Mit der Einführung der DRGs, der "diagnosis related groups", hat der Gesetzgeber vor
drei Jahren die Weichen gestellt und es hat sich für die Krankenhäuser viel verändert
- positiv wie negativ. Dies fängt bei der nach wie vor starken Regulierung der Krankenhausfinanzierung
an und reicht bis hin zum Wunsch nach der prospektiven und damit möglichst planbaren
Verhandlung des Budgets. Bis zum Jahr 2009 soll die Einführung des neuen Abrechnungssystems
endgültig abgeschlossen sein und der Rechtsrahmen endgültig feststehen. Wie die Krankenhausfinanzierung
dann aussehen wird, steht allerdings noch in den Sternen.
Die Einführung der DRGs ("diagnosis related groups") stellte die Finanzierung der
Krankenhäuser ab dem Jahr 2004 auf eine neue Grundlage. Heute orientiert sich die
Vergütung nicht mehr an tagesgleichen Pflegesätzen sondern an Fallpauschalen, die
sich an der Schwere der Haupt- und Nebenerkrankungen orientieren. In der sogenannten
Konvergenzphase werden die krankenhausindividuellen Basisfallwerte an einen landeseinheitlichen
Basisfallwert herangeführt.
Darüber hinaus hat der Gesetzgeber die Deckelung der individuellen Krankenhausbudgets
aufgehoben. Bis zum Jahr 2004 durften die Budgets der Krankenhäuser in nur sehr wenigen
Ausnahmen stärker ansteigen als die Einnahmen der Gesetzlichen Krankenkassen (Maßgabe
der Beitragssatzstabilität). Mit der Aufhebung des "individuellen Deckels" der Krankenhausbudgets
haben die Krankenhäuser nun das Recht, ihre tatsächlichen Leistungen in das Krankenhausbudget
"hineinzuverhandeln". Die Vorgabe der Beitragssatzstabilität wurde von den krankenhausindividuellen
Budgets auf die Ebene des Punktwertes (Landesbasisfallwert) verschoben. Den Rahmen
für die Leistungserbringung im einzelnen Krankenhaus bildet weiterhin die Krankenhausplanung
der jeweiligen Bundesländer.
Regulierung im Krankenhausbereich
Regulierung im Krankenhausbereich
Die gesundheitspolitische Diskussion wird meist über die Forderung nach mehr Wettbewerb
geführt. Tatsächlich ist aber gerade der Bereich der Krankenhausfinanzierung nach
wie vor stark reguliert und schränkt den Wettbewerb ein. So legen die Planungsbehörden
der Bundesländer im Rahmen der Krankenhausplanung beispielsweise fest, welche Leistungsbereiche
ein Krankenhaus erbringen darf und muss (Versorgungsauftrag). Nur in diesem zum Teil
eher weit gesteckten Rahmen kann sich eine Konkurrenzsituation zwischen den Kliniken
entwickeln.
Im Rahmen der Entgeltverhandlungen haben die Vertragsparteien lediglich in dem durch
die Landesbehörde festgeschriebenen Versorgungsauftrag einen Verhandlungsspielraum.
Eine Ausweitung bzw. Einengung des Versorgungsauftrages ist im Rahmen der Entgeltverhandlung
nicht zulässig, auch wenn sich Krankenkassen und Krankenhausträger einig sind.
Sind die Leistungen durch DRGs vergleichbar?
Sind die Leistungen durch DRGs vergleichbar?
Ein wichtiges mit der Einführung der DRGs verbundenes Ziel ist es, eine Vergleichbarkeit
in der Leistungserbringung zu erhalten. Innerhalb der Entgeltverhandlung wird die
voraussichtliche Leistungsstruktur eines Krankenhauses durch eine Auflistung der DRGs
festgehalten. Diese Auflistungen lassen sich für mehrere Kliniken gut miteinander
vergleichen.
Bei genauerer Betrachtung fällt jedoch auf, dass auch zum Teil nicht vergleichbare
Leistungen in der gleichen Fallpauschale abgebildet werden. Im Rahmen der jährlichen
Kalkulation der DRG-Kataloge werden neben medizinischer Homogenität auch Homogenitäten
in der Kostenstruktur abgebildet. So werden Leistungen mit einer statistisch homogenen
Kostenstruktur in gleichen DRGs zusammengefasst, obwohl die dahinter stehenden Leistungen
voneinander abweichen.
Leistungsveränderungen zu planbaren Preisen
Leistungsveränderungen zu planbaren Preisen
Durch die geänderte gesetzliche Regelung im Krankenhausentgeltgesetz können Krankenhäuser
ihre Leistungen mit planbaren Erlösen kalkulieren. Im Gegenzug haben die Kostenträger
jedoch auch die Möglichkeit, bei Leistungsrückgängen das Budget abzusenken. Unter
dem Aspekt, dass das Geld den Leistungen folgen soll, wirken sich Leistungsschwankungen
deutlich stärker aus als noch bis zum Jahr 2004.
Diese Erlösschwankungen treten jedoch auch bei Veränderungen in der Bewertung der
Leistungen auf, die das einzelne Krankenhaus nicht beeinflussen kann. Durch die jährliche
Neukalkulation der DRGs und der dazugehörigen Relativgewichte entstehen Bewertungsunterschiede
von bis zu 6 % - sowohl im positiven als auch im negativen Sinne. Wenn die Erlössituation
eines Krankenhauses solchen jährlichen Schwankungen ausgesetzt ist, kommen auf die
Krankenhäuser mit einer stark negativen Bewertungsveränderung erhebliche Herausforderungen
zu.
Individuelle Kalkulation für nicht kalkulierte Leistungen
Individuelle Kalkulation für nicht kalkulierte Leistungen
Bei der Einführung der DRGs wurde als Ziel formuliert, dass alle Krankenhausleistungen
(bis auf die der Psychiatrie) über bis zu maximal 800 Fallpauschalen abgebildet werden.
Im DRG-Katalog des Jahres 2007 befinden sich jedoch bereits über 1 000 DRGs. Neben
den mit Relativgewichten bewerteten DRGs und Zusatzentgelten wächst von Jahr zu Jahr
auch die Anzahl der nicht kalkulierbaren Leistungen.
Das hat zwei Gründe. Es gibt Leistungen, die in Deutschland in einer so geringen Anzahl
erbracht werden, dass eine statistische Gruppierung von Leistungs- und Kostengewichten
nicht möglich ist. Außerdem ist eine Kalkulation von medizinisch neuen Leistungen
sehr schwierig. Die Kliniken erbringen neue Leistungen noch wenig standardisiert,
bei der Aufarbeitung der Leistungs- und Kostendaten entsteht daher eine große Streuung.
Bei den nicht kalkulierten bzw. nicht bewerteten Leistungen müssen die Vertragsparteien
in der individuellen Entgeltverhandlung Preise anhand der Kosten der einzelnen Klinik
verhandeln. Da die einzelnen Verhandlungsergebnisse den Mitarbeitern der Krankenkassen
zur Verfügung stehen, versuchen diese durch Vergleiche ein einheitliches Preisgefüge
zu erzielen. So werden Leistungen, für die das Institut für Entgeltkalkulation (InEK)
keine Kalkulation durchführen konnte, letztendlich in ihrer Vergütung immer weiter
harmonisiert. Schaffen es die Kostenträger hier, durch die Orientierung am unteren
Preisgefüge die Durchschnittsvergütung der individuell zu verhandelnden Entgelte zu
drücken, drohen für die Kliniken defizitäre Leistungsbereiche.
Foto: AOK-Mediendienst
Abkehr von der prospektiven Verhandlung
Abkehr von der prospektiven Verhandlung
Ein wesendlicher Grundsatz der Entgeltverhandlungen der letzten Jahre ist die Verhandlung
der Entgelte im Voraus (sogenannte prospektive Verhandlung). Schon bei der Vergütung
durch Tagessätze vor dem Jahr 2004 war dieser Grundsatz gesetzlich festgeschrieben
und wurde von den meisten Kliniken praktiziert. Die Einführung der DRGs hat dies grundlegend
geändert. Zwar sieht das Gesetz weiter die prospektive Verhandlung vor, die Realität
ist jedoch inzwischen anders: Nur selten hat ein Krankenhaus das Budget für das kommende
Jahr schon am Ende des vorausgehenden Jahres mit den Kostenträgern verhandelt.
Dies hat zwei Gründe: Zum einen muss der Landesbasisfallwert bekannt sein, dieser
ist aber meist erst gegen April des laufenden Jahres auf Landesebene abgestimmt. Zum
anderen gewöhnen sich die Kliniken daran, genau die Leistungen mit den Kostenträgern
budgettechnisch abzustimmen, die sie tatsächlich erbringen oder erbracht haben. Diese
mittlerweile geübte Praxis hat die bayerische Landesregierung für das Jahr 2007 gestoppt.
Denn die jeweilige Landesregierung muss die verhandelten Budgets genehmigen, weshalb
die Genehmigung eines Budgets durchaus verweigert werden kann, wenn das Verhandlungsergebnis
nicht den rechtlichen Grundlagen entspricht.
Da das Gesetz eine Sanktion für Krankenhäuser vorsieht, die sich nicht an den Grundsatz
der frühen Verhandlung halten, hat die Bayerische Genehmigungsbehörde für das Jahr
2007 angekündigt, bei zu später Verhandlung des Krankenhausbudgets die Genehmigung
zu verweigern. Allein durch diese Ankündigung werden die Verhandlungen zumindest in
Bayern im Jahr 2007 wieder deutlich früher geführt.
Neues Krankenhausentgeltgesetz ab 2009
Neues Krankenhausentgeltgesetz ab 2009
Bis zum Jahr 2009 soll die Einführung des neuen Abrechnungssystems nach DRG abgeschlossen
sein. Die individuellen Basisfallwerte der einzelnen Kliniken sind auf das Landesniveau
angepasst. Mit dem Auslaufen der Konvergenzphase am 31.12.2008 soll der bestehende
Rechtsrahmen für das DRG-Vergütungssystem der Krankenhäuser feststehen. Dann werden
innerhalb eines Bundeslandes für gleiche Leistungen auch einheitliche Entgelte gezahlt.
Allerdings wird für die Zeit nach dem Jahr 2009 bald ein neues Gesetz bzw. eine Anpassung
des Krankenhausentgeltgesetzes folgen müssen. Bereits im vergangenen März hat sich
eine Sonder-Gesundheitskonferenz mit der Weiterentwicklung des Fallpauschalensystems
beschäftigt. Dort ist beschlossen worden, dass die Gewährleistung der Krankenhausversorgung
weiterhin staatliche Aufgabe ist, der Preiswettbewerb gesicherte Qualitätskriterien
voraussetzt (die bisher noch nicht ausreichend vorliegen) und die Investitionsentscheidungen
stärker an betriebswirtschaftlichen Erfordernissen ausgerichtet werden sollen.
Da diese Eckpunkte nur die bereits festgeschriebene Grundausrichtung fortschreiben,
ist bis heute nicht klar, wie die Krankenhausfinanzierung ab dem Jahr 2009 tatsächlich
aussehen wird. Wird es Parallelen geben zur Vergütung der ärztlichen Leistung im ambulanten
Bereich mit stetig fallenden Eurowerten pro Leistungspunkt? Können Krankenhäuser in
Zukunft mit einzelnen Krankenkassen Einzelverträge abschließen? Werden besondere Änderungen
ausbleiben? Oder werden die nun auf das Landesniveau angepassten Budgets der Kliniken
per Budgetierung wieder "gedeckelt" und wir alle warten bis zur nächsten Gesundheitsreform
wieder auf den schon seit Langem notwendigen "großen Wurf"? Wir wissen es nicht!