In verschiedenen tropischen Regenwaldregionen Südamerikas treten seit einigen Monaten
auffällig viele Gelbfiebererkrankungen bei Menschen und bei verschiedenen Affenarten
auf.
Zunahme in Brasilien trotz hoher Durchimpfungsrate
Zunahme in Brasilien trotz hoher Durchimpfungsrate
In Brasilien sind in diesem Zusammenhang in den letzten zwei Monaten 35 Menschen am
Gelbfieber erkrankt, von denen mittlerweile 19 an den Folgen der Infektion verstorben
sind. Diese 35 laborbestätigten humanen Fälle traten in den Regionen Goiás, Mato Grosso
do Sul und im Federal Distrikt auf. Obwohl in diesen Regionen die Durchimpfungsrate
in der Bevölkerung aufgrund routinemäßig durchgeführter Impfungen sehr hoch ist, werden
die Impfaktivitäten der Gesundheitsbehörden bei Einheimischen und bei in die betroffenen
Gebiete Reisenden zurzeit intensiviert.
Den humanen Erkrankungen gingen seit April 2007 vermehrte Todesfälle bei Affen voraus.
Daher scheint es sich bei der aktuell hohen Zahl an Gelbfieberfällen nicht um ein
zufälliges Ereignis zu handeln. Der Betrachtung der Todesfälle bei den Affen zufolge
besteht auch in weiteren Gebieten eine erhöhte Gelbfiebergefahr. Epizooisches Auftreten
des Gelbfiebers in Brasilien hat es in diesem Zusammenhang in den sechs Regionen Goiás,
Federal Distrikt, Mato Grosso do Sul, Minas Gerais, Tocantins und São Paulo gegeben.
Die Gelbfieberinfektionen, die in diesen Regionen bei Affen vorkamen, haben Laboruntersuchungen
bestätigt.
Erste Fälle urbanen Gelbfiebers in Paraguay?
Erste Fälle urbanen Gelbfiebers in Paraguay?
Ähnlich wie in Brasilien trat nun auch in Paraguay nach längerer Zeit wieder das Gelbfieber
auf. So wurden sieben Erkrankungen, die Anfang Februar noch als Gelbfieberverdachtsfälle
klassifiziert worden waren, am 15. Februar 2008 von den regionalen Gesundheitsbehörden
als Dschungelgelbfieber bestätigt. Diese sieben Gelbfieberfälle traten in der ländlichen
und waldreichen, nördlich gelegenen Region San Pedro auf. Zusätzlich zu den sieben
bestätigten Erkrankungen kam ein Farmer aus der gleichen Region Anfang Februar 2008
zu Tode. Dieser Verdachtsfall ist bis jetzt jedoch nicht bestätigt oder geklärt.
In Paraguay sind die letzten humanen Gelbfieberfälle mehr als 30 Jahre her. Hierbei
traten im Jahr 1974 neun Erkrankungen auf, von denen drei tödlich endeten. Neben den
sieben bestätigten Gelbfieberfällen aus der ländlichen Region San Pedro sorgen mittlerweile
weitere, ebenfalls bestätigte Gelbfieberfälle in einer anderen Region in Paraguay
für Aufregung. In Laurelty de San Lorenzo, 20 km von der Hauptstadt Asuncion entfernt,
sind neun Menschen am Gelbfieber erkrankt, von denen drei an den Folgen verstorben
sind. Sollten sich diese bereits bestätigten Erkrankungen tatsächlich als urbane Gelbfieberinfektionen
herausstellen, so wären es wahrscheinlich die ersten urbanen Fälle des Gelbfiebers
(oder besser des urbanen Zyklus) in Lateinamerika in diesem Jahr.
Dschungelgelbfieber und urbanes Gelbfieber
Dschungelgelbfieber und urbanes Gelbfieber
Obwohl die Erkrankung bei beiden Formen bzw. Übertragungszyklen (Dschungel- und urbanes
Gelbfieber) durch die gleichen Erreger hervorgerufen wird, kommt im Gegensatz zum
sogenannten Dschungelgelbfieber das urbane Gelbfieber in städtischen Regionen vor
und wird dort durch andere Vektoren als in den Regenwaldregionen übertragen.
Der bedeutendste Vektor hierbei ist die Mücke Aedes aegypti, die in urbanisierten
Gebieten Südamerikas massenhaft vorkommt und hier ein besonders effektiver Vektor
des Gelbfiebers sein kann. Während beim Dschungelgelbfieber meist Affen betroffen
sind und Menschen nur gelegentlich erkranken, kann es beim urbanen Gelbfieber zu schwerwiegenden
Epidemien kommen.
Impfung auch in bestimmten Regionen Argentiniens dringend empfohlen
Impfung auch in bestimmten Regionen Argentiniens dringend empfohlen
Neben den Fällen in Brasilien und Paraguay trat das Gelbfieber auch im Norden Argentiniens
auf: In der Region Piñalito Park (San Pedro Department, Misiones Provinz) fand man
17 tote Affen (Alouatta caraya und A. guariba), deren Gelbfieberinfektionen Laboruntersuchungen
bestätigten. Darüber hinaus starben acht weitere Affen in einem privaten Schutzgebiet
in der Nähe der Iguazu-Fälle - die Untersuchungen hierzu sind noch nicht abgeschlossen.
Der argentinische Gesundheitsminister warnt offiziell vor einem erhöhten Gelbfieberrisiko
in der nördlichen Region Misiones. Als präventive Maßnahme wird von den Behörden daraufhin
die Gelbfieberimpfung allen Einheimischen und auch allen Reisenden im Alter zwischen
einem und 60 Jahren, die bestimmte Teile der Region Misiones besuchen, dringend empfohlen.
Gebiete mit erhöhtem Risiko sind: Guarani, Monte Carlo, El Dorado, San Pedro, General
Manuel Belgrano und Puerto Iguazu. Gelbfiebererkrankungen beim Menschen traten in
Argentinien in diesem Zusammenhang in diesem Jahr bisher nicht auf.
Impfstoffknappheit droht
Impfstoffknappheit droht
Aufgrund der hier geschilderten aktuellen Entwicklung (Gelbfieber in Brasilien, Paraguay
und Argentinien) ist die Situation bezüglich der Versorgung mit Gelbfieberimpfstoff
zurzeit besonders kritisch. Normalerweise produziert Brasilien routinemäßig genug
Impfstoff, den die PAHO ("Pan American Health Organization") zum Teil anderen südamerikanischen
Länder zur Verfügung stellt.
Zurzeit benötigt jedoch Brasilien aufgrund der aktuellen Situation die Gelbfieberimpfstoffe
selbst, sodass es bei weiterem Auftreten des Gelbfiebers in Südamerika, und somit
bei weiterem Impfstoffbedarf, zu erheblicher Impfstoffknappheit kommen könnte. In
Argentinien reichen die vorhanden Impfstoffe für Impfkampagnen in der Region Misiones
noch aus. Kritisch könnte es hier bei Impfstoffbedarf in anderen argentinischen Regionen
werden. Eine bedeutende Ursache für das aktuell gehäufte Auftreten des Gelbfiebers
ist die zunehmende Waldzerstörung, die eine zunehmende Migration von Affen und eventuell
auch Vektoren in dichter besiedelte Gebiete zur Folge hat.
Dr. Raymund Lösch und
Dr. rer. nat. Mirko Dreßler, Bad Doberan
Quellen: promed, PAHO, CDC