Univ.-Prof. Dr. Richard Fotter, Graz
Übergeordnete Ziele der im März 1989 gegründeten AG für Kinderradiologie sind die
Entwicklung, Vertretung, Koordinierung und Förderung aller standes- und gesundheitspolitischen
Aktivitäten, der Aus- und Weiterbildung, der innerösterreichischen und internationalen
Vernetzung und die Pflege der Kontakte mit anderen Fachgesellschaften wie Kinder-
und Jugendheilkunde, Kinderchirurgie und Geburtshilfe und Gynäkologie sowie die Förderung
der Wissenschaft und Forschung.
Standespolitische Aktivitäten
Standespolitische Aktivitäten
Zu den zentralen Anliegen zählt die seit Jahren verfolgte Strategie einer formellen
Anerkennung der Kinderradiologie als Spezialisierung der Radiologie. Die österreichische
Kinderradiologie verfolgt nicht das fachpolitische Ziel eines Sonderfaches, sondern
unterstreicht mit der Verfolgung der Anerkennung als Spezialisierung ausdrücklich
die Zugehörigkeit zum Mutterfach Radiologie.
Strukturelle Ziele
Strukturelle Ziele
Die strukturellen Ziele manifestieren sich in der Strategie, kinderradiologische Organisationseinheiten
als Teil radiologischer Kliniken oder Abteilungen zu führen. Lediglich im Falle "dedizierter
Kinderspitäler" bietet sich die Lösung an, kinderradiologische Organisationseinheiten
strukturell selbstständig zu führen.
Prozessqualität - Ausstattungsmindeststandards
Prozessqualität - Ausstattungsmindeststandards
Trotz knapper werdender Gesundheitsbudgets müssen kinderradiologische Organisationseinheiten
eine eigene für den Einsatz bei Kindern maßgeschneiderte technische Ausrüstung haben.
An Universitätskliniken und Schwerpunktspitälern, insbesondere mit pädiatrischen Traumazentren
zählt die Mehrzeilen-Spiral-CT zur Mindestausstattung. Um die wirtschaftlich notwendige
Ressourcenauslastung zu gewährleisten, sollten derartige CT-Geräte, die meist mit
Untersuchungen bei Kindern nicht ausgelastet sind, offen, d.h. auch für den Erwachsenenbetrieb,
geführt werden. Die Ausstattung mit dedizierten MR-Geräten für Kinder in Kliniken
und Zentralkrankenanstalten sollte obligat sein.
Für kleinere Organisationseinheiten gilt, dass im Nahbereich der Zugang zu kostenintensiven
Großgeräten, wie Hochfeldmagnetresonanztomographie (1,5 oder 3 Tesla) und Mehrzeilen-Spiral-Computertomographie
in Form von Zeitschlitzen gewährleistet sein muss. Von erstrangiger Bedeutung ist,
dass kinderradiologische Teams an derartigen Großgeräten eigenverantwortlich arbeiten,
dazu gehört die Entwicklung maßgeschneiderter Untersuchungsprotokolle für Kinder oder
der Einsatz derartiger Protokolle gemäß internationaler Empfehlungen.
Eine große Rolle in der Kinderradiologie spielen auch die Nuklearmedizin (insbesondere
PET oder PET-CT) und die interventionelle Radiologie. Auch für diese Bereich müssen
kindergerechte Organisationskonzepte entwickelt werden.
Aus- und Weiterbildung
Aus- und Weiterbildung
Zu den Hauptaufgaben zählen die Entwicklung, permanente Überarbeitung und Qualitätssicherung
von Lehrzielkatalogen, Ausbildungsprogrammen und die Abhaltung der verpflichtenden
Facharztprüfungen. Von besondere Bedeutung ist die Mitwirkung eines Vertreters der
österreichischen Kinderradiologie im "EAR Education Committee" für die Entwicklung
einer europäischen Trainings Charta für die klinische Radiologie. Aus Sicht des Autors
muss es das Ziel sein, die Unterschiede zwischen den Ausbildungsprogrammen der EU-Länder
zu minimieren bzw. zu harmonisieren und eine effiziente und auch attraktive fachärztliche
Ausbildung und Spezialisierungsmöglichkeit zu gewährleisten.
Für die österreichische Kinderradiologie muss es das Ziel sein, zumindest eines oder
mehrere der angestrebten Referenzzentren zu stellen. Eine gemeinschaftliche Aufgabe
zusammen mit der Europäischen Gesellschaft für Kinderradiologie wird die Entwicklung
von "Self-Assessment-Programmen" sein.
Ein Garant für eine gedeihliche Zukunftentwicklung der Kinderradiologie in Österreich,
aber auch im übrigen Europa, wird die Entwicklung eines attraktiven Curriculums sein,
das zwei Hauptkriterien erfüllen wird müssen: eine zertifizierte Spezialisierung innerhalb
einer vernünftigen Zeit zu gewährleisten und auch eine Berufsberechtigung als (Allgemein-)Radiologe
zu erhalten. Dies bedeutet dem Modell der EAR zu folgen und das so genannte initiale
strukturierte gemeinsame Programm in drei Jahren zu absolvieren und die Spezialisierungsausbildung
in weiteren zwei Jahren abzuschließen. Dies erscheint zwar in Zeiten einer geradezu
explosionsartigen Wissensvermehrung schwierig. Wenn wir diese Aufgabe aber nicht kurzfristig
bewältigen, wird es schwierig werden, junge Ärztinnen und Ärzte zu gewinnen, die bereit
sind, zumindest einen Teil ihrer beruflichen Laufbahn einem Spezialgebiet zu widmen.
Dies mag zwar ein gewisser Kompromiss sein, die Attrahierung des Nachwuchses auch
für Spezialgebiete muss jedoch ein zentrales Anliegen für die gesamte Radiologie sein.
Wissenschaft und Forschung
Wissenschaft und Forschung
Von der österreichischen Kinderradiologie geht die Idee und die Initiative aus, auf
Ebene der Europäischen Kinderradiologischen Gesellschaft (ESPR) eine übernationale
Forschungskultur und Forschungsstruktur zu entwickeln. Die erste Aufgabe ist es,
ein so genanntes "Research Development und Coordination-Konsortium" zu gründen, das
nach Gründung des EIBIR mit diesem eng vernetzt arbeiten kann, um multinationale Forschung
zu initiieren, Projekte zu entwickeln, Fördermittel zu akquirieren und multiinstitutionale
prospektive klinische Studien, deren Themenführerschaft die Kinderradiologie innehat,
in Angriff zu nehmen. Damit soll es kleineren kinderradiologischen Organisationseinheiten
und jungen Forschungspersönlichkeiten möglich sein, Zugang zu wichtigen Forschungsthemen
und Forschungsprojekten zu erhalten und derartige Forschungsprojekte auch als beispielhaft
für eigene Forschungsinitiativen zu sehen.
Kinderradiologische Strukturqualität in Österreich
Kinderradiologische Strukturqualität in Österreich
Unter dem Motto "Ihr Kind etwas Besonderes, Kinderradiologie auch" ist es in den letzten
Jahren gelungen, auch in den kleineren kinderradiologischen Organisationseinheiten
hauptamtliche Kinderradiologinnen und -radiologen zu beschäftigen.
Die Organisationsstruktur reicht von der (Klinischen) Abteilung, die von einem Universitätsprofessor/-professorin,
einem Primarius/einer Primaria geleitet wird, über Sonderaufträge bis zu Sektionen,
die von Oberärztinnen und -ärzten geleitet werden. In Graz wurde 1994 eine klinische
Abteilung für Kinderradiologie gegründet, die durch einen Universitätsprofessor für
Radiologie unter besonderer Berücksichtigung der Kinderradiologie geleitet wird. In
kleineren Spitälern gibt es auch teilzeittätige Oberärztinnen und -ärzte, die die
kinderradiologische Versorgung wahrnehmen.
Einige dieser Zentren wie Salzburg, Linz und Graz sind zusätzlich telemedizinisch
miteinander verbunden, sie bilden den ersten Teil eines österreichweiten kinderradiologischen
Netzwerkes, das eine qualitätsgesicherte Exzellenz sicherstellen soll.
Die österreichische Kinderradiologie hat in den letzten zwei Jahrzehnten des vergangenen
Jahrtausends den Anschluss an das europäische Niveau nicht nur geschafft, sondern
kann in bestimmten entscheidenden Bereichen wie Forschung und strukturelle Einbettung
durchaus als beispielgebend angesehen werden. Bezogen auf die Zahl der in Österreich
tätigen KinderradiologInnen kann der wissenschaftliche Output, die internationale
Anerkennung und Präsenz bei wissenschaftlichen Veranstaltungen und Fortbildungsveranstaltungen
als hervorragend angesehen werden.