Diese Empfehlungen aktualisieren frühere deutsche Empfehlungen [6]
, insbesondere die Empfehlungen dieser Arbeitsgemeinschaft aus dem Jahre 1990 unter
der Federführung von K-.Ch. Bergmann [3] und berücksichtigen internationale Leitlinien [31]
[35]
[39]
[45]
. Neue Erkenntnisse durch Anwendung der Computertomographie [8]
[15]
[24]
[46]
, zur Wertigkeit der Symptome [12]
[20]
[26]
, zur chronischen Verlaufsform und Histologie der allergischen Alveolitis [2]
[7]
[30]
[39] sowie neue Krankheitsbilder [12]
[17]
[18]
[28]
[36]
[37]
[38]
[43] machen diese Aktualisierung erforderlich. Diese Empfehlungen gelten nur für die inhalativ
erworbene exogen-allergische Alveolitis.
Mit dem Begriff „Exogen-allergische Alveolitis (EAA)” wird eine Gruppe von seltenen
Lungenerkrankungen bezeichnet, die charakterisiert ist durch eine allergisch bedingte
Entzündungsreaktion der Alveolarwand und des Interstitiums mehrere Stunden nach der
Inhalation von Antigenen. Die Antigene (Partikelgröße < 5 µm) sind in Stäuben, z.
B. Vogelstaub, Heustaub, Holzstaub oder in Aerosolen, Dämpfen und Gasen enthalten.
Über 60 verschiedene Antigene, hoch- oder niedrigmolekular (Haptene), unterschiedliche
Expositionsintensitäten und -intervalle sowie akute und chronische Krankheitsstadien
sind Faktoren, die zu sehr unterschiedlich ausgeprägten Symptomen führen. Die Diagnostik
und Begutachtung ist daher in Einzelfällen schwierig, für den Erkrankten aber von
erheblicher Bedeutung, da eine frühe Diagnosestellung Spätschäden verhindern kann.
Die nachfolgende Empfehlung zur rationellen Diagnostik soll helfen, die Diagnosestellung
der EAA zu erleichtern.
Bei der EAA ist eine Fülle diagnostischer Parameter bekannt. Diese werden zunächst
besprochen, bevor auf deren Wertigkeit eingegangen und ein einfacher Weg zur zuverlässigen
Diagnostik aufgezeigt wird.
Klinische Symptome und Befunde
Klinische Symptome und Befunde
Nach einer Latenzzeit von 3 - 12 Stunden nach Antigenkontakt finden sich die Leitsymptome
Grippesymptomatik, Belastungsdyspnoe und Husten. Über 95 % der Patienten weisen eines
oder mehrere dieser 3 Symptome auf. Alle wichtigen Symptome sind in [Tab. 1] aufgeführt. Diagnostisch besonders aussagekräftig sind die Symptome, wenn sie jeweils
3 - 12 Stunden nach Antigenkontakt auftreten oder sich verstärken. Bei einer primär
chronischen Verlaufsform steht die Belastungsdyspnoe im Vordergrund und Grippesymptome
fehlen meist vollständig.
Tab. 1 Die häufigsten klinischen Symptome und Befunde der EAA [21]
[43]
Grippesymptomatik |
91 % |
Dyspnoe |
85 % |
Husten |
82 % |
Sklerophonie (Knisterrasseln) |
73 % |
Fieber |
67 % |
Schüttelfrost, Frösteln |
56 % |
Auswurf |
51 % |
Müdigkeit, Abgeschlagenheit |
47 % |
Thoraxengegefühl |
42 % |
Gewichtsverlust |
31 % |
Schwitzen |
29 % |
Kopfschmerzen |
25 % |
Trommelschlegelfinger, Uhrglasnägel |
21 % |
Übelkeit (Nausea) |
19 % |
Inappetenz |
18 % |
Rhinitis, Pharyngitis |
15 % |
Muskelschmerzen |
14 % |
Schwindel |
12 % |
Hämoptyse |
8 % |
Ein differenzialdiagnostisch besonders wichtiger Auskultationsbefund ist das endinspiratorische
Knisterrasseln, die so genannte Sklerophonie, die z. B. bei der toxischen Alveolitis,
insbesondere dem „Organic Dust Toxic Syndrome” (ODTS) nicht beobachtet wird [29].
Die akute Verlaufsform folgt meist einer kurzzeitigen starken Antigenexposition, beginnt
3 - 12 Stunden nach Antigenkontakt und kann bis maximal 48 Stunden nach Antigenkontakt
anhalten. Die subakute Verlaufsform ist durch eine rezidivierende, meist geringere
Allergenexposition bedingt und kann mehrere Monate andauern. Die chronische Verlaufsform
mit einer Symptomdauer von einigen Monaten bis mehreren Jahren ist Folge einer persistierenden
niedrigen Antigenexposition oder kann sich aus einer subakuten Verlaufsform entwickeln
[25]
[31]
[41].
Antigenexposition
Antigenexposition
In der Regel ist der Patient inhalativ gegenüber Stäuben, z. B. Vogelstaub, Heustaub,
Holzstaub oder Aerosolen, Dämpfen oder Gasen exponiert gewesen. Darin ursächliche
Antigene können Bakterien, Schimmel- oder Hefepilze, Parasiten, tierische oder pflanzliche
Eiweiße, organische oder anorganische Chemikalien sein.
Medikamentös induzierte allergische Alveolitiden stellen eine besondere Form der exogen-allergischen
Alveolitis dar, für die diese Diagnose-Empfehlungen nicht gelten. Das ursächliche
Antigen gelangt hier in der Regel hämatogen in die Lunge; es sind keine Antikörper
im Serum nachweisbar. Der Lymphozytentransformationstest kann hier von Bedeutung sein.
Da die allergische Alveolitis eine Berufskrankheit sein kann, ist die Unterscheidung
zwischen Antigenen am Arbeitsplatz und im privaten Bereich von Bedeutung.
Die umfangreiche und gezielte Anamnese des Patienten (Berufsanamnese, Freizeitanamnese,
Wohngegebenheiten, Tierkontakte, Medikamentenanamnese) ist Voraussetzung zur Expositionsermittlung.
Gegebenenfalls können eine Besichtigung der Arbeitsstelle bzw. des häuslichen Umfeldes
und/oder der kulturelle Nachweis (z. B. von Schimmelpilzen) sowie die Messung von
Substanzen in der Luft (Isozyanate, Schimmelpilzsporen) zur Feststellung der Antigenexposition
beitragen. Die häufigsten Antigene und Krankheitsbilder sind in [Tab. 2] aufgeführt [43].
Tab. 2 Die häufigsten Antigene und Krankheitsbilder der EAA
Antigenquelle |
Antigen |
Krankheitsbild |
Vogelstaub |
Vogelproteine |
Vogelhalterlunge |
Bettfedern |
Federnpuder |
Bettfedern-Alveolitis |
Heu- und Strohstaub |
thermophile Aktinomyzeten und Schimmelpilze |
Farmerlunge |
Befeuchterwasser |
Bakterien, Schimmelpilze, Parasiten |
Befeuchterlunge |
Holzstäube |
Hölzer, Schimmelpilze |
Holzarbeiterlunge |
Schimmel im Haus |
Schimmelpilze |
Innenraum-Alveolitis |
Chemische Substanzen |
Isozyanate, Anhydride u. a. |
Chemie-Alveolitis |
Labor
Labor
Die häufigsten pathologischen Laborbefunde der EAA sind: Leukozytose (76 % der Fälle),
erhöhtes CRP (72 %), erhöhtes Serum-Immunglobulin G (65 %) und beschleunigte Blutsenkung
(46 %) [43].
Antigenspezifische Sensibilisierung
Antigenspezifische Sensibilisierung
Die Sensibilisierung des Patienten wird durch spezifische Antikörper vom IgG-Typ im
Serum nachgewiesen. Bei manchen Antigenen, z. B. Vögeln und Saccharopolyspora rectivirgula,
geben IgA-Antikörper zusätzliche diagnostische Hinweise [16]. Sensitive Techniken wie der ELISA oder IFT sind vorzuziehen; mit diesen sind IgG-Antikörper
in 80 - 95 % nachweisbar (in der Regel in hoher Konzentration), bei antigenexponierten
Asymptomatikern, aber auch in 20 - 50 % (meist in niedriger Konzentration) sowie bei
Gesunden ohne bekannte Exposition in 1 - 8 % (in niedriger Konzentration) [43]. Bei längerer Antigenkarenz (ab 6 - 12 Monaten) ist häufig ein Abfall der Antikörperkonzentration
zu beobachten, nicht selten bis unter die Nachweisgrenze. Bei der Wellensittichhalterlunge
etwa verschwinden die Antikörper während Antigenkarenz in 52 % der Fälle, davon 80
% innerhalb der ersten 2 Jahre [22]. Selten kommen auch während Antigenexposition keine Antikörper vor (seronegative
EAA). Umgekehrt kommen Antikörper auch bei gesunden Antigen exponierten Personen vor,
meist nur in niedriger Konzentration [5]
[12]
[47].
Lungenfunktion
Lungenfunktion
Bei der EAA können alle Funktionsbereiche (Ventilation, Diffusion und Distribution)
betroffen sein. Charakteristisch sind eine restriktive Lungenfunktionsstörung mit
Verminderung aller statischen Lungenvolumina sowie eine Gasaustauschstörung. Diese
zeigt sich als eingeschränkte Diffusionskapazität bzw. in der Blutgasanalyse als Ruhe-
und/oder Belastungshypoxämie. Noch sensitiver kann die arterio-alveoläre Sauerstoffdifferenz
(AaDO2) mittels Ergospirometrie eine Gasaustauschstörung anzeigen [40].
Bei ca. 25 % der Erkrankten liegt zusätzlich eine Bronchialobstruktion vor. Im Spätstadium
der EAA wird auch eine Lungenüberblähung infolge eines Emphysems beobachtet [8]
[19]
[44]. In schätzungsweise 20 - 40 % ist eine bronchiale Hyperreagibilität nachweisbar.
Die Lungenfunktionseinschränkungen können erheblich sein, selbst wenn die Symptome
und das Röntgenbild nur geringe Störungen vermuten lassen und umgekehrt.
Radiologie
Radiologie
Im konventionellen Röntgen-Thoraxbild bei einer akuten EAA finden sich am häufigsten
bilaterale milchglasartige Trübungen der mittleren und basalen Lungenabschnitte. Dies
kann einem Lungenödem oder einem miliaren Muster ähneln. Seltener findet man massive
Trübungsbezirke, Linien- und Ringschatten, verdickte Septallinien, Pleuraverdickung
und kleine Mediastinallymphome [8]
[24]. Die Veränderungen der akuten EAA sind meist rasch reversibel. Bei der akuten und
subakuten EAA kann das konventionelle Röntgenbild des Thorax in bis zu 30 % der Fälle
unauffällig sein [34].
Bei der chronischen Verlaufsform stehen zunehmende retikulo-noduläre Infiltrationen
mit Betonung der mittleren und apikalen Lungenabschnitte im Vordergrund. Weiter können
bei der chronischen EAA radiologische Zeichen des Emphysems und Cor pulmonale hinzukommen
[1]
[8].
Die Sensitivität der Computertomographie (CT) und insbesondere der hochauflösenden
Computertomographie (HR-CT) des Thorax ist deutlich höher, ein negatives HR-CT schließt
die EAA jedoch nicht aus [43].
Ein typischer Befund der akuten EAA im HR-CT ist eine diffuse milchglasartige Trübung
aller Lungenabschnitte [8].
Bei der subakuten Verlaufsform finden sich charakteristische zentrilobuläre mikronoduläre,
meist unscharf begrenzte Infiltrate von milchglasartiger Dichte und infolge eines
Airtrapping ein mosaikartiges Muster. Ebenfalls kann ein tree-in-bud-Phänomen („Zweig
mit Knospen”) aufgrund einer Broncholitis nachzuweisen sein [15].
Bei der chronischen EAA finden sich bevorzugt in den mittleren und apikalen Lungenabschnitten
irreguläre lineare (retikuläre) Verdichtungsbezirke, teils auch Traktionsbronchiektasen
und Honigwabenmuster [46]. Areale mit Milchglastrübung und zentrilobuläre noduläre Infiltrate können auch
bei der chronischen EAA zu finden sein, stehen aber nicht im Vordergrund [32]. Der für die idiopathische Lungenfibrose charakteristische subpleurale Befall fehlt
fast immer [23].
Bronchoalveoläre Lavage
Bronchoalveoläre Lavage
Von allen interstitiellen Lungenkrankheiten weist die EAA die höchste Gesamtzellzahl
auf. In der Regel besteht eine Lymphozytose (Normbereich < 15 %) [49]. Allerdings können antigenexponierte, nicht erkrankte Personen ebenfalls eine Lymphozytose
in der bronchoalveolären Lavage (BAL) aufweisen, in der Regel jedoch weniger ausgeprägt
(so genannte subklinische EAA). Dies gestattet nicht die Prognose, dass solche gesunden
Personen später an einer EAA erkranken werden [9].
Der CD4/CD8-Quotient ist in den meisten Fällen von EAA erniedrigt (< 1,3), ein normaler
oder erhöhter Quotient schließt eine EAA aber nicht aus [10]
[11]
[33]. Weitere BAL-Merkmale sind vermehrte Mastzellen, Plasmazellen und schaumige Makrophagen
[10]
[11]
[42].
Die bronchoalveoläre Lavage sollte frühestens 48 Stunden nach Antigenexposition durchgeführt
werden, da in den ersten Stunden nach Antigenkontakt die Neutrophilen erhöht sind
[13].
Histologie
Histologie
Das histologische Bild der EAA ist durch eine vorwiegend intramurale, oft azinuszentral
akzentuierte lymphozytäre Infiltration gekennzeichnet. In gut der Hälfte der Fälle
sind zusätzlich teils uncharakteristische, teils auch epitheloidzellige, unregelmäßig
im Parenchym verteilte Granulome sowie eine BOOP-Reaktion (Masson-Körperchen, Buds)
nachweisbar [2]. Die Trias aus lymphozytärer intramuraler Alveolitis in Kombination mit Granulomen
und BOOP-Reaktion entspricht dem Vollbild einer EAA und erlaubt die histologische
Diagnose.
In fortgeschrittenen Fällen, bei chronischer Verlaufsform, kann sich eine interstitielle
Fibrose entwickeln, so dass dann von histologischer Seite eine UIP und die fibrotische
Variante der NSIP mit in die Differenzialdiagnose einbezogen werden müssen [7]
[30]. Die zelluläre Variante einer NSIP kann das einzige histologische Muster einer EAA
darstellen, so dass vor der Diagnosestellung einer idiopathischen NSIP immer eine
EAA ausgeschlossen werden sollte [48].
Stehen epitheloidzellige Granulome im Vordergrund, muss an eine Sarkoidose gedacht
werden [14].
Die BOOP-Reaktion bei EAA muss histologisch von einer kryptogen organisierenden Pneumonie
(COP) als eigenständiges Krankheitsbild abgegrenzt werden [2].
Wenn die Untersuchung von repräsentativen bronchoskopischen Lungenbiopsien keine differenzialdiagnostische
Klärung gestattet, was häufig der Fall ist [20], kann die Entnahme von größeren Gewebsproben durch eine offene Lungenbiopsie (z.
B. VATS) erforderlich sein [30].
Wird histologisch eine unspezifische interstitielle Pneumonie ohne Fibrose (NSIP)
oder eine BOOP-ähnliche Histologie nachgewiesen, so liegt klinisch meist eine akute
Verlaufsform vor, während bei der chronischen Verlaufsform mit schlechterer Prognose
häufiger eine UIP oder eine NSIP mit Fibrose gefunden wird [30].
Karenztest
Karenztest
Zahlreiche Antigene wie Bettfedern, Ziervögel, Zimmerspringbrunnen oder Arzneimittel
lassen sich problemlos meiden, um eine Besserung der Krankheitssymptome zu erzielen.
Optimal ist, die pathologisch veränderten klinischen Parameter, die Lungenfunktion,
Leukozyten, CRP, Blutsenkung und andere Parameter unter der Karenz zeitlich zu verfolgen
[43]. Bei Antigenen wie Schimmel in Räumen lässt sich Karenz nur durch ein vorübergehendes
Verlassen des Arbeitsplatzes oder der Wohnung erreichen. Besonders aussagekräftig
ist der Karenztest, wenn die abgeschwächten oder bereits ganz verschwundenen Symptome
bei erneuter Exposition, z. B. nach einem Urlaub, wieder auftreten (Karenz-Reexpositionstest).
Inhalativer Expositions- oder Provokationstest
Inhalativer Expositions- oder Provokationstest
Eine inhalative Provokationstestung kann als Reexposition in der realen Umwelt (z.
B. am Arbeitsplatz), als realitätsähnliche Provokation in der Klinik oder durch Inhalation
von Extrakten der verdächtigten Substanzen durchgeführt werden. Die diagnostische
Inhalation von Antigenen im Sinne einer realitätsähnlichen Provokation in der Klinik
oder durch Inhalation von Extrakten der verdächtigten Substanzen sollte in der Regel
nur stationär in speziellen Zentren mit Erfahrung mit inhalativen Provokationstestungen
und der Möglichkeit einer Intensivtherapie durchgeführt werden, da schwerwiegende
Hypoxämien auftreten können [27]. Der Test gilt als diagnostisch besonders zuverlässig [12]. Kontraindikationen einer Antigenexposition oder -provokation sind ein pO2 unter 60 mm Hg, eine VK und TK unter 50 % des Sollwertes, ein akuter Infekt oder
schwere Begleiterkrankung sowie eine Bronchialobstruktion mit einer Resistance von
≥ 0,5 kPa · s/l oder einer spezifischen Resistance von ≥ 2,0 kPa · s. Eine relative
Kontraindikation ist die Behandlung mit Entzündungshemmern, insbesondere mit systemischen
Kortikosteroiden. Weitere Informationen zu dem Test siehe „Empfehlungen zur inhalativen
Provokationstestung bei exogen-allergischer Alveolitis” der „Arbeitsgemeinschaft Exogen-allergische
Alveolitis” unter der Federführung von Müller-Wening [4].
Diagnosestellung
Diagnosestellung
Die vier aussagekräftigsten nichtinvasiven Kriterien der EAA sind nach Lacasse u.
Mitarb. [21]:
-
Nachweis einer Antigen-Exposition
-
Expositions-abhängige klinische Symptome 3 - 12 Stunden nach Antigenkontakt
-
Spezifische IgG-Antikörper im Serum
-
Sklerophonie (Knisterrasseln)
Weitere wichtige Diagnosekriterien sind:
Wir betrachten im Sinne einer rationellen Diagnostik die Diagnose einer exogen-allergischen
Alveolitis als gesichert, wenn alle 6 Kriterien erfüllt sind.
Sind nicht alle 6 Diagnosekriterien erfüllt, so kann jedes der folgenden Kriterien
jeweils ein fehlendes ersetzen:
In diskrepanten Situationen kann der inhalative Expositions- oder Provokationstest
den Ausschlag geben. Dies ist vor allem bei fehlendem Nachweis der Antigenquelle bzw.
fehlenden spezifischen IgG-Antikörpern hilfreich.
In [Tab. 3] sind diese neuen Diagnosekriterien übersichtlich zusammengefasst.
Tab. 3 Diagnosekriterien der EAA
1. Antigen-Exposition |
2. Expositions- und/oder zeitabhängige Symptome |
3. Spezifische IgG-Antikörper im Serum |
4. Sklerophonie (Knisterrasseln) |
5. Röntgenzeichen der EAA, ggf. im HR-CT |
6. pO2 in Ruhe und/oder bei Belastung erniedrigt oder DCO eingeschränkt |
Sind alle 6 Kriterien erfüllt, liegt eine EAA vor. Fehlt eines der oben genannten Kriterien, so kann dieses durch eines der folgenden
ersetzt werden:
|
Lymphozytose in der BAL |
Mit EAA zu vereinbarender histopathologischer Befund der Lunge |
Positiver Karenztest |
Positive inhalative Expositions- oder Provokationstestung |
Sind insgesamt 6 Kriterien erfüllt, liegt eine EAA vor.
|
Differenzialdiagnosen
Differenzialdiagnosen
Eine wichtige Differenzialdiagnose ist die toxische Alveolitis, insbesondere das Organic
Dust Toxic Syndrome (ODTS) (z. B. Drescherfieber, Befeuchterfieber), bei dem das Röntgenbild
in der Regel normal ist, keine Lungenfunktions-(Diffusions-)störung der Lunge vorliegt
und Antikörper in hoher Konzentration fehlen, in niedriger Konzentration kommen sie
aber wie bei Gesunden in 1 - 8 % vor, bei bekannter Antigen-Exposition noch häufiger
(bis zu 50 %) [43] ([Tab. 4]). Weitere Differenzialdiagnosen sind rezidivierende virale oder bakterielle Atemwegsinfekte,
Pneumonien, Bronchitis, allergische und immunologische Lungenerkrankungen wie die
bronchopulmonalen Mykosen, die Berylliose und Autoimmunerkrankungen, interstitielle
Lungenerkrankungen, insbesondere die Pneumokoniosen, die Sarkoidose und die idiopathischen
interstitiellen Pneumonien [43].
Tab. 4 Differenzialdiagnose ODTS - EAA (modifiziert nach Nowak 2006) [29]
|
Organic Dust Toxic Syndrome |
Exogen-allergische Alveolitis |
mehrere exponierte Personen befallen (Cluster) |
ja |
ungewöhnlich |
Raucheranamnese |
Nichtraucher überwiegen |
Nichtraucher überwiegen |
Expositionsanamnese |
organische Aerosole, schimmeliges Getreide, Silage, Heu, Holzhackschnitzel, Dämpfe
von kontaminiertem Wasser, Exkremente von Tieren Symptomatik kann nach erstmaliger Exposition auftreten |
wiederholte (!) Exposition gegenüber Antigenen |
Auslöser |
Endotoxine, Glucane Mykotoxine, andere? |
Die Antigene der EAA |
Latenzzeit |
4 - 12 Stunden |
4 - 12 Stunden |
Dauer eines Schubes |
1 Tag, höchstens 2 - 3 Tage |
mehrere Tage bis Wochen |
Symptomatik |
Husten, Frösteln, Fieber, Abgeschlagenheit, Myalgien, Kopfschmerzen |
Fieber, Frösteln, Abgeschlagenheit, Husten, Kurzluftigkeit |
körperlicher Untersuchungsbefund |
normal oder vereinzelte Rasselgeräusche |
endinspiratorisches Knisterrasseln |
Röntgen Lunge |
normal, allenfalls diskrete Infiltrate am 1. Tag |
häufig pathologische Lungenveränderungen |
Blutgasanalyse |
normal, selten geringe Hypoxämie |
Hypoxämie |
Lungenfunktion |
normal, selten akut leicht restriktiv |
Restriktion, Diffusionsstörung |
Typ III-Antikörper |
meist negativ |
meist positiv |
bronchoalveoläre Lavage |
Neutrophilie |
Obligat Lymphozytose, häufig zusätzlich CD4/CD8-Quotient erniedrigt, in der akuten
Phase zusätzlich Neutrophilie |
Prognose |
gut, Tendenz zur COPD |
variabel, Tendenz zur Lungenfibrose |
Schleimhäute |
gerötet |
normal |
Inzidenz (pro 10 000 und Jahr) |
20 - 190 (Drescherfieber) |
2 - 30 (Farmerlunge) |
Anmerkung
Anmerkung
Abdruck mit freundlicher Genehmigung des Dustri Verlags Dr. Karl Feistle aus „Allergologie
2006; 29: 431 - 438