Dtsch Med Wochenschr 2018; 143(19): 1349
DOI: 10.1055/a-0571-2203
Editorial
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Schmerztherapie – vielschichtig und individuell

Pain Treatment – Complex and Individual
Gerhard Hintze
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Publication Date:
19 September 2018 (online)

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Prof. Dr. med. Gerhard Hintze

Schmerzen sind eines der häufigsten Symptome, mit dem wir Ärzte konfrontiert werden und ein Beschwerdebild, mit dem wir in vielen Fällen zudem schwer umgehen können. Dies war Anlass, dieses Schwerpunktheft der Deutschen Medizinischen Wochenschrift dem Thema „Schmerz“ zu widmen.

Wir erfahren hier, wie vielschichtig dieses Symptom sein kann. Dies startet bei der Objektivierung des Beschwerdebildes – gibt es doch Einflussgrößen, die wir Ärzte auf den ersten Blick nicht kennen und erkennen können. Hier wird uns das „biopsychosoziale Modell“ vorgestellt (Keßler et al.).

Beispielsweise sei der Zusammenhang zwischen Schmerz und Depression genannt (und vice versa). Zwar lässt sich dies in psychotherapeutischen Verfahren recht gut unterscheiden, hier (und nicht nur hier) sind wir häufig auf die Hilfe von Spezialisten angewiesen. Für hausärztlich tätige Kollegen gibt es z. B. Palliativmediziner, die auch telefonisch ansprechbar sind. So kann es leichterfallen, z. B. bei einem Tumorpatienten zwischen einer palliativen Schmerztherapie und psychotherapeutisch zu behandelnden Problemen zu unterscheiden. Häufig helfen einfache Tipps, wie die Zugabe einer Medikation, von z. B. Ibuprofen, Venlafaxin oder Amitryptilin. Hier sei auf den Beitrag von Schüning und Schwarzer in diesem Heft verwiesen, die eine Übersicht über die medikamentöse Schmerztherapie darstellen.

In vielen Kliniken können Schmerztherapeuten, häufig Anästhesisten, konsiliarisch hinzugezogen werden. Sinnvoll sind „Schmerzkonferenzen“, bei denen die Patienten auch selbst beteiligt sein können. So können auch die individuellen Sorgen der Patienten angesprochen werden. Immer wieder wird von Patientenseite vorgebracht, man wolle keine Medikamente aus Sorge vor unerwünschten Wirkungen nehmen. Andere Patienten sind sehr gut informiert, wissen um viele Präparate und äußern dann z. B. „Novaminsulfon nehme ich nicht, das wirkt bei mir nicht“. Die Furcht vor Abhängigkeit und unerwünschten Wirkungen beschäftigt viele Patienten. Aber auch wir Ärzte scheuen uns oft vor einer Therapieeskalation, auch aus Furcht vor möglichen unerwünschten Wirkungen. Dies müssen wir unseren Patienten (und oft auch den Angehörigen) erklären und rechtzeitig gegensteuern, z. B. durch eine entsprechende Komedikation. Zudem stehen uns Ärzten zunehmend die Möglichkeiten einer elektronischen Abfrage bezüglich der Risiken einer Medikamentenkombinaton zur Verfügung, wie im Beitrag von Häuser et al. beschrieben.

Wir haben uns, so meine ich, mit diesem Beschwerdebild zu beschäftigen. Umso mehr freue ich mich, Ihnen in diesem Heft der DMW drei Artikel von ausgewiesenen Experten mit vielen praktischen Hinweisen vorzustellen. Dies gilt beispielsweise für die Therapie bei bestimmten Patientengruppen, wie geriatrischen Patienten oder Schwangeren.

Ich wünsche viel Freude bei der Lektüre und die Informationen, die es leichter machen, unsere Schmerzpatienten gut zu betreuen. Es ist zu unterstützen, dass der Vermittlung von Lehrinhalten der Schmerzmedizin mehr Bedeutung zugewiesen wurde. Dies besitzt nicht nur für uns Ärzte, sondern auch für die Pflegeberufe im ambulanten und stationären Bereich hohe Bedeutung.