Rofo 2008; 180(7): 677-679
DOI: 10.1055/s-2008-1081421
DRG-Mitteilungen
Radiologie und Recht
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Privatärztliche Abrechnung von MRT-Leistungen durch Orthopäden

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18 June 2008 (online)

 
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Einführung

Die Frage, welche Ärzte das bildgebende Verfahren der MRT-Diagnostik als fachkonforme Leistung erbringen dürfen, ist in der Vergangenheit häufiger der Gegenstand von gerichtlichen Auseinandersetzungen gewesen. Der Streit um die Abrechnungsfähigkeit von kernspintomografischen Leistungen durch ärztliche Fachgruppen wie Orthopäden und Kardiologen in der GKV ist durch den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 16.07.2004 für den Bereich des Vertragsarztrechts dahingehend beendet worden, dass nur Radiologen diese Berechtigung haben (vgl. die Ausführungen in Fortschr Röntgenstr 2005; 177: 906-912).

Durch die Entscheidung des BVerfG war jedoch die Frage nicht abschließend beurteilt worden, ob dies auch für privatärztliche Abrechnungen gilt. Darüber hinaus hatte das BVerfG in seiner Entscheidung offengelassen, inwieweit diese Rechtslage zukünftig durch die Einführung der "Zusatz-Weiterbildung fachgebundene Magnetresonanztomographie" in der neuen Muster-Weiterbildungsordnung (MWO-Ä) verändert wird. Ein Urteil des Oberlandesgerichts Celle vom 22.10.2007 (Az.: 1 U 77/07) beschäftigt sich nun mit der Abrechnungsfähigkeit der MRT im privatärztlichen Bereich durch Orthopäden. Gegenstand des Verfahrens war die Klage eines privaten Krankenversicherungsunternehmens gegen einen Facharzt für Orthopädie aus übergegangenem Recht ihrer Versicherungsnehmer, auf Rückzahlung des ärztlichen Honorars nach der GOÄ, für die Durchführung von MRT-Leistungen.

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Gebietszugehörigkeit der MRT nach der Weiterbildungsordnung

Die Gebietsgrenzen ärztlicher Fachgebiete werden gemäß der landesrechtlichen Regelungen der Heilberufs- und Kammergesetze durch die Weiterbildungsordnungen der jeweiligen Landesärztekammern festgelegt. Diese beruhen ihrerseits wiederum auf der von der Bundesärztekammer erarbeiteten (Muster-)Weiterbildungsordnung (MWO-Ä). Diese MWO-Ä hat für die Landesärztekammern allerdings nur empfehlenden Charakter. Für jeden Arzt/Ärztin ist daher nur die Weiterbildungsordnung der Landesärztekammer rechtsverbindlich, deren Mitglied er/sie ist. Nachdem der 106. Deutsche Ärztetag im Jahr 2003 die neue MWO-Ä beschlossen hatte, wurde diese mittlerweile (innerhalb der Jahre 2004 - Bayern bis 2006 - Baden-Württemberg) von allen Landesärztekammern, allerdings mit unterschiedlichen Abweichungen in einzelnen Bereichen, umgesetzt. Die nachfolgenden Ausführungen beziehen sich immer nur auf die MWO-Ä. Im konkreten Einzelfall ist jedoch ausschließlich die von der jeweiligen Landesärztekammer erlassene Weiterbildungsordnung verbindlich.

Die bisherigen gerichtlichen Entscheidungen hatten sich zumeist noch mit der Rechtslage der "alten" Weiterbildungsordnung zu beschäftigen. Zu den Inhalten und Zielen der Weiterbildung in der Orthopädie gehörte danach die selbständige Durchführung der Magnetresonanztomografie nicht. Vorgesehen waren für Orthopäden in der alten MWO-Ä eingehende Kenntnisse, Erfahrungen und Fertigkeiten nur für die Indikationsstellung zu und Befundbewertung von Magnetresonanztomografie. Die Magnetresonanztomografie war vielmehr besonders aufgeführt bei dem Weiterbildungsinhalt des Methodenfaches der Diagnostischen Radiologie. Das Bundesverfassungsgericht hat hierzu in seiner Entscheidung vom 16.07.2004 ausgeführt, dass hieraus eine spezielle und ausschließliche Zuordnung dieses diagnostischen Verfahrens zum Fachgebiet der Radiologie folge. Daneben waren noch Fachärzte für Nuklearmedizin zur Abrechnung von MRT-Leistungen befugt, soweit die Untersuchungsmethode in den Weiterbildungsordnungen Teil der Facharztausbildung war. Die Regelung war nach Ansicht des BVerfG verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Die in der Weiterbildungsordnung genannten Inhalte und Ziele der Weiterbildung und die dort genannten Bereiche, in denen eingehende Kenntnisse, Erfahrungen und Fertigkeiten erworben werden müssen, konkretisieren die allgemeinen Gebietsdefinitionen und geben die speziellen Anforderungen an die Weiterbildung vor. Das Bundesverfassungsgericht hat damit ohne weiteres nachvollziehbar und überzeugend entschieden, dass das Fachgebiet der Orthopädie nach der Definition der MWO-Ä die selbständige Durchführung der Magnetresonanztomografie nicht umfasst.

Vor dem Hintergrund dieser Entscheidung hat das OLG Celle in seiner Entscheidung vom 28.04.2008 nochmals zutreffend festgestellt, dass MRT-Untersuchungen eines Facharztes für Orthopädie im Jahr 2004, fachfremde Leistungen waren. Als Begründung für die fehlende Kompetenz anderer Fachgruppen als der Radiologie zieht das Gericht die Kernspintomographievereinbarung heran, die in § 4 Abs. 1 zum Nachweis für die fachliche Befähigung zur Ausführung und Abrechnung von kernspintomografischen Untersuchungen die selbständige Indikationsstellung, Durchführung und Befundung einer bestimmten Anzahl kernspintomografischer Untersuchungen unter Anleitung erfordere. Interessanter Weise zieht das OLG Celle die ausschließlich für den GKV-Bereich geltenden Vereinbarungen nach § 135 Abs. 1 SGB V als Qualitätssicherungsmaßstab in der privatärztlichen Tätigkeit heran:

"Auch wenn § 4 der Kernspintomographie-Vereinbarung unmittelbar nur für die Tätigkeit des Arztes im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung gilt und auch die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts als solche diesbezügliche Leistungen an gesetzlich Versicherte behandelte, handelt es sich doch um Feststellungen allgemeiner Natur zur fachlichen Qualifikation von Ärzten, die auch für die privatärztliche Abrechnung gelten müssen. Der Klägerin ist insoweit zuzustimmen, dass nicht erkennbar ist, warum Privatpatienten im Hinblick auf die Qualifikation des Arztes und somit auch die Qualität der ärztlichen Behandlung geringere Maßstäbe angelegt werden sollten, als bei gesetzlich versicherten Patienten. Sachliche Gründe für eine derartige Differenzierung gibt es nicht."

Sollte sich diese Ansicht durchsetzen, dürften zukünftig die Entscheidungen der Vertragspartner in der gesetzlichen Krankenversicherung im Bereich der Qualitätssicherung auch in der privaten Krankenversicherung präjudiziellen Charakter haben. Dies gilt insbesondere dort, wo es an gesetzlich geregelten Qualitätssicherungsvorgaben im Bereich des Versicherungsvertragsgesetzes (VVG) und den Allgemeinen Versicherungsbedingungen fehlt.

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Rechtsfolgen der "Zusatz-Weiterbildung fachgebundene Magnetresonanztomographie"

Nach der Novellierung der MWO-Ä können MRT-Leistungen nunmehr auch in anderen Fachgebieten der unmittelbaren Patientenversorgung, also auch der Orthopädie, fachkonform erbracht werden. Der entsprechende Facharzt eines solchen Gebiets muss dafür die Zusatz-Weiterbildung "Magnetresonanztomographie - fachgebunden -" erworben haben.

Die Zusatz-Weiterbildungen sind in Abschnitt C der novellierten MWO-Ä geregelt. Nach ihrer Definition umfasst die Zusatz-Weiterbildung "Magnetresonanztomographie - fachgebunden -" in Ergänzung zu einer Facharztkompetenz die Durchführung und Befundung gebietsbezogener Bildgebungsverfahren mittels Magnetresonanztomografie. Die Inhalte der Zusatz-Weiterbildung fachgebundene Magnetresonanztomographie sind bereits integraler Bestandteil der Weiterbildung zum Facharzt für Radiologie. Die Zusatz-Weiterbildung setzt den Erwerb von Kenntnissen, Erfahrungen und Fertigkeiten in

  • der Durchführung und Befundung gebietsbezogener Untersuchungen mittels Magnetresonanztomografie

  • der Indikation und Differentialindikation mit anderen diagnostischen radiologischen Verfahren

  • der Anwendung von Arznei- und Kontrastmittel bei MRT-Untersuchungen

  • den physikalischen Grundlagen der Magnetresonanzverfahen und Biophysik einschließlich den Grundlagen der Patientenüberwachung incl. der Sicherheitsmaßnahmen für Patienten und Personal bei Anwendung von Magnetresonanzverfahren und

  • der Gerätekunde

voraus. Die Zusatz-Weiterbildung berechtigt die betreffenden ärztlichen Fachgruppen jedoch ausschließlich zu einer MRT-Diagnostik innerhalb ihrer eigenen Fachgebietsgrenzen. § 2 Abs. 4 S. 4 der Musterweiterbildungsordnung (MWO-Ä) bestimmt insoweit, dass die Gebietsgrenzen fachärztlicher Tätigkeiten durch die Zusatzweiterbildungen nicht erweitert werden. Das bedeutet, dass z. B. Orthopäden nach dem Erwerb der Zusatz-Weiterbildung ausschließlich zur Durchführung von MRT-Untersuchungen des muskuloskelettalen Bereichs und Kardiologen zur Durchführung von MRT-Untersuchungen am Herzen berechtigt sind. Dagegen haben ausschließlich Radiologen weiterhin die universale Berechtigung zur Durchführung von MRT-Untersuchungen aller Körperregionen.

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Fachkonformität durch Zusatz-Weiterbildung?

Für die Durchführung von MRT-Untersuchungen benötigt der nichtradiologische Facharzt die Zusatzweiterbildung "Magnetresonanztomographie - fachgebunden -". Nur wer diese Zusatzweiterbildung nachweisen kann, darf nach der aktuellen MWO-Ä, MRT-Leistungen erbringen, ohne gegen das Verbot gebietsfremder Tätigkeit zu verstoßen. Das OLG Celle vertritt insoweit die Rechtsauffassung, dass "auch nach der neuen Weiterbildungsordnung die Durchführung von MRT-Untersuchungen nur unter der Voraussetzung dem Fachgebiet des Orthopäden als zugehörig zu betrachten sind, wenn zuvor eine entsprechende Weiterbildung des Arztes in diesem Bereich stattgefunden hat" (so auch LG Mannheim, Urt. vom 17.11.2006; Az.: 1 S 227/05).

Das bedeutet, dass der Zusatzweiterbildung "Magnetresonanztomographie - fachgebunden -" auch in der privaten Krankenversicherung, vergleichbar der Kernspintomographievereinbarung in der GKV, die Funktion einer Abrechnungsgenehmigung zukommt. Zur Begründung stützt das OLG Celle sich auf die Vorschrift in § 1 Abs. 2 Satz 1 GOÄ, wonach ein Arzt Vergütungen nur für Leistungen berechnen darf, die nach den Regeln der ärztlichen Kunst für eine medizinisch notwendige ärztliche Versorgung erforderlich sind. § 1 Abs. 2 Satz 1 GOÄ greift ein berufsrechtliches Leitbild für die ärztliche Tätigkeit auf und verknüpft damit den Vergütungsanspruch des Arztes. Auch im Rahmen einer Privatbehandlung ist dieser grundsätzlich, von begründeten Ausnahmefällen wie etwa Notfallbehandlungen abgesehen, an die Grenzen seines medizinischen Fachgebietes gebunden. Nur dann können seine Leistungen den Regeln der ärztlichen Kunst entsprechen. Erbringt der Arzt also fachgebietsfremde Leistungen, ohne dass dies ausnahmsweise - etwa in Notfällen - gerechtfertigt ist, hat er keinen Honoraranspruch gegen den Patienten (hierzu: Uleer/Miebach/Patt, Abrechnung von Arzt- und Krankenhausleistungen, § 1 GOÄ, Rnrn. 10, 13).

Diese Rechtsauffassung wird auch durch die Regelung in § 4 Abs. 2 GOÄ gestützt. Nach § 4 Abs. 2 GOÄ kann der Arzt nur für selbstständige ärztliche Leistungen Gebühren abrechnen, die er selbst erbracht hat oder die unter seiner Aufsicht nach fachlicher Weisung erbracht wurden. Die notwendige "fachliche Weisung" setzt aber voraus, dass der abrechnende Arzt selbst über die notwendige fachliche Qualifikation zur Erbringung der delegierten bzw. veranlassten Leistungen verfügt (vgl. Brück, Hess, Klakow-Franck, Warlo, Kommentar zur GOÄ, 2003, § 4 Rn. 10; Uleer, Miebach, Patt, Abrechnung von Arzt- und Krankenhausleistungen, 2000, § 4 GOÄ, S. 36, 39; Vorstand der Bundesärztekammer, DÄBl. 1996, B-455 f.; Cramer und Henkel, MedR 2004, S. 593, 596 m.w.N.).

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Ergebnis

Im Ergebnis ist also die Durchführung und Abrechnung von MRT-Untersuchungen außer Fachärzten und Fachärztinnen für Radiologie (oder Diagnostische Radiologie bzw. Radiologische Diagnostik) zukünftig gebietsbezogen nur denjenigen Fachärzten und Fachärztinnen gestattet, die die Zusatz-Weiterbildung "Magnetresonanztomographie - fachgebunden -" von der Ärztekammer zugesprochen bekommen haben. Ohne die Zusatzweiterbildung ist die Erbringung von MRT daher für diese Fachgruppen weiterhin als fachgebietsfremd anzusehen, mit der Folge, dass die Patienten die Bezahlung der Honorarrechnung verweigern und die Privaten Krankenversicherer die Rückforderung bereits gezahlten Honorars vornehmen können. Die Gebietsbezogenheit der jeweiligen MRT-Untersuchung ist im Zweifel anhand der Weiterbildungsziele und Untersuchungs- und Behandlungsmethoden des jeweiligen Fachgebiets gemäß Abschnitt B der MWO-Ä zu ermitteln.

Etwas anderes gilt für die ausschließliche Befundbewertung von MR-Aufnahmen. Diese dürfte nach der hier vertretenen Rechtsauffassung gebietsbezogen jedem Facharzt, unabhängig vom Nachweis der Zusatz-Weiterbildung Magnetresonanz-tomographie - fachgebunden -, gestattet sein.

Dr. Peter Wigge, Fachanwalt für Medizinrecht und Sebastian Sczuka, Rechtsanwalt

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