Dass Arthrosepatienten eine suffiziente Schmerztherapie benötigen, um die Gelenkfunktion
auch bei Auftreten von Schmerzen zu erhalten oder sogar zu verbessern, steht außer
Frage. Entzündungshemmende Analgetika sind dabei eine wichtige Komponente, erklärte
PD Michael Überall, Nürnberg. Überall gab jedoch zu bedenken, dass der Einsatz konventioneller
nichtsteroidaler Antirheumatika (NSAR) mit einem beträchtlichen Risiko für gastrointestinale
Komplikationen einhergeht. "Fast 40 % aller durch unerwünschte Arzneimittelwirkungen
bedingten Krankenhauseinweisungen gehen auf ihr Konto", informierte der Schmerztherapeut.
Gastrointestinal besser verträglich sind die COX-2-selektiven Entzündungshemmer, die
allerdings vor einiger Zeit durch ein erhöhtes kardiales Risiko auffielen - was jedoch
auch für die meisten konventionellen Antirheumatika wie zum Beispiel Diclophenac und
Ibuprofen gilt, wie man inzwischen weiß. Überall bezeichnete die Schmerztherapie mit
entzündungshemmenden Analgetika daher als Gratwanderung zwischen analgetischer und
antiphlogistischer Wirkung einerseits und gastrointestinalen und kardialen Nebenwirkungen
andererseits.
Weniger ist mehr - das stimmt nicht immer
Weniger ist mehr - das stimmt nicht immer
Die Lösung aus dieser "Zwickmühle" kann jedoch nicht allein sein, Analgetika so kurz
wie nötig in möglichst niedriger Dosis zu verabreichen, wie es die internationalen
Fachgesellschaften fordern. Sicherlich: Eine niedrige Dosierung ist zwar mit weniger
Nebenwirkungen assoziiert, was jedoch häufig eine ungenügende Schmerzlinderung und
Entzündungshemmung mit sich bringt. Immerhin "fühlen sich 60 % der Schmerzpatienten
unzureichend behandelt", zitierte Prof. Christoph Baerwald, Leipzig, aus einer repräsentativen
Umfrage.
Dazu kommt jedoch noch ein weiteres, anders gelagertes Problem: die Multimorbidität
und die damit einhergehenden steigenden Nebenwirkungsrisiken aufgrund verschiedener
Co-Medikationen, die mit steigendem Alter immer wahrscheinlicher werden - ein gravierendes
Problem also, das es zu lösen gilt.
Die "bessere Hälfte" von Ibuprofen
Die "bessere Hälfte" von Ibuprofen
Neue Untersuchungen haben mittlerweile klar gemacht, dass viele konventionelle NSAR
als Razemate, also als Gemisch ihrer Enantiomere, vorliegen. Diese spiegelbildlich
aufgebauten Enantiomere besitzen laut Überall unterschiedliche pharmakologische Eigenschaften.
So ist das S-Enantiomer von Ibuprofen, das Dexibuprofen (Dolomagon®), für die therapeutische
Wirksamkeit verantwortlich, das R-Enantiomer ist dagegen stärker mit den unerwünschten
Wirkungen der Razematmischung assoziiert.
Außerdem werde das R-Enantiomer aus dem Ibuprofenrazemat im Körper in einer komplexen
Reaktion umgewandelt. Die dabei entstehenden Fettsäureester werden ins Fettgewebe
eingelagert. "Die Verteilung der Substanz im Körper und die Plasmahalbwertszeiten
sind daher unkalkulierbar", warnte Überall. Dagegen lässt sich bei Einsatz des reinen
Enantiomers Dexibuprofen die Dosis und die damit verbundene metabolische Belastung
reduzieren. Gleichzeitig sinkt auch das Nebenwirkungsrisiko (Abb. [1]), ohne dass Wirksamkeitseinbußen zu befürchten sind.
Abb. 1 Das reine S-Enantiomer Dexibuprofen ist mit signifikant geringeren gastrointestinalen
Nebenwirkurkungen assoziiert als das Ibuprofen-Razemat nach [1]
Praxisstudie zur Neubewertung gängiger Antirheumatika
Praxisstudie zur Neubewertung gängiger Antirheumatika
Die Experten sprachen sich für die Durchführung einer Vergleichsstudie aus, in der
entzündungshemmende Analgetika im klinischen Alltag auf Wirksamkeit und Nebenwirkungsrisiko
geprüft und miteinander verglichen werden. So könnte man herausfinden, welches Antirheumatikum
den Anforderungen des Arthrosepatienten in der Praxis am nächsten komme, erläuterte
Dr. Georg Dahmen, Hamburg.
Dazu würden die Patienten zunächst eine Monotherapie mit einem der Analgetika in
DDD-Dosierung (DDD = "daily defined dose") erhalten, diese Dosierung darf bei anhaltenden
Schmerzen bis zur empfohlenen Höchstdosis gesteigert werden. Bleibt der Effekt weiterhin
ungenügend, kann dann auf eines der anderen Medikamente umgestellt werden. Primärer
Endpunkt der Untersuchung ist die Patientenakzeptanz als Integral von Wirksamkeit,
Verträglichkeit und dem (Nicht-)Auftreten von Nebenwirkungen.
Dr. Katharina Arnheim, Berlin
Quelle: Pressekonferenz "Schmerztherapie der Zukunft: Quo vadis? Experten-Konsensus
überarbeitet die bestehenden Therapieempfehlungen", veranstaltet von der Orion Pharma
GmbH, Hamburg
Dieser Text entstand mit freundlicher Unterstützung der Orion Pharma GmbH, Hamburg