Kommunikation unter Ärzten und mit Patienten ist ein wesentlicher Teil der medizinischen
Behandlung. Sie findet auf diversen Ebenen statt und kann die unterschiedlichsten
Probleme juristischer Art aufwerfen - sei es bei Arztbriefen, Aufklärungsgesprächen
oder auch im Rahmen von telemedizinischen Maßnahmen.
Genau wie bei der Behandlung selbst sind also auch bei der Kommunikation zwischen
Ärzten untereinander und zwischen Ärzten und Patienten viele juristische Spielregeln
zu beachten. Zahlreiche Fallstricke hält zum Beispiel die Kommunikation der Ärzte
eines Krankenhauses mit Patienten bereit. Kernpunkte sind dabei die ärztliche Schweigepflicht
und die Aufklärung der Patienten, die mehr Probleme bergen können als es auf den ersten
Blick scheint.
Aufklärungsfristen einhalten
Aufklärungsfristen einhalten
Bezüglich der Aufklärung der Patienten gilt zunächst grundsätzlich eines: Spätestens
einen Tag vor einem Eingriff, so die gängige Rechtsprechung, sollte der Operateur
mit dem Patienten über die möglichen Risiken des geplanten Eingriffs sprechen. In
bestimmten Fällen - sogenannten „Notfalloperationen” - kann aber auch ein deutlich
kürzerer Zeitraum zwischen dem Aufklärungsgespräch und dem Eingriff erlaubt sein,
dann nämlich, wenn durch eine Verzögerung des Eingriffs auf den nachfolgenden Tag
gewichtige Komplikationen zu befürchten sind oder sich die Heilungsraten deutlich
verschlechtern. Konkret bedeutet dies: Je dringlicher der Eingriff ist, umso kürzer
kann auch die „Bedenkzeit” für den Patienten ausfallen (vgl. klinikarzt 2007; 36 (12):
676-677).
Mögliches Vetorecht minderjähriger Patienten
Mögliches Vetorecht minderjähriger Patienten
Bei minderjährigen Patienten wiederum ist zu beachten, dass - auch wenn die Aufklärung
in diesem Fall grundsätzlich gegenüber den Eltern erfolgen muss - den Jugendlichen
unter Umständen ebenfalls ein Vetorecht zugebilligt werden muss. Einen Eingriff ablehnen
kann der Minderjährige, wenn er über eine ausreichende Urteilsfähigkeit verfügt (hier
ist das Urteilsvermögen des Arztes gefragt), der geplante Eingriff nur relativ indiziert
ist und möglicherweise erhebliche Folgen für die künftige Lebensgestaltung des Minderjährigen
auftreten können (vgl. klinikarzt 2007; 36 (2): 69-70).
Verständigungsprobleme mit fremdsprachigen Patienten
Verständigungsprobleme mit fremdsprachigen Patienten
Besonders problematisch sind Aufklärungsgespräche jedoch, wenn der Patient der deutschen
Sprache nicht mächtig ist. Grundsätzlich gilt in diesen Fällen der gleiche strenge
Maßstab wie bei deutschen Patienten. Die ärztliche Behandlung setzt immer eine Einwilligung
des Patienten voraus. Dazu wiederum muss der Patient das Wesen, die Bedeutung und
die Tragweite der Maßnahme kennen. Dieses Wissen erlangt der Patient durch die Aufklärung
des Arztes. Der Arzt muss also vorab mit dem Patienten kommunizieren, um die richtige
Diagnose stellen zu können und dem Patienten erläutern, welche Behandlung er bei ihm
vornehmen möchte.
Bei einem nicht deutschsprachigen Patienten muss daher sichergestellt sein, dass dieser
trotz eventueller Verständigungsprobleme ein ausreichendes Bild über die geplante
Therapie und deren potenzielle Risiken erhält. Nur dann kann er wirksam in die Behandlung
einwilligen. Wie sich der Arzt verständlich macht, bleibt ihm selbst überlassen. Nach
der Rechtsprechung hat er allerdings die Pflicht, sich bei aufkommenden Sprach- und
Verständigungsschwierigkeiten (Ausnahme Notfall) zumindest eines der Sprache des Patienten
mächtigen Mitarbeiters, eines Familienangehörigen oder im Extremfall eines Dolmetschers
zu bedienen.
Ein Extremfall wäre wohl dann anzunehmen, wenn der Arzt den Eindruck hat, dass der
Patient trotz dieser Maßnahmen nicht versteht, was ihm vermittelt werden soll. Daher
muss sich der Arzt davon überzeugen, dass die Sprachkenntnisse der herangezogenen
Hilfsperson ausreichen, um den aufklärungsbedürftigen Sachverhalt hinreichend verständlich
zu erläutern. Denn die Verantwortung dafür, dass der Patient alles verstanden hat,
trägt der behandelnde Arzt.
Denken Sie auch daran: Immer wenn Sie Dritte zu einem Aufklärungsgespräch hinzuziehen,
müssen Sie sich von der Schweigepflicht entbinden lassen - das gilt auch, wenn es
sich um Angehörige des Patienten handelt.
Schweigepflicht ist weit gefasst
Schweigepflicht ist weit gefasst
Gerade die ärztliche Schweigepflicht wird oft unterschätzt: Bereits vermeintlich unverfängliche
Angaben, wie der Name und die Anschrift des Patienten oder allein die Tatsache, dass
ein Patient in Behandlung ist, fallen unter die Schweigepflicht eines Arztes (vgl.
z.B. klinikarzt 2007; 36 (10): 555-556). Daher sollte man grundsätzlich keinerlei
Angaben über einen Patienten weitergeben, wenn man nicht im Vorfeld von diesem von
der Schweigepflicht entbunden wurde. Das gilt übrigens auch dann, wenn ein Patient
Auskunft über einen Mitpatienten verlangt, um gegen diesen Schadensersatzansprüche
durchsetzen zu können. Natürlich spielt die ärztliche Schweigepflicht auch eine wesentliche
Rolle bei Informationen gegenüber Angehörigen der Patienten.
Geheimhaltungspflicht auch gegenüber Kollegen
Geheimhaltungspflicht auch gegenüber Kollegen
Als zentrale Berufspflicht eines Arztes schränkt die Schweigepflicht zudem die ärztliche
Kommunikation erheblich ein. Sie gilt vom Grundsatz her uneingeschränkt gegenüber
jedermann, der nicht in das konkrete Arzt-Patienten-Verhältnis einbezogen ist. Die
Geheimhaltungspflicht besteht demnach auch im Verhältnis von Ärzten untereinander.
Dass die Schweigepflicht aufgehoben sei, wenn der Empfänger der Mitteilung seinerseits
schweigepflichtig ist, ist ein weit verbreiteter Irrglaube. Eine Offenbarungsbefugnis
besteht nur insoweit, als der andere Arzt in das Behandlungsgeschehen eingebunden
ist (etwa, wenn er konsiliarisch hinzugezogen wird) und deswegen das Einverständnis
des Patienten zum Beispiel im Wege der mutmaßlichen Einwilligung anzunehmen ist.
Eingriff des Gesetzgebers in die Kommunikation unter Ärzten
Eingriff des Gesetzgebers in die Kommunikation unter Ärzten
Bisweilen greift sogar der Gesetzgeber in die Kommunikation von Ärzten untereinander
ein. So wurde zum Beispiel im Fünften Sozialgesetzbuch zunächst vorgeschrieben, dass
Krankenhausärzte in Entlassungsbriefen nur noch den Wirkstoff eines Arzneimittels
aber nicht den Produktnamen nennen dürfen. Dies sollte dem niedergelassenen Arzt die
Möglichkeit geben, zumindest ein günstigeres Produkt als das im Krankenhaus Verabreichte
zu verordnen, ohne mit den Patienten in belastende Diskussionen einsteigen zu müssen.
Allerdings schlug diese Regelung mangels ausreichender Beachtung der Krankenhäuser
fehl. Jetzt gilt: Soweit dies ohne eine Beeinträchtigung der Behandlung im Einzelfall
oder ohne eine Verlängerung der Verweildauer möglich ist, sollen im Rahmen der stationären
Versorgung eines Patienten vor dessen Entlassung Arzneimittel eingesetzt werden, die
auch bei Verordnung in der vertragsärztlichen Versorgung zweckmäßig und wirtschaftlich
sind (vgl. klinikarzt 2006; 35 (6): XVIII-XIX).
Technischer Fortschritt setzt Grundregeln der ärztlichen Kommunikation nicht außer
Kraft
Die fortschreitende Technisierung, angefangen bei Internet, E-Mail und Fax bis hin
zu den neuesten technischen Möglichkeiten in Bezug auf die Telemedizin, erweitert
die Kommunikationsmöglichkeiten der Ärzte beträchtlich. So wichtig und praktisch die
nahezu unbeschränkte Austauschmöglichkeit von Informationen aber auch ist, so dürfen
natürlich die Grenzen des Austausches - wie etwa die Schweigepflicht und der Datenschutz
- dabei nicht in den Hintergrund treten. Diese grundlegenden Regeln bei der Kommunikation
im Arztberuf behalten nicht nur weiterhin ihre Gültigkeit, sie gewinnen sogar noch
an Bedeutung!
Arztbrief/Entlassungsbericht als E-Mail?
Der bis dato übliche Weg, Arztbriefe oder Entlassungsberichte zu versenden, ist nach
wie vor der Postweg. Durch die stetige Technisierung stellt sich aber natürlich auch
die Frage, ob solche vertraulichen Patientendaten auch per E-Mail verschickt werden
dürfen. Die Musterberufsordnung der Ärzte enthält kein ausdrückliches Verbot, Arztbriefe
oder Entlassungsberichte per E-Mail zu versenden. Jedoch müssen die Anforderungen
an die Schweigepflicht mit größter Sorgfalt berücksichtigt werden, da das informationelle
Selbstbestimmungsrecht des Patienten durch die moderne EDV-mäßige Datenverarbeitung
am stärksten gefährdet wird.
Patienteninformationen sind persönliche Daten, daher gelten hier besonders hohe Ansprüche
an Vertraulichkeit und Schutz vor Veränderungen. Da das Versenden von E-Mails auf
einer Ebene mit dem Verschicken von Postkarten steht, müssen zusätzliche technische
und organisatorische Maßnahmen vorliegen, um eine möglichst hohe Sicherheit bei dem
Umgang mit diesen Daten zu erreichen. Wer Patientendaten über das Internet verschicken
will, muss sich daher über alle datenschutzrechtlichen und juristischen Anforderungen
im Vorfeld informieren und diese unbedingt einhalten.
Datenschutz im Rahmen der Telemedizin
Telemedizin ist die kombinierte Anwendung von Telekommunikation und Informatik (Telematik).
Sie ermöglicht oder unterstützt, in Überwindung räumlicher Entfernungen, medizinische
Dienstleistungen (wie etwa die Befundung von in München erstellten Röntgenbildern
durch einen Arzt in Hamburg). Es fehlt daher ein unmittelbarer Arzt-Patienten-Kontakt.
Die Möglichkeiten des Austausches von Patientendaten im Bereich der Telemedizin zwischen
behandelnden Ärzten oder mit Dritten ergeben für den Patienten allerdings neue Risiken
und Gefährdungen des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung. Aus Gründen des
Datenschutzes und der Schweigepflicht sind daher auch hier besondere Maßnahmen erforderlich,
um den im Rahmen telemedizinischer Anwendungen erfolgenden Datenfluss kontrollieren
zu können. Dementsprechend sind bei der Telemedizin ebenfalls erhebliche juristische
und datenschutzrechtliche Klippen zu nehmen, über die man sich in jedem Fall vorab
informieren sollte.
Kommunikation mit Krankenkassen und MDK
Kommunikation mit Krankenkassen und MDK
Erhebliche Probleme können zudem im Rahmen der Kommunikation mit Krankenkassen und
deren medizinischen Diensten (MDK) entstehen. Zentrales Problem ist hier in der Regel
das Einsichtsbegehren der Kassen in die Patientenunterlagen, dem die ärztliche Schweigepflicht
entgegen steht.
Fazit
Fazit
Nicht alles was im Rahmen der Kommunikation im Arztberuf möglich ist, ist auch erlaubt.
Insbesondere die Schweigepflicht und der Datenschutz sind zwei zentrale Hürden, die
sich im klinischen Alltag häufiger stellen als gedacht. Im Zweifelsfall sollte man
daher immer den Rat eines Juristen einholen.