40 Jahre lang war Melphalan der Standard in der Therapie des multiplen Myeloms. Dank
der Hochdosistherapie lässt sich bei jüngeren Patienten die Prognose verbessern. Die
mediane Überlebenszeit aller Altersgruppen liegt dennoch nur zwischen vier und fünf
Jahren. Eine Chance auf Heilung bietet derzeit allenfalls die allogene Transplantation
von Stammzellen. Seit aber mit der Proteasominhibition ein neues antitumorales Wirkprinzip
zur Verfügung steht, lassen sich Ansprechraten und Überlebenszeiten signifikant erhöhen.
Erster Repräsentant dieser innovativen Substanzklasse ist Bortezomib (Velcade®). Es
ist indiziert zur Monotherapie von Patienten mit progressivem multiplen Myelom, die
mindestens eine Vorbehandlung sowie eine Knochenmarkstransplantation hinter sich haben
- oder sich dafür nicht eignen. Die Zulassung der Substanz erfolgte aufgrund der überzeugenden
Resultate der SUMMIT[1]-Studie.
Gesamtüberleben deutlich verlängert
Gesamtüberleben deutlich verlängert
In klinischen Studien bewirkte Bortezomib in der Rezidivtherapie eine hohe Ansprechqualität
und einen langfristigen klinischen Nutzen. Beispielhaft berichtete Dr. Martin Kropff,
Münster, von den Ergebnissen der Phase-II-Studie SUMMIT mit 202 stark vorbehandelten
refraktären Patienten. Hier führte die Monotherapie zu einer Ansprechrate von 35 %
gegenüber der Vortherapie. Die mediane Zeit bis zur Progression stieg von drei auf
sieben Monate, die mediane Überlebenszeit erreichte 17,2 Monate.
Was der Proteasomhemmer beim progredienten multiplen Myelom leistet, zeigen auch die
Ergebnisse der randomisierten, kontrollierten APEX[2]-Studie. Daran nahmen 669 Patienten teil, die an rezidiviertem oder refraktärem multiplen
Myelom mit ein bis drei Vortherapien litten. Verglichen wurde Bortezomib hier mit
hoch dosiertem Dexamethason.
Unter Bortezomib sank das Mortalitätsrisiko nach einem Jahr um 41 %, und das mediane
Überleben erhöhte sich gegenüber der Referenzsubstanz um sechs auf 29,8 Monate. "Bemerkenswert
war, dass 62 % der Patienten des Dexamethasonarms bei Progress auch Bortezomib erhalten
hatten, jedoch weiter im Dexamethasonarm erfasst blieben", kommentierte Kropff das
Studienergebnis.
Ältere Patienten profitieren ebenfalls
Ältere Patienten profitieren ebenfalls
Der in der APEX-Studie gesicherte Überlebensvorteil gegenüber Dexamethason ist ein
Indiz dafür, dass Bortezomib das therapeutische Spektrum des rezidivierten multiplen
Myeloms erweitert. Wie der Studie ferner zu entnehmen ist, profitieren nicht nur jüngere,
sondern auch ältere Patienten mit hohem Risiko. Abgesehen von den Patienten unter
65 Jahren lag das Gesamtüberleben in allen Bortezomibsubgruppen signifikant höher
als in den Dexamethasonsubgruppen, betonte Prof. Wolfgang U. Knauf, Frankfurt am Main.
Bezüglich schwerer Nebenwirkungen gab es zwischen beiden Substanzen keine nennenswerten
Differenzen.
Die aktuelle Datenlage signalisiert zudem, dass die Proteasomhemmung auch Patienten
mit Niereninsuffizienz zugute kommt, die das fortgeschrittene multiple Myelom häufig
begleitet. Niereninsuffiziente tolerieren die Standarddosis von 1,3 mg/m2 in der Regel
gut. Gleiches gilt für Patienten an der Dialyse oder solche, die dafür vorgesehen
sind. Auch bei diesen Patienten war Bortezomib wirksam und verträglich.
Effektiv und verträglich auch in der Praxis
Effektiv und verträglich auch in der Praxis
Die positiven Resultate der klinischen Studien lassen sich in der Praxis reproduzieren,
wie Knauf anhand einer Studie in seiner onkologischen Gemeinschaftspraxis feststellte.
Für die prospektive Erhebung gewann er 50 Patienten mit einem Durchschnittsalter von
68 Jahren. Sie hatten nach median zwei Vorbehandlungen ein Rezidiv entwickelt. An
Begleiterkrankungen fanden sich bei einigen Patienten Hypertonie, renale Insuffizienz,
koronare Herzerkrankung (KHK) oder kardiale Herzinsuffizienz.
Bisher konnten die Daten von 39 Studienteilnehmern ausgewertet werden. Die Ansprechrate
erreichte 56 %, darunter waren 5 % komplette Remissionen. Die mediane Zeit bis zum
stärksten Ansprechen lag bei drei Zyklen. Die Rezidivtherapie mit Bortezomib wurde
insgesamt gut toleriert. Als häufigste Nebenwirkung trat bei 18,2 % der Patienten
der Praxisstudie eine Thrombozytopenie auf. Im Unterschied zu anderen Chemotherapeutika
war diese unter Bortezomib jedoch reversibel.
Auch ein erneuter Einsatz führt zum Erfolg
Auch ein erneuter Einsatz führt zum Erfolg
Auch bereits mit Bortezomib vortherapierte Patienten können erneut mit dieser Substanz
behandelt werden, um die Krankheitskontrolle zu verlängern. Dass dieses "Retreatment"
tatsächlich gelingt, beweist die retrospektive Analyse von 22 Patienten der SUMMIT-,
APEX- und CREST[3]-Studien. Diese Patienten hatten median vier Vorbehandlungen hinter sich und außerhalb
der Studienprotokolle nochmals Bortezomib bekommen - und zwar allein oder in Kombination
mit anderen Wirkstoffen.
Der erneute Einsatz von Bortezomib sorgte nach einer therapiefreien Zeit von median
12,6 Monaten für eine Remissionsquote von 50 %. Immerhin sprachen 29 % der Patienten
auf den Therapieversuch an, bei denen in der Erstbehandlung eine Remission ausgeblieben
war. Toxische Effekte waren gut zu beherrschen. Die Sicherheit dieser Therapieoption
ließ sich in einer anderen Studie mit 95 Patienten retrospektiv bestätigen.
Karl B. Filip, Landsberg
Quelle: Pressekonferenz "Velcade®-Update 2007 - Neueste Ergebnisse aus Klinik & Praxis",
veranstaltet von der Ortho Biotech, Division of Janssen-Cilag GmbH, Neuss
Dieser Bericht entstand mit freundlicher Unterstützung von Ortho Biotech, Division
of Janssen-Cilag GmbH, Neuss