wurden im Rahmen des seinerzeit eingesetzten Antikörperspektrums immunhistochemische Untersuchungen mit folgenden Antikörpern durchgeführt: KL 1, V 9, HEA 125, Leu M1, BMA 130c, HMFG 2.

Zur Berechnung der Überlebenszeiten standen das Datum der Erstdiagnose und das Sterbedatum in 154 Fällen (n = 43 im Mesotheliom-Kollektiv; n = 111 im Karzinom-Kollektiv) zur Verfügung.

Lokalisation und histomorphologischer Subtyp der Mesotheliome: Von 48 Patienten (77 %) aus dem Mesotheliom-Kollektiv wurden je nach Verfügbarkeit zwischen 29 und 67 histologische Schnittpräparate in den Färbungen Hämatoxilin-Eosin (HE) und Elastica-van-Gieson (EvG) untersucht. Diese wurden ausgewertet hinsichtlich des Wachstumsmusters der Primärtumoren sowie der Lokalisation und Häufigkeit ihrer metastatischen Absiedlungen.

In fortgeschrittenen Stadien maligner Mesotheliome kann es schwierig sein, Metastasen eindeutig von Infiltrationen per continuitatem zu unterscheiden. Ein Fremdgewebsherd wurde nur dann als Metastase klassifiziert, wenn er eindeutig allseits von Gewebe des befallenen Organs umgeben war. Da das Peritoneum häufig diffus und großflächig infiltriert ist, wurden tumoröse Veränderungen hier nur dann als Metastasen berücksichtigt, wenn das Zwerchfell nicht durchwachsen war.

Lokalisation und histomorphologischer Subtyp der Karzinome: Von 136 Patienten (92 %) aus dem Karzinom-Kollektiv wurden die Befunde hinsichtlich des Wachstumsmusters der Primärtumoren sowie der Lokalisation und Häufigkeit von Metastasen ausgewertet.

Vergleich der Kollektive: Lokalisationen und Häufigkeiten der Metastasen in den Teil-Kollektiven wurden verglichen mit Mitteln der deskriptiven Statistik, da es sich hier um ein hochselektioniertes Untersuchungsgut handelt, bei dem asbestassoziierte Berufkrankheiten nach den Ziffern 4104 und 4105 der Berufskrankheiten-Verordnung zur Diskussion standen.

Ergebnisse

Personenbezogene Daten

Das Mesotheliom-Kollektiv (n = 62) setzt sich zusammen aus 59 Männern (95 %) und 3 Frauen (5 %). Das mittlere Lebensalter beträgt 66,2 Jahre (Männer 66,2 Jahre; Frauen 64,7 Jahre). Die Überlebenszeiten nach Erstdiagnose (n = 43) liegen im Mittel bei 8,3 Monaten für Männer und 15,3 Monaten für Frauen.

Das Karzinom-Kollektiv (n = 148) setzt sich zusammen aus 143 Männern (97 %) und 5 Frauen (3 %). Das mittlere erreichte Lebensalter beträgt 64,6 Jahre (Männer 64,4 Jahre; Frauen 67,8 Jahre). Die Überlebenszeiten nach Erstdiagnose (n = 111) liegen im Mittel bei 7,4 Monaten für Männer und 20,0 Monaten für Frauen.

Histomorphologische Differenzierung, Überlebenszeiten und Lokalisation

a) maligne Mesotheliome (n = 62): Das häufigste histomorphologische Wachstumsmuster im Mesotheliom-Kollektiv ist der biphasische Subtyp (71 %), 21 % der Mesotheliome sind als epitheloider und nur 8 % als sarkomatoider Subtyp geführt. Das mittlere erreichte Lebensalter reicht von nur 59,4 Jahren (sarkomatoider Subtyp) bis hin zu 66,0 Jahren (epitheloider Subtyp) und 66,7 Jahren (biphasischer Subtyp). Eine Analyse der Überlebenszeiten nach Erstdiagnose (n = 43) nach Kaplan-Meier ergibt keine signifikanten Unterschiede zwischen den 3 Subtypen (Abb. [1] oben).

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Abb. 1 Überlebenszeiten in Abhängigkeit vom histologischen Subtyp der Pleuramesotheliome (oben), in Abhängigkeit vom histologischen Typ der Lungentumoren (Mitte) und in Abhängigkeit von der Tumorgruppe (Pleuramesotheliome und Lungentumoren) (unten).

Eine deutliche Seitenpräferenz der Primärtumoren des Mesotheliom-Kollektivs ist nicht festzustellen (46 % linksseitig; 54 % rechtsseitig; n = 48), auch nicht für die einzelnen Subtypen.

b) primäre bösartige Lungentumoren (n = 148): Im Karzinom-Kollektiv sind Adenokarzinome (47 %) am häufigsten dokumentiert, neben 30 % Plattenepithelkarzinomen und 24 % kleinzelligen, neuroendokrinen Karzinomen. Das mittlere erreichte Lebensalter liegt im Bereich von 64,0 Jahren (Adenokarzinomen), 64,9 Jahren (neuroendokrine Karzinomen) und 65,2 Jahren (Plattenepithelkarzinomen). Eine Analyse der Überlebenszeiten nach Erstdiagnose (n = 111) nach Kaplan-Meier ergibt keine signifikanten Unterschiede zwischen den 3 Tumortypen (Abb. [1] Mitte).

Eine deutliche Seitenpräferenz der Primärtumoren des Karzinom-Kollektivs ist nicht festzustellen (46 % linksseitig; 54 % rechtsseitig), auch nicht für die einzelnen Tumortypen.

Vergleich der Kollektive: Das mittlere erreichte Lebensalter liegt mit 66,2 Jahren bei den Verstorbenen mit Mesotheliomen um 1,6 Jahre über dem der Verstorbenen mit Karzinomen. Eine Analyse der Überlebenszeiten nach Erstdiagnose (n = 154) nach Kaplan-Meier ergibt keine signifikanten Unterschiede zwischen beiden Tumorgruppen (Abb. [1] unten).

Auswertung der TNM-Stadien (s. Tab. [1])

Tab. 1 TNM-Stadien nach den Obduktionsbefunden von 48 malignen Pleuramesotheliomen und 136 bösartigen Lungentumoren (1992 - 1998)
maligne Pleuramesotheliome (n = 48) biphasisch
(n = 33)
epitheloid
(n = 10)
sarkomatoid
(n = 5)
T1 8 % (4) 6 % (2) 20 % (2) 0 % (0)
T2 8 % (4) 6 % (2) 0 % (0) 40 % (2)
T3 27 % (13) 27 % (9) 30 % (3) 20 % (1)
T4 56 % (27) 61 % (20) 50 % (5) 40 % (2)
N0 13 % (6) 15 % (5) 10 % (1) 0 % (0)
N1 8 % (4) 3 % (1) 20 % (2) 20 % (1)
N2 44 % (21) 39 % (13) 40 % (4) 80 % (4)
N3 35 % (17) 43 % (14) 30 % (3) 0 % (0)
M1 63 % (30) 61 % (20) 60 % (6) 80 % (4)
T1 8 % (11) 3 % (2) 5 % (2) 22 % (7)
T2 35 % (48) 37 % (22) 39 % (17) 27 % (9)
T3 19 % (26) 17 % (10) 23 % (10) 18 % (6)
T4 38 % (51) 43 % (26) 33 % (14) 33 % (11)
N0 10 % (14) 15 % (9) 5 % (2) 9 % (3)
N1 19 % (26) 20 % (12) 23 % (10) 12 % (4)
N2 29 % (39) 23 % (14) 30 % (13) 36 % (12)
N3 42 % (57) 42 % (25) 42 % (18) 43 % (14)
M1 78 % (106) 82 % (49) 72 % (31) 79 % (26)

a) maligne Mesotheliome (n = 48 aus dem Mesotheliom-Kollektiv): Patienten mit malignen Pleuramesotheliomen sterben überwiegend in weit fortgeschrittenen Tumorstadien (T-Stadium); es dominieren die Stadien T4 (56 %) und T3 (28 %). Die Lymphknotenmetastasierung (N-Stadium) ist zum Zeitpunkt des Todes weit fortgeschritten (N2 44 %; N3 35 %). Fernmetastasen (M-Stadium) können insgesamt in 63 % der Fälle nachgewiesen werden. Hinsichtlich aller TNM-Stadien sind zwischen den einzelnen Mesotheliom-Subtypen bei deutlich unterschiedlichen Fallzahlen keine prinzipiellen Unterschiede festzustellen.

b) primäre bösartige Lungentumoren (n = 136 aus dem Karzinom-Kollektiv): Patienten mit Karzinomen sterben zu einem relativ hohen Prozentsatz bereits in einem früheren Tumorstadien (T-Stadium), es überwiegt hier neben dem Stadium T4 (38 %) auch das Stadium T2 (35 %) und bei den neuroendokrinen Karzinomen war in 22 % der Fälle erst ein T1-Stadium festzustellen. Zum Todeszeitpunkt steht ein fortgeschrittener Lymphknotenbefall (N-Stadium) im Vordergrund, es dominieren die Stadien N3 (42 %) und N2 (29 %). Fernmetastasen (M-Stadium) können insgesamt in 78 % der Fälle nachgewiesen werden. Hinsichtlich aller TNM-Stadien sind zwischen den einzelnen Karzinom-Typen keine relevanten Unterschiede festzustellen.

Lokalisationen und Häufigkeiten von Metastasen maligner Mesotheliome unter Berücksichtigung der histomorphologischen Subtypen: Mesotheliome metastasieren - unabhängig vom führenden Wachstumsmuster - bevorzugt in die kontralaterale und ipsilaterale Lunge, die kontralaterale Pleura (vgl. Abb. [2] und [3]), sowie die Leber und das Peritoneum. Zur weiteren Metastasierung s. Tab. [2], unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Fallzahlen. Hirnmetastasen konnten in diesem Kollektiv nicht nachgewiesen werden.

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Abb. 2 A CT-gerechter Horizontalschnitt eines epitheloid differenzierten, malignen Pleuramesothelioms (rechtsseitig); B multiple kontralaterale pleurale und intrapulmonale Metastasen (linksseitig) [88-jähriger Mann; Makrofotos].

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Abb. 3 Histomorphologische Schnitte verschiedener Organ-Metastasen maligner Pleuramesotheliome (aus aktuellem Obduktionsgut); A sternförmig, perivasal entwickelte Lungen-Metastase (linksseitig) eines biphasischen Pleuramesothelioms (rechtsseitig) [70-jähriger Mann; HE]; B Lungen-Metastase (linksseitig) eines epitheloiden Pleuramesothelioms (rechtsseitig) [60-jähriger Mann; EvG]; C Leber-Metastase eines sarkomatoiden Pleuramesothelioms (linksseitig) [63-jähriger Mann; HE]; D Nebennieren-Metastase eines sarkomatoiden Pleuramesothelioms (linksseitig) [63-jähriger Mann; HE]; E Nieren-Metastase eines biphasischen Pleuramesothelioms (linksseitig) [58-jähriger Mann; HE]; F Milz-Metastase eines sarkomatoiden Pleuramesothelioms (linksseitig) [63-jähriger Mann; HE].

Tab. 2 Lokalisationen und Häufigkeiten von Metastasen von Pleuramesotheliomen aus dem Obduktionsgut der Jahre 1992 - 1998 (Fallzahlen in Klammern)
Metastasenlokalisation gesamt
(n = 48)
biphasisches Mesotheliom
(n = 33)
epitheloides Mesotheliom
(n = 10)
sarkomatoides Mesotheliom
(n = 5)
ipsilaterale Lunge 42 % (20) 39 % (13) 40 % (4) 60 % (3)
kontralaterale Lunge 46 % (22) 45 % (15) 40 % (4) 60 % (3)
kontralaterale Pleura 38 % (18) 30 % (10) 50 % (5) 60 % (3)
Leber 29 % (14) 30 % (10) 20 % (2) 40 % (2)
Peritoneum 25 % (12) 30 % (10) 10 % (1) 20 % (1)
Nebennieren 10 % (5) 12 % (4) 0 % (0) 20 % (1)
Magen-Darm-Trakt 8 % (4) 9 % (3) 0 % (0) 20 % (1)
Myokard 8 % (4) 3 % (1) 20 % (2) 20 % (1)
Milz 6 % (3) 3 % (1) 10 % (1) 20 % (1)
Nieren 4 % (2) 3 % (1) 0 % (0) 20 % (1)
Skelett 4 % (2) 3 % (1) 0 % (0) 20 % (1)
Haut 2 % (1) 0 % (0) 10 % (1) 0 % (0)

Metastasen primärer bösartiger Lungentumoren in Abhängigkeit vom Tumortyp: Die Leber erweist sich mit einer Befallsrate von 38 % als herausragender Metastasierungsort der Lungentumoren; gefolgt von Nebennieren, kontralateraler Lunge, Skelett oder Gehirn (s. Tab. [3]). Dabei zeigen die Metastasierungsmuster bei den einzelnen Karzinomtypen einige Unterschiede. Adenokarzinome metastasierten vermehrt auch in Nebennieren (35 %) und Skelett (25 %), kleinzellige neuroendokrine Karzinome vermehrt auch in Gehirn (33 %), Nebennieren und Skelett (je 24 %). Plattenepithelkarzinom-Metastasen wurden vermehrt auch im Gehirn (21 %) gesichert (s. Tab. [3]). Im Peritoneum wurden Metastasen nur bei Adenokarzinomen (12 %) nachgewiesen.

Tab. 3 Lokalisation und Häufigkeiten von Metastasen von 136 bösartigen Lungentumoren aus dem Obduktionsgut (1992 - 1998) (Fallzahlen in Klammern)
Metastasenlokalisation gesamt
(n = 136)
Adenokarzinom
(n = 60)
Plattenepithelkarzinom
(n = 43)
neuroendokrines Karzinom
(n = 33)
ipsilaterale Lunge 15 % (20) 8 % (5) 16 % (7) 24 % (8)
ipsilaterale Pleura 18 % (25) 20 % (12) 16 % (7) 18 % (6)
kontralaterale Lunge 25 % (34) 28 % (17) 28 % (12) 15 % (5)
kontralaterale Pleura 8 % (11) 13 % (8) 2 % (1) 6 % (2)
Leber 38 % (51) 42 % (25) 28 % (12) 46 % (15)
Peritoneum 5 % (7) 12 % (7) 0 % (0) 0 % (0)
Nebennieren 26 % (36) 35 % (21) 16 % (7) 24 % (8)
Magen-Darm-Trakt 4 % (5) 5 % (3) 5 % (2) 0 % (0)
Myokard 1 % (2) 2 % (1) 2 % (1) 0 % (0)
Milz 4 % (6) 3 % (2) 7 % (3) 3 % (1)
Nieren 10 % (13) 10 % (6) 9 % (4) 9 % (3)
Skelett 22 % (30) 25 % (15) 16 % (7) 24 % (8)
Haut 1 % (2) 3 % (2) 0 % (0) 0 % (0)
Gehirn 21 % (28) 13 % (8) 21 % (9) 33 % (11)
Herzbeutel 15 % (20) 10 % (6) 19 % (8) 18 % (6)
Zwerchfell 6 % (8) 3 % (2) 9 % (4) 6 % (2)
Schilddrüse 5 % (7) 5 % (3) 0 % (0) 12 % (4)
Pankreas 3 % (4) 3 % (2) 0 % (0) 6 % (2)
Ösophagus 1 % (2) 2 % (1) 0 % (0) 3 % (1)
Gallenblase 1 % (2) 2 % (1) 0 % (0) 3 % (1)
Trachea 1 % (2) 2 % (1) 0 % (0) 3 % (1)
Hirnhäute 1 % (2) 0 % (0) 0 % (0) 6 % (2)
Aorta 1 % (2) 0 % (0) 0 % (0) 6 % (2)
Prostata 1 % (1) 2 % (1) 0 % (0) 0 % (0)
Harnblase 1 % (1) 2 % (1) 0 % (0) 0 % (0)

Diskussion

Bei der Interpretation der Daten unserer Studie ist zu berücksichtigen, dass es sich um hochselektionierte Obduktions-Kollektive handelt. Das Geschlechter-Ungleichgewicht in beiden Kollektiven erklärt sich daraus, dass Männer ungleich häufiger in Berufen mit erhöhter Asbestexposition tätig sind als Frauen (vgl. auch [10] [30] [31]). Durchschnittsalter und Altersspektrum im Mesotheliom-Kollektiv liegen innerhalb des Rahmens, der auch von anderen Autoren angegeben wird (z. B. [10] [30] [31] [32] [33] [34] [35]).

Häufigkeiten der Mesotheliom-Subtypen: Bei den malignen Pleuramesotheliomen konnten wir den biphasischen Subtyp mit 71 % am häufigsten nachweisen. Hartmann u. Mitarb. [12] und King u. Mitarb. [10] kommen zu ähnlichen Ergebnissen (vgl. Tab. [4]). Beim Vergleich der Subtypen-Häufigkeiten verschiedener Studien ist u. a. zu bedenken, dass mit zunehmender Größe der untersuchten Gewebeprobe die Wahrscheinlichkeit zunimmt, eine heterogene Differenzierung zu finden [2]. Somit muss zwangsläufig der Anteil biphasischer Mesotheliome in Obduktionsstudien deutlich höher liegen, als in Biopsiestudien [1].

Tab. 4 Prozentuale Häufigkeit der 3 unterschiedenen Wachstumsmuster maligner Pleuramesotheliome in verschiedenen Studien, vorwiegend Autopsiestudien (O)
epitheloider
Typ
biphasischer
Typ
sarkomatoider
Typ
Fallzahl
n
Rusch u. Mitarb. 1996 73 % 20 % 6 % 131
Tammilehto u. Mitarb. O/1992 60 % 17 % 23 % 65
Antman u. Mitarb. [44] 1988 58 % 27 % 15 % 136
Ruffie u. Mitarb. [45] O/1989 57 % 24 % 19 % 332
Hulks u. Mitarb. [46] O/1989 35 % 32,5 % 32,5 % 40
Hartmann u. Mitarb. O/1992 23 % 63 % 20 % 106
King u. Mitarb. O/1997 23 % 77 % -- 22
eigene Studie O/2005 21 % 71 % 8 % 62

Eine deutliche Seitenpräferenz der Primärtumoren können wir ebenso wenig nachweisen wie andere Studien (z. B. [10] [30]).

Metastasierungsmuster bei Mesotheliomen: Fernmetastasen mesothelialer Primärtumoren fanden wir in 63 % der Fälle. Auch für andere Autopsie-Studien sind Metastasierungsraten von 50 % bis über 80 % bekannt (Übersicht bei [12]). Beschrieben werden vielfach übereinstimmende Metastasierungsorte aber deutlich divergierende Häufigkeiten. Eine Begründung liegt sicherlich auch in der jeweiligen Betrachtung von Infiltration und Metastasierung sowie in sehr unterschiedlichen Fallzahlen. Lunge, Leber, Nieren, Nebennieren und Knochen werden als am häufigsten hämatogen metastasierte Organe genannt [36]. Übereinstimmend finden auch wir Mesotheliom-Metastasen häufig in der ipsi- und kontralateralen Lunge, der Leber und den Nebennieren; hinzuzufügen ist noch der Befall der kontralateralen Pleura und des Peritoneums bei auch grundsätzlich bestehender Möglichkeit einer unabhängigen, synchronen Tumorentwicklung. Dagegen spielen in unserer Untersuchung die Nieren und das Skelett nur eine untergeordnete Rolle.

Lungentumoren und ihre Metastasierungsmuster: Bei den bösartigen Lungentumoren fanden wir das Adenokarzinom mit einer relativen Häufigkeit von 47 % als führenden Karzinomtyp. Damit ist dieser Tumortyp sehr viel stärker vertreten als in früheren Autopsiestudien (vgl. [37]). Hinsichtlich der Häufigkeiten von Lymphknotenmetastasen und Fernmetastasen insgesamt sowie bei den verschiedenen Karzinomtypen liegen die von uns festgestellten Werte in guter Übereinstimmung mit entsprechenden Literaturdaten (vgl. [38]). Entsprechend anderer retrospektiver Studien (z. B. [37] [38] [39]; vgl. [40] [41] [42]) stellt sich auch in unserem Karzinom-Kollektiv die Leber als das am häufigsten von Fernmetastasen befallene Organ dar, gefolgt von Nebennieren, Skelett, Gehirn und Nieren. Erwähnt seien auch die vergleichsweise erhöhten Metastasierungsraten, die wir für die ipsi- und kontralaterale Lunge bzw. Pleura, den Herzbeutel sowie - im Falle des Adenokarzinoms - für das Peritoneum feststellen konnten, obwohl diese Zielstrukturen im Schrifttum häufig nicht aufgeführt werden. Die Tatsache, dass von den 3 Tumortypen das Plattenepithelkarzinom offensichtlich eine geringere Metastasierungstendenz zeigt, deckt sich ebenfalls mit Erfahrungen anderer Autoren (vgl. [37] [38] [43]).

Vergleich der Metastasierungsmuster bei Mesotheliomen und Lungentumoren: Obwohl für die lymphogene und hämatogene Metastasierung sowohl bösartiger Lungentumoren als auch maligner Mesotheliome gewisse reproduzierbare Metastasierungsmuster feststellbar sind, können sich die Befunde bei der Betrachtung einzelner Karzinom-Patienten und einzelner Mesotheliom-Patienten sehr ähneln. Darüber hinaus sind die Unterschiede zwischen den Metastasierungsmustern beider Kollektive nicht sehr ausgeprägt. In fast allen Studien zur Metastasierung bei Pleuramesotheliomen treten Gehirn-Metastasen selten auf (Übersicht bei [12]). Das Peritoneum stellt die einzige Zielstruktur dar, in die Mesotheliome offensichtlich häufiger metastasieren als die Lungentumoren.

Literatur

1 Eingegangen in diese Arbeit sind Daten, die Herr U. Kersting im Rahmen einer angefangenen Doktorarbeit erhoben hatte.

Dr. Margit Fischer

Deutsches Mesotheliomregister · Berufsgenossenschaftliche Kliniken Bergmannsheil - Universitätsklinik

Bürkle-de-la-Camp-Platz 1

44789 Bochum

Literatur

1 Eingegangen in diese Arbeit sind Daten, die Herr U. Kersting im Rahmen einer angefangenen Doktorarbeit erhoben hatte.

Dr. Margit Fischer

Deutsches Mesotheliomregister · Berufsgenossenschaftliche Kliniken Bergmannsheil - Universitätsklinik

Bürkle-de-la-Camp-Platz 1

44789 Bochum

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Abb. 1 Überlebenszeiten in Abhängigkeit vom histologischen Subtyp der Pleuramesotheliome (oben), in Abhängigkeit vom histologischen Typ der Lungentumoren (Mitte) und in Abhängigkeit von der Tumorgruppe (Pleuramesotheliome und Lungentumoren) (unten).

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Abb. 2 A CT-gerechter Horizontalschnitt eines epitheloid differenzierten, malignen Pleuramesothelioms (rechtsseitig); B multiple kontralaterale pleurale und intrapulmonale Metastasen (linksseitig) [88-jähriger Mann; Makrofotos].

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Abb. 3 Histomorphologische Schnitte verschiedener Organ-Metastasen maligner Pleuramesotheliome (aus aktuellem Obduktionsgut); A sternförmig, perivasal entwickelte Lungen-Metastase (linksseitig) eines biphasischen Pleuramesothelioms (rechtsseitig) [70-jähriger Mann; HE]; B Lungen-Metastase (linksseitig) eines epitheloiden Pleuramesothelioms (rechtsseitig) [60-jähriger Mann; EvG]; C Leber-Metastase eines sarkomatoiden Pleuramesothelioms (linksseitig) [63-jähriger Mann; HE]; D Nebennieren-Metastase eines sarkomatoiden Pleuramesothelioms (linksseitig) [63-jähriger Mann; HE]; E Nieren-Metastase eines biphasischen Pleuramesothelioms (linksseitig) [58-jähriger Mann; HE]; F Milz-Metastase eines sarkomatoiden Pleuramesothelioms (linksseitig) [63-jähriger Mann; HE].