Krisen haben auf unsere Informationsgesellschaft eine besondere Wirkung. So hätte
               BSE nicht diese riesige Bedeutung erlangt, wenn sich nicht die Medien auf das Thema
               gestürzt und vielfach die lebensbedrohliche Situation für die Verbraucher und Fleischindustrie
               überzeichnet hätten. Ein krisenhaftes Ereignis wird letztlich erst zu einer Krise,
               wenn die Öffentlichkeit, wozu auch die Mitarbeiter einer Klinik zählen, davon erfährt.
               Krisenmanagement ist somit auch immer Kommunikationsmanagement.
            
            
            Die große Bedeutung guter Kommunikationsfähigkeiten von Ärztinnen und Ärzten im Krankenhaus
               zeigt sich angesichts der vielen negativen Meldungen im Gesundheitswesen sowie einer
               erhöhten Bereitschaft von unzufriedenen Patienten, die Medien einzuschalten oder gar
               strafrechtliche Verfahren anzustreben.
            
            
            Tiefgreifende strukturelle Umbrüche im deutschen Krankenhaussystem haben nicht nur
               den wirtschaftlichen Druck auf die einzelnen Kliniken erhöht, auch die Öffentlichkeit
               (von der Politik bis hin zu den Journalisten, zum Verbraucher und den Patienten) ist
               hoch sensibilisiert und zum Teil sehr kritisch. In diesem nicht unproblematischen
               Umfeld kommt der Krisenprävention und Krisenkommunikation eine zunehmende Bedeutung
               zu.
            
            
            Krisen sind dabei weit mehr als ein juristisches Problem: Sie stellen die Glaubwürdigkeit
               eines Krankenhauses generell infrage. Unverständnis und Wut sind dann meist die Faktoren,
               welche die darauf folgende öffentliche Diskussion bestimmen. Mit rationalen Argumenten
               und einer lückenlosen Aufklärung ist die Krise allein nicht zu bewältigen. Warum eigentlich?
            
             
         
            
Der Schlüssel ist Vertrauen und Reputation
         
         
            
            Der Schlüssel ist Vertrauen und Reputation
            
            Krankenhäuser sind Dienstleistungsunternehmen und ihre Produkte so genannte "Vertrauensgüter",
               denn die Qualität der Leistung erschließt sich für den Verbraucher erst durch die
               persönliche Erfahrung. Die wachsende Verunsicherung, wie sie bei größeren Krisen entsteht,
               führt zu einem Vertrauensverlust und somit zu einem signifikanten Rückgang der Nachfrage.
               Vertrauen ist somit ein entscheidender Faktor für den unternehmerischen Erfolg eines
               Krankenhauses.
            
            
            Ein weiterer Indikator ist die medizinische oder pflegerische Reputation. Freunde
               und Angehörige berichten positiv über ihre persönlichen Erfahrungen in der Klinik.
               Damit spielt auch das Ansehen eines Hauses neben dem Vertrauen eine Schlüsselrolle
               und trägt nicht nur dazu bei, Patienten und niedergelassene Ärzte zu binden. Sind
               beide Faktoren gegeben, darf ein Krankenhaus im Einzelfall auch einen Fehler machen,
               ohne dafür vital abgestraft zu werden.
            
             
         
            
Öffentlichkeitsarbeit als Frühwarnsystem
         
         
            
            Öffentlichkeitsarbeit als Frühwarnsystem
            
            Glaubwürdigkeit, Vertrauen und Reputation in der Öffentlichkeit erhält ein Krankenhaus
               jedoch nicht auf Knopfdruck, schon gar nicht in der Krise. Sie entstehen durch eine
               umfassende Öffentlichkeitsarbeit, die es sich zum Ziel gesetzt hat, Schlüsselprozesse
               transparent zu machen und auch bei kritischen Nachfragen nicht zurückweicht.
            
            
            Häufig werden jedoch wichtige Zielgruppen innerhalb der Kommunikation eines Krankenhauses
               erst gar nicht angesprochen. Im gleichen Maße wie Medienvertreter informiert sein
               wollen, gilt es Mitarbeiter und Arbeitnehmervertreter einzubinden. Niedergelassene
               Ärzte, Krankenkassen und politische Entscheider - aber auch Patienten und deren Angehörige
               - sind ebenfalls wichtige Multiplikatoren, wenn es um die komplexe Realität von Glaubwürdigkeit
               und Vertrauen geht.
            
            
            Gute Erfahrungen haben die Sana-Kliniken beispielsweise mit Telefonhotlines für Patienten
               gemacht, die dort Beschwerden und Kritik unmittelbar platzieren können (auch anonym).
               Dieses Vorgehen erlaubt der Klinik, präventiv tätig zu werden. Der richtige Umgang
               mit den gesellschaftlichen Gruppen und insbesondere auch mit ihren Beschäftigten ist
               also keine abgehobene Frage der Wirtschaftsethik, sondern eine pragmatische Frage
               von Intelligenz, Anstand und Nützlichkeit.
            
            
            Erst in der Kommunikation mit allen wichtigen Zielgruppen entsteht jenes belastbare
               Beziehungs-Netzwerk, das einen vertrauensvollen Austausch ermöglicht und frühzeitig
               klare Hinweise auf Fehler und Versäumnisse gibt. So betrachtet wirkt eine funktionierende
               Öffentlichkeitsarbeit als ein Frühwarnsystem.
            
             
         
            
Eckpunkte der Krisenkommunikation
         
         
            
            Eckpunkte der Krisenkommunikation
            
            Bei krisenhaften Entwicklungen überschlagen sich die Ereignisse, und dann bekommen
               Kleinigkeiten eine große Bedeutung. In einer solchen Situation wirkt nichts verheerender
               auf die Glaubwürdigkeit als Winkelzüge oder scheinbar schützende Halbwahrheiten. Entscheidend
               für die erfolgreiche Krisenbewältigung ist eine adäquate und umfassende Sofortreaktion.
               Krisen werden oft in dieser ersten Phase gewonnen oder verloren.
            
            
            Ausschlaggebend für ein im Ernstfall schnelles Handeln ist ein "Krisenstab", dem die
               Führungskräfte der entsprechenden Bereiche angehören. Ziel einer Krisenorganisation
               ist es, schnellstmöglich und kompetent ein Problem zu lösen. Die Positionen sollten
               daher nach Kompetenz und funktionsorientiert besetzt werden.
            
            
            Zunächst gilt es, den Erwartungsdruck und vor allem den investigativen Druck der Medien
               zu reduzieren, indem möglichst viele Themen und Informationen selbst aktiv besetzt
               werden. In der Krisenintervention folgt die Kommunikation einem zentralen Ziel: Der
               lückenlosen Aufklärung sämtlicher Vorwürfe sowie der Entwicklung von Gegenmaßnahmen.
               Nichts wäre in einer solchen Situation fataler, als mit Halbinformationen vor die
               Presse zu treten. Erst wenn die Sachverhalte eindeutig geklärt sind, kann die Öffentlichkeit
               informiert werden. Denn nur verlässliche Informationen schaffen Vertrauen und festigen
               die Wahrnehmung einer angemessenen und verantwortungsvollen Reaktion des Krankenhauses.
            
             
         
            
Bedarf an professioneller Krisen-PR nimmt zu
         
         
            
            Bedarf an professioneller Krisen-PR nimmt zu
            
            Die Kommunikation in der Krise ist eine besondere Disziplin, die hohe Ansprüche an
               journalistische Professionalität, Belastbarkeit, Organisation, Technik und Logistik
               voraussetzt. Die Routine weicht der Geschwindigkeit und dem Druck. Fehler werden zunehmend
               nicht mehr verziehen. Es gilt das "One-Voice-Prinzip", da divergierende Aussagen in
               der Öffentlichkeit die Krise zusätzlich anheizen. Zudem gilt: Wer Krisen verursacht,
               kann diese nicht zeitgleich erfolgreich managen. Es ist daher ein Gebot der Stunde,
               sich professionell nach außen vertreten zu lassen.
            
            
            Damit Mitarbeiter wichtige Nachrichten nicht erst aus der Presse erfahren, müssen
               die interne Informationskaskade und Kommunikationsinstrumente klar sein. Die Einbindung
               des Betriebsrates in das Kriseninterventions-Team ist ebenso geboten wie eine kontinuierliche
               Information des Eigentümers, politischer Entscheider und gegebenenfalls auch der Hausbanken.
            
            
            Weitere Ratgeber im Krisenteam sind Spezialisten von PR-Agenturen sowie Juristen.
               Zwar kann eine erfolgreiche Krisenbewältigung auf rein juristischem Wege nicht erreicht
               werden, dennoch ist es geboten, auch die rechtliche Situation frühzeitig zu bewerten,
               um Nachteile für das Krankenhaus durch unbedachte Vorgehensweisen auszuschließen.
            
             
         
            
Internet hat eine wichtige Rolle
         
         
            
            Internet hat eine wichtige Rolle
            
            Wer in Echtzeit informieren will, bedient sich der Online-Medien. Durch das Internet
               erreichen spektakuläre Meldungen unmittelbar und eine unvergleichlich große Zahl von
               Nutzern auf Knopfdruck. Dies verlangt immer eine sofortige Reaktion durch das betroffene
               Krankenhaus. Wenn die anderen Medien folgen, kann das Ereignis möglicherweise längst
               kommentiert und abschließend dargestellt sein. Dies bedeutet aber auch, dass Krankenhausunternehmen
               neben der klassischen Medienbeobachtung ein zusätzliches Online-Monitoring durchführen
               müssen.
            
             
         
            
Was macht Krisen so gefährlich?
         
         
            
            Was macht Krisen so gefährlich?
            
            Die Krisenkommunikation lässt sich nicht halbherzig und nebenbei managen, sondern
               erfordert höchste Konzentration, Wachsamkeit und Sensibilität. Denn bereits Gerüchte
               oder Vermutungen können ausreichen, um eine breite Publizität zu erzeugen. In Krisenzeiten
               steigt die Erwartungshaltung der Medien und Öffentlichkeit rapide.
            
            
            Dadurch entsteht ein sehr hoher Handlungsdruck und der Kommunikationsfluss kann sich
               leicht verselbstständigen, was einen Verlust von Kontrolle und Steuerbarkeit bedingen
               kann, da sich bestimmte Sichtweisen rasch verfestigen und sich danach nur schwer verändern
               lassen. Denn Fakten haben keine Überzeugungskraft per se, vielmehr spielen emotionale
               psychologische Aspekte eine sehr große Rolle, und das Geschäft mit der (Skandal-)Information
               geht im Zweifel zulasten des betroffenen Hauses.
            
             
         
            
Führen in der Krise
         
         
            
            Führen in der Krise
            
            Die Art und Weise der Führung kann das Krisenmanagement beflügeln oder blockieren.
               Da Denk- und Handlungsabläufe häufig unter einem hohen Zeitdruck anstehen, verlangt
               das Krisenmanagement einen zielgerichteten Führungsvorgang. Das Team darf Entscheidungen
               zwar kontrovers diskutieren, erreicht es jedoch keinen Konsens, muss die Führung -
               möglicherweise sogar gegen den Rat aller - eine Entscheidung treffen.
            
            
            Im Zweifelsfall sollte in der Krise daher der dirigistische bestimmende Führungsstil
               Vorrang vor dem sozialintegrativen haben. Die Mitarbeiter akzeptieren dies nicht nur,
               sondern erwarten es vielfach auch, sofern Entschlüsse nachvollziehbar bleiben und
               Wertschätzung den Ton im Krisenstab bestimmt. Talent zur Krisenbewältigung darf man
               von jedem erwarten, der ein Unternehmen führt - zumindest das Talent, sich rechtzeitig
               die richtigen Personen an die Seite zu stellen.
            
             
         
            
Glaubwürdigkeit ist Trumpf
         
         
            
            Glaubwürdigkeit ist Trumpf
            
            War die Krisenintervention erfolgreich, muss die Klinik unmittelbar im Anschluss ein
               intensives PR-Programm initiieren, um dauerhaften Schaden abzuwenden. Es gilt, brüchiges
               Vertrauen zurückzugewinnen und die Glaubwürdigkeit wiederherzustellen. Im Fokus steht
               eine sachliche, faktengeprägte Informationspolitik.
            
            
            Erfahrungswerte zeigen: Die abschließende Bewältigung einer Krise kann trotz kontinuierlicher
               Öffentlichkeitsarbeit manchmal viele Monate in Anspruch nehmen. Vor diesem Hintergrund
               befinden sich Ärzteschaft und Krankenhaus in einem ständigen Prozess um Glaubwürdigkeit
               und Vertrauen.
            
            
            
               Dr. R. Schwarz, Geschäftsführung, Sana Kliniken München