B&G Bewegungstherapie und Gesundheitssport 2006; 22(4): 123
DOI: 10.1055/s-2006-933514
Editorial

© Hippokrates Verlag in MVS Medizinverlage Stuttgart GmbH & Co. KG

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EditorialK. Pfeiffer
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Publication Date:
10 August 2006 (online)

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    Liebe Leserinnen, liebe Leser,

    das Thema Gesundheit beschäftigt Unternehmen weltweit. Der Grund: vorherrschende Zivilisationskrankheiten und wachsende Risikofaktoren wie z. B. Fettleibigkeit und Bewegungsmangel. Der unaufhaltsame Trend zunehmenden Alters trägt zu der misslichen Lage bei. Diese Entwicklungen kommen den Unternehmen teuer zu stehen und beschneiden einen potenziellen erwirtschafteten Überschuss. Deutsche Firmen finden sich zwar nicht in einer so bedrohlichen Lage wie zurzeit z. B. General Motors, die aufgrund von horrenden Gesundheitszahlungen kurz vor dem Konkurs stehen, aber die Belastung wird zunehmend größer. Während amerikanische Firmen den Wert eines umfassenden Betrieblichen Gesundheitsmanagements erkannt haben - getrieben durch den enormen Kostendruck -, bleiben die meisten Unternehmen in Deutschland bei unkoordinierten Einzelmaßnahmen und überlassen dieses Feld meist den Krankenkassen. Dabei kann sich ein aktives und ganzheitliches Gesundheitsmanagement für Arbeitgeber und Arbeitnehmer sehr lohnen. Während amerikanische Firmen durch gut konzipierte Programme Gesundheitskosten reduzieren, erzielen europäische Firmen Rückgänge in Fehlzeiten und erhöhter Mitarbeiterzufriedenheit. Besonders innovative Unternehmen wagen den intuitiven Zusammenhang zwischen Gesundheit und Leistungsfähigkeit zu quantifizieren und mit systematischem Gesundheitsmanagement die Produktivität zu erhöhen. In Skandinavien verfolgen viele Betriebe einen salutogenen Ansatz, wobei die Personal- und Organisationsentwicklung mit der Gesundheitsförderung integriert werden. So werden aufkommende körperliche Beschwerden, z. B. Rückenschmerzen, im Keim erstickt und Gesundheitspotenziale erschlossen.

    Die positive Rolle von Bewegung und Gesundheitssport mit Hinblick auf Zivilisationskrankheiten ist sicherlich unumstritten, jedoch wird die Anwendung im betrieblichen Bereich nicht immer unterstützt. Die „US Centers for Disease Control and Prevention” haben den Arbeitsplatz als Setting mit viel versprechenden Möglichkeiten zur Förderung der körperlichen Bewegung klassifiziert. Das erscheint sehr naheliegend, da die meisten Menschen einer Arbeit nachgehen und viele Stunden am Arbeitsplatz verweilen. Jedoch bleibt dieses Setting oft unerwähnt in ­internationalen Strategien oder Projekten zur Förderung der Bewegung. Auch hier zeigen sich amerikanische Firmen als führend: firmeneigene Fitness Center und differenzierte Aktivprogramme werden angeboten, die den einzelnen Mitarbeiter je nach Veränderungsphase (nach Prochaska & DiClemente) motivieren und die Gesundheitsrisiken entsprechend reduzieren. Es sei hier angemerkt, dass die globale Entwicklung vom wettbewerbsorientierten Sport zu Gesundheitssport bzw. Bewegungstherapie auch am Arbeitsplatz umgesetzt werden muss. Betriebssportgruppen haben zwar ihren Wert, werden aber dauerhaft nicht den gewünschten Nutzen erreichen.

    Erfreulich ist die Tatsache, dass in Deutschland das Thema Gesundheit am Arbeitsplatz zunehmend Beachtung findet und auch häufiger in Humankapitalstrategien eingebunden wird. Die Artikel in dieser Ausgabe dokumentieren diese Fortschritte und stellen eine Reihe von innovativen Programmen vor. Es sollte aber in unser aller Interesse liegen, das Tempo zu erhöhen und die Betriebliche Gesundheitsförderung voranzutreiben. Keine Firma wird darum herumkommen, sich für die Gesundheit der Mitarbeiter zu engagieren, insbesondere im Angesicht des harten Wettbewerbs in Zeiten der Globalisierung. Unsere Aufgabe ist es, tatkräftig zur Seite zu stehen und die richtigen Wege aufzuzeigen.

    Ihr Wolf Kirsten