Das Schlafverhalten hat sich in den letzten Jahrzehnten deutlich verändert: Im Schnitt
schlafen wir heute ein bis zwei Stunden weniger pro Nacht als noch vor 50 Jahren.
Nach einer Untersuchung des Robert-Koch-Instituts (www.rki.de) klagen rund 25% der Bevölkerung über Schlafstörungen, 11% erleben ihren Schlaf als
"häufig nicht erholsam". Dabei gilt gestörter Schlaf als einer der wichtigsten gesundheitsgefährdenden
Risikofaktoren (neben Bluthochdruck, Rauchen, Alkohol, hohem Cholesterinspiegel, Übergewicht,
körperlicher Inaktivität und ballaststoffarmer Ernährung), wie Prof. Jürgen Fritze
vom Verband der privaten Krankenversicherung e.V. Köln, ausführte (Abb. [1]). Die Folgen sind neben einem erhöhten Unfallrisiko u.a. Substanzmissbrauch, Depressionen
und Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Darüber hinaus verursachen Schlafstörungen aufgrund
der eingeschränkten Leistungsfähigkeit hohe finanzielle Schäden etwa durch Produktionsausfälle.
Abb. 1 Gestörter Schlaf als Risikofaktor nach [5]
Schlafstörungen treten auch häufig in Zusammenhang mit Depressionen auf. Ein- und
Durchschlafstörungen zählen zu den typischsten Beschwerden von Patienten mit Depressionen.
Diese früh zu erkennen und nachhaltig zu behandeln, ist daher dringend erforderlich,
appellierte Dr. Christian Härter, Freiburg. Die Notwendigkeit präventiver Maßnahmen,
um nicht ausreichenden Schlaf zu vermeiden, betonte auch Prof. Geert Mayer, Schwalmstadt,
Vorsitzender der Deutschen Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin. "Schlafstörungen
sollten möglichst frühzeitig erkannt und adäquat behandelt werden."
Schlaf wird durch zirkadiane und homöostatische Mechanismen reguliert
Schlaf wird durch zirkadiane und homöostatische Mechanismen reguliert
Am Schlaf-Wach-Zyklus sind eine Vielzahl von Neurotransmittern (Acetylcholin, Adrenalin,
Dopamin, Serotonin, Histamin und Orexin/Hypocretin) beteiligt, die in einem sehr labilen
Gleichgewicht stehen [1]. Dementsprechend kann das Schlaf-Wach-Verhalten durch eine Vielzahl von Medikamenten
beeinflusst werden. Ein Ansatzpunkt ist beispielsweise das Hypocretinsystem, das Schlaf
und Wachen durch Interaktionen mit Systemen steuert, die Gefühle, Belohnung und Energiehomöostase
regeln [2]. Wie Mayer erklärte, wird Schlaf nicht nur durch zirkadiane, sondern auch durch
solche homöostatische Mechanismen geregelt. Bei Schlafentzug steigt der Schlafdruck,
der folgende Schlaf ist länger und konsolidierter. Schlaf ist notwendig, damit das
Gehirn ausreichend Energie erhält, um funktionieren zu können.
Bei zu kurzem Schlaf verringert sich dagegen die Glukosemetabolisierung, so Prof.
Dieter Riemann, Freiburg. Dies erkläre vermutlich auch den Zusammenhang zwischen Schlafmangel
und Gewichtszunahme (z.B. [3]). Außerdem sinkt die geistige Leistungs- und Konzentrationsfähigkeit. Auch die Lebensqualität
nimmt deutlich ab [4]. Das Risiko für Depressionen und für suizidales Verhalten steigt. Eine weitere gesundheitsgefährdende
Folge einer chronischen Insomnie ist auch eine erhöhte Kortisolkonzentration im Plasma
(Abb. [1]). Außerdem wird das Immunsystem beeinträchtigt, so sind z.B. die Interleukin-6-Spiegel
bei den Betroffenen signifikant erhöht. Auf Dauer führt nicht ausreichender Schlaf
zu morphologischen Veränderungen im Gehirn: Im Vergleich zu gesunden Probanden ist
das Hippokampusvolumen von Insomniepatienten signifikant verringert [6].
Therapie der Insomnie heute und morgen
Therapie der Insomnie heute und morgen
Eine frühzeitige Behandlung ist daher entscheidend. Unser Lebensstil und zukünftige
Entwicklungen werden aber dazu führen, dass noch weitergehende Anforderungen an eine
adäquate Insomniebehandlung gestellt werden, prognostizierte Prof. Göran Hajak, Regensburg.
"Die Zukunft werden Schlafenhancer und Schlafstabilisatoren sein, die die psychobiologische
Leistung und Erholsamkeit des Schlafs optimieren, Schlaf je nach Bedarf induzieren
und stabilisieren können". Dazu stehen uns jetzt bereits z.B. selektive Omega-1- und
-2-Agonisten, postsynaptische Serotonin-2-Agonisten und Melatonin-Agonisten (MT1 und
2) zur Verfügung. Weitere Medikamenten sind in der Pipeline, z.B. ist der selektive
Melatonin-1- und -2-Agonist Circadin® bereits zugelassen. Die Markteinführung wird
demnächst erwartet.
Dr. Katrin Wolf, Eitorf
Quelle: Symposium "Gesundheitsziel Schlafstörungen? - Neue Erkenntnisse zur Bedeutung
des Schlafs für die Gesundheitserhaltung und Lebensqualität der Bevölkerung" am 1.
April 2008 im Rahmen des Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin
in Wiesbaden, veranstaltet von der Deutschen Gesellschaft für Schlafmedizin und der
Jaleel Consulting GmbH, unterstützt durch die Lundbeck GmbH und Cephalon GmbH