Zeitschrift für Phytotherapie 2007; 28(3): 107
DOI: 10.1055/s-2007-984989
Editorial

© Hippokrates Verlag in MVS Medizinverlage Stuttgart GmbH & Co. KG

Wissenschaft & Copyright

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Fritz Kemper

Münster

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Publication Date:
09 July 2007 (online)

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    Sicherlich ist es ungewöhnlich, in einer Mitteilung der Herausgeber - Editorial - an die Leserinnen und Leser eines wissenschaftlichen Fachjournals für Arzneipflanzen und deren Einsatz zur Therapie beim Menschen Rechtsfragen zu diskutieren und kommentieren - und dies noch durch einen Arzt! Aber ich muss mit Samuel (1,15), auch Matthäus (12,23), »mein Herz ausschütten« in Sorge, was da mit den neuen europäischen Copyright-Bestimmungen auf Wissenschaft und Bildung zukommt:

    Der Begriff »Copyright« findet sich im Großen Duden von 1973 (17. Aufl.) als »amerikanisches Verlagsrecht«, im Fremdwörterbuch Duden von 2006 (9. Aufl.) präziser als »Urheberrecht des britischen und amerikanischen Rechts«.

    Aber was ist geschehen, dass die Wissenschaft lautstarke Kritik übt? Im Mai 2001 hat die Europäische Union die »Urheberrechts-Richtlinie 2001/29/EG« beschlossen mit dem Ziel, eine europäische Harmonisierung zu erreichen. Ein Teil dieser EU/EC-Richtlinie ist mit Datum vom 13. September 2003 in nationales deutsches Urheberrecht (UrhG) umgesetzt worden. Hier ging es vor allem um Kopierschutz von DVDs oder AudioCDs sowie gegen die Umgehung dieses Kopierschutzes. Soweit, so gut!

    Hier droht nun eine Fortsetzung: Nämlich weitere, für Bildung, Lehre und Wissenschaft fast noch wichtigere rechtswirksame Bestimmungen - übrigens mit entsprechender Strafbewehrung, auch für den eigenen Gebrauch (!), mit Haftstrafen bis zu drei Jahren. Dies betrifft den § 52a des UrhG, der regelt, veröffentlichte Teile eines Artikels/Werkes für Fachkreise zu Forschungs- und Unterrichtszwecken nur »gegen eine angemessene Vergütung« zu nutzen. Dieser Gebrauch ist ebenso für die Schaffung von Arzneipflanzen-Monographien und deren Grundlagen gegeben und vor allem für derartige Informationen aus Datennetzen, wie Internet. Eine deutliche Erschwernis im Zugang oder gar das Fehlen solcher Informationswege bedeutet, nicht nur die wissenschaftliche Arbeit einzuschränken, sondern bringt auch erhebliche zusätzliche Kosten mit sich.

    Hierzu hat die »Allianz der sieben großen deutschen Wissenschaftsinstitutionen« in einer Pressemitteilung einen deutlichen Appell an die Politik gerichtet und gibt der Besorgnis Ausdruck, »dass die Kooperation von Wissenschaftlern über die Datennetze erheblich erschwert, die wissenschaftliche Erforschung ... massiv behindert und die ... dramatisch gestiegenen Kosten für die Bereitstellung digitaler Informationsmaterialien für Bildung und Wissenschaft weiterhin erheblich steigen werden«.

    Selbst der Bundesrat hat eine warnende Stimme zum Regierungsentwurf erhoben und stellt zu solcher Regelung fest, dass diese »zu einer Verknappung und Verteuerung des Zugangs zu Wissen führen und damit Innovationen als Grundlage wirtschaftlichen Wachstums verhindern«.

    Ein weiterer Paragraph (§ 52b UrhG), der ebenso für die Erstellung von Arzneipflanzen-Monographien von Bedeutung ist, betrifft die elektronische Verfügbarkeit von Originalartikeln/Werken in Bibliotheken sowie den Fernversand, der durch den § 53a UrhG deutliche Einschränkung erfährt.

    Nicht nur auf nationaler Ebene, sondern auch bei der zunehmenden Bedeutung supranationalen Informationsaustausches über die europäischen Grenzen hinaus sehen wir die wissenschaftliche Freiheit und Arbeit beeinträchtigt. Daher unser Appell an die Politik, aber ebenso an die großen wissenschaftlichen Verlagshäuser nach Wegen zu suchen, die den berechtigten Anliegen der Inhaber von Schutzrechten genügen, vor allem aber auch den Erfordernissen wissenschaftlicher Arbeit im Interesse der Verbraucher entsprechen.

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    Fritz Kemper

    Münster

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    Fritz Kemper

    Münster