Diagnosestellung
Anamnese, klinische Untersuchung, Röntgen-Thoraxaufnahme, Entzündungswerte und Erregernachweis
führen zur Diagnose Pneumonie.
Klinische Befunde
Symptomatik. Eine sichere klinische Diagnose einer Pneumonie ist anhand der Symptome nicht möglich.
Typisch sind bei immunkompetenten Erwachsenen allgemeines Krankheitsgefühl, Husten,
Sputum, verstärkter Atemarbeit, Fieber oder Hypothermie. Diese Symptome können auch
bei Infektionen des oberen Respirationstrakts, bei akuter und chronischer Bronchitis
und nicht infektiösen Erkrankungen (z. B. Herzinsuffizienz, Lungenarterienembolie,
Vaskulitis, Malignom, Atelektase) vorkommen. Selbst beim Vorhandensein mehrerer Symptome
liegt die Wahrscheinlichkeit einer CAP nur bei ca. 50 % [1]
[2] ([Tab. 1]).
Tab. 1 Symptomatik und Befunde bei Patienten mit Pneumonie (adaptiert nach Höffken [1]): Weder die Symptomatik noch die Befunde sind spezifisch genug, um eine Pneumonie
zu diagnostizieren
Symptomatik |
Untersuchungsbefund |
allgemeines Krankheitsgefühl |
Inspektion: Dyspnoe und Tachypnoe |
Fieber oder Hypothermie |
Palpation: Tachykardie, Ggf. arterielle Hypotonie |
Husten |
Perkussion: abgeschwächter Klopfschall |
eitriger Auswurf |
Auskultation: fein- bis mittelblasige klingende ohrnahe Rasselgeräusche Bronchialatmen |
Dyspnoe |
Schwäche, Hinfälligkeit |
„Grippale” Symptome wie Myalgien, Arthralgien, Zephalgien |
Körperliche Untersuchung. Häufige Befunde sind Dyspnoe mit erhöhter Atemfrequenz und eine Tachykardie, ggf.
mit arterieller Hypotonie. Perkutorisch findet sich bei ausgedehnten Infiltrationen
und/oder parapneumonischem Pleuraerguss ein abgeschwächter Klopfschall und in der
Auskultation können ohrnahe Rasselgeräusche und Bronchialatmen vorliegen. Die Befunde
der körperlichen Untersuchung sind wie die Symptome unspezifisch. Besondere Beachtung
verdient die Tatsache, dass sich die klinische Präsentation der CAP mit steigendem
Alter verändert. Im höheren Alter werden oligosymptomatische Verläufe mit extrapulmonalen
Symptomen wie zunehmende Schwäche oder Hinfälligkeit beobachtet [2] ([Tab. 1]).
Radiologische Untersuchungen
Röntgen-Thoraxaufnahme. Aufgrund der fehlenden Diagnosesicherheit durch die Anamnese und Untersuchung wird
bei allen Patienten mit Verdacht auf CAP eine Röntgen-Thoraxaufnahme empfohlen, auch
wenn in der ambulanten Praxis die zeitnahe Durchführung und Befundung im Einzelfall
schwierig sein kann [1]. Eine posteroanteriore und eine laterale Röntgen-Thoraxaufnahme gilt als Goldstandard
für die Diagnosestellung eines pneumonischen Infiltrates, wenn gleichzeitig klinische
und/oder mikrobiologische Daten die Diagnose unterstützen. Der Nachweis eines Infiltrats
kann vor allem bei leichtgradiger CAP mit nur geringer Infiltratausbildung allerdings
schwierig sein [3]. Zudem kann die Röntgen-Thoraxaufnahme initial, insbesondere bei seltenen Pneumonien
wie z. B. der Pneumozystis-Infektion, noch normal aussehen. Die Röntgen-Thoraxaufnahme
differenziert zudem nicht ausreichend zwischen unterschiedlichen Erregern der CAP
[4].
Zur Diagnose einer CAP ist auch im ambulanten Bereich eine Röntgen-Thoraxaufnahme
für die Abgrenzung zur akuten Bronchitis wichtig, da bei akuter Bronchitis Antibiotika
nicht indiziert sind. Eine Kontrolle der Röntgen-Thoraxaufnahme nach abgeheilter Pneumonie
ist bei Patienten mit persistierenden Symptomen oder bei Verdacht auf Bronchialkarzinom
erforderlich.
Der wesentliche klinische Nutzen der Röntgen-Thoraxaufnahme liegt:
-
in der Abgrenzung zur akuten Bronchitis
-
im Nachweis von Komplikationen (Abszess, Pneumothorax, Pleuraerguss/Empyem)
-
in der Differenzialdiagnose (z. B. Tuberkulose, Tumoren, Lungenarterienembolie, Herzinsuffizienz,
[Tab. 1])
-
in der Prognoseabschätzung (multilobäre Infiltrate oder großer/beidseitiger Pleuraergüsse
= schlechtere Prognose) [5].
Zu bedenken ist hierbei insbesondere, dass eine CAP relativ häufig (1 - 6 %, > 60-jähriger
Raucher 17 %) als Komplikation eines Bronchialkarzinoms auftritt [6]. Für den Nutzen routinemäßiger radiologischer Verlaufskontrollen gibt es keine gute
Evidenz. Allerdings sollte zum Tumorausschluss, insbesondere bei Rauchern, Patienten
> 50 J. und Patienten mit persistierenden Symptomen die Röntgen-Thoraxaufnahme nach
4 - 6 Wochen wiederholt werden ([Abb. 1]).
Abb. 1 Radiologische Pneumoniediagnostik 49-jähriger Patient mit Husten, gelblichem Auswurf,
Dyspnoe und Fieber. Das CRP lag bei 152 mg/l. Die initiale Röntgen-Thoraxaufnahme
zeigt eine Pleuropneumonie. Die Kontrollaufnahme nach 14 Tagen oraler Antibiotikatherapie
zeigt keine Besserung. Die durchgeführte CT zeigt Unterlappeninfiltrat mit pleuraler
Konsolidierung, die transbronchiale Biopsie beweist ein Alveolarzellkarzinom.
Computertomographie der Thoraxorgane. Die Computertomographie der Thoraxorgane ist generell sensitiver als die Röntgen-Thoraxaufnahme
im Nachweis von interstitiellen Infiltraten, Einschmelzungen, Lymphknotenvergrößerungen
und Empyemen. Einige Patienten haben typische klinische Zeichen einer CAP, jedoch
radiologisch kein Infiltrat. Eine Dünnschicht-Computertomographie (High-Resolution-Computertomographie,
HRCT) kann in diesen Fällen häufig ein Infiltrat zeigen, die klinische Relevanz ist
jedoch nicht geprüft [7]. In der Differenzialdiagnose ist die Computertomographie der Thoraxorgane in der
Abgrenzung eines Tumors und einer Lungenarterienembolie sehr wertvoll. Bei immundefizienten
Patienten kann die Computertomographie unter anderem hinweisend sein für eine invasive
Aspergillose.
Die Computertomographie der Thoraxorgane ist bei immunkompetenten Patienten in den
meisten Fällen nicht notwendig. Sie wird hauptsächlich bei Komplikationen, Therapieversagen,
in der Differenzialdiagnostik und bei immundefizienten Patienten eingesetzt.
Klinisch-chemische Diagnostik
Blutbild. Das Blutbild ist typischerweise Bestandteil der Routineblutdiagnostik der stationär
behandelten CAP-Patienten. Eine Leukozytose von über 15 000/ml macht eine bakterielle
Pneumonie wahrscheinlich, ein normales Blutbild schließt eine Pneumonie jedoch nicht
aus. Zusätzlich wurden in mehreren Studien sowohl eine Leukopenie < 4000/ml als auch
eine Leukozytose > 20 000/ml bei Aufnahme mit einer erhöhten Letalität assoziiert
[8].
Bei hospitalisierten Patienten gehört das Blutbild zusammen mit den Elektrolyten,
den Nierenwerten und den Leberwerten zur Routineblutdiagnostik. Bei ambulanten Patienten
ist die Untersuchung des Blutbildes im Einzelfall zu erwägen.
C-reaktives Protein. Das CRP wurde initial als Pneumokokken-bindendes Protein, welches die Complement-Aktivierung
triggert, entdeckt. Verschiedene Studien zeigen, dass ein niedriges CRP, das heißt
Werte unter 10 - 20 mg/l eine Pneumonie mit einer Sensitivität und Spezifität von
ca. 95 % unwahrscheinlich machen [9]. Für die Praxis kann gelten, dass ein niedriger CRP-Wert zusammen mit einer nur
geringen Symptomatik eine Pneumonie unwahrscheinlich macht. Die unnötige Gabe von
Antibiotika bei mutmaßlich viralen Infekten kann so reduziert werden [10]. Aufgrund des verzögerten Anstiegs im Initialstadium der Pneumonie (6 - 12 Stunden)
und niedrigeren Werten bei immundefizienten und älteren Patienten ist jedoch Vorsicht
geboten. Patienten mit niedrigem CRP-Wert, aber ausgeprägter pulmonaler Symptomatik
sollten zum Ausschluss einer Pneumonie eine Röntgen-Thoraxaufnahme erhalten ([Tab. 2]).
Tab. 2 Die Rolle des CRP in der Pneumoniediagnostik
Die CRP-Werte sind bei bakterieller CAP erhöht und nur in Einzelfällen normal, aber: |
CRP-Erhöhung ist nicht spezifisch für CAP |
niedrige CRP-Werte (< 10 - 20 mg/l) machen eine CAP unwahrscheinlich |
hohe CRP-Werte (> 100 mg/l) machen eine CAP wahrscheinlich |
Legionellen und Pneumokokkenpneumonien haben höhere CRP-Werte |
- fehlender Abfall des CRP-Wertes innerhalb von 4 Tagen auf 50 % spricht für Therapieversagen |
Eine CRP-Erhöhung trägt zur Diagnose einer CAP bei, da erhöhte CRP-Werte sensitiver
und spezifischer sind als Temperaturerhöhung oder Leukozytose [11]. In verschiedenen Studien war ein Cutoff von 100 mg/l geeignet, um mit relativ hoher
Spezifität die CAP von der infektexazerbierten COPD oder anderen pulmonalen Erkrankungen
zu unterscheiden [12]. Leicht erhöhte Werte differenzieren jedoch nicht zwischen viralen und bakteriellen
Infekten. Nennenswert ist zudem, dass die differenzialdiagnostisch infrage kommenden
Erkrankungen ebenfalls mit einer CRP-Erhöhung einhergehen können. Ein höherer CRP-Wert
spricht nicht unbedingt für eine schwerere Erkrankung. Garcia Vazquez u. Mitarb. fand
bei 1222 Patienten mit CAP keinen Zusammenhang zwischen dem Schweregrad der CAP und
dem CRP-Wert [13]. Seppa u. Mitarb. konnten hingegen zeigen, dass bei älteren Patienten (> 65 J.)
mit CAP ein CRP > 100 mg/L mit einer erhöhten Mortalität verbunden ist [14]. Bemerkenswert ist, dass Patienten mit Pneumokokken-Pneumonie und Legionellen-Pneumonie
im Durchschnitt höhere CRP-Werte aufweisen [13]
[14].
Das CRP kann für die Dokumentation des Therapieerfolgs verwendet werden.
Die Serummessung des CRP kann als Parameter zum Ausschluss, zur Diagnose und zum Verlauf
einer Pneumonie genutzt werden. Niedrige CRP-Werte sprechen gegen eine CAP, die CRP-Bestimmung
ist daher insbesondere hilfreich in der Abgrenzung der CAP zur akuten Bronchitis.
Der Nachteil der Untersuchung liegt in der niedrigen Spezifität und der verzögerten
Kinetik mit einem Anstieg im Mittel erst nach 6 Stunden.
Falls das CRP nicht innerhalb von 4 Tagen auf 50 % fällt, spricht dies für eine Therapieversagen
oder für ein sekundäre infektiöse Komplikation (z. B. Empyem, Endokarditis, Antibiotika
assoziierte Diarrhoe, Harnwegsinfekt) [11].
Prokalzitonin. Virale und nichtinfektiöse Erkrankungen können ebenfalls zu einer CRP-Erhöhung führen.
Eine mögliche Verbesserung in dieser Hinsicht stellt das Prokalzitonin (PCT) dar.
Das PCT ist die Vorform des Kalzitonin, welches als Reaktion auf eine Hyperkalzämie
in der Schilddrüse gebildet wird. Das PCT ist normalerweise im Blut nicht messbar.
Bakterielle Antigene führen während bakterieller Infektionen durch Induktion von Zytokinen
zu einer extrathyreoidalen Produktion von PCT in der Leber und den mononukleären Zellen.
Zirkulierendes PCT ist während schwerer bakterieller Infektionen erhöht, jedoch niedrig
bei viralen Infektionen und nicht infektiösen Inflammationen [15]. Falsch positive PCT-Werte sind z. B. während des Gichtanfalls oder postoperativ
beschrieben. Das Ziel einer gut durchgeführten Studie [16] war die Reduktion der Antibiotikagabe bei Patienten mit Infektion des unteren Respirationstraktes.
Es wurde gezeigt, dass eine PCT-gesteuerte Therapieentscheidung die Wahrscheinlichkeit
einer Antibiotikatherapie drastisch reduziert, ohne die Prognose zu verschlechtern
[16]. Patienten mit einer niedrigen PCT-Konzentration benötigen daher möglicherweise
keine Antibiotikatherapie. Größere Studien werden derzeit durchgeführt. Bestätigen
sich die Befunde, könnte dieser Marker helfen, unnötige Antibiotikagaben zu vermeiden,
insbesondere bei COPD-Exazerbationen und Patienten mit akuter Bronchitis (bei denen
normalerweise keine Antibiotika indiziert sind).
Differenzialdiagnostisch schwierig bleiben Patienten mit einer pulmonalen Symptomatik,
radiologisch nachgewiesenem Infiltrat, aber niedrigem PCT oder CRP. Diese haben möglicherweise
eine virale CAP, die nach Expertenmeinung prophylaktisch mit Antibiotika behandelt
werden sollte, eine bakterielle CAP bei einem noch nicht angestiegenen Entzündungswert
oder ein nichtinfektiöses Infiltrat.
Die neueren Daten zur PCT-Messung sind vielversprechend. Das PCT ist spezifischer
als das CRP und steigt bereits nach 4 Stunden an. Die Kosteneffektivität ist noch
nicht untersucht. Die Ergebnisse aktuell laufender Studien sollten abgewartet werden,
bevor PCT in der Praxis eingesetzt wird.
Erregerdiagnostik
Der Sinn der mikrobiologischen Diagnostik kann entweder darin liegen, einen Erreger
zu entdecken, der zu einer Erweiterung der Antibiotikatherapie führt (z. B. Legionellen,
Staphylococcus aureus oder gramnegative Bakterien), oder um bei Nachweis eines bestimmten
Keimes (z. B. Pneumokokken) eine gezieltere Antibiotikatherapie durchzuführen ([Abb. 2]). Der Nachweis einer Bakteriämie hat eine prognostische Bedeutung. Indikation zur
mikrobiologischen Diagnostik mittels Sputum oder Bronchoskopie siehe [Tab. 3].
Abb. 2 Ätiologie der ambulant erworbenen Pneumonie (CAP): mikrobiologische Ergebnisse aus
CAPNETZ (www.capnetz.de)
Tab. 3 Diagnostik mittels Sputum oder Bronchoskopie
Sputum generell nur bei geeigneter Infrastruktur |
bei unkomplizierter CAP Sputum oder Bronchoskopie nicht sinnvoll |
bei schwerer Pneumonie qualitativ „gutes” Sputum oder primäre Bronchoskopie sinnvoll*
|
bei rezidivierender, therapierefraktärer, poststenotischer CAP Bronchoskopie sinnvoll
|
bei Immunsuppression oder Tuberkuloseverdacht (neg. Sputum) Bronchoskopie sinnvoll
|
*cave respiratorische Verschlechterung durch Bronchoskopie |
Die routinemäßige mikrobiologische Diagnostik mittels Sputum oder Bronchoskopie beeinflusst
die Therapie nicht und wird nicht empfohlen [1]. Bei Patienten mit schwerer Pneumonie ist eine initiale mikrobiologische Diagnostik
sinnvoll. Der Nutzen einer Bronchoskopie muss gegen die möglichen Risiken (Zunahme
der respiratorischen Insuffizienz, Notwendigkeit der maschinellen Beatmung) abgewogen
werden. Bei Patienten mit Immundefizit ist in der Regel eine bronchoskopische Erregergewinnung
sinnvoll [17]. Bei rezidivierender oder therapierefraktärer Pneumonie ist neben der mikrobiologischen
Diagnostik häufig eine Differenzialdiagnostik nötig ([Tab. 4]), so dass die Bronchoskopie meist sinnvoller als die Sputumuntersuchung ist.
Tab. 4 Typische Differenzialdiagnosen der therapierefraktären CAP
Ursachen |
Diagnostik |
Keime, die nicht auf die kalkulierte Therapie ansprechen: z. B. Legionellen, Chlamydien,
Mykoplasmen, Pseudomonas, Viren, TB, Aspergillen |
Bronchoskopie evtl. CT |
Superinfektion mit resistenten Keimen: z. B. MRSA |
Bronchoskopie |
Neoplasie der Lunge |
Bronchoskopie, CT |
Lungenarterienembolie |
Angio-CT, Echo, Venen-Duplex, |
Herzinsuffizienz |
Echo |
Lungenfibrose |
CT |
bisher nicht erkannte HIV-Infektion Pneumozystis-Infektion, TB, selten CMV |
Bronchoskopie |
Sputumdiagnostik (Sputumkultur und Gramfärbung)
Die Qualität der Sputumdiagnostik hängt wesentlich von der Infrastruktur der Institution
und der Expertise des Untersuchers ab [18]. Ein Problem sind die häufig falsch positiven Befunde bei Kontamination durch Rachenflora.
Die Häufigkeit eindeutiger Sputumbefunde ist daher in den letzten Jahrzehnten drastisch
gesunken [19]. Untersucht werden sollte nur makroskopisch eitriges Sputum (25 Neutrophile und
weniger als 10 Plattenepithelzellen pro 100fach vergr. Gesichtsfeld) innerhalb einer
Verarbeitungszeit von 2 - 4 Stunden. Das mikrobiologische Labor sollte Material ohne
entsprechende Qualität nicht untersuchen. Der Anteil von qualitativ guten Sputen mit
prädominierenden Morphotyp liegt jedoch nur bei 5 - 15 % [20]
[21]. Bei bis zu 80 % der untersuchten Sputen kann der Erreger in der Gramfärbung nachgewiesen
werden. Eine eindeutige Gramfärbung kann Einfluss haben auf die Therapie [22].
Die Sputumdiagnostik ist bei guter Infrastruktur und in geübten Händen eine sensitive
Methode. Im ambulanten Bereich und auch in vielen Krankenhäusern ist in der Regel
die Infrastruktur nicht gegeben, so dass hier der Einsatz nicht gerechtfertigt ist.
Blutkultur
Der Nachweis einer Bakteriämie mittels Blutkultur ist sehr spezifisch und gelingt
am häufigsten bei Streptococcus pneumoniae, Escherichia coli, Hämophilus influenzae, Staphylococcus
aureus und Klebsiella pneumoniae. Die Bakteriämie ist ein Marker für die Schwere der Erkrankung. Größere Studien zeigen,
dass etwa 10 % der hospitalisierten CAP-Patienten bakteriämisch sind. Bei Patienten
mit Pneumokokkenpneumonie liegt die Rate bei etwa 25 %, bei Patienten mit antibiotischer
Vortherapie niedriger. Die Chance einer positiven Blutkultur ist abhängig vom Schweregrad
mit einer Nachweisrate von 25 % bei schwerer Pneumonie [23]. Eine positive Blutkultur führt jedoch nur selten zu einer Änderung des therapeutischen
Regimes [24].
Die Blutkultur ist nur bei hospitalisierten, schwerkranken Patienten mit ambulant
erworbener Pneumonie sinnvoll. Bei Patienten mit unkomplizierter Pneumonie ohne Komorbidität
kann auf eine Blutkultur verzichtet werden.
Diagnostik einzelner Erreger
Streptococcus pneumonia. Pneumokokken-Antigene können in Sputum, Pleuraflüssigkeit, Serum, Urin und Liquor
nachgewiesen werden. Der neueste, vielversprechende Pneumokokken-Antigentest ist ein
Immunchromatographie-Membran-Test (ICT) und detektiert Zellwand-Polysaccharide (Binax
NOW). Er kann „bedside” mit Urin innerhalb von ca. 15 min durchgeführt werden. Eine
vorherige Konzentration des Urins wird nicht empfohlen. Verglichen mit der Blutkultur
und der Sputumkultur hat der Test eine etwa 60 - 80 %-Sensitivität mit einer Spezifität
von etwa 90 % [25]. Die Ausbeute ist höher bei Bakteriämie und Patienten mit schwerer Pneumonie [25]. Guiterez u. Mitarb. untersuchten bei 452 CAP Patienten den Test in konzentriertem
Urin [26]. Bei 19 (70 %) von 27 kulturell gesicherten Pneumokokkenpneumonien war der Test
positiv. Zusätzlich hatten 69 (29 %) der Patienten ohne Erregernachweis einen positiven
Test, so dass möglicherweise bei einem großen Anteil bisher nicht definierter Pneumonien
Pneumokokken als Erreger nachgewiesen werden könnten. Allerdings waren 16 (10 %) von
156 Proben von Patienten mit kulturellem Nachweis eines anderen Erregers ebenfalls
positiv, so dass die Spezifität in Abhängigkeit vom Patientenkollektiv begrenzt ist.
Bei Kleinkindern ist die Rate an positiven Tests bei nasopharyngealer Kolonisation
sehr hoch. Bei Erwachsenen kann insbesondere bei COPD ein falsch positiver Test vorkommen
[27]. Wichtig ist, dass der Test in 50 % der Patienten auch nach 6 Wochen noch positiv
ist [27]. Ein wesentlicher Vorteil liegt darin, dass der Antigentest auch bei antibiotisch
vorbehandelten Patienten noch positiv sein kann. Ein Nachteil ist die fehlende Möglichkeit
der Resistenztestung.
Der Nachweis des Antigens im Urin erlaubt bisher keine sichere Fokussierung der Therapie
auf Pneumokokken, da der Test falsch positiv sein kann und eine Mischinfektion nicht
ausgeschlossen ist. Ein negativer Test hingegen schließt eine Pneumokokken-Pneumonie
nicht sicher aus. Der Pneumokokken-Antigentest wird daher nicht allgemein empfohlen.
Legionella pneumophila. Die Legionellenpneumonien sind in Deutschland seltene (1 - 8 % der CAP) umweltbedingte
Infektionen bei typischen Risikofaktoren (Komorbidität, Steroidtherapie, Immunsuppression,
Fernreisen, Exposition/Wasser, Versagen einer Betalaktamtherapie, Epidemien). Zum
Nachweis kann der Legionellen-Urin-Antigentest dienen. Kommerzielle Kits auf der Basis
von Enzymimmunoassays (EIA) oder Immunochromatographieassays (ICT) sind verfügbar
([Abb. 3]). Die Spezifität liegt bei 99 - 100 % mit einer Sensitivität von 76 - 94 % [28]. Die Assays detektieren nur Legionella pneumophila Serotyp 1, welcher ca. 80 % der Legionellosen verursacht. Die Urinkonzentrierung
erhöht die Sensitivität. Der Test hat bei schwerer Pneumonie eine höhere Sensitivität
und hatte in verschiedenen Studien einen Einfluss auf die primäre Antibiotikatherapie
und die Prognose [29].
Abb. 3 Immunochromatographischer Membranassay (Binax NOW®) zum Nachweis von Legionella pneumophila Antigen der Serogruppe 1 im Urin bestehend aus der Testmembran, einem Abstrichtupfer
und Reagens A (A). Der Tupfer wird nach Eintauchen in den Urin in das Testbesteck
gesteckt und Reagens A wird hinzugegeben. Durch Schließen des Testbestecks kommt die
Probe in Kontakt mit auf der Testmembran immobilisierten Anti-L.-Pneumophila-Serogruppe 1 Antikörpern. Bei Antigen-positiven Proben werden konjugierte Antikörper
gebunden, so dass sich 15 min nach Testbeginn neben der Kontrollbande eine weitere
Bande im Sichtfenster zeigt (B).
Der Legionellen-Urin-Antigentest ist sinnvoll bei allen Patienten mit:
Ein weiteres Nachweisverfahren für Legionellen ist die direkte Immunfluoreszenz (DIF)
in bronchialen Sekreten. Sie wird wegen geringer Sensitivität nicht empfohlen. Die
Kultur aus Sputum oder bronchoalveolärer Lavage (BAL) ist zwar hochspezifisch, die
Sensitivität mit 40 % gering und dauert mit bis zu 10 Tagen zu lang [30]. Die Legionellenserologie ist erst bei 4fachem Titeranstieg (2 - 6 Wochen) beweisend.
Der IgM Nachweis ist nicht validiert, insbesondere da die Antikörper über Jahre persistieren
können. Die PCR-Methoden sind vielversprechend, aber nicht validiert.
Indikationen für den Legionellen-Urin-Antigentest sind: Schwere Pneumonien, Risikofaktoren
und Pneumonieversagen. Die Serologie und die Legionellen-Kultur sind nur für epidemiologische
Zusammenhänge sinnvoll. Der Immunfluoreszenz-Test und die PCR werden nicht empfohlen.
Tests bei Verdacht auf Chlamydien, Mykoplasmen oder Viren
Bei Verdacht auf Chlamydia psittaci-Infektionen kann eine Serologie in spezialisierten Laboren durchgeführt werden. Bei
Verdacht auf Chlamydophila pneumoniae ist aufgrund der möglichen Fehlerquellen (Reinfektion, Persistenz des Erregers etc.)
die Serologie und der Mikroimmunfluoreszenz-MIF-Test nicht hilfreich [1]. Die PCR aus respiratorischen Sekreten wird nicht routinemäßig angeboten, kann aber
am ehesten eine akute Infektion wahrscheinlich machen.
Bei Verdacht auf Mycoplasma pneumoniae sind die kulturellen Verfahren wegen niedriger Sensitivität und einer Dauer von 10
- 14 Tagen für die Klinik nicht geeignet. Enzymimmunoassays zum Nachweis von IgM-Antikörpern
in der Frühphase der Infektion sind spezifisch (Spezifität > 95 %), die Sensitivität
ist mit ca. 50 % jedoch niedrig, kann aber durch eine Verlaufsuntersuchung erhöht
werden [31]. Durch zusätzliche IgA-Bestimmung sollte das Ergebnis gegenüber einem persistierenden
IgM abgegrenzt werden. Der Direktnachweis mittels Real-Time-PCR aus respiratorischem
Material ist derzeit die schnellste und verlässlichste Methode zum Nachweis der akuten
M. pneumoniae Infektion [32].
Für Influenzaviren stehen Antigen-Schnelltests für respiratorische Materialien mit
einer Sensitivität von 70 - 90 % zur Verfügung. Die Antigentests für Respiratory Syncytial
Virus (RSV) haben lediglich eine Sensitivität von 15 %. Die Direkte Immunfluoreszenz
und PCR ist möglich für Influenza-, Parainfluenza-, Adeno- und RS-Viren, valide Daten
existieren jedoch nicht. Bei V. a. Coxiella burnetti Infektion ist eine Serologie
in Speziallaboren möglich.
Routinemäßige Untersuchungen auf Chlamydien, Mykoplamen und Viren sind nicht sinnvoll.
Wenn überhaupt wäre für Chlamydophila und für Mykoplasmen die PCR am ehesten geeignet,
eine Infektion nachzuweisen. Bei Ausbruchssituationen, aktuell auch bei H5N1 ist der
Influenzanachweis mittels Antigenschnelltest sinnvoll.
Interpretation von Erregernachweisen
Für die Interpretation der Befunde ist entscheidend, ob der Patient eine klinisch
und radiologisch definierte CAP hat und welcher Erreger nachgewiesen wurde. Obligat
pathogene Keime sind in [Tab. 5] aufgeführt. Fakultativ pathogene Keime wie Pneumokokken oder Hämophilus sind bei
Patienten mit nachgewiesener Pneumonie als relevant anzusehen. Der Nachweis dieser
Erreger in Bronchialsekreten ohne Infiltrat und Entzündungszeichen spricht hingegen
für eine Besiedelung ([Tab. 5]).
Tab. 5 Relevanz der gefundenen Erreger
Obligat pathogen |
Fakultativ pathogen |
Selten pathogen |
Legionella spp. |
Streptococcus. pneumoniae |
S. viridans |
Mycoplasma pneumoniae |
Haemophilus influenza |
Enterokokken |
Influenzaviren |
Chlamydophila pneumoniae |
Neisserien |
|
Pseudomonas aeruginosa |
|
|
gramneg. Enterobakterien |
|
Mycobacterium tuberculosis |
atypische Mykobakterien |
|
Pneumocystis jiroveci |
Aspergillus spp. |
Candida spp. |
Der Nachweis von Pseudomonaden bei Patienten mit CAP sollte zu einer entsprechenden
Antibiotikatherapie führen.
Sowohl die Candida-Infektion als auch Infektionen mit z. B. E. coli entstehen typischerweise multifokal bei hämatogener Streuung. Der Nachweis dieser
Keime in bronchialen Sekreten sollte daher in Zusammenhang mit Klinik und dem Röntgenbefund
gesehen werden. Candida spp. werden bei tracheobronchialer Besiedlung häufig gefunden
und sind meist ohne therapeutische Konsequenz. E. coli, andere gramneg. Enterobakterien und Enterokokken sind typische Kontaminationskeime
und häufig nicht relevant.