Im Gesetzesentwurf zum Wettbewerbsstärkungsgesetz (WSG), das nach derzeitigen Planungen
am 01.04.2007 in Kraft treten soll, ist eine Ausweitung der ambulanten Tätigkeiten
von Krankenhäusern im Rahmen des § 116 b SGB V vorgesehen. Zur Erinnerung: § 116 b
SGB V regelt die ambulante Behandlung im Krankenhaus. Eine mögliche Variante betrifft
die Erbringung von hoch spezialisierten Leistungen, seltenen Erkrankungen und Erkrankungen
mit besonderen Krankheitsverläufen (Abs. 2, 3).
Bisher Vertragsschluss mit Krankenkassen erforderlich
Bisher Vertragsschluss mit Krankenkassen erforderlich
Danach können Krankenkassen bisher mit zugelassenen Krankenhäusern Verträge über die
ambulante Erbringung hoch spezialisierter Leistungen sowie zur Behandlung seltener
Erkrankungen und Erkrankungen mit besonderen Krankheitsverläufen schließen. Voraussetzung
hierfür ist, dass diese Leistungen und Behandlungen im gesetzlich vorgegebenen Katalog
des § 116 b Abs. 3 SGB V bzw. den Ergänzungen des Kataloges durch den Gemeinsamen
Bundesausschuss enthalten sind (Tab. [1]).
Entsprechend § 116 b Abs. 4 SGB V kann der Gemeinsame Bundesausschuss diese Katalogleistungen
noch ergänzen. Dies ist bereits für ein paar weitere Erkrankungen erfolgt.
Die Leistungen aus dem Vertrag werden nach aktuellem Recht unmittelbar von den Krankenkassen
vergütet. Dabei hat diese der Vergütung vergleichbarer vertragsärztlicher Leistungen
zu entsprechen. Bisher war das Interesse der Krankenkassen am Abschluss solcher Verträge
sehr bescheiden, da die Vergütung zusätzlich zu der Vergütung für die Vertragsärzte,
die ebenfalls diese Leistungen erbringen, erfolgen muss. Zwar haben Krankenhäuser
und Krankenkassen die Verhandlungen durchaus aufgenommen, Abschlüsse von Verträgen
aber erfolgten - wohl auch mangels ernsthaften Interesses der Krankenkassen - eher
selten.
Gesetzgeber entmachtet Krankenkassen
Gesetzgeber entmachtet Krankenkassen
Aus diesem Grund plant der Gesetzgeber, den Krankenkassen die Vertragskompetenz zu
entziehen. Die Einführung eines Zulassungsverfahrens durch die Länder soll die Umsetzung
der ambulanten Erbringung hoch spezialisierter Leistungen am Krankenhaus nach dem
Willen des Gesetzgebers vorantreiben. Daher soll der § 116 b Abs. 2 nun wie folgt
neu geregelt werden:
"Ein zugelassenes Krankenhaus ist zur ambulanten Behandlung der in dem Katalog nach
Abs. 3 und 4 genannten hoch spezialisierten Leistungen, seltenen Erkrankungen und
Erkrankungen mit besonderen Krankheitsverläufen berechtigt, wenn und soweit es im
Rahmen der Krankenhausplanung des Landes auf Antrag des Krankenhausträgers unter Berücksichtigung
der vertragsärztlichen Versorgungssituation dazu bestimmt worden ist. Eine Bestimmung
darf nicht erfolgen, wenn und soweit das Krankenhaus nicht geeignet ist. Eine einvernehmliche
Bestimmung mit den an der Krankenhausplanung unmittelbar Beteiligten ist anzustreben."
Zukünftig Leistung ohne Vertrag möglich
Zukünftig Leistung ohne Vertrag möglich
In Zukunft soll jedes Krankenhaus zur ambulanten Behandlung der in dem Katalog genannten
hoch spezialisierten Leistungen, seltenen Erkrankungen und Erkrankungen mit besonderen
Krankheitsverläufen berechtigt sein. Voraussetzung dafür ist, dass
-
es sich um ein zugelassenes Krankenhaus handelt und
-
es im Rahmen der Krankenhausplanung des Landes
-
auf Antrag des Krankenhausträgers
-
unter Berücksichtigung der vertragsärztlichen Versorgungssituation
-
dazu als geeignet bestimmt worden ist.
Einen Antrag sollen alle zur Behandlung gesetzlich Krankenversicherter zugelassenen
Krankenhäuser (§ 108 SGB V) unter Nennung der betreffenden Leistungen und Erkrankungen
stellen können. Die Entscheidung soll im Rahmen der Krankenhausplanung fallen.
Wann eine Eignung eines Krankenhauses vorliegt, führt der Entwurf allerdings nicht
aus. In der Begründung findet sich lediglich ein Hinweis darauf, dass die Eignung
für die Erbringung der Leistungen bei Krankenhäusern der Grundversorgung in der Regel
nicht gegeben sein soll. Eine Bedarfsprüfung soll nicht erfolgen. Ist das Krankenhaus
zur Erbringung der Leistungen bestimmt worden, ist also kein Vertragsabschluss mit
den Krankenkassen mehr notwendig.
Einvernehmliche Bestimmung
Einvernehmliche Bestimmung
Grundsätzlich regelt der § 7 Abs. 1 des Krankenhausfinanzierungsgesetzes die Mitwirkung
der Beteiligten: "Bei der Durchführung dieses Gesetzes arbeiten die Landesbehörden
mit den an der Krankenhausversorgung im Lande Beteiligten eng zusammen; das betroffene
Krankenhaus ist anzuhören. Bei der Krankenhausplanung und der Aufstellung der Investitionsprogramme
sind einvernehmliche Regelungen mit den unmittelbar Beteiligten anzustreben."
Laut Satz 2 hat das Land dabei also eine "einvernehmliche Bestimmung" mit den an der
Krankenhausplanung im Land unmittelbar Beteiligten (wozu auch Landesverbände der Krankenkassen
gehören können) anzustreben. Gemeint ist ausweislich der Gesetzesbegründung ein ernsthaftes
Bemühen, sich mit den Beteiligten zu einigen. Wie die Zusammenarbeit und Abstimmung
im Einzelnen erfolgt, soll Sache des jeweiligen Landes sein.
Anforderungen an die ambulante Erbringung
Anforderungen an die ambulante Erbringung
Für die sächlichen und personellen Anforderungen an die ambulante Leistungserbringung
durch das Krankenhaus im Einzelfall sollen die Anforderungen für die vertragsärztliche
Versorgung entsprechend gelten. Darüber hinaus sind in den vom Gemeinsamen Bundesausschuss
zu beschließenden Richtlinien zusätzliche sächliche und personelle Anforderungen sowie
die einrichtungsübergreifenden Maßnahmen der Qualitätssicherung an die ambulante Leistungserbringung
des Krankenhauses zu regeln.
Vergütung nach EBM
Vergütung nach EBM
Die Vergütung der ambulanten Leistungen des Krankenhauses soll genauso erfolgen als
ob ein niedergelassener Vertragsarzt die Leistung erbracht hätte: Demnach teilt das
Krankenhaus den Krankenkassen die von ihm ambulant erbringbaren Leistungen mit und
bezeichnet die hierfür berechenbaren Leistungen auf Grundlage des Einheitlichen Bewertungsmaßstabes
(EBM).
Die Vergütung in den Jahren 2007 und 2008 erfolgt in den einzelnen Quartalen nach
Maßgabe des durchschnittlichen Punktwertes. Dieser ergibt sich aus den letzten vorliegenden
Quartalsabrechnungen in der vertragsärztlichen Versorgung bezogen auf den Bezirk der
Kassenärztlichen Vereinigung.
Ausblick
Ausblick
Zwar ist noch nicht sicher, wann das Wettbewerbsstärkungsgesetz tatsächlich in Kraft
tritt und ob die Regelungen zu den hoch spezialisierten Leistungen noch modifiziert
werden. Deutlich wird allerdings bereits anhand dieses Entwurfes der Neuregelung des
§ 116 b SGB V, dass der Gesetzgeber die ambulante Tätigkeit von Krankenhäusern stärker
fördern will und dazu sogar bereit ist, den Krankenkassen das unmittelbare Recht der
Auswahl der erbringenden Krankenhäuser zu entziehen.
Fraglich bleibt jedoch, inwieweit die neue Regelung wirklich einfacher umzusetzen
ist. Die Krankenhäuser müssen zudem in ihre Überlegungen einbeziehen, ob die vertragsärztliche
Vergütung finanziell interessant genug ist. Und auch die Gefahr, niedergelassene Ärzte
- und damit Einweiser - durch Erbringung dieser ambulanten Leistungen im Krankenhaus
zu verärgern, ist sicher nicht zu unterschätzen.
Dr. iur. Isabel Häser, Rechtsanwältin,
Ehlers, Ehlers & Partner, München