Quelle: Hijiva N, Hudson MM, Lensing S et al. Cumulative incidence of secondary neoplasms
as a first event after childhood acute lymphoblastic leukaemia. JAMA 2007; 297 (11):
1207-1215
Thema: Die aktue lymphatische Leukämie ist nicht nur die bei Kindern und Jugendlichen am
häufigsten auftretende maligne Erkrankung, sie zählt auch zu den am besten therapierbaren
pädiatrischen Krebserkrankungen. Derzeit betragen die Überlebensraten bis zu 80-90%,
und die meisten dieser Patienten entwickeln innerhalb von zehn Jahren nach der Therapie
keinen Zweittumor. Wie aber die Situation nach 15-20 Jahren oder sogar noch später
aussieht, dazu gab es bislang keine Daten.
Projekt: Dies änderte sich mit einer aktuellen, retrospektiven Studie mit 2 169 pädiatrischen
Patienten, die zwischen 1962 und 1998 an einer akuten lymphatischen Leukämie gelitten,
unter Therapie aber eine komplette Remission erreicht hatten.
Ergebnis: Im Verlauf einer mittleren Nachbeobachtungszeit von 18,7 Jahren (2,4-41,3 Jahre)
entwickelten insgesamt 168 (7,7 %) dieser Patienten erneut einen Zweittumor - darunter
45 Patienten (5, 1 %), bei denen die Remission erst nach einem Rückfall erreicht werden
konnte (n = 897). Damit hatten insgesamt 123 Patienten (9,5 %) im Verlauf der Jahre
als erstes Ereignis einen Zweittumor entwickelt. Am häufigsten traten in dieser Situation
myeloische Malignome auf (n = 46), gefolgt von ZNS-Tumoren (n = 38). Aber auch 14
Basalzellkarzinome, drei Lymphome und 16 andere Krebsentitäten waren zu verzeichnen.
Die kumulative Inzidenz für Zweittumore lag demnach nach 15 Jahren bei 4,17 %, erhöhte
sich nach 20 Jahren auf 5,37 % und nach 30 Jahren auf 10,85 %. Den relativ starken
Anstieg 20 Jahre nach Beginn der Nachbeobachtung erklären sich die Autoren mit dem
langsamen Wachstum der häufig auftretenden Basalzellkarzinome und Meningeome. Ohne
diese beiden "low-grade"-Tumorentitäten liegt die kumulative Inzidenz nach 15 Jahren
bei 3,99% und nach 30 Jahren bei 6,27 %. Aber auch dies entspricht einem 13,5-fach
erhöhten Gesamtrisiko gegenüber der Normalbevölkerung.
Fazit: Demnach erreicht die Inzidenz der Zweittumoren nach einer erfolgreich behandelten
akuten lymphatischen Leukämie im Kindesalter nicht, wie erwartet, nach 15-20 Jahren
ein Plateau, sondern steigt immer weiter an. Und auch wenn die Mehrzahl dieser späten
Tumoren zu sogenannten "low-grade"-Tumoren zählen: Aggressivere, solide Tumoren sind
ebenfalls nicht selten: Das Risiko, einen soliden Tumor zu entwickeln, ist im Vergleich
zur Normalbevölkerung immerhin um das 2,4-fache erhöht. Daher ist im Interesse der
Patienten ihre lebenslange Beobachtung notwendig.
Schlüsselwörter: akute lymphatische Leukämie - Inzidenz von Zweittumoren - Risiko