Die Tollwut ist eine akute, nach Ausbruch der Erkrankung in aller Regel letal verlaufende
Zoonose. Sie kommt weltweit vor. Ihr wichtigster Erreger ist das Rabiesvirus (Lyssavirus
Typ 1). Nach Angaben der WHO sterben weltweit jährlich 40 000-70 000 Menschen an Tollwut,
davon zirka 30000 allein in Indien. Die Dunkelziffer dürfte in Afrika und Asien beträchtlich
sein. Die Dimension des Infektionsrisikos wird deutlicher, wenn man sich die Zahl
von jährlich zehn Millionen postexpositionellen Prophylaxen (Angaben der WHO) nach
Kontakt mit tollwutverdächtigen oder tollwütigen Tieren vor Augen führt. In Deutschland
wurden seit 1990 sieben Todesfälle durch Tollwut gemeldet.
Für Reisende in gefährdete Gebiete und beruflich exponierte Personenkreise in Deutschland
bildet die präexpositionelle Impfung den sichersten Schutz.
Epidemiologie
Epidemiologie
Wichtig ist der Unterschied zwischen der silvatischen und der urbanen Form. Die silvatische
Form ("Fuchs-Tollwut") trifft man vorwiegend auf der nördlichen Hemisphäre an. Hunde,
Katzen oder Weidetiere mit Kontakt zu den silvatischen und ruralen Reservoirtieren
(Fuchs, Dachs, Marder, Waschbär, Schakal, Hyäne, Skunk) sind die Überträger. Die zahlenmäßig
weniger bedeutsame Fledermaus-Tollwut ist dem silvatischen Übertragungstyp zuzurechnen,
auch wenn sie in urbaner Umgebung übertragen wird.
Die urbane Tollwut findet sich vor allem in den Entwicklungsländern Afrikas und Asiens.
Streunende und verwilderte Hunde sind hier der Überträger und das Reservoirtier gleichzeitig.
Aber auch in Russland und sogar in Moskau und Umgebung ist Tollwut bei streunenden
Hunden ein ernsthaftes Problem. Hunde sind weltweit für 99% der Tollwutfälle beim
Menschen verantwortlich.
Tückische Infektionskrankheit
Tückische Infektionskrankheit
In der Regel erfolgt die Übertragung mit virushaltigem Speichel durch den Biss eines
kranken Tieres. Schon eine mit dem Speichel eines infizierten Tieres kontaminierte
Bagatellverletzung kann zur Infektion führen. Die Inkubationszeit liegt in der Regel
zwischen drei und acht Wochen, kann aber im Einzelfall auch weit darüber hinausgehen,
sodass zwischen Infektion und Ausbruch zwei Jahre liegen können. Sie ist umso kürzer,
je näher die Inokulationsstelle am Kopf liegt.
Ist die Tollwut ausgebrochen, gibt es keine kurative Behandlungsmöglichkeit mehr.
Die Krankheit beginnt mit einem Prodromalstadium mit uncharakteristischen Symptomen,
aber auch mit Schmerzen und Parästhesien im Bereich der meist bereits verheilten Bissstelle
und führt über ein Exzitationsstadium mit motorischer Unruhe, Speichelfluss, Konvulsionen,
Krämpfen, fibrillären Muskelzuckungen, Hydro- und Aerophobie innerhalb von etwa zwei
Wochen zum Tod.
Präexpositionelle Impfung empfohlen
Präexpositionelle Impfung empfohlen
Die STIKO, die deutschen Tropeninstitute und die deutschen reisemedizinischen Zentren
raten seit 2003 in einem Konsensuspapier zu einer großzügigen präexpositionellen Impfung
bei Reisen nach Asien, Afrika und Südamerika; in all die Regionen also, wo eine hohe
Tollwutinzidenz vorliegt und wo gleichzeitig moderne postexpositionelle Prophylaxemöglichkeiten
mit Zellkulturimpfstoffen (PCEC oder HDC) und/oder Rabies-Immunglobulin oft nicht
verfügbar oder erst nach einer medizinisch nicht vertretbaren zeitlichen Verzögerung
erhältlich sind. Ergänzen sollte man die Empfehlungen auch für Reisen in die Staaten
der ehemaligen Sowjetunion.
In Deutschland wird die präexpositionelle Impfung für Personen mit hohem Expositionsrisiko
wie Tierärzte, Tierpfleger, Forstpersonal, Laborpersonal mit potenziellem Tollwutkontakt,
Jäger und in der Tierverarbeitung Tätigen empfohlen.
Die präexpositionelle Impfung besteht aus drei Injektionen in den M. deltoideus an
den Tagen 0, 7 und 21 oder 28. Die Impfung mit modernen Zellkulturimpfstoffen, wie
Rabipur® von Novartis Behring, weist eine sehr hohe Wirksamkeit und gleichzeitig eine
sehr gute Verträglichkeit auf.
Verhalten im Expositionsfall
Verhalten im Expositionsfall
Im Expositionsfall verschafft die bestehende Grundimmunisierung Zeit, bis eine sichere
und verträgliche postexpositionelle Behandlung eingeleitet werden kann. Bei bestehender
Grundimmunisierung reichen nach einer Tollwutexposition zwei Impfungen an den Tagen
0 und 3, um einen Ausbruch der Tollwut - durch Aufbau eines aktiven Impfschutzes während
der Inkubationszeit der Erkrankung - zu verhindern.
Wurde vor der Reise keine Impfung verabreicht, benötigt der Patient fünf Impfungen
mit modernem Zellkulturimpfstoff an den Tagen 0, 3, 7, 14 und 28 und simultan die
einmalige Gabe von 20 I.E./kg Körpergewicht Tollwut-Immunglobulin. Das Serum sollte
bei frischer Bisswunde hälftig lokal um die Wunde infiltriert werden und die andere
Hälfte in den zur aktiven Impfungsstelle kontralateralen M. glutaeus injiziert werden.
Dr. med. Alois Junk, Illingen
Empfehlungen für Reisende
Empfehlungen für Reisende
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Der beste und sicherste Schutz ist die präexpositionelle Impfung mit einem Zellkulturimpfstoff
vier Wochen vor Reisebeginn
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Der Kontakt zu fremden Hunden sollte auf jeden Fall gemieden werden
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Bei einer Verletzung durch ein verdächtiges Tier sofort gründliche Wundauswaschung
mit Seife und warmem Wasser, anschließend Wunddesinfektion mit 70%igem Äthanol oder
Jodtinktur
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Zügige aktive Impfung mit einem modernen Zellkulturimpfstoff; erhältlich in den regionalen
Großstädten oder in den deutschen diplomatischen Vertretungen
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